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Die Adaption des Respekts - Edgar Wallace bei EUROPA - Folge 10 "Das Geheimnis der gelben Narzissen"

Edgar Wallace bei EUROPADie Adaption des Respekts - Edgar Wallace bei EUROPA
Folge 10 »Das Geheimnis der gelben Narzissen« 

G. Walt: Ich möchte mal bei Edgar Wallace bleiben, diese Serie die Sie 1983 für EUROPA gemacht haben. Da haben Sie sich sehr dicht an der Vorlage gehalten. Übrigens als Einziger, der diese Krimis je adaptiert hatte. Gab es einen Grund dafür?
H.-G. Franciskowsky: Immer der Respekt vor dem Autor, dem Erfinder. Wenn ich einen Roman geschrieben habe, möchte ich nicht, dass das Werk von irgendwem verhunzt wird, sondern soweit wie möglich Original bleibt. Denn nur das Original ist das originäre daran.
Das Geheimnis der gelben NarzissenKein anderer setzte Wallace origineller um als Franciskowsky. Zumindest im Hörspiel gilt das bis heute. Auch wenn der Hörplanet nun ebenfalls auf Wallace-Originalität verweist, so haben doch die Werke nicht die Genialität der EUROPA-Werke aus den 80er Jahren. Schon gar nicht was die Kunst angeht, den Hörer zu fesseln und knackig zu unterhalten. Nicht zuletzt aus diesem Grunde werde ich mich der Serie nochmal widmen. Ausführlich. Inzwischen erschienen die Hörspiele (bisher 11 Stück, weitere folgen) bei Streamingportalen wie Spotify und sind so allen zugänglich. ich empfehle sie wärmstens.
 
 
Handlung:
Thornton Lyne, der Besitzer einer Warenhauskette wird ermordet. Man findet seine Leiche im Hyde-Park mit einem Strauß gelber Narzissen geschmückt. Bei ihm befindet sich auch ein Zettel mit chinesischen Schriftzeichen. Aus diesem Grunde zieht Polizeichef Cresswell den Detektiven und China-Kenner Jack Oliver Tarling in die Ermittlungen ein. Zusammen mit Inspektor Whiteside soll er den Mörder finden. Tarling wird dabei zudem von seinem chinesischen Diener Ling Chu unterstützt.

Der Tat dringend verdächtig ist Odette Ride, eine ehemalige Angestellte von Lyne. Doch Tarling kann den Verdacht gegen sie schnell entkräften und verliebt sich in sie. Doch Sam Stay, ein entlassener Sträfling, der in Lyne einen Wohltäter hatte, glaubt fest an Odettes Schuld und will sie dafür töten...
 
Klappentext
Thornton Lyne, ein reicher Warenhausbesitzer, wird auf rätselhafte Weise ermordet. Man findet seine Leiche mitten im Hide-Park. Jemand hat sie mit gelben Narzissen geschmückt. Der Mörder? Zahlreiche Fragen tun sich auf. Ist die reizende Odette Rider eine Mörderin? Alles deutet darauf hin, denn die Spuren führen in ihre Wohnung, und Odette versucht noch in der Mordnacht ins Ausland zu entkommen...   (EUROPA)
 
