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Thriller-Kost in Serie - The Red Road

The Red RoadThriller-Kost in Serie
The Red Road

In deutschen Landen ist die Nachricht etwas untergegangen.Amazon hat zu Beginn des Jahres bekannt gegeben, mit dem kanadischen Filmverleiher Entertainment One einen mehrjährigen Streaming-Deal für Deutschland und Großbritannien abgeschlossen zu haben. Ein Deal, der für Serienfans (sofern sie Amazon Prime-Mitglieder sind) mit einem höchst erfreulichen Ergebnis einhergeht.


Jason MomoaSeit kurzem hat man bei Prime Instant Video   Zugriff auf verschiedene aktuelle, in Deutschland bislang unveröffentlichte Serien der amerikanischen TV-Sender AMC und Sundance TV, die nun (relativ) kurz nach ihrer Uraufführung in den USA auch in Deutschland zu sehen sind – ganz bequem, ganz legal und in englischer Originalfassung. Zu besagten Serien gehören unter anderem das historische Spionagedrama »Turn«, das Retro-Drama »Halt and Catch Fire« und die kleine, aber feine Serienperle »The Red Road« mit Martin Henderson (»Ring«, »Smokin Aces«) und Jason Momoa (»Stargate: Atlantis«, »Game of Thrones«), die ich in diesem Artikel kurz vorstellen möchte.

Ein paar grundlegende Fakten
»The Red Road« ist eine Thrillerserie aus der Feder von Aaron Guzikowski, der sich mit den Drehbüchern zu den Thrillern »Contraband« und »Prisoners« einen Namen gemacht hat. Die erste Staffel besteht aus insgesamt sechs 45-minütigen Folgen, die im Frühjahr 2014 bei Sundance TV uraufgeführt wurden.

Die Hauptrollen in der Serie spielen unter anderem Martin Henderson, Jason Momoa, Julianne Nicholson (»Criminal Intent«, »Masters of Sex«), Kiowa Gordon (»Twilight«-Reihe), und Allie Gonino (»The Lying Game«).

Martin HendersonWorum geht es?
»The Red Road« spielt in der nahe New York gelegenen Kleinstadt Walpole, New Jersey. Im Mittelpunkt der Handlung steht zum einen Police Officer Harold Jensen (Henderson), der zu Beginn der Serie an der Suche nach einem vermissten Studenten beteiligt ist. Dieser wurde zuletzt in den anliegenden weiten Wäldern der Ramapo Mountains gesehen – Heimat der Ramapough Mountain Indians, eines staatlich nicht anerkannten Stammes amerikanischer Ureinwohner. Die seit Jahrhunderten angespannte Beziehung zwischen den Ureinwohnern und den Bewohnern von Walpole macht die Suche nach dem vermissten Studenten nicht gerade einfacher.

Die zweite Hauptfigur der Serie ist Phillip Kopus (Momoa), ein Ex-Sträfling und gefährliches Stammesmitglied der Ramapough Mountain Indians. Kopus kehrt nach Jahren im Gefängnis wieder in seine Heimatstadt zurück, wo er im Auftrag seines Vaters (Gaststar Tom Sizemore, »Black Hawk Down«, »Saving Private Ryan«) eine Drogenoperation aufbauen möchte.

Unterdessen bemüht sich Harold, neben seinem zunehmend stressvollen Job seine Familie zusammenzuhalten, mit der es gerade nicht zum Besten steht. Seine Frau Jean (Nicholson) befindet sich in einer heftigen Auseinandersetzung mit Tochter Rachel (Gonino) hinsichtlich deren Beziehung zu dem jungen Ramapough Mountain Indianer Junior (Gordon). Jean ist strikt gegen diese Verbindung, da ein Mitglied des Indianderstamms verantwortlich ist für den Tod ihres Zwillingsbruders vor vielen Jahren.

Das junge Liebespaar stört sich an Jeans Missbilligung wenig, und die Beziehung der beiden vertieft sich immer mehr. Nebenbei wird Junior – und damit auch Rachel – mehr und mehr in die Machenschaften des charismatischen Kopus hineingezogen, der für den jungen Mann eine Art großer Bruder wird.

