Treu und Redlichkeit - »Die Dame und die Unterwelt«
Treu und Redlichkeit
»Die Dame und die Unterwelt«
Wieder einmal ist es das Label Pidax, das es Nostalgikern und Fans ermöglicht, einen seltenen und vermutlich auch größtenteils in Vergessenheit geratenen Fernsehfilm wieder aus den Archiven zu holen. Das engagierte Label aus dem saarländischen Riegelsberg hat bislang nicht nur die großen Evergreens mit Inge Meysel auf DVD herausgebracht („Gertrud Stranitzki & Ida Rogalski“ sowie die „Mrs. Harris“-Fernsehfilme), sondern auch immer mal wieder kleine, aber feine Fernsehfilme mit der Schauspiellegende ausgegraben, die nach ihren Erstausstrahlungen zumeist nur selten wiederholt wurden und bei den Sendeanstalten in den Kellern verstaubten. Dazu zählen u.a. die Findelkind-Geschichte „Stadtpark“, der von Thomas Engel inszenierte „Endstation Paradies“ oder die sehenswerte Miniserie „Kein pflegeleichter Fall“, in der sich die Macher mit den Fallstricken des Alters, Pflegeheimen und Entmündigung auseinandersetzten. „Die Dame und die Unterwelt“ kann diese hohe Qualität nicht aufrechterhalten und ist ein reines Unterhaltungsstück, doch Freunde der großen kleinen Meysel dürften auch hier wieder auf ihre Kosten kommen.
Eleonore Mathis (Inge Meysel) ist kurz vor ihrer Silberhochzeit zur Witwe geworden. Am Grab ihres Mannes Albert finden sich jede Menge Besucher ein, darunter auch ein der Witwe unbekanntes Trio, bestehend aus Jakob Lennert (Alexander Kerst), Karl Hoss (Arnold Marquis) und Baron von Ehrenstein (Heinrich Schweiger). Die etwas ratlose Witwe erhält am Grab auch eine Beileidsbekundung von einem Mann (Karl Heinz Stroux), der sich auf Nachfrage als Kriminaloberrat a.D. Heinz Schäfer vorstellt. Eleonore drängt ihren Bruder Berthold (Wolfgang Preiss), Licht ins Dunkel zu bringen. Schnell stellt sich heraus, dass nicht nur Berthold, sondern auch Nagold (Lutz Riedel), Fräulein Bachmann (Britta Fischer) und Hausmädchen Anna (Anita Kupsch), die Angestellten ihres Mannes, über dessen zwielichtige Vergangenheit sehr wohl Bescheid wussten. Einzig Eleonore war diesbezüglich ahnungslos. Albert Mathis war bis in die 1950er Jahre hinein ein cleverer Einbrecherkönig, dem Kriminaloberrat Schäfer aber nie etwas nachweisen konnte. Eleonore möchte es nun genauer wissen und nimmt Kontakt mit den drei Hinterbliebenen des Einbrecher-Quartetts auf. Die listige Witwe hat einen ganz besonderen Plan, den sie den einstigen Komplizen ihres verstorbenen Mannes unterbreiten möchte.
Herbert Reinecker hat im Laufe seiner sieben Jahrzehnte umspannenden Karriere hunderte Drehbücher geschrieben, von denen die meisten überaus erfolgreich und unterhaltsam waren. Deswegen erstaunt es ein wenig, dass „Die Dame und die Unterwelt“ so gemächlich daherkommt und immer wieder durch unnötige Dialogwiederholungen in die Länge gezogen wird. Vielleicht ist das aber eher Rainer Wolffhardt („Pater Brown“, „Löwengrube“) anzulasten, der den Film nicht nur inszenierte, sondern auch die Fernsehbearbeitung des Stoffes besorgte. Dieses gedrosselte Tempo wirkt heute schon arg anachronistisch, weswegen sich immer wieder Längen einschleichen. Meysel-Fans werden aber auch hier zum Schmunzeln gebracht, spätestens im (etwas vorhersehbaren) Finale, wenn die kleine, wendige Person im hautengen Räuberdress selbst dabei ist, in eine Villa einzusteigen. Die DVD-Erstveröffentlichung des ZDF-Films bietet ein passables, mitunter recht grobkörniges Bild (im Vollbildformat 1,33:1) und einen stets gut verständlichen deutschen Originalton (in Dolby Digital 2.0). Zusätzliche Extras sind nicht mit aufgespielt.