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Thrillerkost aus Österreich - "Ewig" von Gerd Schilddorfer und David Weiss

EwigThrillerkost aus Österreich
Der Roman »Ewig« von Gerd Schilddorfer und
David Weiss unter der Lupe

Während meines diesjährigen Urlaubs in Wien bin ich mit schöner Regelmäßigkeit auf den Roman »Ewig« des Autorenduos Gerd Schilddorfer und David G.L. Weiss gestoßen. Ob in Buchhandlungen oder Kaufhäusern, überall lag der im Sommer 2009 gerade erschienene Roman an prominenter Stelle aus.

Ein ganz anderes Bild bot sich mir zurück in bundesdeutschen Landen. Hier suchte ich vergeblich nach dem Thriller aus dem Hause LangenMüller. Ein wenig verwunderte mich das schon, klang das, was ich auf der Coverrückseite lesen konnte, doch ganz nach einer Geschichte, die bei Lesern aus der BRD das gleiche Interesse wecken würde wie bei Lesern aus Österreich.

Auf der Frankfurter Buchmesse bekam ich dann des Rätsels Lösung präsentiert: Ein von zwei Österreichern geschriebener Roman, der in Wien spielt, das klingt für viele Händler zu sehr nach einem Machwerk mit einem Übermaß an Wiener Lokalkolorit. Anders ausgedrückt: So mancher Buchhändler fürchtete, dass die deutsche Kundschaft dem Buch von vorne herein mit Skepsis begegnen und es deshalb gar nicht erst aufschlagen würde.

Mal davon abgesehen, dass mich die Thematik von »Ewig« interessierte, war dies ein Grund mehr für mich, mir den Roman zu Gemüte zu führen. Eine Entscheidung, die ich nicht bereut habe. »Ewig« ist ein Buch, das Fans von historischen Rätseln, groß angelegten Verschwörungen und verzwickten Schatzsuchen einige sehr unterhaltsame Stunden Lesevergnügen beschert – ganz egal, ob sie nun aus Deutschland, Österreich oder einem anderen Land kommen.

Ewig»Ewig« – Inhalt
In einer altehrwürdigen Kirche in Wien ereignet sich ein ebenso grausiger wie mysteriöser Mord. Unter einer Empore, die mit den Buchstaben A.E.I.O.U. beschriftet ist, wird ein unbekannter Mann mit einem Kopfschuss hingerichtet. Neben dem Toten arrangiert der Killer eine Reihe von Kerzen so, dass sie die beiden Buchstaben L und I bilden. Die Wiener Polizei steht vor einem Rätsel.

Als der erfolgreiche Journalist Paul Wagner von dem Mordfall Wind bekommt, stattet er dem Tatort unverzüglich einen Besuch ab. Fasziniert von dem Rätsel, auf das er hier gestoßen ist, wendet er sich an seinen alten Freund, den Mittelalter-Experten Georg Sina, der seit dem Unfalltod seiner Frau im freiwilligen Exil lebt.

Bald schon stoßen die beiden Freunde auf ein uraltes Geheimnis und eine mysteriöse Botschaft, die vor vielen Jahrhunderten in einem unglaublichen Rätsel verborgen wurde. Schritt für Schritt kommen sie einem Mysterium auf die Spur, das die Zukunft der Welt für immer verändern könnte.

Doch Wagner und Sina sind nicht die Einzigen, die in die Jagd um das von Kaiser Friedrich III. verborgene Geheimnis verstrickt sind. Unversehens finden sich die beiden Männer im Visier verschiedener Gruppierungen wieder, die das Rätsel selbst lösen wollen – oder aber alles dran setzen, die Entdeckung dessen, was der Kaiser einst versteckte, zu verhindern. Ein gnadenloser Wettlauf beginnt, der so manches Opfer fordern wird ...

Pros & Cons – Die Stärken und Schwächen von »Ewig«

Mit »Ewig« hat das Autorenduo Schilddorfer und Weiss einen Thriller vor historischem Hintergrund ganz im Stile von Dan Brown geschaffen. Ich will damit nicht sagen, dass die beiden Österreicher sich Trittbrettfahrern gleich an den von »Sakrileg« und Co ausgelösten Hype dranhängen. Schilddorfer und Weiss gehen ihren ganz eigenen Weg. Doch wer den Stil der Romane um Robert Langdon mag, wer Rätsel aus alter Vergangenheit, finstere Verschwörungen und geheime Botschaften aus längst vergessenen Zeiten zu schätzen weiß, der wird an »Ewig« viel Freude haben.

