Mehr als nur Mr. Bean - Rowan Atkinson als »Maigret«
Mehr als nur Mr. Bean
Rowan Atkinson als »Maigret«
Auch Atkinson zeigte nun eine weitere Farbe seines Könnens, als französischer Kult-Kriminalist Maigret ...
Schon die vor einem Jahr in Deutschland ausgestrahlte erste Staffel, bestehend aus den zwei Filmen: Die Falle (Maigret Sets A Trap) und Ein toter Mann (Maigret’s Dead Man), überzeugte mich. Ich mag britische Serien, die in einer näheren oder ferneren Vergangenheit spielen. Durch Kamera, Licht, Kostüme, Ausstattung und Schauplätze erreichen diese Serien Authentizität und das nicht erst seit kurzem. Das hat eine lange Tradition zu der »Upstairs - Downstairs« (dt. Das Haus am Eaton Place) und in jüngerer Zeit »Downton Abbey«, »Call the Midwife«, »George Gentley«, »Endeavour« (Der junge Inspector Morse), »Victoria«, »Poldark« und eben auch »Maigret« gehört.
Bei »Maigret« war auch damit zu rechnen, dass das Setting und die Atmosphäre stimmen. Daher ist für mich die größte Überraschung der Darsteller des Titelhelden: Rowan Atkinson. Ich hatte zwar vermutet, dass mehr als nur der Komiker in ihm steckt, aber ich hatte nicht erwartet, dass er diesen Klassiker den Ermittler derart überzeugend zum Leben erwecken würde. Rowan Atkinson, der in seinen komischen Rollen gern den unbeholfenen Trottel gibt, der schon bei der Handhabung einfachster Alltagsgegenstände in Schwierigkeiten gerät, spielt den souveränen, fast immer beherrschten Maigret mit einer Souveränität, die mich als Zuschauer dann doch überrascht hat.
Atkinson - und die Macher der Serie -widerstehen jeder Versuchung Maigret, auch nur einen Hauch von Mr. Bean unter die Weste zu jubeln. Und mit der Pfeife im Gesicht hat Atkinson mehr von Maigret als so mancher seiner Vorgänger, die den Kommissar darstellten. Atkinson nutzt dieses Requisit perfekt und unterstreicht mit seinem sparsamen Spiel das Charakterbild des bekanntesten der französischen Ermittler. War so manche Maigret-TV-Serie dann doch eher auf seinen Hauptdarsteller zugeschnitten, so versuchen Atkinson & Co. sich Simeon und seiner Schöpfung zu nähern und diese auf den Bildschirm zu bringen.
Dabei helfen dann auch die Drehorte in Ungarn. Diese vermitteln einen wunderbaren Eindruck einer Zeit, die man so in Paris nicht mehr findet. Alles zusammen ist in der ersten und zweiten Staffel der Serie ein stimmiges Endergebnis.
Das Erste kündigte die beiden am 1. und 2. Weihnachtsfeiertag im TV ausgestrahlten Folgen folgendermaßen an.
3. Die Nacht an der Kreuzung (Maigret’s Night At The Crossroads)
Das Versprechen, dass das wohl ein actionreicher Maigret sei, mag in Zusammenhang mit der Maigret richtig sein. Aber natürlich erwartet den Zuschauer hier kein Spektakel voller Verfolgungsjagden, Schießereien und spektakulärer Stunts. Aber doch: Es geht schon zur Sache und es wird geschossen, aber nicht in dem Rahmen, der an moderne Krimivarianten erinnert.
Was ich von Georges Simenon in Sachen Maigret gelesen oder als Hörbuch hörte, waren keine Actionspektakel, sondern die Suche nach dem Schuldigen, ohne eine Spurensicherung mit DNA wie heute. Simenon war einer, der seinen Ermittler auf seine Zeugen und Verdächtigen ansetzte und mit ihnen redete, ihn Fragen stellte, aber im Zweifel auch Verständnis entgegen brachte. Gleichzeitig ist der Anführer seiner loyalen Inspektoren, die jedem der Einfälle des Chefs folgen. Schißereien waren da eher die Ausnahme
Atkinson setzt diesen Maigret großartig um. Er entwirrt das Geflecht um die Leiche eines Diamantenhändlers und setzt auf seine Intuition und seine Sicht auf die Spuren.
