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Die Adaption des Respekts - Edgar Wallace bei EUROPA - Folge 4 "Das Gasthaus an der Themse"

Edgar Wallace bei EUROPADie Adaption des Respekts - Edgar Wallace bei EUROPA
Folge 4 »Das Gasthaus an der Themse« 

G. Walt: Ich möchte mal bei Edgar Wallace bleiben, diese Serie die Sie 1983 für EUROPA gemacht haben. Da haben Sie sich sehr dicht an der Vorlage gehalten. Übrigens als Einziger, der diese Krimis je adaptiert hatte. Gab es einen Grund dafür?
H.-G. Franciskowsky: Immer der Respekt vor dem Autor, dem Erfinder. Wenn ich einen Roman geschrieben habe, möchte ich nicht, dass das Werk von irgendwem verhunzt wird, sondern soweit wie möglich Original bleibt. Denn nur das Original ist das originäre daran.
Das Gasthaus an der ThemseKein anderer setzte Wallace origineller um als Franciskowsky. Zumindest im Hörspiel gilt das bis heute. Auch wenn der Hörplanet nun ebenfalls auf Wallace-Originalität verweist, so haben doch die Werke nicht die Genialität der EUROPA-Werke aus den 80-er Jahren. Schon gar nicht was die Kunst angeht, den Hörer zu fesseln und knackig zu unterhalten. Nicht zuletzt aus diesem Grunde werde ich mich der Serie nochmal widmen. Ausführlich. Inzwischen erschienen die Hörspiele (bisher 4 Stück, weitere folgen) bei Streamingportalen wie Spotify und sind so allen zugänglich. ich empfehle sie wärmstens.
 
 
Handlung:
Wade rettet eine Selbstmörderin vor dem Ertrinken. Anna hat ein Foto bei sich auf dem der Mann von der Flusspolizei Lila Smith erkennt. Die Nichte der Besitzerin des Mekka-Clubs. Was hat das zu bedeuten? Wade forscht nach und kommt dabei den Flussratten ins Gehege. Eine Diebesbande. Schließlich wird auch auf ihn ein Anschlag mit Giftgas verübt. Wade ahnt, das er einem Geheimnis bedächtig nahe gekommen ist und geht jeder Spur nach. Wer ist der geheimnisvolle Lord Siniford? Er steht in Verbindung mit einem Ring, der vor Jahren bei einem Raub gestohlen wurde und der in Annas Besitz war. Der Ring zeigt das Siegel eines Schiffes. Wade befragt den Anwalt Mr. Bruder, bei dem Siniford ein- und ausgeht und findet Erstaunliches heraus. Am Ende gerät Lila in so große Gefahr, dass Wade schnell handeln muss...
 
Klappentext:
Alle Spuren führen zum Gasthaus an der Themse. Welches Geheimnis verbirgt sich dort? Inspector Wade versucht, es zu klären, und er läßt sich auch nicht abschrecken, als die Flußratten ihn ermorden wollen... (EUROPA)
 
Meinung:
Beinahe wäre diese Geschichte ohne Mord und Totschlag ausgekommen. Denn im Kern geht es um eine Diebesbande, die sogenannten Flussratten. Die laufen in Taucheranzügen herum. Ein beliebter Umschlagplatz für ihre gestohlene Ware ist das Gasthaus an der Themse. Der berühmt-berüchtigte Mekka-Club. Hier gibt es auch geschmuggelten Whisky wie Inspektor Wade zu wissen glaubt. Und die Klubbesitzerin Miss Molly Oaks ist wenig mitteilungsfreudig als Inspektor Wade nach dem Rechten sieht. Die Geschichte fängt nicht wie ein typischer Wallace an: Der Inspektor rettet eine Selbstmörderin vor dem Ertrinken. Sie hat ein Foto bei sich, auf dem Lila Smith abgebildet ist - die Nichte von Molly Oaks. Für Wade reicht das, um mehr über Anna, der Selbstmord-Kandidatin herausfinden zu wollen. Abgelenkt wird er jedoch immer wieder durch Aktivitäten der Flussratten, die auch Bankeneinbrüche begehen. Was er nicht ahnt ist, dass sie auch hinter Lilas Erbe her sind. Das erfährt er erst als Mr. Bruder - ein Rechtsanwalt- ihm entsprechende Tipps gibt. 

Die Handlung ist zunächst etwas verwirrend. Man weiß nicht so recht um was es geht: Bankeneinbrüche, ein versuchter Selbstmord und ein Anschlag auf den Inspektor. Das bringt man nicht so recht zusammen, vor allem weil es zuvor keine Anlässe für diese Ereignisse gab. Erst mit der Erfahrung, dass es um Lilas Erbe geht, kommt Struktur in die Geschichte. Franciskowsky hat auch hier das Wichtigste aus dem Buch herausgepickt und ist dabei dem Original weitestgehend treu geblieben. Das Dilemma des Romans ist die Tatsache, dass es hier nicht um einen dunklen Drahtzieher im Hintergrund geht und auch nicht um einen unheimlichen Mörder. Viel zu schnell ist klar, dass eben das Ehepaar Oaks hinter allem steckt und die Entlarvung von Golly Oaks als Chef der Flussratten ist alles andere als eine Überraschung. Zumal die Figur im Vorlauf der Handlung keine große Rolle spielt. Im Grunde aber profitiert das Hörspiel vor allem von den Sprechern. Allen voran natürlich Horst Frank und wenn auch viel zu kurz, die großartige Jo Wegener. Beide hatten gegeneinander schon in "Dracula und Frankenstein, die Blutsfürsten" zu kämpfen. 

