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Derrick und seine Fälle: Folge 202 - Störungen in der Lust zu leben

Derrick und seine FälleFolge 202
Störungen in der Lust zu leben

Weil er sein Lokal nicht an einen Großgastronomen verkaufen will, wird der alte Erich Dustler von einem bezahlten Killer brutal ermordet. Als der Täter aus der Kneipe flieht, rennt er eine vorbeigehende Passantin fast um. Es ist Magda Kordes, eine frühere Freundin von ihm.

Gegenüber Derrick bestreitet Frau Kordes, den Mörder zu kennen (1)


Natürlich bestreitet sie dies, sonst wäre der Fall schnell geklärt. Und der Mörder ist ein ehemaliger Liebhaber der Frau, der nun die alte Beziehung nicht ganz uneigennützig wieder auffrischen will. Doch der Dame gefällt dies und somit ist der Mörder am Ziel. Er hat sich damit das Schweigen der Dame erkauft. Der Rest des Krimis ist gewohnter Mist. Die Dame schweigt bis zur Selbstaufgabe und Erniedrigung, nur um den Schein zu wahren.

Das ganze nennt Reinecker dann "Störungen in der Lust zu leben". Der Titel schon allein macht den Fall uninteressant. Da hilft auch das Finale nichts mehr, bei dem in alter Derrick-Manier mal wieder durch die Tür geschossen wird. Sehen wir immer wieder gern.


Derrick und Klein ermitteln in träger Weise und kommen der Lösung kein Stückchen näher. Der spätere Tatort-Kommissar Richy Müller ist hier mit seiner großen Nase die Idealbesetzung für einen Gangster mit Rowdytum.

Keine besonders starke Folge, eher unterer Durchschnitt.

Darsteller: Horst Tappert (Stephan Derrick), Fritz Wepper (Inspektor Klein), Richy Müller, Liane Hielscher, Katja Ambeger, Horst Sachtleben, Hannes Kaetner und andere
Stab: Musik: Eberhard Schoener Titelmusik: Les Humphries, Regie: Theodor Grädler, Produzent: Helmut Ringelmann. Eine Produktion der Telenova Film- und Fernsehproduktion im Auftrag von ZDF, ORF, SRG. Erstsendung: 09.08.1991

(1) ZDF

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Kommentare  

#1 Frank Reichelt 2016-08-01 06:53
Aus meiner Sicht als Fan der Serie müsste die Folge eigentlich "Störungen in der Lust zuzuschauen" heißen. Das Reinecker manchmal absurde Drehbücher ablieferte ist ja bekannt, aber das die Macher der Serie diese in einen fertigen Film umgesetzt haben und die Schauspieler den Mist ohne Murren spielten, wundert mich immer wieder!
#2 G. Walt 2016-08-01 12:30
Ja das verwundert wirklich. Aber einem Hern Reinecker traute man nicht reinzureden und die viel zitierte Ringelmann-Treue war eben allgegenwärtig. Für Ringelmann machen wir das (nicht für die Story). Derrick hätte es vor allem in der Spätphase gut getan wenn man auch andere Autoren ran gelassen hätte.
#3 Doktor Römer 2022-10-07 20:51
Ringelmann und Tappert haben wohl einige Reinecker-Bücher abgelehnt. Wobei man sich angesichts der trägen und bleiernebn 90er Jahren fragt, wie schlecht diese Bücher gewesen sein müssen. Reinecker behauptete, dass keines seiner verfilmten Drehbücher von den Regisseuren überarbeitet wurde, in so einem Fall hätte er das Buch zurückgezogen. Regisseure wie Goslar und Haugk hingegen sagten, dass kein Drehbuch ohne Überarbeitungen 1:1 verfilmt worden sei.
#4 G. Walt 2022-10-08 16:37
@Doktor Römer: Ich habe mal gehört, Reinecker-Drehbücher wurden immer angenommen, um ihn nicht zu verärgern. Ich weiß nicht ob das stimmt, aber es erklärt einiges. :lol:
#5 Doktor Römer 2023-10-21 00:40
zitiere G. Walt:
@Doktor Römer: Ich habe mal gehört, Reinecker-Drehbücher wurden immer angenommen, um ihn nicht zu verärgern. Ich weiß nicht ob das stimmt, aber es erklärt einiges. :lol:


