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Die Adaption des Respekts - Edgar Wallace bei EUROPA - Folge 8 "Der Engel des Schreckens"

Edgar Wallace bei EUROPADie Adaption des Respekts - Edgar Wallace bei EUROPA
Folge 8 »Der Engel des Schreckens« 

G. Walt: Ich möchte mal bei Edgar Wallace bleiben, diese Serie die Sie 1983 für EUROPA gemacht haben. Da haben Sie sich sehr dicht an der Vorlage gehalten. Übrigens als Einziger, der diese Krimis je adaptiert hatte. Gab es einen Grund dafür?
H.-G. Franciskowsky: Immer der Respekt vor dem Autor, dem Erfinder. Wenn ich einen Roman geschrieben habe, möchte ich nicht, dass das Werk von irgendwem verhunzt wird, sondern soweit wie möglich Original bleibt. Denn nur das Original ist das originäre daran.
Der Engel des SchreckensKein anderer setzte Wallace origineller um als Franciskowsky. Zumindest im Hörspiel gilt das bis heute. Auch wenn der Hörplanet nun ebenfalls auf Wallace-Originalität verweist, so haben doch die Werke nicht die Genialität der EUROPA-Werke aus den 80er Jahren. Schon gar nicht was die Kunst angeht, den Hörer zu fesseln und knackig zu unterhalten. Nicht zuletzt aus diesem Grunde werde ich mich der Serie nochmal widmen. Ausführlich. Inzwischen erschienen die Hörspiele (bisher 4 Stück, weitere folgen) bei Streamingprotalen wie Spotify und sind so allen zugänglich. ich empfehle sie wärmstens.
 
 
Handlung:
John Meredith wird des Mordes beschuldigt. Er soll Ferdinand Bullford aus Eifersucht erschossen haben. Seine eigene Kusine Jean Briggerland belastet ihn schwer. Das Todesurteil wird allerdings in Lebenslänglich abgeändert. Sein Erbe jedoch würde an Jean Briggerland fallen. Deshalb muss Meredith heiraten. Jack Glover hat dafür Lydia Beel ausgesucht. Sie ist zuerst bestürzt über das Angebot, da sie aber in Geldnot ist, nimmt sie das Angebot an. Nach der Hochzeit wird Meredith erschossen. Jack Glover, sein Anwalt weiß nun, dass auch Lydia in Gefahr ist. Er rät deshalb zu einer Mittelmeerreise. Doch auch Jean bricht dorthin auf. Jack stellt Lydia Jack an die Seite. Der verschrobene, alte Mann soll sie beschützen. Jean glaubt jedoch nicht an Mordpläne von Jean und freundet sich mit ihr an. Deswegen tappt sie scheinbar ahnungslos immer weiter in die Falle.
 
Klappentext
Sie hat das Gesicht eines Engels, und ihre Stimme klingt rein und unschuldig. kann diese Frau eine Mörderin sein, wie Jack Glover behauptet? Auf keinen Fall, empört sich Lydia - und gerät in eine ausweglos erscheinende Situation. Das Netz des Todes wird geknüpft... (EUROPA)
 
