Wo Agatha Christie drauf steht, aber nicht drin ist und trotzdem gut wird
Wo Agatha Christie drauf steht,
aber nicht drin ist und trotzdem gut wird
Die scheinbar wichtigste Spur führt zu einer Familie, mit der Joe bekannt war und hinter deren gutbürgerlicher Fassade sich Abgründe auftun. Erst als ein neuer Mord geschieht, beginnt Alan allmählich klar zu sehen ... (1)
"Unschuldige Lügen" ist ein britisch-französischer Thriller aus dem Jahre 1995. Das die Story von Agahtha Christie stammt, merkt man allenfalls an den Hinweis auf dem DVD-Cover. Auch die zeitliche Einordnung der Story ist in den 30er Jahren, der Zeit in der die meisten Christie-Romane spielen. Der Schauplatz ist dagegen schon etwas untypisch (Frankreich, Atlantikküste). Die Handlung hat nichts mit dem angeblich zugrunde liegenden Christie-Roman "Kurz vor Mitternacht" zutun. Nicht mal der Held des Romans, Superintendent Battle kommt im Film vor. So läßt sich fast bilanzierend sagen, das der Film in der Zeit von Agatha Christie ansiedelt ist, aber weder von der Handlung noch von den Personen her, etwas mit dem Werk der Autorin zutun hat. Deshalb ist der Zusatz "frei nach Agatha Christie" noch akzeptabel, der Slogan "nach dem Krimi-Besteller KURZ VOR MITTERNACHT" aber eher irreführend.
Wahrscheinlich hat man versucht den Roman zu verfilmen, aber aus dem Drehbuch von Kerry Crabble und Patrick Dewolf ist etwas völlig anderes geworden, was in der Produktion die volle Zustimmung fand. Nicht zu Unrecht. Den der Film ist abgesehen von dem Abstand zu Christie ein kleines Meisterwerk. Wie schon Cinema.de bemerkte ist er allein schon visuell sehr reizvoll. Die Küstenlandschaft und die dortige Atmosphäre wurden sehr gut für den Krimi genutzt und eingefangen. Die erzählerische Dichte hat allerdings Lücken, die etwas störend wirken. Zunächst passt alles gut zusammen mit den Rückblicken auf die Kindheit von Celia und Jeremy, doch dann macht die Handlung zum Ende einige heftige Sprünge und die Liebschaft Celias zum Ermittler ist nicht schlüssig genug dargestellt. Auch der Ausgangspunkt (der Mord an den Detektiv) gerät im Lauf der Geschichte immer mehr in den Hintergrund und die Aufklärung seines Todes scheint Nebensache. Dafür rückt der Muttermord in den Mittelpnkt. Der Zeitpunkt also, als die beiden Geschwister Celia und Jeremy ihre Mutter töten. Allein dies hätte schon einen guten Thriller ausgemacht. Der Ermittler Alan Cross wirkt ein wenig wie ein Fremdkörper in der Geschichte. Zunächst ist er nur Beobachter und Analyst der Vorgänge. Er teilt seine Gedanken nur spärlich mit seiner Assistentin. Was seine Tochter für einen tieferen Sinn in der Story hat, bleibt ganz und gar im Dunkeln. Erst in der zweiten Hälfte wird Cross zum Liebhaber der jungen Celia und ist damit eigentlich nicht mehr Ermittler, sondern selbst verwickelt.
Darstellerisch sind auch keine Highlights zu erwarten, doch die Akteure machen einen guten Job. Erwähenswert ist die junge Keira Knightley (10 Jahre jung), die in Rückblenden als junge Celia zu sehen ist. Neben den vielen Briten und dem Iren Dumbar in der Hauptrolle spielt auch der US-Amerikaner Alexis Denisof eine Rolle. Man kennt ihn auch aus 9 Folgen der Serie "Buffy – Im Bann der Dämonen" und aus 15 Folgen der Serie "Grimm".
Die Erben von Agatha Christie distanzierten sich von der Verfilmung, in der das Thema Inszest behandelt wird. Dies hätte mit dem Gesamtwerk der britischen Schriftstellerin rein gar nichts zutun, weswegen man von Produktionsseite den Titel "Innocent Lies" wählte um eine Verbindung zu Christies Romans nicht offensichtlich zu machen.
Ich hingegen kann jeden den Film empfehlern, der einmal einen melancholischen und eigentümlichen Krimi mit einer sehr abgründogen Thematik schauen möchte.
Unschuldige Lügen
Pidax
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