Möglich. Wie gesagt, Goslar und Haugk haben gesagt, dass kein Drehbuch unbearbeitet verfilmt wurde (bei "Reineckerland" und dem Zwaenepoels "gutem Wahrheitsfinder" steht das) , auch Ringelmann habe da auch Bearbeitungen vorgenommen. Allerdings habe Ringelmann manchmal Tappert vorgeschickt, wenn es darum ging, ein Drehbuch von Reinecker abzulehnen, er solle sagen, weil Reinecker da sehr schnell verschnupft war ob dieser Ablehnung. Und ein Drehbuch wurde ja von Tappert und Ringelmann abgelehnt. Die berühmt-berüchtigte DOKTOR TRAUT-Folge.
#6 Doktor Römer 2023-10-21 00:41
Doppel-Post. Sorry.
#7 Altkrimianalyst 2024-02-17 00:34
Schauspielerisch sind einige Szenen tadellos. Extrem holprig wirkt die Inszenierung und Schnitt, hinzu kommen maximal unglaubwürdige Momente. Tatsächlich eine der schwächsten Folgen.
#8 Krzykalla 2025-02-10 22:43
Bis auf die geplante letzte Folge "Doktor Traut" gab es keine abgelehnten Drehbücher von Herbert Reinecker meines Wissens nach. Es gab auch keine Bearbeitungen von anderen Beteiligten. Autoren wie Herbert Reinecker oder Robert Stromberger, deren größtes Anliegen eine offene und ehrliche Sozialkritik war, hatten damals ungewöhnlich große Freiheiten. Weil das Fersehen noch einen Bildungsanspruch haben sollte, was es auch noch hatte. Tappert hat zwar das eine oder andere Mal gemault, weil ihm viele Geschichten zu tiefsinnig und zu philosophisch waren. Aber es war schließlich Herbert Reinecker, der ihm zu seinem Erfolg verholfen hat, wie auch der Serie selbst.

Das letzte Drehbuch wurde nicht verfilmt, weil es ein heikles Thema haben sollte: das KZ Auschwitz sollte eine Rolle spielen. Reinecker wollte junge Leute ansprechen, mit einer Art Gedenken an die Gräultaten unserer jüngeren Vergangenheit. Dieses Thema war den Fernsehmachern damals zu heikel. Das war der hauptsächliche Grund für die Ablehnung. Reinecker hatte das bereits beim Schreiben vorausgesehen. Trotzdem hat er es versucht, weil es ihm wichtig war. Und in der Tat, man hätte garantiert über dieses Finale geredet. Der Ersatz, der für die letzte Folge aufgelegt wurde, war dagegen äußerst fad. Ein guter Ausstieg war diese Folge nach dieser langen Zeit leider nicht.

Das Mahnen, wie Verbrechen entstehen und unter welchen Voraussetzungen sie geschehen können, bis in die Verderbtheit einzelner Familien hinein, das aufzuschlüsseln war überhaupt sein Anliegen in seinen Drehbüchern. Weil er der Meinung war, dass die schrecklichen Zeiten, von denen niemand mehr etwas wissen wollte, jederzeit wiederkehren können. Weil die Grausamkeiten und die Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal anderer (was auch in dieser Folge thematisiert wurde) tief in der bürgerlichen Gesellschaft verankert sind. Wer weiß, ob Horst Tappert wegen seiner eigenen Vergangenheit, über die er anders als Reinecker nie gesprochen hat, das heikle KZ-Thema schon aus eigenen Interesse heraus ablehnen musste.

Man kann über Reineckers Geschichten natürlich denken was man will, aber letztendlich waren es diese Geschichten, welche der Derrick-Serie zu ihrem ungewöhnlichen internationalen Erfolg verholfen haben. Das hat die Menschen bewegt, und das tun sie sogar heute noch. Da kann meiner Meinung nach keine andere TV-Serie auch nur ansatzweise mithalten. Und der heutige Mist schon gar nicht.

Wer trotzdem bei Reineckers Drehbüchern einen gewöhnlichen Krimi erwartet, mit viel Peng-Peng und Spannung, also einen Krimi, den man ohnehin sehr schnell wieder vergißt, weil er austauschbar bleibt, ist beim Kommissar oder beim Derrick sicherlich nicht gerade perfekt aufgehoben.

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