Meinung
"Der Engel" ist schon so etwas wie ein Exot innerhalb der kurzen Reihe. Spielen doch alle anderen Geschichten in London oder Umgebung und auf jeden Fall in England, so ist das hier nur zum Teil so. Der größte Teil spielt an der französischen Mittelmeerküste. Diese Handlung muss, wenn man nach Angaben des Hörspiels geht, unweit der italienischen Grenze spielen, da hier der italienische Kurort Sanremo genannt wird. Zunächst beginnt die Handlung aber in London in einem Gerichtssaal. Mr. Meredith wird wegen Mordes verurteilt. Die entzückende Lydia soll ihn heriraten um sein Erbe zu retten und tut es. Als reiche Frau reist sie nach Südfrankreich. Dort wird sie immer häufiger von Mordanschlägen bedroht. Für den Hörer ist klar wer die Anschläge verübt und das Jean Briggerland (Ruth Niehaus) hinter allem steckt. Doch die Spannung zieht sich vor allem daraus, wie Lydia ihr auf die Schliche kommt und das ganze letztlich aufgelöst wird.
Durch die Anschläge reist die Spannung nie ab. Dennoch gibt es einige Logiklöcher, die Franciskowsky aber leicht hätte stopfen können, wenn er dem Hörspiel 5 Minuten mehr Zeit gegeben hätte. Zu den Ungereimtheiten zählt etwa die merkwürdige Hochzeit zwischen Lydia und Jim. Keiner weiß so recht ob er für die Zeit der Hochzeit frei bekam oder ausgebrochen ist. Letzteres ist wahrscheinlich, wirft aber auch die Frage auf in wie weit die Anwälte Rennett und Glover darin verstrickt sind. Einige Mordanschläge sind arg konstruiert und selbst Lydia hätte hier längst kapieren müssen, dass Jean ihr nach dem Leben trachtet. Ein weiterer Schwachpunkt ist die Geschichte mit dem ausgebrochenen Verrückten aus dem Irrenhaus. Das hätte man besser erklären können. Auch die Figur Morton taucht zu plötzlich in der Geschichte auf und es wird zu wenig darauf eingegangen. Eigentlich ist "Der Engel des Schreckens" eine Paradebeispiel für die Makel einer allzu kurzen Abhandlung bei Hörspielen. Fehler, die Franciskowsky öfter machte. Und das ausgerechnet bei den Hörspielen, die diese Fehler durch eine durchgehend tempo-orientierte Spannung kompensieren konnten. In der zweiten Staffel der Wallace-Serie gab es neben dem "Engel" noch zwei weitere Folgen, die unter der kurzen Laufzeit zu leiden Hatten. "Das Verrätertor" und "Der Zinker". Auch hier wären nur wenige Minuten mehr nötig gewesen um Logikfehler auszumerzen und die Handlung etwas zu entzerren. Der Vorwurf, die Serie hätte nur verworrene Storys hervorgebracht stimmt nicht ganz. Aber man versteht woher dieser Einwand kommt, wenn man sich nun im Einzelnen mit den Geschichten befasst. Vielleicht war die zweite Staffel auch deswegen weniger erfolgreich als die Erste. Denn laut Franciskowsky gingen die Verkaufszahlen zurück und so wurde auch leider keine dritte Staffel mehr gemacht.
Mit dem "Engel" griff Franciskowsky auf eine recht unbekannte Romanvorlage des britischen Autoren zurück. Weder als Film noch als Hörspiel fand der Roman jemals Verwendung. Das mag viele Hörer dann doch eher verblüfft haben. Und dennoch traf Franciskowsky den Nerv der Hörer und landete einen Krimi-Volltreffer. Die Überraschung am Schluss ist ebenfalls ein Pluspunkt der Story.
 
Gedanken
"Sie sind geflohen Jim? Dann müssen wir Sie der Polizei übergeben...": ,sagt Jeremy Rennett zu Meredith, nachdem er seine Flucht aus dem Gefängnis gestanden hat. Ist er nun geflohen oder haben Glover und Rennett ihn für die Hochzeit freigestellt. Wenn nicht, wie konnten die Anwälte dann mit seiner Flucht rechnen, die punktgenau zur Hochzeit funktioniert.
 
"Haben Sie nicht gehört, dass aus der Anstalt ein verrückter Arzt geflohen ist? Ein Lustmörder?": Das sagt Mrs. Morgan zu Lydia und diese wird eine Minute später prompt von diesem Arzt überfallen. Zufälle gibt´s.
 
Brigitte KolleckerDie Sprecher
Einige Sprecher sind im Inlay gar nicht erst gelistet. Zum Beispiel der verrückte Arzt, Sir John und diverse andere. Alles in allem gibt es sehr viele Sprecher in sehr kurzen Rollen. Den Hauptpart bestimmen aber Horst Frank als Anwalt Jack Glover und seine Frau Brigitte Kollecker als Lydia. Damit ist das Top-Gespann aus den Fawley/Fox-Hörspielen der Gruselserie wieder vereint. Den dritten Hauptpart nimmt Ruth Niehaus als Jean ein. Für ein junges Mädchen klingt sie allerdings etwas zu reif. Ernst von Klippstein spricht den Anwalt Mr. Rennett. Weitere Rollen bekleiden Wolfgang Draeger, Uschi Sieg und Katahrina Brauren, die sonst nie in der Serie auftauchen. Horst Stark mimt - schon fast ungewöhnlich für ihn- einen Polizeiinspektor.
 
Cover
In der zweiten Staffel bekamen die Cover einen etwas anderen Stil. Das der Folge 8 passt sehr gut zur Handlung. Auch der Hintergrund mit den Häuserfassaden ist gut gewählt und stimmungsvoll. Ein Cover, dass wirklich neugierig macht auf den Inhalt. Klasse.
 
Besonderes
"Der Engel des Schreckens" stand bereits zu Beginn der 60er Jahre auf dem Produktionsplan der Rialto-Film. Das Projekt wurde jedoch immer wieder zu Gunsten anderer Projekte verschoben. Allerdings gab es schon früh eine Drehbuchfassung. Den Produzenten schien der Stoff aber zu ungeeignet oder auch zu teuer in der Produktion, da man als Schauplatz auch die Mittelmeerküste einbeziehen musste. So kam es immer wieder zu Verschiebungen. Letztlich wurde das Drehbuch dann aber doch realisiert. Kräftig überarbeitet allerdings vom Produzenten Horst Wendlandt selbst, trug der Film dann den Titel "Die Tote aus der Themse" (1970). Der Film hatte dann weder etwas mit dem Roman "Der Engel des Schreckens" zu tun, noch mit Wallace überhaupt.
 
 
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