Der Film macht Spaß und es ist eine Freude dem Cast zuzusehen ... Ich empfehle allerdings die englische Fassung. Die deutsche Synchro mag zwar - wie man das so kennt - sehr gut sein, aber die englische Fassung ihre Stimmen stellen die deutsche Version in den Schatten.
4. Die Tänzerin und die Gräfin (Maigret In Montmartre)
Die Tänzerin und die Gräfin ist fast noch ein bisschen stärker als Die Nacht an der Kreuzung, weil einer von Maigrets Inspektoren ein wenig aus dem Schatten tritt und den tragischen Tod der jungen Frau persönlich trifft.
Der ganze Fall entwirft ein interessantes Sittenbild einer noch nicht allzufernen Vergangenheit. Maigret (Atkinson) mittendrin, dem es wieder gelingt, den Fall zu lösen. Das ganze wieder in einer tollen Atmosphäre.
Ich persönlich freue mich auf weitere Staffeln mit Rowan Atkinson als Maigret.
Kommentare
1992 gab es eine britische Maigret-Verfilmung, 12 Episoden, mit Michael Gambon als Kommissar. Ist hier nie gelaufen. Die Folgen haben sich sehr eng an die Romanvorlage gehalten und waren gut gemacht. "Die Tänzerin und die Gräfin" ist da ebenfalls verfilmt worden, habe ich aber noch nicht gesehen. Bin ich jetzt aber sehr gespannt drauf. Allerdings sind die Episoden deutlich kürzer und hatten auch nicht das Budget. Bei denen, die ich bis jetzt gesehen habe, sprang der Funke aber nicht über. Irgendwie war es blah.
An den Rühmann kann ich mich auch noch dunkel erinnern, habe ich als ziemlich schlecht im Gedächtnis.
Hat Lust gemacht, mal wieder einen Maigret zu lesen. Leider gibt es die nicht aktuell mehr auf dem Buchmarkt, sondern nur noch Second Hand, da Diogenes wohl die Rechte verloren hat.
Eddie Murphy in "Der Prinz von Zamunda"
Eine Komödie bzw. Slapstick erfordert gutes Timing, weswegen es wohl wesentlich schwieriger zu spielen ist als ein Drama. Ob 8 Sekunden Trauer, oder nur 7 oder gar 9, da ist nicht mehr viel Unterschied. Bei einer Slapstickeinlage oder Situationskomik hingegen kommt es auf Sekundenbruchteile an.
Hallervorden als "Didi" hat mir nie zugesagt, das war zu sehr Holzhammer. Seine parallele Leistung, ein Theater aufzubauen und zu führen sollte da nicht untergehen.
Rowan Atkinson als "Mr. Bean" hat das insgesamt sehr clever gemacht. Die von der Länge her überschaubaren Kurzfilme (die ich zumindest aber auch keine Minute länger ertragen würde ...), die verhaltenere Mimik bzw. Gesten bei den Mr. Bean-Filmen, so dass auch 85 bis 90 Minuten durchaus angenehm sind.
Und Atkinson ist einer, der bisher vor allem im komischen Fach tätig war. Ich hätte ihn ihn mir viel früher in ernsten Rollen gewünscht.
Auffallend bei uns in Bayern ist, dass die sehr guten Kabarettisten sehr häufig auch Rollen in Film und Fernsehen übernehmen und dies ausnehmend gut bewältigen: Bruno Jonas, Ottfried Fischer, Sigi Zimmerschied, Andreas Giebel, Monika Gruber, Eisi Gulp fallen mir sofort ein.
Insofern ist eigentlich die Frage zu stellen, ob ein guter Kaberettist nicht auch ein guter Schauspieler ist. Von mir hierfür ein vorsichtiges "ja": Die Leute haben Bühnenerfahrung (und damit meist auch keine Scheu vor der Kamera), sind mit Texten erfahren und dieser passt auf Anhieb, da es ja auf der Bühne auch keine 2. Chance am Aufführungsabend gibt.