Noch eines hat »Ewig« übrigens mit Dan Browns Machwerken gemeinsam: Der Roman von Schilddorfer und Weiss hat seine Stärken, aber eben auch seine Schwächen, ganz so wie »Illuminati«, »Sakrileg« und im Grunde jedes Buch. Im Folgenden möchte ich Euch einen kurzen Überblick über die auffälligsten Schwachpunkte, aber selbstverständlich auch über die großen Stärken des Thrillers geben, damit ihr Euch ein Bild von dem machen könnt, was Euch bei der Lektüre des Buchs erwartet.

Fangen wir mit den Schwächen an:

  • Schilddorfer und Weiss übertreiben es ein wenig, was die Darstellung und Wiedergabe von Hintergrundinformationen angeht. Zu allem und jedem lassen Sie eine der handelnden Figuren einen wissenschaftlichen Abriss geben. Ob zu Schauplätzen, Gegenständen von historischer Bedeutung oder geschichtlich relevanten Persönlichkeiten, ständig wird der Leser mit ausführlichen Abhandlungen über all die Aspekte konfrontiert, die sich gerade im Blickfeld der Protagonisten befinden. Was an sich zu einem solchen Thriller dazugehört, wird mit der Zeit einfach zu viel. Der Leser ertrinkt geradezu in einer Flut von Informationen und hat Mühe, all die Details zu erfassen, die genannt werden. Weniger wäre hier deutlich mehr gewesen; etwas mehr Konzentration auf wesentliche Aspekte hätte der Atmosphäre des Romans sicher nicht geschadet.

  • Mit dem gerade genannten Problem geht ein weiteres einher: Dadurch, dass die Handlung beständig durch Vorträge und Abhandlungen zu Hintergründen unterbrochen wird, gerät sie zeitweilig merklich ins Stocken. Dem Roman fehlt es schlichtweg an Tempo und Dynamik. Nicht, dass es keine Action und mitreißende Spannungsmomente gibt. Solche finden sich in »Ewig« zur Genüge, und wenn die Handlung zu entsprechenden Szenen gelangt, dann sind diese auch überzeugend ausgestaltet. Immer wieder büßt die Geschichte jedoch an Fahrt ein und verliert sich in einem Übermaß an Beschreibungen und Zusammenhängen.

Dass »Ewig« Schwachpunkte hat, lässt sich nicht bestreiten. Freunde anspruchsvoller Spannungsliteratur sollte das aber nicht davon abhalten, einen Blick in den Roman zu werfen. Die Stärken des Thriller sprechen nämlich eine ganz eigene Sprache und machen deutlich, warum man dem Buch eine Chance geben sollte:

  • Da wäre zunächst einmal die Story an sich zu nennen. Schilddorfer und Weiss, das merkt man dem Roman an, haben viel Zeit und Mühe in die Entwicklung des Plots investiert. Die Hintergründe wurden ausgiebig recherchiert, die vermeintlichen Rätsel Friedrichs III. in fein säuberlicher Arbeit und mit viel Liebe fürs Detail entwickelt. »Ewig« nimmt seine Leser mit auf eine spannende Schatzjagd, in der die Protagonisten akribisch ein Puzzleteil nach dem anderen zusammensetzen und so letzten Endes ein stimmiges Gesamtbild erhalten.

    Im Besonderen glänzt der Roman dabei dadurch, dass die Lösung der Rätsel sich einerseits als schwierig erweist, man aber andererseits keine Mühe hat, den Schlüssen, welche Sina und Wagner anstellen, zu folgen. Wie oft kommt es vor, dass Geschichten über Schatzjagden anhand verborgener Botschaften ihr Publikum entweder über- oder unterfordern. Bei »Ewig« ist die nicht der Fall. Verständlich und nachvollziehbar kommen die Helden dem Geheimnis näher und näher. Das sorgt dafür, dass der Leser mit großem Interesse bei der Sache ist und sich immer wieder ein gewisser, sehr befriedender „Aha“-Effekt einstellt.