Als Rachel eines Abends nicht nach Hause kommt, weil sie mit Junior unterwegs ist, nimmt eine verhängnisvolle Kette von Ereignissen ihren Lauf. In höchster Angst um ihre Tochter fährt Jean in die Berge, zur Wohnung von Junior und dessen Familie, wo sie verzweifelt nach Rachel sucht. Dabei kommt es zu einem furchtbaren Unfall. Unter Schock stehend flieht Jean von der Unfallstelle.

Als Harold erfährt, was geschehen ist, setzt er alles daran, die Fahrerflucht seiner Frau zu vertuschen. Leider gibt es Zeugen für den Unfall, und schon bald muss Harold eine ausgesprochen instabile Allianz mit Kopus eingehen, um seine Frau vor dem Gefängnis zu bewahren. Eine Allianz, die für alle Beteiligten mehr und mehr zur Belastungsprobe wird – und das Leben aller auf dramatische Weise verändert …

Auch dabei: Lisa BonetKurze Kritik zu »The Red Road«
Lohnt es sich, »The Red Road« zu schauen? Wer charakterbezogene Thriller wie »Contraband« oder »Helden der Nacht – We Own the Night« zu schätzen weiß und schon bei (Thriller-)Serien wie »Breaking Bad« oder »Damages« mitgefiebert hat, für den in jedem Fall. »The Red Road« ist ein spannender, intensiver Mix aus Krimi, Drama und Charakterstudie, der seine Zuschauer mitnimmt auf eine von Beginn an dramatische, emotional berührende Reise, die einen von den ersten Minuten bis hin zum packenden Finale nicht mehr loslässt.

Serienschöpfer Guzikowski und seinen Autorenkollegen verstehen es hervorragend, eine fesselnde Thrillerhandlung, ein facettenreiches Charakterdrama und eine aufwühlende Milieustudie zu einer stimmigen Einheit zu verbinden. Vor dem Hintergrund der angespannten Situation zwischen amerikanischen Ureinwohnern und der weißen amerikanischen Bevölkerung entfaltet sich ein düsteres Drama, das den Zuschauer schnell in seinen Bann zieht.

Ausgesprochen wohltuend dabei ist die Bodenständigkeit, mit der sich das Geschehen vor den Augen der Zuschauer entwickelt. Die Charaktere sind samt und sonders glaubwürdige, vielschichtige Figuren mit guten wie bösen Seiten, mit Stärken und Schwächen. Schwarz-Weiß-Zeichnungen gibt es hier keine. Die Handlung selbst verläuft ihrer Dramatik zum Trotz stets in realistischen Bahnen (wer also, nur weil amerikanische Ureinwohner Teil der Handlung sind, davon ausgeht, irgendwelche Passagen mit esoterisch angehauchten Visionen und Traumerlebnissen geboten zu bekommen, der irrt gewaltig) und fesselt den Zuschauer nicht durch möglichst schockierende Wendungen oder absurd hohe Zahlen an Toten, sondern ganz und gar durch die intensive, stark charakterorientierte Erzählweise. Diese erlaubt es, sich gut in die verschiedenen Figuren hineinversetzen und mit ihnen mitfühlen zu können.

Dazu, dass man mit den Charakteren mitfühlen kann, trägt in hohem Maße auch die gute schauspielerische Leistung des Ensembles bei. Allen voran sind hier die Darbietungen von Julianne Nicholson als psychisch instabiler Ex-Alkoholikerin und von Jason Momoa zu nennen, der unter Beweis stellt, dass er mehr als nur ein gut aussehendes Muskelpaket ist. Als zugleich brutaler und doch immer wieder verletzlicher Kopus liefert er hier eine der besten Leistungen seiner Karriere ab. Martins Hendersons Darstellung kann da, obwohl überzeugend, nicht ganz mithalten – seine Rolle ist einfacher gestrickt als die seiner Kollegen und ist schauspielerisch bei Weitem nicht so herausfordernd wie die von Nicholson und Momoa.