Meinung
Franciskowsky schrieb zwar alle Manuskripte originalgetreu - und zwar so genau, das sogar ganze Dialoge übernommen worden. Dennoch nahm er sich die Freiheit bei einigen Folgen der Reihe ein eigenes Opening zu schaffen. Nicht nötig war das in den Folgen "Frosch", "Gasthaus", "Kreis", "Engel", "drei Gerechten" und "Der Zinker". Alle anderen Folgen begannen im Roman mit Dialogen und hätten so das Interesse des Hörers schnell abgelenkt. Ausnahme bleibt die Folge "Die drei Gerechten". Hier übernimmt Franciskowsky den Dialog vom Beginn. Für die "gelben Narzissen" benötigte er wieder ein eigenes Opening, welches aber sehr unglücklich geriet. Denn in dieser ersten Szene passiert der Mord, der im Roman gar nicht beschrieben wird. Leider wird dabei auch der Mörder verraten. Daher ist die Luft des Hörspiels gleich am Anfang raus. Auch die Anspielung von Oberinspektor Cresswell, dass ein Mann nicht seinen eigenen Wohltäter töten würde, verrät zu viel. Bis heute frage ich mich, warum man damals so was gemacht hat. Gleichzeitig gibt es in der Originalgeschichte auch einige Punkte die merkwürdig und unlogisch erscheinen. Zum Beispiel, dass Jack Oliver Tarling sich plötzlich als der Erbe von Thornton Lyne entpuppt. Zudem ist Tarling zum Teil selbst verdächtig und auch sein Diener Ling Chu. Somit hätte er die Ermittlungen gar nicht übernehmen dürfen.
Ein Fehler in den Hörspielen ist zudem, dass man den Mörder immer an der Stimme erkennt. Hier ist das besonders auffallend. Und so wiederholt sich der Kardinalsfehler der Folge 2. Wir erleben das nocheinmal in Folge 12. Nur in Folge 5 gelang die Stimmverstellung.

Das Hörspiel ist mit 45 Minuten Länge das zweitlängste der Reihe (nach Folge 1) und wird dem Inhalt mit dieser Länge auch gerecht. Die Story ist unterhaltsam und an einigen Stellen auch spannend erzählt. Die erwähnten Punkte der Verwandtschaft zwischen Lyne und Tarling und anderes stört kaum. Einzig die Entlarvung Sam Stays ist durch die Anfangsszene vermasselt.

Auch die Musik ist klasse und passt zum Stil vieler 80er-Jahre-Hörspiele. Trotz des Patzers zu Beginn hat Franciskowsky hiermit wohl die zweitbeste Folge der zweiten Staffel geschaffen, da sie nicht so gehetzt umgesetzt wirkt wie etwa "Der Engel" oder "Das Verrätertor" oder gar der "Zinker", welche auch vor Fehlern nur so strotzen und sicher auch den Todesstoß für diese sonst so gelungene Serie bedeuteten.
 
Gedanken
"Wenn der Fall irgendetwas mit China zutun hat, so weiß niemand besser Bescheid als sie. Und sie haben noch den Vorteil, dass sie Ihren chinesischen Diener fragen können": So begründet Oberinspektor Cresswell gegenüber Tarling, dass er ausgerechnet ihn (einen Privatdetektiv) in die Ermittlungen eingeschaltet hat. Ich denke Wallace nutze dies um etwas Abwechslung zu schaffen und nicht in jedem Roman einen Polizisten als Ermittler zu servieren. Er verfuhr auch so mit den Romanen "Der Frosch mit der Maske", wo ein Staatsanwalt die Ermittlung in die Hand nahm und in "Die seltsame Gräfin" wo es wieder ein Detektiv ist. In "Die drei Gerechten" ist es sogar ein Detektivtrio.
 
"Habe ich noch nicht erwähnt, dass wir heiraten wollen": das sagt Tarling zu Odette und die Szene am Schluss erinnert etwas an den Antrag von Larry Holt in "Die toten Augen". Hier erscheint aber etwas vorbereiteter und er kommt nicht mitten in der Handlung. Zudem wirkt er weniger kitschig.
 
"Lyne hatte einen Vetter der die Millionen erben wird": sagt Jack Oliver Tarling zu Whiteside, dem Inspektor und erwähnt, dass er dieser Vetter sei. Somit hätte er in dem Mordfall nie ermitteln können. Aber er verschweigt dies sicher um die Ermittlungen nicht zu gefährden - einen anderen Grund kann es dafür nicht geben. Warum Wallace diese Vetternschaft erfunden hat, bleibt aber ein Rätsel. Sie ist für den Roman selbst nicht relevant. Womöglich dient sie nur als Mitgift für die Hochzeit mit Odette Rider. Als Detektiv verdient Tarling sicher nicht ganz soviel. In vielen Romane von Wallace wurde am Ende reich geheiratet. Entweder veriebt sich der Inspektor in die reiche Erbin oder es ist wie hier dargestellt anders herum.
 
