Maritims Wallace - Ein Klassiker kehrt zurück: Einführung
Einführung
Doch zurück zu Wallace. Die Serie, die damals erschien und nur wenige Wochen vor den Wallace-Hörspielen von EUROPA am Markt auftauchten war schon etwas Besonderes. Die Geschichten des Altmeisters des Krimis wurden dabei recht frei interpretiert, doch die Hauptelemente der Handlung und auch wichtige Namen und Figuren blieben erhalten. Besonderes Augenmerk haben dabei die ersten vier und die letzten vier Folgen. Gegensätzlicher können Hörspiele im Stil innerhalb einer Serie kaum sein. Autor und Produzent Hans-Joachim Herwald schuf drei Ermittlerteams.
Die drei Teams ermittelten jeweils in vier Folgen. Die ersten vier Folgen absolvierte Joe Jenkins mit Nick und Nicky. Joe Jenkins passt nicht wirklich in das Bild eines typischen Wallace-Ermittlers. Er ist eher ein moderner Kommissar und die Fälle scheinen auch in der Gegenwart zu spielen obwohl keine Jahreszahlen genannt sind. Doch es deutet vieles daraufhin, wie die Sprache, die vorkommenden technischen Errungenschaften - all das passt nicht in die 20er Jahre, in der die Wallace-Romane spielen.
Auch bei Chef-Inspektor Bliss und Mander verzichtet man auf Jahreszahlen. In welcher Zeit ihre Fälle spielen bleibt aber völlig unklar. Die Cover wirken allesamt modern mit modernen Autos usw. Insofern können die Geschichten wohl bedenkenlos der Gegenwart zugeordnet werden. Bliss ist auch namentlich den Wallace-Romanen um den Hexer entnommen. Auch Inspektor Mander stammt aus dem zweiten Hexer-Roman. Allerdings waren sich Mander und Bliss im Roman gar nicht grün. Hier sind sie ein untrennbares Gespann.
Captain Stone ist mit seiner Gemächlichkeit und seiner markanten Stimme eine eher typische Wallace-Ermittlerfigur, der auch irgendwie an bekannte Wallace-Filmkommissare wie Heinz Drache erinnert, wenn so ein Vergleich überhaupt möglich ist. Auch das er überwiegend allein ermittelt, passt in dieses Bild. Seine Fälle sind auch am dichtesten an den Vorlagen. Stone ist namentlich dem Roman "Der grüne Bogenschütze" entnommen, indem ein Captain Faetherstone ermittelt. Fast alle vier Wallace-Romane die mit der letzten Dekade vertont wurden, sind Romane mit einem Solo-Ermittler. Lediglich in "Das indische Tuch" wird dem Kommissar ein Assistent zur Seite gestellt.
Im direkten Vergleich mit den EUROPA-Hörspielen stehen die Maritim-Werke gut dar. Während sich EUROPA streng an die Vorlagen hielt, wich Maritim etwas ab. Somit haben beide Serien ihren Reiz und es fällt schwer zu sagen, welche Serie besser oder schlechter ist. Einzig in Punkto Qualität hat EUROPA einen leichten Vorsprung, da sie auf bessere Musik und Effekte zurückgreifen konnten. Da beide Unternehmen, nämliche EUROPA und Maritim seinerzeit in Hamburg ihres Studios hatten, fischte man auch aus dem selben Sprecherpool, so dass hier keine Qualitätsunterschiede auftraten. Maritim hatte einige Stars wie Manfred Krug und Gerda Gmelin, die EUROPA nicht hatte - dafür hatte EUROPA aber Günther Ungeheuer und Wolfgang Kieling. Dies hielt sich also relativ die Waage. Eine ausführliche Beschreibung zu beiden Serien findet sich auch in "Zwei Dudzent und ein bißchen mehr - Krimihörspiele mit Flair".
Nachdem bei einem Wasserschaden in den 90er Jahren alle Masterbänder der Serie vernichtet wurden, wie Sven Schreivogel zu berichten wusste, schien eine Wiederveröffentlichung der alten Serie unwahrscheinlich. Jahrelang wurde darum unter den Hörspielmachern gerungen. Schlechte Erfahrungen mit CD-Abverkäufen von Klassikern wie zuletzt auch bei der Serie "Scotland Yard" stimmten die Produzenten auch nicht gerade mutig, das Projekt Wallace von Maritim nochmal anzugehen. Und dennoch - trotz der eher durchwachsenen Erfahrung der letzten Jahre wagt HighcoreMusic den Versuch und will die über 30 Jahre alte Serie an den Mann bringen. Wie schon bei "Scotland Yard" jedoch zunächst im Download. Eine CD-Veröffentlichung würde wahrscheinlich nicht ausreichend Abnehmer finden.
Der Verleger Gruner und Jahr gab die Marke Maritim vor Jahren ab. Von Hörspielen hat man sich gänzlich distanziert und die alte Zeit wird bei den Hamburgern auch gar nicht mehr erwähnt. Es war nur ein Zusatzprogramm. Heute gehört der Riese, der u.a. die Zeitschrift stern herausbringt zum Bertelsmann-Konzern und ist damit ausgerechnet jenem Konzern eingereiht der in den 90er Jahren auch das Label EUROPA geschluckt hat.
Folgen