Um noch einmal auf die Handlung zurückzukommen: Die Vielzahl unterschiedlicher Handlungsstränge, über die die Autoren ihre Geschichte erzählen, hat zur Folge, dass der Leser ein gutes Bild bekommt von der angespannten Situation in Walpole einerseits und den Motivationen und dem Seelenleben der handelnden Figuren andererseits. Sie hat allerdings aufgrund der geringen Episodenanzahl auch zur Folge, dass die ein oder andere Storyline etwas kurz gerät und leider nur sehr randständig behandelt werden kann. So etwa die Geschichte um das verseuchte Grundwasser im Indianderreservat, eine Story, die lediglich in Ansätzen zur Sprache gebracht wird und die vor dem Hintergrund der übrigen Handlungsstränge doch reichlich blass erscheint (und schlussendlich auch nicht im Ansatz aufgelöst wird). Insgesamt gesehen aber wird hier ein emotional packendes, stimmiges Gesamtbild geschaffen, das den Zuschauer für einige Stunden in seinen Bann zieht und die Außenwelt um sich herum mühelos vergessen lässt.

Tamara Tunie, Tamara Tunie und MomoaFazit
Die erste Staffel »The Red Road« bietet exzellente, hervorragend gespielte Thriller-Unterhaltung, die sich kein Freund spannender, charakterbezogener Dramen entgehen lassen sollte. Fesselnde Storylines, starke Protagonisten und eine dichte, stimmungsvolle Atmosphäre sorgen für ein aufregendes, aufwühlendes TV-Erlebnis. Manches Potenzial bleibt aufgrund der Kürze der Staffel zwar unausgeschöpft. Davon abgesehen jedoch können die sechs Folgen der ersten Staffel voll und ganz überzeugen.

Nach dem Erfolg der Ausstrahlung von Staffel 1 hat Sundance TV im letzten Jahr verkündet, 2015 eine zweite Staffel von »The Red Road« zu produzieren. Ich freue mich sehr auf die Fortsetzung der Geschichte um Harold Jensen und Phillip Kopus und hoffe, dass Amazon diese im Zuge des Streaming-Deals unmittelbar nach ihrer US-Erstausstrahlung – oder vielleicht sogar parallel dazu – auch in Deutschland zeigen wird.

Alle 6 Episoden der 1. Staffel »The Red Road« sind im englischsprachigen Original bei Amazon Prime Instant Video zu sehen. Wann und ob es auch eine deutsche Version oder eine Free-TV-Ausstrahlung der Serie geben wird, kann ich leider nicht sagen.

Kommentare  

#1 Andreas Decker 2015-01-29 11:34
Schöner, informativer Artikel.

Die Mitgliedschaft bei A-P ist das Problem :-) Natürlich gilt das für alle Pay-TV-Spielarten, aber mittlerweile häuft es sich. Nichts dagegen einzuwenden, wenn man sich mit ein paar Lockangeboten ködern lässt. Das Problem ist nur, dass das restliche Angebot so schrecklich schwach ist. Zum Beispiel läuft Big Bang Theory mittlerweile auf drei Sendern in der Dauerschleife, davon zumindest eine im Free-TV. (ich weiß jetzt nicht, ob Pro7 Fun auch frei empfänglich ist.) Das braucht nun wirklich keiner nochmal im Bezahlabo, erst recht nicht, wenn man schon bei Sky letztlich dafür bezahlt. Und das gilt für die meisten Angebote von AP.

Letztlich ist das bei solchen Serien, die vermutlich nie ins Free-TV kommen, eine Rechenaufgabe. Was ist preiswerter? Streaming ohne die DVD-Extras oder gleich die DVD-Box.

Grundsätzlich klingt "The Red Road" nicht soo schrecklich interessant. Ich will es nicht runtermachen, ich sehe Momoa auch gern, und Nicholson war überragend in "Masters of Sex", aber im Prinzip scheint es so ziemlich das Gleiche wie "Banshee" oder "Justified" zu sein, nur vermutlich weniger gewalttätig und over the top wie "Banshee".
#2 BB 2015-07-11 00:19
Es ist unglaublich schade, dass die Serie eingestellt wurde. Wäre wirklich klasse, wenn die Dreharbeiten irgendwann doch wieder aufgenommen würden...

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