Pinkas BraunDie Sprecher
Wieder einmal scheut EUROPA nichts, um die namhaftesten Sprecher der deutschen Schauspielszene vor das Mikrofon zu bekommen. Hauptdarsteller ist diesmal Pinkas Braun, der vielen noch als Kinostar der 60er-Jahre bekannt sein dürfte. Er sprach um 1983 herum so einige Rollen bei EUROPA (u.a. "Die drei ???"). Er hielt sich offenbar berufsbedingt in Hamburg auf und Heikedine Körting ergriff solche Gelegenheiten immer wieder gern um bekannte Stimmen ins Studio zu holen. In den 70er Jahren hatte Braun mit "Jörg Preda berichtet" sogar eine eigene Krimiserie im TV. Hier spricht er den Detektiven Tarling, der einen Mord zu klären hat und sich nebenbei verliebt. Damit ist er ein typischer Wallace-Ermittler.

Braun hat hier keinen richtigen Gegenpart, da es hier keinen richtigen Bösewicht gibt. Hans Daniel ist zwar zwielichtig als Mr. Milburgh, aber ein richtiger Gegenpart wie Harry Alford im "Abt" oder Claus Wilcke im "roten Kreis" gibt es nicht. Deswegen stellt man Tarling den Polizeiinspektor Whiteside an die Seite, der von Volker Brandt gesprochen wird. Die beiden liefern sich einige spritzige Wortduelle, aber im großen und Ganzen führt der Whiteside nur die Ansagen Tarlings aus oder ist simpler Stichwortgeber. Irgendwie erinnert Brandt in seiner Rolle auch an Michael Douglas, den er u.a. in "Die Straßen von San Francisco" synchronisierte. Und genau diese Rolle ähnelt seiner Performance als Whiteside.

Als Sam Stay hört man Balduin Baas. Er spielt einen verrückten, psychopathischen Charakter. Ähnlich wie Manfred Steffen im "Abt". Auch er hätte diese Rolle gut spielen können. Baas bleibt aber nicht in seinem Rollenklischee. Schon in der kommenden Folge wird er einen Ermittler spielen. In "Neues vom Hexer" war er Verdächtiger.

Den weiblichen Hauptpart übernimmt Karin Eckhold. Fernsehzuschauer kennen sie aus den 80er Jahren als Sekretärin von Professor Brinkmann in der "Schwarzwaldklinik". Sie spielt souverän ein fast typisches Wallace-Girl, welches ausnahmsweise mal nicht verfolgt wird, sondern in Verdacht gerät. Odettes Mutter wird von Gisela Trowe gesprochen.

Andreas von der Meden, der kürzlich verstarb, ist in einer kurzen Sequenz als Hausmeister zu hören. Joachim Wichmann liefert eine herrliche Performance als Dr. Saunders ab. Harald Pages hat eine Doppelrolle inne - als Lyne und Ling Chu.

Hannes Messemer, der im "Verrätertor" noch der Fürst von Kishlastan war, hat hier eine ähnlich kleine Rolle als Polizeichef Mr. Cresswell.
 
Cover
Das Cover zeigt eigentlich nur das, was die Story auch zum Inhalt hat. Ein Toter, geschmückt mit Narzissen, die hier übergroß dargestellt werden. Es ist als mittelmäßig gelungen zu bezeichnen.
 
Besonderes
Pinkas Braun spielte auch in drei echten Wallace-Krimis der RIALTO-Film mit. In "Das Rätsel der roten Orchidee" (1962) spielte er den Obergangster, in "Die Tür mit den sieben Schlössern" (1962) den Dr. Staletti und außerdem war er in den beiden Farbfilmen "Der Bucklige von Soho" (1966) und "Im Banne des Unheimlichen" (1968) zugegen. Stets hatte er dabei eine düstere und zwielichtige Rolle zu spielen.

Der Film "Das Geheimnis der gelben Narzissen" (1961) ist der kommerziell erfolgreichste aller Wallace-Filme der RIALTO-Film. Dort spielten u.a. Joachim Fuchsberger (Jack Tarling) und Christopher Lee (Ling Chu). Allerdings hatte der Film mit dem Romaninhalt so gut wie gar nichts zu tun.

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