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Der Eisenbahnmörder - Verdunkelung - Was nicht sein darf…

Der Eisenbahnmörder – Verdunkelung

Was nicht sein darf…

 

Die Taten Paul Ogorzows sind als die des Berliner S-Bahn-Mörders in die Kriminalgeschichte eingegangen. Nicht nur, weil es eine ganze Weile dauerte, bis man den Täter überführen konnte, sondern auch, weil dies alles während des Zweiten Weltkriegs in Nazideutschland geschah – das sich auf die Fahnen geschrieben hatte, dass unter NS-Führung keine Kapitalverbrechen möglich sind. Die Verfilmung „Der Eisenbahnmörder“ ist nun zum ersten Mal auf DVD zu haben.

Als Peter Schulze-Rohr den spektakulären Fall des S-Bahn-Mörders 1976 im Fernsehfilm „Verdunkelung“ auf fiktionale Weise nacherzählte, waren die Sexualmorde Paul Ogorzows noch hinlänglich bekannt. Noch während des Zweiten Weltkriegs hatte Axel Alt im Buch „Der Tod fuhr im Zug: Den Akten der Kriminalpolizei nacherzählt“ die grausamen Frauenmorde aufgegriffen, um daraus Kapital zu schlagen. Immerhin war es der Kriminalpolizei und den in den Fall involvierten NS-Parteischergen schließlich doch noch gelungen, den Serienkiller dingfest zu machen und abzuurteilen. Dass er bis dahin allerdings acht Menschen ermorden, es bei sechs weiteren versuchen konnte und insgesamt bei über 30 Notzuchtverbrechen beging, stellt aber in der Tat kein Ruhmesblatt für die ermittelnden Behörden dar. „Verdunkelung“ schaffte es in den 1980er Jahren sogar zu Videoehren, wo der Fernsehfilm unter dem neuen Titel „Der Eisenbahnmörder“ ausgewertet wurde. Seinerzeit verpasste man den Cassetten das FSK-Label „nicht freigegeben unter 18 Jahren“, das immer dann zum Zug kommt, wenn keine Prüfung durch die FSK stattgefunden hat. Auch Pidax ließ nun für die DVD-Erstveröffentlichung keine Prüfung vornehmen, sondern übernahm einfach wieder das „FSK: 18“-Logo. Zwar ist der Film inhaltlich definitiv nichts für Zartbesaitete, aber eine „FSK: 16“-Freigabe hätte er bei einer Prüfung sicherlich erhalten.

Franz Osorsky (Rudolf Brand) führt ein biederes Familienleben mit Frau (Eva-Maria Werth) und zwei kleinen Kindern. Er arbeitet als Angestellter der Deutschen Reichsbahn und ist hier für die Gleisüberwachung zuständig. In seinem Arbeitsbezirk kommt es in den Jahren 1939 und 1940 zu etlichen ungeklärten Verbrechen, die für die ermittelnden Beamten schnell auf einen Serientäter tippen lassen. Zwei der ermittelnden Kommissare, Linke (Joachim Kemmer) und Haller (Holger Kepich), bilden alsbald eine Sonderkommission, da sie der Meinung sind, dass die Morde, die in einer Laubenkolonie verübt werden, und jene, die sich auf der in der Nähe vorbeifahrenden S-Bahn-Linie ereignen, auf denselben Täter hindeuten. Vom NS-Regime werden die ermittelnden Beamten unter großen Druck gesetzt, da zunächst möglichst wenig über die Taten an die Öffentlichkeit dringen soll. Denn schließlich möchte man den Anschein wahren, dass unter Adolf Hitlers Regierung Kapitalverbrechen schlichtweg nicht mehr stattfinden. Sturmbannführer Dr. Dietz (Ulrich von Bock) wird den Kriminalkommissaren übergeordnet und trifft dabei einige Entscheidungen, die weiteren jungen Frauen das Leben kosten werden. Denn Osorsky mimt nach außen hin den linientreuen SA-Mann mit der reinen Weste, pirscht sich aber abends nach Dienstschluss an alleinstehende junge Frauen heran…

Peter Schulze-Rohrs („Hautnah“) Fernsehfilm ist nicht wie ein typischer Krimi aufgebaut, denn das Publikum weiß bereits vor den ermittelnden Beamten, wer der Täter ist. Stattdessen entfaltet „Der Eisenbahnmörder“ schon recht früh psychologische Qualitäten, wenn man eintaucht in den wirren Geist eines Serienmörders, den der ansonsten eher auf Nebenrollen abonnierte Rudolf Brand („Die Pawlaks – Eine Geschichte aus dem Ruhrgebiet“) mit beeindruckender Intensität zu verkörpern versteht. Zu Beginn überschlagen sich bereits die Ereignisse, da werden auch noch etwas zu oft die Locations und die handelnden Personen gewechselt, was es den Zuschauern erschwert, in die Geschichte hineinzufinden. Später entwickelt diese dann aber einen nicht zu verachtenden Sog, der auch rund 50 Jahre nach Herstellung des Films kaum etwas eingebüßt haben dürfte. Die DVD-Erstveröffentlichung bietet ein passables, mitunter grobkörniges Bild (im Vollbildformat 1,33:1) und einen stets gut zu verstehenden deutschen Synchronton (in Dolby Digital 2.0), da komplett nachsynchronisiert wurde. Extras sind keine mit aufgespielt.

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