Ost-West-Verwicklungen - »Die Frucht des Tropenbaumes«
Ost-West-Verwicklungen
»Die Frucht des Tropenbaumes«
Schon der von Maurice Binder gestaltete Titelvorspann lässt dabei Erinnerungen an die klassischen James-Bond-Filme aufkommen, wenn sich die Protagonisten dieses Films, Julie Andrews und Omar Sharif, vor monochromen Hintergründen bewegen, von Rauch umweht werden und dadurch an die ersten Bond-Vorspänne gemahnen, die ebenfalls von Binder entworfen wurden. Musikalisch untermalt wird das Ganze von John Barrys einnehmenden Klängen – auch er war ein alter Bond-Mitstreiter, der seit dessen zweitem Leinwandauftritt in „Liebesgrüße aus Moskau“ für insgesamt elf Filme der Reihe den Soundtrack lieferte. Nun könnte man als eingefleischter Blake-Edwards-Fan bei „Die Frucht des Tropenbaumes“ eine übersprühende Bond-Persiflage erwarten, doch der Film stellt einen Bruch im späten Œuvre des Filmemachers dar, da es sich um eine gänzlich ohne Humor erzählte Mischung aus Liebesfilm und Spionagethriller handelt, auf die man sich erstmal einlassen muss.
Judith Farrow (Dame Julie Andrews) ist Beamtin des britischen Außenministeriums und verbringt ihren Urlaub auf Barbados. Dort macht sie die Bekanntschaft mit dem Russen Feodor Sverdlov (Omar Sharif), der in Paris als Militärattaché arbeitet. Der gutaussehende Mann lässt nicht locker und umgarnt die zurückhaltende Witwe unablässig, bis sich zwischen den beiden ein platonischer Urlaubsflirt entwickelt. Bevor die Heimreise angetreten werden muss, informiert Feodor Judith darüber, dass vermutlich der britische Geheimdienst auf sie zukommen wird, sobald sie wieder in London ist. Denn er selbst steht unter Überwachung, und da sie in ihrer Position Zugang zu geheimen Dokumenten hat, dürfte ihre Bekanntschaft mit Sverdlov Misstrauen erwecken. Tatsächlich wird Judith bereits am Flughafen von Jack Loders (Sir Anthony Quayle) Männern abgefangen, die sie zu Sverdlov befragen. Dieser erhält seinerseits nach seiner Rückkehr nach Paris von seinem Vorgesetzten, General Golitsyn (Oskar Homolka), die Anweisung, weiter an Judith Farrow dranzubleiben und sie auf die russische Seite zu ziehen. Feodor hat diese Entwicklung vorausgesehen und lässt sich auf das Spiel ein, um sich weiterhin, nun auch in London, mit Judith treffen zu können. Oder ist er doch nur ein unheimlich guter Lügner, der Judith Honig ums Maul schmiert, um an die Geheimunterlagen heranzukommen?
Das erste Drittel des Films ist ziemlich geschwätzig und langatmig ausgefallen, da fordert Blake Edwards vom Zuschauer jede Menge Geduld. Erst danach kommt ein wenig Spannung auf, die sich aber weiterhin fast ausnahmslos aus den Dialogen ergibt, nicht aus Actionszenen. Insofern erinnert der Film eher an John Le Carré als an James Bond. Wenn es einem gelungen ist, sich auf die Scharmützel und Doppelspiele einzulassen, dann bietet immerhin das letzte Drittel noch eine gehörige Portion Suspense. Für den Regisseur aber dennoch einer seiner schwächsten Filme. Die DVD-Erstveröffentlichung in remasterter Ausführung präsentiert ein sehr gutes Bild (im Widescreen-Format 2,35:1), das tolle Farben und eine gute Schärfe aufweist. Der seinerzeit für die deutsche Kinoauswertung um 17 Minuten gekürzte Film liegt hier nun in kompletter Länge vor, so dass es immer wieder zu einem Wechsel zwischen den synchronisierten und den im Original mit deutschen Untertiteln belassenen Szenen kommt (Deutsch und Englisch in Dolby Digital 2.0, optional mit deutschen Untertiteln), da die Kürzungen damals wohl durchgeführt wurden, um eher belanglos erscheinende Szenen zu entfernen und den Film dadurch zu straffen. Als Extras hat man der Veröffentlichung den englischen Kinotrailer sowie einen verkleinerten Nachdruck des vierseitigen „Neuen Film-Programms“ (Nr. 6961) zum Film als Booklet beigefügt, das etliche Fotos, Credits und eine Inhaltsangabe enthält.