Edgar Wallace - Multimedial und in HD: Die Tür mit den 7 Schlössern
Multimedial und in HD:
Die Tür mit den 7 Schlössern
Jetzt erscheinen nach und nach sogar erstmalig Blu-Ray-Boxen. Die Filme sind gemastert. Hohe HD- Auflösung und ein brillantes Bild lassen die alten (zum Großteil in schwarzweiß gedrehten) Klassiker in neuem Glanz erstrahlen. Die Filme kommen in einem neuen, nie gesehenen Detailreichtum daher. Und das alles obwohl schon etliche Boxen auf DVD und Gesamteditionen erschienen sind. Jetzt lockt man die Fans erneut.
Leider haben die Bluray-Boxen einen entscheidenden Nachteil. Genauer gesagt sogar zwei. Die Boxen bieten kein Zusatzmaterial, also Bonus. Und das obwohl genug davon in den Archiven der Rialto und den UFA-Wochenschauen lagert. Auch unzählige Interviews mit den damals Beteiligten dürften noch auffindbar sein. Doch die Boxen bieten nur die Original-Kinotrailer an. Die findet man mit etwas Mühe aber auch auf Portalen bekannter Netzdienste. Bleibt als einziges Highlight also wirklich die Bildqualität. Aber der hohe Preis von etwa 35 Euro für drei Filme rechtfertigt das nicht. Da der Schreiber dieser Zeilen aber höchst neugierig ist und etwas von dem neuen Seherlebnis erfahren wollte, griff er zu einer Alternative. Dem HD-Streaming. Gleiche Qualität wie auf Bluray, nur eben wesentlich günstiger, wenn auch nicht physisch tastbar.
Ich nutze die günstige Gelegenheit um hier in einer Art Werkschau die einzelnen Beiträge multimedial zu betrachten. Wallace-Geschichten als Film, als Buch, als Hörspiel.
ist ein Film der Reihe, den man durchaus mit gemischten Gefühlen sehen kann. Er bietet sehr viel mehr vom typischen Wallace-Flair, als dies bei späteren Filmen jemals noch geschehen wird. Man kann sogar sagen, das eben dieser Film so etwas wie einen Umbruch bei Wallace einläutet oder eben eine alte Machart beendet. Allerdings nur rückblickend betrachtet. Denn es ist wohl der letzte Film der Reihe, der sich noch einigermaßen getreu an die Vorlage hält, während alle noch folgenden erheblich oder eben auch größtenteils davon abweichen. Ferner ist dies aber auch der erste Film der Reihe, der in Koproduktion mit einem anderen Land entstand. Hier zum ersten Mal mit Frankreich. Man merkt dem Film allerdings nichts französisches an. Weder ein Darsteller noch ein Stabmitglied stammen aus Frankreich. Gleiches gilt für die anderen vier Co-Produktionen mit Frankreich. Bei den englischen und italienischen Co-Produktionen hat man auf jeden Fall Darsteller des Landes zu Gast. Bis auf eine Ausnahme sogar den Regisseur. Wenn man wollte, könnte man einen Film-Noir-Stil in den Streifen hinein deuten. Doch dazu bräuchte man viel guten Willen. Denn die "Tür mit den sieben Schlössern" wurde zu weiten Teilen in Ateliers gedreht (also im Studio). Ihm haftet trotz häufiger Szenenwechsel und verschiedenen Handlungsorten sogar etwas Kammerspielartiges an.
Die Außenaufnahmen enstanden diesmal in Berlin. Die Pfaueninsel auf dem Wannsee musste herhalten für die düsteren Szenen im Wald von Selford-Manor und auch für weitere Filme war die Pfaueninsel immer gern genommen. London-Aufnahmen - und es sind wenige davon im Film enthalten - stammen aus der Konserve. Weitere Außenaufnahmen gab es kaum. Einge wenige entstanden noch in Berlin-Tempelhof, alle Innenaufnahmen (und es gab viele) dagegen in den UFA-Studios von Berlin-Tempelhof.
