Glogger, Beat: Lauf um mein Leben
Lauf um mein Leben
Jesse, der in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen ist, genießt die Aufmerksamkeit der Medien und den Lebensstil, den er sich dank des Sports leisten kann. Doch schon bald bekommt seine heile Welt erste Risse. Vor vielen Jahren hat er seinem Vater geschworen, niemals zu Dopingmitteln zu greifen, ein Versprechen, dass er bis zu diesem Zeitpunkt gehalten hat. Doch wie es scheint, schert sich sein persönlicher Trainer und Manager nicht im Geringsten um die Einstellung seines Schützlings...
Auch Thierry Velan, Chef eines renommierten Dopingkontrollinstituts, hat Probleme: Die Olympischen Spiele stehen unmittelbar bevor, doch plötzlich sterben einige der großen Favoriten unter mysteriösen Umständen. Zufall? Velan vermutet, dass etwas anderes dahinter steckt, eine neue, nicht nachweisbare Form des Dopings: Gendoping...
Die größte Schwachstelle mancher Wissenschaftsthriller ist das Zusammenspiel zwischen den wissenschaftlichen Fakten und dem eigentlichen Plot des Romans. Beim Lesen hat man das Gefühl, dass die Handlung zum Erliegen kommt, sobald Erkenntnisse aus der Forschung dargelegt werden.
Beat Gloggers Roman zeigt, dass es auch anders geht. Der Autor verbindet wissenschaftliche Abhandlungen und spannende Storylines zu einer perfekten Einheit. Der ganze Roman wirkt wie aus einem Guss, die Handlung gerät auch dann nicht ins Stocken, wenn es einmal ein wenig theoretischer wird und der medizinische Fachjargon merklich zunimmt.
Mit dem Thema Doping bzw. Gendoping stellt Glogger zudem einen Aspekt ins Zentrum seines Thrillers, der einerseits brandaktuell ist, andererseits noch nicht so ausgelutscht wie diverse andere Themen, die innerhalb des Genres immer wieder aufgegriffen werden. Als Leser verfolgt man die Ausführungen des Autors mit Interesse und Erschrecken gleichzeitig. Man möchte kaum glauben, was da über Doping, die Motivation zum Doping und die Folgen derartiger Eingriffe geschrieben wird. Es ist mir nicht bekannt, ob Glogger mit seinem Werk zum Nachdenken über das Thema und seine Auswirkungen anregen will; sollte dies der Fall sein, gelingt es ihm jedenfalls vorzüglich.
Aber: So gut der Thriller auch sein mag, der ganz große Wurf ist »Lauf um mein Leben« nicht. Das liegt zum einen an der Handlung, die zwar in einem idealen Verhältnis zu den aufgezählten wissenschaftlichen Aspekten steht, der aber wirklich zugkräftige Storylines fehlen. Die einzelnen Handlungsbögen sind zwar durchweg spannend und abwechslungsreich, etwas besonders Außergewöhnliches oder Mitreißendes bekommt man allerdings nicht geboten (eine Ausnahme bilden hier nur die Szenen, in denen man Einblicke in Jesses Mentalität während des Laufens erhält; diese Sequenzen sind wirklich ungeheuer intensiv und packend).
Die andere Schwachstelle des Romans ist die Figur des Jesse Brown. Diese wirkt nur in den schon erwähnten Laufszenen und in solchen Handlungsabschnitten, in denen er unter enormem Druck steht, überzeugend. In anderen Sequenzen kommt sein Charakter ein wenig saft- und kraftlos daher. Dankenswerter Weise ist Jesse nicht der einzige Handlungsträger des Buchs, weshalb dieses Manko das Lesevergnügen nur geringfügig zu stören vermag.
Doch Schwächen hin oder her: »Lauf um mein Leben« ist ein gut geschriebener, auf alle Fälle lesenswerter Wissenschaftsthriller, der zwar gegen Ende eine etwas überzogen dramatisch anmutende Wendung nimmt, ansonsten aber nie den Bezug der Realität verliert und so nicht in allzu phantastische Sphären entschwindet. Glogger gelingt es, ein gleichermaßen glaubhaftes wie auch bestürzendes Szenario in der Welt des Spitzensports zu entwerfen, das so manche böse Überraschung zu bieten hat. »Lauf um mein Leben« ist somit ein Buch, zu dem Fans gut recherchierter Medizin- und Wissenschaftsthriller bedenkenlos greifen können.