Agententhriller in Südafrika: »Korrupt« von Mike Nicol
Agententhriller in Südafrika:
»Korrupt« von Mike Nicol
Viel mehr weiß Vicky nicht, denn das hält ihr Chef Henry Davidson aus der Agency immer so: Er hält die Fäden in der Hand und behält den Überblick, seine Agenten wissen nur das Nötigste. Doch die Sache mit Linda geht schief, sie wird außer Gefecht gesetzt und weggebracht, ohne dass Vicky etwas tun kann.
Während Vicky in Amsterdam ist, bekommt ihr Geliebter Fish in Kapstadt einen merkwürdigen Auftrag. Er ist Privatdetektiv und soll für Mrs. Kolingba herausfinden, wer ihre Tochter umgebracht und ihren Mann ins Koma geschossen hat. Surferboy Fish, der normalerweise nur kleine Versicherungsfälle bearbeitet, um sich neben seinen Doob-Verkäufen über Wasser zu halten, staunt nicht schlecht über diesen Auftrag. Umso mehr, als Mrs. Kolingba ihm erzählt, ein Unbekannter habe sie angerufen und zu Fish geschickt…
Mike Nicol veröffentlicht mit „Korrupt“ nach „Bad Cop“ (2015) seinen zweiten Roman aus seiner Kapstadt-Reihe um Vicky Kahn und Fish Pescado. Bekanntheit hat der südafrikanische Autor und Journalist in Deutschland vorher vor allem durch seine Rache-Trilogie (2008-2011) erlangt. Darüber hinaus hat er zahlreiche weitere Romane, Sach- und Kinderbücher verfasst. Thematisch verarbeitet Nicol in all seinen Romanen mehr oder weniger politische Geschehnisse aus seinem Heimatland, die teilweise auch auf wahren Begebenheiten basieren.
Auch nach dem Ende der Apartheid ist Südafrika ein zerrüttetes Land mit vielen Problemen. Undurchsichtige Intrigen verschiedener Organisationen, skrupellose Gewaltbereitschaft und ein korrupter Präsident prägen das Bild. Ähnlich unklar wie die Verhältnisse in diesem Land sind die Zusammenhänge auch in Nicols Geschichte. Nie ist richtig klar, wer nun welche Ziele verfolgt oder wer für welche Taten verantwortlich ist. Dies rührt nicht zuletzt daher, dass selbst die zahlreichen handelnden Personen, aus deren Sicht erzählt wird, zum Teil auch nicht wissen, was genau hinter ihren Aufträgen steckt.
Durch Nicols Erzählweise tun diese Verwirrungen auf Seiten des Lesers der Spannung aber keinen Abbruch, eher im Gegenteil. Der Autor versteht es sehr gut, in seinen kurzen Kapiteln auf geschickte Weise immer genau die richtige Menge an Informationshäppchen einzubauen. So ist es ungemein packend, nach und nach immer mehr über die Hintergründe von Vickys und Fishs Fällen und auch über die Mechanismen in diesem brüchigen Land herauszufinden.
Wie schon erwähnt, erzählt Nicol als personaler Erzähler aus Sicht mehrerer Figuren, die sich nach recht kurzen, szenenartigen Kapiteln abwechseln. Neben Vicky und Fish sind Major Kaiser Vula, der Attentäter Joey Curtains, Linda Nchaba, der geheimnisvolle Mart Velaze, den niemand zu kennen scheint, und der Präsident nur einige wenige der Handlungsträger. Auch diese Vielzahl an Personen ist zu Anfang nicht richtig überschaubar, was sich aber im Verlauf des Romans bessert, wenn sich langsam Zusammenhänge zwischen den einzelnen Handlungssträngen zeigen.
Nicol gelingt es bei seinen vielen Perspektivwechseln erfreulich gut, sich in die jeweiligen Figuren hineinzuversetzen. Für mich wirken sämtliche Charaktere stimmig und durchdacht, auch wenn Nicol für seine Leser auch hier vieles ungewiss lässt. Selbst am Ende des Romans ist einiges nicht richtig aufgeklärt und ich bin bei manchen Figuren nicht sicher, für wen sie jetzt eigentlich arbeiten und was manche Handlungsweisen nun sollten. Das mag daran liegen, dass noch weitere Romane in der „Kapstadt-Reihe“ folgen werden, ist aber auch so für mich ganz passend zu dem Südafrika, das Nicol uns zeigt. Hier ist eben nichts richtig klar und man weiß bei niemandem so genau, auf wessen Seite er steht, geschweige denn, was die einzelnen Seiten eigentlich sind.
Für mich ein sehr lesenswertes und spannendes Buch und vor allem nach einigen Serienkiller-Thrillern in Folge eine willkommene Abwechslung. Mir persönlich gefällt es auch immer ganz gut, wenn Unterhaltungsliteratur in irgendeiner Form politische Aktualität besitzt und mich auf Dinge stößt, die ich vorher gar nicht so richtig wusste. Allerdings muss man das natürlich auch mögen, wer mit so etwas nicht so viel anfangen kann, sollte von Mike Nicol vielleicht eher Abstand nehmen. Interessierte sind in jeden Fall gut beraten, vor „Korrupt“ den ersten Teil der Reihe („Bad Cop“) zu lesen.
Korrupt
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