40 Jahre Tatort - 1990: DER ERSTE SCHWEIZER TATORT
DER ERSTE SCHWEIZER TATORT
Eines Morgens findet er in seinem Briefkasten eine Kassette mit einem anonymen Hinweis.
In der Nacht vom 4. auf den 5. solle im Industriequartier irgend etwas passieren. Es stünde im Zusammenhang mit der Verhaftung des iranischen Flugzeugentführers Selim Arida.
Howald und sein 31jähriger Assistent Reto Carlucci (Andrea Zogg ) gehen dem anonymen Tipp nach.
Während einer nächtlichen Recherche machen sie vor einer Fabrikhalle machen sie eine Entdeckung. Denn vor dem Gebäude fällt ihnen ein Lastwagen auf. In dessen Inneren entdecken sie einen mit mondernstem Kriegsgerät beladene Flugzeugcontainer. Bestimmungsort für die ‚Ware‘ ist Beirut.
Als zwei Gestalten aus der Fabrikhalle auftauchen, kommt es zum Schusswechsel. Carlucci stoppt einen der beiden Unbekannten mit einem Bauchschuss. Ohne es zu wissen, sind Howald und Carlucci der Bundespolizei in die Quere gekommen, die sich bereits um diesen illegalen Waffentransport kümmert.
Nichtsdestotrotz versuchen Howald und Calucci entgegen aller Widerstände herauszufinden, was und wer hinter dem mysteriösen Waffengeschäft steckt.
Doch Howald muss sich auch um seine privaten Probleme kümmern. Seine Frau Rebecca hat ihn verlassen und ein Verhältnis mit einem hochrangigen Diplomaten angefangen. Zudem verschwindet eines Nachts seine sechzehnjährige Tochter Katrin spurlos.
"Die Deutschen werden natürlich den Handlungsort und die Atmosphäre als typisch schweizerisch empfinden. Dann gehen die Leute hier auch anders miteinander um als zum Beispiel das Bum-bum-Gehabe im Ruhrgebiet; ruhiger, gemächlicher und behutsamer. Das gibt eine Spannung zwischen den Zeilen und eine ganz eigene Stimmung." (1)
Doch auch in anderer Hinsicht war HOWALDS FALL ein ungewöhnlicher Tatort. Zum einen wurde der Fernsehfilm in zwei Fassungen produziert, da die Schweizer Dialekt-Fassung für die Ausstrahlung in Deutschland und Österreich auf Hochdeutsch nachsynchronisiert wurde.
Zum anderen kam der erste Schweizer Tatort mit einem sehr ungewöhnlichen Ende daher. Denn der ermittelnde Beamte, Detektivwachtmeister HOWALD, entpuppt sich zum Schluss als Täter und begeht Selbstmord, weil er seiner Tochter ein Kind gemacht hatte.
Dieses Ende blieb bis zur Ausstrahlung auch deshalb ein Geheimnis, weil das Schweizer Fernsehen keine Pressevorführung für deutschen Journalisten gab. Einzig und allein 12 Schweizer Journalisten kamen vorab in den Genuss der TATORT-Presse-Vorführung.
Die Schweizer Fernsehmacher waren sich allerdings nicht sicher, ob ihr Tatort-Einstieg nicht doch ein Reinfall werden würde. So warteten sie mit gemischten Gefühlen die Fernsehausstrahlungen in Deutschland, Österreich sowie der Schweiz ab.
Bei der Erstausstrahlung am 16. April 1990 saßen über 11 Millionen westdeutsche Fernsehzuschauer vor der Flimmerkiste. Und der erste Schweizer-Tatort erhielt viel positive Resonanz, so u. a. auch von der ORF, dem TATORT-Erfinder Gunther Witte sowie von der FAZ. Schlechte Kritiken bekam HOWALDS FALL u. a. vom Schweizer Publikum oder von der Frankfurter Rundschau.
"Ich finde es unerhört mutig von den Schweizern, gleich beim ersten Mal einen Kommissar als Schuldigen zu präsentieren.“ (2)
Da der Tatort-Ermittler WALTER HOWALD am Ende von HOWALDS FALL Selbstmord beging, wurde der zweite Schweizer Tatort von dessen Assistenten CARLUCCI bestritten, der befördert wurde, was laut SFDRS-Redakteur Niklaus Schlienger von vorneherein so geplant gewesen war.
Interessanterweise wurde HOWALDS FALL – aus welchen Gründen auch immer - seit seiner Erstsendung in der ARD nie wieder im Deutschen Fernsehen wiederholt.
HOWALDS FALLL
(1) Urs Egger
(2) Ernst Petz, Redakteur beim ORF
© by Ingo Löchel