Detektiv bei Tag, Dieb bei Nacht - »In gewissen Nächten«
Detektiv bei Tag, Dieb bei Nacht
»In gewissen Nächten«
Als „In gewissen Nächten“ lief er zumindest ab 1952 in Kinos der BRD, rund vier Jahre später entstand eine DEFA-Synchronisation für den Einsatz des Films in Lichtspielhäusern der DDR. Der Originaltitel „Boniface somnambule“, zu Deutsch „Boniface der Schlafwandler“, ist eigentlich viel zutreffender, und auch der Titel, mit dem der Film in Österreich ausgewertet wurde („Fernandel als Warenhausdetektiv“) umreißt den Inhalt wesentlich passender. Zum Zeitpunkt der Dreharbeiten stand Fernandel in Frankreich bereits seit 20 Jahren vor der Kamera. Seine Popularität speiste sich aus seinem ungewöhnlichen Äußeren, insbesondere sein überdimensioniertes „Pferdegebiss“ setzte er immer wieder für seine Grimassenkomik ein. Rund 80 Filmauftritte hatte er bis dato bereits absolviert, darunter auch etliche Komödienhauptrollen. Doch erst im darauffolgenden Jahr 1952 sollte er mit dem ikonografischen Part als italienischer Dorfpfarrer in „Don Camillo und Peppone“ unsterblich und auch über die französischen Landesgrenzen hinaus zum Kassenmagneten werden.
Victor Boniface (Fernandel) ist der überaus clevere Hausdetektiv in einem großen Warenhaus. Mit Hilfe von modernen Überwachungskameras und ausgefeilten Fallen gelingt es ihm immer wieder, Diebe und Kleptomanen unschädlich zu machen. Trotzdem stehen Boniface und der Warenhaus-Direktor Berthès (Raoul Marco) vor einem Rätsel. Immer wieder nachts werden wertvolle Schmuckstücke aus dem Kaufhaus entwendet. Das Publikum weiß, im Gegensatz zu Boniface, dass es sich beim Dieb um den Warenhausdetektiv selbst handelt! Denn Boniface schlafwandelt. Nachdem er sich zu Bett begeben hat, steht er starren Blicks schon kurz darauf wieder auf, um mit ausgestreckten Armen über die Dächer des nächtlichen Paris zu wandeln. Geschickt verleibt er sich im Warenhaus seine Beute ein, die er in seinem Zimmer im Grand Hotel in einem Karton verstaut, von dem er am nächsten Morgen genauso wenig weiß, wie von seinen nächtlichen Raubtouren. Aber Gangsterboss Charlie (Andrex) und seine beiden Kumpane (Michel Ardan und Yves Deniaud) kommen Boniface auf die Schliche und heften sich an seine Fersen, um mit dessen unbewusster Hilfe in den Besitz kostbarer Juwelen zu gelangen…
Die reichlich naive Ausgangsidee muss man zunächst einmal schlucken, um sich auf diese Starkomödie einlassen zu können. In somnambulem Zustand ist der Kaufhausdetektiv ein begnadeter Hochseilartist, der jede noch so dünne Leitung geschickt auf seinem Weg zum Ziel zu nutzen versteht. In wachem Zustand hingegen, plagen ihn schon in geringer Höhe Schwindelgefühle. Auf Realismus hat Regisseur Maurice Labro offensichtlich keinen allzu großen Wert gelegt. Stattdessen entspinnt er eine harmlose Familienkomödie, die viel von Slapstickgags und Fernandels üblicher Grimassenkomik lebt. Louis de Funès‘ Auftritt kommt in einer kurzen Episode erst gegen Ende des Films, hat aber ebenfalls Pep und dürfte Liebhaber des Groteskclowns zufriedenstellen. Die DVD-Erstveröffentlichung des Films bei Pidax macht diesen nach etlichen Jahrzehnten endlich wieder zugänglich! Das Bild (im schwarz-weißen Vollbildformat 1,33:1) ist dem Alter entsprechend in Ordnung, wenngleich ein wenig grobkörnig. Der Ton (Deutsch und Französisch in Dolby Digital 2.0) ist ebenfalls in Ordnung, als Synchronfassung hat man die DEFA-Version von 1956 aufgespielt, in der Fernandel von Gerd Frickhöffer gesprochen und auch in weiteren Nebenrollen West-Schauspieler wie Hubert Suschka und Werner Peters zu hören sind. Als Extra liegt der verkleinerte Nachdruck der „Illustrierten Film-Bühne“ (Nr. 1491) als vierseitiges Booklet mit zahlreichen Fotos, Cast- und Crewangaben und einer ausführlichen Inhaltsbeschreibung vor.