Die Eingangsszene am Bahnhof wurde im Bahnhof Hamburg-Altona gedreht. Ursprünglich hatte der Film aber eine ganz andere Eingangsszene, die vor dem Vorspann kommt. In dieser Eingangsszene wird eine Leiche aus der Themse geborgen. Man strich diese jedoch und so beginnt der Film direkt mit der Vorspann, der bei diesem Film stark missglückt ist. Der farbige Titelcredit "Die Tür mit den sieben Schlössern" und den roten Blutflecken wurde komplett (bei allen Veröffentlichungen und Ausstrahlungen im TV) nur in schwarzweiss gezeigt. Ich habe den farbigen Credit gesehen in einer der Blu-Ray-Fassungen und fand ihn unpassend, da der Rest des Vorspanns sowieso schwarzweiss ist. Zunächst wurde der Film von der FSK ab 16 Jahren frei gegeben, erst 1991 folgte die Freigabe ab 12 Jahren.
Einige Darsteller feiern mit diesem Film ihre Premiere bei Wallace. Heinz Drache spielt zum ersten Mal den Inspektor, auch wenn er 1960 schon in der Kurt-Ulrich-Produktion "Der Rächer" zu sehen war, ist dies sein erster Rialto-Einsatz. Er wurde neben Joachim Fuchsberger zum beliebtesten Ermittler der Filmreihe.
Gisela Uhlen mimte die diabolische Mrs. Cody und bewarb sich damit gleichzeitig für weitere, ähnlich geartete Rollen bei Wallace. Später brillierte sie noch in "Das indische Tuch" und hatte einen etwas blasseren Auftritt in "Der Bucklige von Soho". Siegfried Schürenberg spielt zum ersten Mal den Sir John. Keiner konnte das besser als er. Und obwohl er in "Das indische Tuch" und "Der Zinker" nochmal eine andere Rolle bekam, er war fortan immer der Sir John.
Da der Film "Das Geheimnis der gelben Narzissen" ein grandioser Erfolg war, wurde Sabina Sesselmann wieder eingesetzt. Ebenso wie Jan Hendriks, der allerdings der Reihe noch lange treu bleiben wird, während Sabina Sesselmann hier schon ihre Abschiedsvorstellung hat.
Trotz dessen, das dieser Film irgendwie zerstückelt wirkt (wegen der fehlenden Anfangsszene und auch wegen des Vorspanns, der fast ohne Musik auskommt), ist dieser Film angenehm unterhaltend und spannend. Fast alle Figuren sind Gangster. Ausgenommen lediglich die hübsche Bibliothekarin und der Ermittler samt seines vertrottelten Assistenten. Sie haben alle Dreck am Stecken. Selbst die von Hendriks verkörperte Figur des Tommy Cawler, der am Ende aber noch zum Guten wird. Und der stets akkurat wirkende Havelock (Hans Nielsen) ist der Ober-Bösewicht.
Auch das Horror-Element, des mit Menschen experimentierenden Arztes Dr. Staletti (geradezu genial von Pinkas Braun gespielt) verleiht dem Film eine besondere Note. Dem "Monsterlabor" entspringt dann auch der filmische Unhold Chiacco, der ähnlich wie der blinde Jake in den "toten Augen von London", dumpf die Befehle seines Herren ausführt. Keine Frage also, dass wieder Ady Berber diese Rolle bekam. Es war als sei der blinde Jake auferstanden und nicht mehr blind. Noch ein drittes Mal wird sich Berber bei Wallace die Ehre geben. Er "überlebt" nicht einen dieser Filme.
Für die "Tür mit den 7 Schlössern" lag zuerst ein ganz anderes Drehbuch vor. Dr. Hans Wiedmann schrieb es als Johannes Kai. Für den Produzenten war dieses Drehbuch nicht zu verwirklichen. Als Schauplätze hatte der Autor nämlich Orte vorgesehen, die sogar nicht Wallace-Typisch waren. Mexiko-Stadt, Caracas, Rio De Janeiro, Tokio etc.
Bisher wurde jeder Wallace-Film der Rialto größtenteils auf deutschen Boden gedreht. Die weinigen London-Aufnahmen stammen fast alle aus dem Archiv. Und nun wollte man dem Zuschauer die ganze Welt zumuten? Das ging nach Ansicht von Wendlandt nicht, weswegen er H.G. Petersen mit der Überarbeitung beauftragte. Auch das Selford-Manor am Ende in Flammen aufging war dem Chef zu teuer. Obwohl diese Szene wenigstens dem Original-Roman entsprochen hätte.
Die Überarbeitung kostete Zeit. Man zog deswegen den Film "Das Rätsel der roten Orchidee" vor, der aber am Ende ein Misserfolg war, wenn man die Besucherzahlen vergleicht.
