Es geschah in Berlin - Kleine Kriminalgeschichten
Es geschah in Berlin
Kleine Kriminalgeschichten
Die Fernsehserie „Es geschah in Berlin – Aus den Akten der Kriminalpolizei“ hat es selbst vielleicht nie zu diesem Klassiker-Status gebracht, die gleichnamige RIAS-Hörspielserie indes schon. Die ging erstmals im Jahr 1952 über den Äther und sollte es in den beiden folgenden Dekaden auf rund 500 Episoden bringen. Grundlage für Hörspielautor Werner Brink waren jeweils reale Kriminalfälle aus den Akten der Berliner Polizei, unter deren Mitwirkung die Reihe produziert wurde. Der enorme Erfolg führte schließlich 1965 dazu, dass man fürs ZDF – ebenfalls wieder in Zusammenarbeit mit der Berliner Polizei und mit dem RIAS Berlin – das Format ins Fernsehen bringen wollte. Über die drei Testepisoden, die im Juni und Juli 1965 ihre Erstsendungen mittwochs kurz vor 19 Uhr feierten, ist die Fernsehversion allerdings nie hinausgekommen. Die Gründe dafür sind nicht bekannt geworden. Bedauerlich ist das allerdings schon, denn die Serie wirft einen heutzutage überaus nostalgischen Blick auf die alltäglichen Kriminalfälle in einer Großstadt, bei denen keinerlei Sensationshascherei betrieben wird, sondern die, ganz im Gegenteil, heute eher ein wenig naiv und bieder wirken. Einbrecher, die sich über die Portokasse einer Firma hermachen und fast schon Freudentänze vollführen, weil sie noch dazu fünf volle Kaffeepackungen mitnehmen können, würden heutzutage in einer Krimiepisode sicherlich eher lächerlich wirken, was aber einen Gutteil des Charmes dieser Serie ausmacht.
Los geht es mit der Episode „Trickbetrüger Tubatzki“ (gespielt von Horst Bollmann), der bei den Seniorinnen und Senioren in Berlin leichtes Spiel hat. Er flunkert diesen etwas von einem reichen US-Besucher vor, der Interesse daran hat, sein deutsches Geld in Schmuck umzutauschen, bevor er in die Heimat zurückfliegt. Die alten Herrschaften vertrauen Tubatzki vorbehaltlos ihre teuren Erbstücke an, denn dieser verspricht, binnen zwei Stunden mit dem Bargeld wieder zurück zu sein. Diese Leutseligkeit wäre sechzig Jahre später sicherlich nicht mehr denkbar. Amüsant ist die selbstreferenzielle Idee, dass ausgerechnet die Radiosendung „Es geschah in Berlin“ schließlich zur Überführung des Täters führt. „Als gestohlen gemeldet B-MY 770“ heißt die nächste Folge, in der Heranwachsende im Mittelpunkt stehen, deren größte Leidenschaft das Autofahren darstellt. Als Kutte (Matthias Ponnier) und Peter (Arne Elsholtz) mit einer heißen Kiste bei den Mädels punkten wollen, diese aber mit leerem Tank liegenbleibt, klauen sie sich kurzerhand ein neues Gefährt. Die dritte und letzte Episode „Willis ruhige Tour“ ist schließlich die mit den bescheidenen Einbrechern, Willi (Max Buchsbaum) und Egon (Horst Pönichen), die ihre Rechnung ohne Kommissar Zett (Kurt Waitzmann) und seine eifrigen Kriminalkollegen (Gert Günther Hoffmann, Otto Czarski und Martin Hirthe) gemacht haben. Obwohl bei allen drei Fällen die jeweiligen Straftäter im Mittelpunkt stehen und sich ein Großteil der Spielzeit mit der Schilderung ihrer Verbrechen beschäftigt, sind die Kriminalbeamten das Bindeglied der Folgen, das die Einzelgeschichten schließlich auch als Serienformat erkennbar macht.
Wie bereits erwähnt, entspricht „Es geschah in Berlin“ zumindest nach heutigen Sehgewohnheiten nicht mehr dem Standard von Kriminalformaten. Die Taten sind vergleichsweise harmlos, und wenn es am Ende einer Episode doch mal einen Toten zu beklagen gibt, dann war die Ursache dafür ein Unfall. Kommissar Zett und sein Team gleichen da am ehesten den Ermittlern in der „Polizeiinspektion 1“ um Walter Sedlmayr, bei denen auch stets der zumeist nicht sonderlich aufregende Alltag einer Polizeiwache im Zentrum stand. Die drei von Ottokar Runze (1925-2018; „Der Lord von Barmbeck“) inszenierten und von Werner Brink (der auch sämtliche Vorlagen für die Hörspielreihe „Es geschah in Berlin“ lieferte) geschriebenen Kriminalgeschichten können auch heute noch kurzweilig unterhalten, allerdings wohl eher auf einem nostalgisch-historischen als auf einem Spannungslevel. Interessant ist darüber hinaus, dass fast sämtliche Rollen mit bekannten Synchronstimmen besetzt sind (da die entsprechenden Schauspieler natürlich auch beim Rundfunk gern gesehene Gäste waren – Kurt Waitzmann lieh beispielsweise auch im Radiovorgänger der Serie bereits Kommissar Zett seine Stimme). Die DVD-Erstveröffentlichung der drei jeweils 24minütigen Folgen erfolgt auf einer Scheibe in angemessener Bild- (Vollbildformat 1,33:1 in Schwarz-Weiß) und Tonqualität (Deutsch in Dolby Digital 2.0). Auf die Beigabe von Extras hat man leider verzichtet.