Eine gelungene Buchverfilmung - »Der Gesang der Flusskrebse«
Eine gelungene Buchverfilmung
»Der Gesang der Flusskrebse«
Erklimmt ein Buch die hohen Ränge der internationalen Bestsellerlisten, dauert es meistens nicht allzu lange, bis auch eine Verfilmung des Stoffes in die Lichtspielhäuser kommt. Nach dem großen Erfolg des im Jahr 2019 auf Deutsch veröffentlichten Romans „Der Gesang der Flusskrebse“ aus der Feder der US-amerikanischen Zoologin Delia Owens erscheint nun die sehnsüchtig erwartete Roman-Verfilmung. Wirklich große Namen vor und hinter der Kamera sucht man dabei auf den ersten Blick vergeblich (Reese Witherspoon war immerhin als Produzentin involviert und Taylor Swift steuerte den gelungen Titelsong „Carolina“ bei), allerdings profitiert der Film von den vielen unverbrauchten Gesichtern und kann sich in jeder Hinsicht auf seinen hervorragenden Cast verlassen: Besonders prägnant ist dabei die Darbietung von Hauptdarstellerin Daisy Edgar-Jones, welche das „Marschmädchen“ Kya zugleich mit Verletzlichkeit und eiserner Stärke verkörpert, wodurch man als Zuseher gar nicht anders kann als ernsthafte Anteilnahme an ihrer Geschichte und ihrem bisweilen sehr tragischen Schicksal zu nehmen.
Positiv hervorzuheben ist auch die Tatsache, dass man sich vonseiten der Produktion dazu entschieden hat, den Großteil des Films an Originalschauplätzen zu drehen und auf allzu viele Studio- und CGI-Aufnahmen zu verzichten. Die dichten Sümpfe und Marschlande von Louisiana erweisen sich nämlich als perfekte Kulisse und ziehen einen als Zuseher durch die magischen Landschaften vollkommen in ihren Bann – Absolut zurecht lässt Regisseurin Olivia Newman deshalb manchmal minutenlang die Kamera über die Marschlande schweifen und die Schönheit der Natur für sich selber sprechen. Diese Aufnahmen tragen auch dazu bei, den märchenhaften Charakter des Films zu unterstreichen, auch wenn auf den Einsatz offensichtlicher übernatürlicher Elemente verzichtet wird – im Gegensatz zum Südstaaten-Folk-Drama-Klassiker „Eves Bayou“ mit Samuel L. Jackson, welcher die übernatürlichen Aspekte (in diesem Falle Voodoo-Zauberei) sehr direkt in die Handlung einband und sowohl in Sachen Setting als auch Inszenierung zweifellos Pate für die Verfilmung von „Der Gesang der Flusskrebse“ stand.
Die erzählte Geschichte orientiert sich dabei eng am Buch, auch wenn logischerweise gewisse Passagen für die Verfilmung etwas gestaucht bzw. an das narrative Konzept des Films angepasst wurden (so wird etwa der Survival-Aspekt, wenn die junge Kya allein in der Wildnis überleben muss, nicht ganz so ausführlich behandelt wie im Buch und auch das im Buch thematisierte Schicksal der Geschwister von Kya findet keine unmittelbare Entsprechung in der Verfilmung). Dabei bedient sich der Film verschiedener Genres vom Sozial-Drama, über den Liebes- und Naturfilm bis hin zum Krimi und klassischem Gerichtsdrama. Diese auf den ersten Blick recht wilde Mischung funktioniert über weite Strecken des Films erstaunlich gut, auch wenn sich aufgrund der üppigen Laufzeit von über zwei Stunden im Mittelteil einige Längen eingeschlichen haben und dem Film durch seinen mäandernden Charakter etwas der Fokus abhandenkommt. Dafür fängt sich der Film gegen Schluss wieder und präsentiert ein emotional inszeniertes, melancholisches Ende mit magischer Note – und einen Twist, der direkt in die Magengrube geht und dem Zuseher kurzzeitig den Boden unter den Füßen wegreißt, nur um dann festzustellen, dass man sich die wahre Bedeutung der finalen Szene wohl nur in der eigenen Interpretation erschließen kann.
Fazit:
Die Bestsellerverfilmung „Der Gesang der Flusskrebse“ schafft es die Stärken des Romanvorlage auch auf die große Leinwand zu übertragen und überzeugt durch umwerfende Landschaftsaufnahmen, die eine melancholisch-märchenhafte Stimmung evozieren (was wiederum positiv an den thematisch ähnlichen Folk-Drama-Film „Eves Bayou“ erinnert), eine tragische Geschichte mit einigen unerwarteten Wendungen und hervorragende Darstellerinnen und Darsteller, welche über so manche vermeidbare Länge des Films und unnötig hektische Schnitte zwischen einzelnen Szenen hinwegtäuschen.
Kommentare
Du scheinst das Buch gelesen zu haben.
Kannst du das auch empfehlen?
Ich wünschte, man hätte David Strathairns Rolle des Verteidigers etwas mehr ausgebaut. Nicht das es im Sinne der Vorlage gewesen wäre. Aber es war auffällig, dass seine Szenen den Film immer wieder aufwerteten.
Danke für deine netten Worte - Das Buch kann ich definitv empfehlen: Charaktere erhalten deutlich mehr Raum zur Entfaltung und es ist durchaus packend geschrieben.
Volle Zustimmung, Strathairns ist in seiner Rolle ein echter Screenstealer (und die Figur ist auch interessant geschrieben).