1982 und 2016 gab es Hörspiele zu dem Stoff "Die Tür mit den 7 Schlössern". Bei diesen beiden Versionen (die eine von Maritim und die andere vom Hörplanet) war die Feuerszene von Selford Manor am Ende mit dabei. Aber im Hörspiel ist sowas günstiger zu fabrizieren.
Als "Die Tür mit den 7 Schlössern" in die Kinos kam, war das Ergebnis ein etwas anderer Wallace als man es gewohnt war, aber eben doch nicht so extrem wie es bei Wiedmanns Drehbuch gekommen wäre. Aufgrund dessen, dass dieser Film, trotz einiger neuer Einfälle, wie etwa das Frankenstein-Moment, immer noch etwas antiquiert wirkt, ist er vielleicht der Schlechteste Wallace von Regisseur Alfred Vohrer. Jedenfalls gemessen an seinen sonstigen Leistungen. Aber es nicht einer der schlechtesten Filme der gesamten Reihe, wie Joachim Kramp in seinem Buch es empfindet. Da kommen noch ganz andere Filme, weitaus schlechter weg. Vor allem nach dem "Hexer" ist kein wirklich guter Wallace mehr entstanden, der auch nur im Entferntesten an die gute alte Zeit anknüpfte. Vielleicht waren noch ein paar gute bis passable dabei. Doch die besten befinden sich für mich in der Phase bis 1963.
Das Antiquierte verschwand mit diesem Film aus der Reihe. Man entfernte sich schon ab dem nächsten Film immer mehr vom 20er-Jahre Originalroman und setzte zunehmend auf modernere Umsetzungen mit mehr Action und mehr Toten. Das war auch der Konkurrenz gezollt. Denn immer mehr Produzenten wollten auf der Krimiwelle mit schwimmen und brachten immer reißerischere Filme in die Kinos.
Am Ende des Films ertönte damals im Kino der Spruch "Geben Sie acht auf dem Heimweg". Es folgte Gelächer. Diese schwarzhumorige Einlage wurde aber von allen Sendeanstalten entfernt und tauchte auch später nie mehr auf.
Hörspiele
Zwei Mal gab es auch von "Die Tür mit den sieben Schlössern" Hörspielbearbeitungen. 1982 setzte Maritim den Stoff recht originalgetreu um. Die Sprecher machten damals allesamt einen guten Job. Rolf Jülich als Erzähler z.B. und Gabriele Libach als Sybil. Es war seinerzeit die 10. Folge der insgesamt 12teiligen Wallace-Serie bei Maritim. Das Label Hörplanet schaffte 2014 eine Umsetzung mit weniger guten Sprechern und einer etwas zähen Umsetzung, die aber auch recht dicht am Original und in seiner Zeit blieb (also in den 20er Jahren). Da Maritims Werk zeitloser ist, wirkt es weniger angestaubt und auch temporeicher. Aber einen gewissen Charme hat das Werk vom Hörplaneten schon.
Brilliant und in HD?
Diesmal musste ich ein Fragezeichen dahinter machen, denn in der Streaming-Version, die als HD verkauft wird (aber nicht teurer ist als die SD-Variante) ist kein HD zu erkennen. Das Bild ist kaum besser als das Ausgangsmaterial. Und die vielen schönen Details wie noch bei "Die toten Augen von London" kommen hier auch nicht zum Tragen. Um es kurz zu machen: Von "Die Tür mit den sieben Schlössern" gibt es keine HD-Version.
Weitere Darsteller des Films
Neben den bereits erwähnten spielte Eddi Arent wieder einmal einen vertrottelten Kriminalbeamten. Als Assistentent von Drache agiert er aber wirklich witzig. Der Humor ist nicht aufgesetzt, wie so häufig beim ihm und auch nicht albern. im Gegenteil: Sein Part bringt Schwung in die Handlung. Klaus Kinski spielt einen Kleinganoven, der diesmal zwar auch Text hat (was ihm z.B. in der "seltsamen Gräfin" fast gänzlich verwehrt blieb), aber nach wenigen Minuten der Handlung "schon das zeitliche segnet". Aber die Rolle des Lew Pheeny war ideal für ihn. Friederich Joloff gab ein einmaliges Wallace-Gastspiel.
Alle Darsteller des Films sind bereits verstorben.