  • Die Protagonisten des Romans sind zwar alles andere als besonders originell gewählt, doch nichtsdestoweniger samt und sonders lebendig gezeichnet. Wagner und Sina, die Helden des Buchs, wirken beide sehr sympathisch und nehmen den Leser schon nach Kurzem für sich ein.

    Wo wir schon bei den Figuren sind:

  • Wirklich hervorragend ist die Darstellung der Schurken.

    Fakt 1: Während viele Autoren sich damit begnügen, ihren Helden einen einzigen Gegenspieler (ob nun in Form eines einzelnen Verbrechers oder einer ganzen Organisation) gegenüberzustellen, präsentieren Schilddorfer und Weiss ihrer Leserschaft ganz verschiedene Bösewichte. Wagner und Sina müssen sich mit unterschiedlichen Gruppierungen herumschlagen, die die beiden aus den unterschiedlichsten Gründen für sich einspannen oder aber sie aufhalten wollen.

    Fakt 2: Den Autoren ist es gelungen, ihre Schurken facettenreich darzustellen. Und das nicht nur in der Hinsicht, dass sie mit den unterschiedlichsten Charakteren aufwarten.
    Viel zu häufig trifft man in Spannungsromanen auf Verbrecherorganisationen, die, im Gegensatz zu den zu Anfang oft zerstrittenen Helden, harmonische Einheiten bilden. Ganz anders ist da »Ewig«. Hier herrschen schon mal Neid und Missgunst zwischen Mitgliedern der selben Organisation, und man versucht, sich gegenseitig auszubooten. Stark ist auch die Darstellung einzelner Charaktere auf Seiten der Bösewichte. Endlich einmal sind die Gegenspieler keine hyperintelligenten, psychopathischen Fanatiker, sondern ganz gewöhnliche Männer und Frauen, die, ganz wie die Helden, mal alles richtig machen und dann wieder gewaltig Mist bauen. Selten habe ich einen Roman gelesen, in dem die Gegenseite so fehlerhaft und gerade dadurch so überzeugend dargestellt wurde.

Schilddorfer und Weiss - Die AutorenEin Gesamturteil zu »Ewig«
Mit »Ewig« legt das Autorenduo Schilddorfer und Weiss einen die meiste Zeit über spannenden, mitunter aber etwas langatmigen Thriller vor historischem Hintergrund vor. Das Buch weiß insbesondere hinsichtlich seiner durchdachten Story und der verblüffenden Entwicklung der Rätsel zu überzeugen. Inwiefern das Geheimnis, um das es letzten Endes geht, dem Leser wirklich bis zur „offiziellen“ Preisgabe im Rahmen der Handlung unbekannt bleibt, daran werden sich die Geister wohl scheiden. Doch egal, ob man die schlussendliche Enthüllung im Voraus ahnt oder nicht: »Ewig« ist und bleibt ein niveauvoller Spannungsroman mit komplexer Handlung, die Freunde intelligent gemachter Schatzjagden vollends zufrieden stellen wird.

Die Furcht, der Roman könnte zu „Wien-lastig“ sein, wie ich es einmal nennen möchte, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Schilddorfer und Weiss haben einen Verschwörungs- bzw. Historienthriller geschrieben, der sich hinter internationalen Bestsellern aus Großbritannien oder den USA nicht zu verstecken braucht. Wer die Werke von Dan Brown, Uwe Schomburg oder Ulrich Hefner zu schätzen weiß, dem kann man »Ewig« besten Gewissens empfehlen.

Die Autoren, so erfuhr ich auf der Buchmesse, arbeiten an einer Fortsetzung zu »Ewig«. Eine Nachricht, die mich persönlich sehr freut. Ich bin gespannt, mit welchen Mysterien sich Wagner und Sina im kommenden Roman auseinandersetzen müssen.

EwigDaten zum Buch:
Ewig
von Gerd Schilddorfer und David G.L. Weiss
erschienen: Sommer 2009
(Österreich/ Deutschland)
Hardcover
528 Seite; 19,95 €
ISBN: 978-3-7844-3191-8
LangenMüller

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