Hinzu kommen gelungene Geräusche und zumindest in der Erstauflage eine passende und peitschende Musik. In der Neuauflage fielen viele dieser Stücke der Schere zum Opfer und leider auch ein paar Textfetzen. Die vierte Folge ist die Folge der Neuauflage an der - meines Erachtens nach - am meisten herum geschnippelt wurde. Bei der Arie des Faust, die Golly Oaks am Ende singt, wurde jedoch noch eine passende Musik eingefügt. Das hat mich dann auch überrascht.

Summa-sumarum liegt das Hörspiel aber mit 43 Minuten Laufzeit genau im Schnitt der Reihe. 

Im Film von 1963 wurde übrigens eine Figur namens "Der Hai" erfunden, welche mordend durch die Kanäle schwimmt. Damit wollte man die Handlung aufwerten und dem Krimi wenigstens Morde verpassen und eine dunkle Person im Hintergrund. Gelungen ist das.
 
Gedanken:
"Hast du die Arie des Faust schon einmal gehört?":, fragt Golly Lila und schmettert eine Hymne. Was man damit bei dem Hörspiel sagen will ist unklar. Das Golly gut singen kann ist eine für das Hörspiel ziemlich unwichtige Erkenntnis.
 
"Hallo Prinzesseschen": sagt Wade stets zur Begrüßung von Lila. im Film von 1963 belässt es Joachim Fuchsberger bei "Prinzessin" als Begrüßung  Ohne Verniedlichung.
 
"Man hat ihn erstochen. Saubere Arbeit": Elk berichtete Wade auf diese Art vom Tode Sinifords. Eine kleine Rolle übrigens für Horst Stark. Lord Siniford ist einer der Erben von Petersons Vermögen und selbst ein Gauner. Leider wird zu wenig auf diese Figur eingegangen, die im Film von 1963 gar nicht vorkommt. Wer ist also Lord Siniford? So genau beantwortet auch der Roman diese Frage nicht.
 
Horst FrankDie Sprecher:
Horst Frank hat seinen ersten von insgesamt zwei Auftritten als Ermittler in der Reihe. Wie immer ist er souverän dabei und zieht sofort die Sympathien des Hörers auf seine Seite. Ein leicht humoriger Unterton, der an seine Zeit als Gruselheld Tom Fawley in der Gruselserie erinnert ist ebenfalls nicht zu überhören. Das er nicht gemeinsam mit seiner Frau Brigitte Kollecker spricht ist weniger bedauerlich. Schließlich muss bei der Besetzung auch auf ein passendes Spiel geachtet werden. Immerhin hat Frau Kollecker eine Mini-Rolle als Zimmermädchen. In einer späteren Folge haben beide wieder Gelegenheit als Paar zu glänzen. 

Die Rolle der Lila übernimmt Marion Martienzen, die etwas blass in der Performance wirkt. Auch Angela Schmid als Anna hat Überzeugungsschwierigkeiten. 

Als Golly Oaks hört man Ferdinand Dux, der am Ende vom Dach stürzt und einen Todesschrei ausstoßen muss, der frappierend an seinen Schrei erinnert, den er als Dr. Wung in der Larry Brent-Folge "Die Horror-Maschine" zum Besten gibt. Man könnte meinen das Bösewichte die Spezialität von Dux waren. In Folge 6 dieser Reihe wird er sich aber von einer ganz anderen Seite zeigen. Apropos Larry Brent: Als Sergeant Toller hört man Rainer Schmitt, bei dem die typische Lockerheit mitspielt, die man von ihm auch aus eben dieser Serie kennt. Nun ja, beide Serien entstanden in zeitlicher Nähe.

Auch Inspektor Elk ist wieder dabei. Inzwischen ist er wohl befördert worden, denn im "Frosch" war er noch Sergeant. Doch hier wird nicht im geringsten darauf eingegangen, dass es sich um ein und die selbe Person handeln könnte. Henry Kielmann spricht ihn diesmal. Das in sofern interessant das Kielmann in der Maritim-Version die Rolle des Chefinspektors inne hat, der dort Bliss statt Wade heißt.
 
Cover:
Ähnlich wie beim Frosch-Cover, finde ich auch dieses misslungen. Es strahlt zwar die markante Düsternis aus, doch es fehlt irgendwie der Sinn des Bildes. Ein Gasthaus ist gar nicht zu erkennen und die Krallenhand aus dem Fluss kommt so gar nicht vor in der Geschichte.
 
Parallelen:
In der Rolle des Rechtsanwaltes Mr. Bruder hört man Hans Paetsch - eine Sprecherlegende. Er spielte auch in dem gleichnamigen Edgar Wallace-Film von 1963. Und zwar erstaunlicherweise die selbe Rolle als Rechtsanwaltes Mr. Bruder. 
 
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