Horrorfilm für´s Kopfkino - Das Porzellanmädchen von Max Bentow
Horrorfilm für's Kopfkino
»Das Porzellanmädchen« von Max Bentow
Jahre später ist Luna Moor, das entführte Mädchen von damals, eine gefeierte Thriller-Autorin. Niemand ahnt jedoch etwas von ihrer Vergangenheit. Um ihren vierten Roman zu schreiben, hat Luna ein einsames Haus gemietet, dessen frühere Besitzerin ermordet wurde. Sie will beim Schreiben ganz nah an der grausigen Handlung ihres neuen Buches sein. Als ihre beste Freundin verreist, nimmt Luna deren fünfzehnjährigen Sohn Leon bei sich auf.
Als Leon, der ein großer Fan von Lunas Büchern ist, in dem neuen Manuskript liest, ahnt er Furchtbares. Lunas neue Hauptfigur hat verblüffende Ähnlichkeit mit ihr und hat Schreckliches erlebt. Hat Luna etwa die Besitzerin des Hauses ermordet? Und was hat es mit der gruseligen Puppe auf sich, die Luna auf dem Dachboden hat?
Der Berliner Autor Max Bentow veröffentlicht mit „Das Porzellanmädchen“ nach der erfolgreichen Nils-Trojan-Reihe seinen ersten Stand-Alone-Thriller. Vor seiner Arbeit als Schriftsteller war Bentow Schauspieler und an verschiedenen Theatern tätig. 2011 erschien mit „Der Federmann“ Bentows erster Roman um seinen Kommissar Nils Trojan, dem weitere fünf Bücher folgen sollten. Nach dem sechsten Band der Reihe, die wie „Das Porzellanmädchen“ ebenfalls in Berlin spielt, wollte er sich etwas Neuem widmen und keinen Ermittler-Thriller schreiben.
Es mag daran gelegen haben, dass ich das Buch in einer einsamen Hütte in der dänischen Heide gelesen habe, aber mich hat Bentow mit der Geschichte seiner Luna Moor schon auf den ersten Seiten gepackt. Der Autor versteht es sehr gut, eine unheimliche Atmosphäre zu kreieren, wodurch ich mehrmals Gänsehaut beim Lesen hatte, was nicht allzu oft vorkommt. Der Schreibstil ist präzise, eingängig und weitgehend schnörkellos. Perspektivisch wechselt Bentow zwischen Luna und Leon, wobei man mit letzterem auch in Lunas Manuskript liest. So verwebt der Autor sein Buch und das seiner Protagonistin gekonnt miteinander, und über weite Teile des Buches ist für den Leser nicht ganz klar, was nur in Lunas Manuskript passiert und was davon sie wirklich getan hat. Dies macht „Das Porzellanmädchen“ schon von Beginn an ungemein spannend, was das Buch allerdings nicht über seine ganze Länge halten kann.
Die Figurenzeichnung Bentows ist für mich mit Ausnahme des Täters, dessen Hintergrundgeschichte ich nicht ganz überzeugend finde, gelungen. Luna Moor ist eine mysteriöse und trotzdem sympathische Hauptfigur, der mit dem unschuldigen und positiven Leon ein guter Gegenpol gegenübergestellt wurde. Einzig störend ist hier manchmal die Handlungsweise der Personen, wenn Leon und Luna trotz drohender Gefahr doch in das dunkle Haupthaus gehen oder nachts doch noch weiter auf den Dachboden, obwohl sie komische Geräusche hören. Hier fühlt man sich an manchen Stellen an den schon im Titel erwähnten Horrorfilm erinnert, wo die Hauptfiguren statt wegzulaufen immer weiter in gruselige Situation hineinstolpern. Da nützt dann auch Leons „Es half alles nichts, er musste einfach nachschauen“ wenig, als Leser denkt man trotzdem, dass man selber schon lange das Weite gesucht hätte oder zumindest im Bett geblieben wäre. Allerdings ist das auch oft mein Problem mit Filmen dieses Genres, und wenn die Hauptfiguren sich wie ich nur unter ihrer Bettdecke verstecken würden, wenn sie nachts Geräusche hören, dann bräuchte man darüber auch keine Bücher schreiben oder Filme drehen, von daher sind diese nicht ganz nachvollziehbaren Handlungen verzeihbar.
Insgesamt ist „Das Porzellanmädchen“ ein nervenaufreibender Thriller, der Spaß macht und sehr kurzweilig ist, auch wenn für mich der stärkere Teil des Buches eher in der ersten Hälfte liegt.
Das Porzellanmädchen