Der Gejagte - Jagdunfall oder Mord?
Der Gejagte
Jagdunfall oder Mord?
Der Originaltitel „Affliction“, der im Deutschen so viel bedeutet wie „Gebrechen“, bringt den Inhalt des auf einem Roman von Russell Banks basierenden Films ungleich besser auf den Punkt. Denn die meisten der hier beschriebenen Figuren sind gebrochen, verletzt oder auf die eine oder andere Weise angeschlagen. Die Verfilmung der Romanvorlage übernahm im Jahr 1997 Paul Schrader, der seinen internationalen Durchbruch mit 30 Jahren 1976 gefeiert hatte, als er für Martin Scorseses Filmklassiker „Taxi Driver“ das Drehbuch verfasste und dafür u.a. eine Golden-Globe-Nominierung erhielt. In Folge schrieb Schrader auch noch für weitere Scorsese-Filme das Drehbuch, für „Wie ein wilder Stier“, „Die letzte Versuchung Christi“ und „Bringing Out the Dead – Nächte der Erinnerung“. Neben gelungenen Drehbüchern für andere gefeierte Regisseure (beispielsweise „Mosquito Coast“ von Peter Weir) begann Schrader bereits 1978, Filme auch selbst zu inszenieren. In seinem Œuvre finden sich so gelungene wie unterschiedliche Werke wie „Hardcore – Ein Vater sieht rot“, „Ein Mann für gewisse Stunden“, „Katzenmenschen“ oder „Der Trost von Fremden“. „Der Gejagte“ war 1997 der elfte Spielfilm, den Schrader inszenierte, was ihm u.a. eine Nominierung für den Independent Spirit Award einbrachte. Bei den Oscars konnte der Film schließlich Altstar James Coburn (1928-2002; „Die glorreichen Sieben“) seine erste Gold-Statuette bescheren, Nick Nolte musste sich mit einer Nominierung zufriedengeben.
Wade Whitehouse (Nick Nolte) ist in einem kleinen Kaff in New Hampshire so etwas wie das Mädchen für alles. Als Angestellter des Unternehmers Gordon LaRiviere (Holmes Osborne) muss er die Straßen mit einem Schneepflug freischaufeln, wird aber gelegentlich auch als Cop eingesetzt, um den Verkehr vor der Schule zu regeln oder Strafzettel zu verteilen. Als sich der Gewerkschaftsführer Evan Twombley (Sean McCann) zur Eröffnung der Jagdsaison ankündigt und unbedingt einen Hirsch schießen will, wird ihm allerdings der junge Jack Hewitt (Jim True-Frost) als Jagdaufseher zur Seite gestellt. Während die beiden durch die verschneiten Wälder stapfen, fällt plötzlich ein Schuss – und Twombley bricht tot zusammen. Hewitt behauptet, dass der unerfahrene Jäger selbst versehentlich den Schuss ausgelöst und sich dabei getötet habe. Als Wades jüngerer Bruder Rolfe (Willem Dafoe), ein Lehrer in Boston, von den Vorkommnissen erfährt, vermutet er, dass hinter dem vermeintlichen Jagdunfall ein Verbrechen stecken könnte. Denn Twombley scheint mit der Mafia in Kontakt gestanden zu haben. Angestachelt von dieser Theorie beginnt Wade Whitehouse, seine eigenen Ermittlungen in dieser Angelegenheit vorzunehmen…
„Der Gejagte“ ist ein lakonischer Erzählfilm, der eine Welt in tristen Grautönen zeichnet und eine Geschichte präsentiert, die ebenso bedrückend ist. Großartige Charakterdarsteller wie Nick Nolte und James Coburn (der den alkoholkranken und zu Gewaltausbrüchen neigenden Vater von Wade Whitehouse spielt) faszinieren durch eindrucksvolle Porträts verlorener Seelen, die in Teufelskreisen gefangen bleiben. Der Musikscore unterstreicht diese Ausweglosigkeit und schafft es sogar, den Zuschauer regelrecht zu hypnotisieren. Paul Schrader ist mit diesem Film einmal mehr eine gelungene Romanadaption geglückt, die neben einer eher verhaltenen Krimispannung insbesondere durch das facettenreiche Charakterdrama zu überzeugen versteht. Die BluRay-Erstveröffentlichung bietet ein leider etwas verwaschenes Bild (im Widescreen-Format 1,78:1). Auch der Ton (Deutsch und Englisch im DTS HD Master Audio 2.0) ist dem Medium und der Entstehungszeit des Films nicht gerade angemessen und bietet noch deutlich Raum nach oben. Auf die Beigabe von Bonusmaterial hat man ebenso verzichtet.