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Watson auf Solopfaden - »Der Hund von Baskerville« (1978)

Der Hund von Baskerville (1978)Watson auf Solopfaden
»Der Hund von Baskerville« (1978)

In den 70er Jahren hatte der parodistische Film seinen Siegeszug im Kino angetreten. Im Zuge des Universal-Veralberers Mel Brooks und seiner Epigonen Marty Feldman und Gene Wilder war kaum mehr ein Genre vor einer respektlosen Satire sicher. Der Western (»Is’ was, Sheriff?«), der Horrorfilm (»Frankenstein junior«), der Stummfilm (»Silent Movie«) und das Wüstenepos (»Marty Feldmans Drei Fremdenlegionäre«) waren schon durch die Mangel gedreht.

Der Hund von Baskerville (1978)Und selbst der Detektivfilm und sein wohl bekanntester Vertreter, Sherlock Holmes, mussten in Gene Wilders Regiedebüt „Sherlock Holmes’ cleverer Bruder“ gehörig Federn lassen. Paul Morrissey, seines Zeichens Hausregisseur der Andy Warhol Factory nachdem sich der Meister selbst wichtigeren Dingen gewidmet hatte, hatte sich vom experimentellen Happening-Filmer zum Mainstream-Regisseur weiterentwickelt. Morrisseys Horrorfilm-Ausflüge „Andy Warhols Dracula“ und „Andy Warhols Frankenstein“ waren teilweise auch schon parodistisch angelegt und folgten erstmals einer halbwegs stringenten Handlungsentwicklung. „Der Hund von Baskerville“ geht diesbezüglich noch eine Stufe weiter und hat vergleichsweise wenig mit Morrisseys anderen Arbeiten gemein. Dies liegt zweifelsohne am Einfluss der beiden Komiker Dudley Moore und Peter Cook, die zusammen mit dem Regisseur das Drehbuch verfassten und dem Film unmissverständlich ihren Stempel aufzudrücken verstanden.

Sir Henry Baskerville (Kenneth Williams) soll nach dem Tod seines Vorfahren sein Erbe in Baskerville Hall antreten. Da auf der Familie der Fluch eines wilden, gefährlichen Hundes zu liegen scheint, engagiert der Familienarzt Dr. Mortimer (Terry-Thomas) den Meisterdetektiv Sherlock Holmes (Peter Cook) zum persönlichen Schutz des Erben. Holmes ist jedoch anderweitig beschäftigt und schickt stattdessen seinen Freund Dr. Watson (Dudley Moore) als Ermittler an den Ort des Geschehens. Hausangestellte, Nachbarn und Dorfbewohner verhalten sich durchweg ziemlich merkwürdig. Erst als Holmes schließlich doch inkognito in Baskerville Hall auftaucht, beginnen sich die ungewöhnlichen Vorkommnisse zu lichten.

Der Hund von Baskerville (1978)Das Grundhandlungskonzept ist vergleichsweise eng an die literarische Vorlage, Sir Arthur Conan Doyles wohl bekanntestem Holmes-Roman „Der Hund von Baskerville“, angelehnt. Kenner des Buches können gerade zu Anfang jede Menge gewitzter Seitenhiebe ausmachen. Wenn Watson im Roman im zweiten Drittel weitgehend auf sich alleine gestellt ist, zeigt Morrisseys Film auch immer wieder, was Holmes währenddessen in London widerfährt. In diesen frei hinzugedichteten Szenen werden auch Dudley Moore immer wieder Gelegenheiten eingeräumt, mit seinem Partner Peter Cook die Leinwand zu füllen. Die Szenen, in denen er als Ada Holmes die Mutter des Meisterdetektivs gibt, sind dabei etwas muffig geraten und fallen weit weniger witzig aus als beabsichtigt. Sein Auftritt als einbeiniger Mr. Spiggot, der sich um die Stelle als Läufer im Moor bewirbt, ist indes zweifelsohne eines der Highlights des Films. Die Szene ist die kaum veränderte Abwandlung eines älteren Sketches des Duos, in dem sich ein Einbeiniger, ebenfalls mit Namen Mr. Spiggot, für die Rolle des Tarzan bewirbt.

Der Hund von Baskerville (1978)Peter Cooks und Dudley Moores Parodie auf Detektivfilme schwankt in ihrer Qualität zwischen Subversivem à la Monty Python (schließlich haben den Film die langjährigen Python-Mitstreiter Michael White und John Goldstone produziert!) und unsäglich Albernem à la Benny Hill. Trotz guter Besetzung konnte Regisseur Paul Morrissey übelstes Chargieren (Hugh Griffith) und unnötig langatmige Szenen nicht vermeiden. Sprachgags und gekonnte Seitenhiebe auf die literarische Vorlage und Detektivromane im Allgemeinen sind gelegentlich für ein Schmunzeln gut, andere Szenen des episodenhaften Films hinterlassen einen eher faden Nachgeschmack. Die DVD-Erstveröffentlichung des Films macht diesen nun nach seinem Kinoeinsatz 1978 endlich auch in Deutschland wieder einem breiteren Publikum zugänglich! Die ungekürzte Fassung (1998 wurde eine um elf Minuten geschnittene Fassung im englischsprachigen Raum herausgebracht) wurde im Original-Cinemascope-Format (2,35:1) aufgespielt und kann mit einem sehr guten Bild überzeugen. Der Ton (Deutsch und Englisch in Dolby Digital 2.0) ist ebenfalls in Ordnung. Als Extras gibt es den verkleinerten Nachdruck des „Neuen Film-Programms“ (Nr. 7305) als vierseitiges Booklet, zwei englische Kinotrailer zum Film sowie eine größere animierte Bildergalerie. Das Paul-Morrissey-Interview der internationalen Veröffentlichung fehlt hier allerdings.

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