McCarthy, Ava: Passwort: Henrietta
Passwort: Henrietta
Harry steht am Rande der Verzweiflung. Sie hat keine Ahnung, was eigentlich los ist, doch sie weiß, dass sie in akuter Gefahr schwebt, auch wenn ihr der Grund dafür ein Rätsel bleibt. Nur eines scheint sicher: Irgendwie ist ihr Vater, mit dem sie seit Monaten nicht mehr geredet hat, in die Sache verwickelt.
Die junge Hackerin weiß: Wenn sie überleben will, muss sie handeln. Ungewollt ist sie ins Visier eines Verbrechers gekommen, der etwas von ihrem Vater will, und der bereit ist, zur Erreichung seines Ziels über Leichen zu gehen ...
Ist es möglich, die drei Themen Insiderhandel, Poker und Computerkriminalität so zu vermischen, dass daraus ein spannender Thriller wird? Anfangs hatte ich da so meine Zweifel, doch Ava McCarthy beweist: Es ist machbar!
Die irische Autorin hat es sich für ihren Debütroman nicht leicht gemacht. Die drei erwähnten Gebiete haben nämlich eine Sache gemeinsam: Es sind alles Themenbereiche, die Menschen, die sich nicht tagtäglich mit ihnen auseinandersetzen, schnell langweilen. Kein Wunder, verliert man als unbedarfter Leser aufgrund der komplexen Thematik und der vielen Fachausdrücke häufig schon nach kurzer Zeit die Übersicht. McCarthy gelingt das Kunststück, das für die Handlung nötige Hintergrundwissen aus den drei Bereichen so in die spannungsvolle Handlung ihres Romans einfließen zu lassen, dass der Leser weder über- noch unterfordert wird. Stattdessen bietet die Autorin ihrem Publikum interessante, überraschend und mitunter auch erschreckende Einblicke in drei Welten, die vielen Menschen im Allgemeinen fern sind.
Kann »Passwort: Henrietta« bei der Darstellung der erwähnten Elemente vollends überzeugen, so gilt dies leider nicht für alle Aspekte des Buchs. Gerade hinsichtlich der Figuren weist der Roman die ein oder andere Schwäche auf. Die Protagonisten sind vielfach zu simpel gestrickt. Nur selten traut sich die Autorin, originelle Ideen und ungewöhnliche Konstellationen in Angriff zu nehmen. Lieber greift sie auf Altbewährtes zurück und strickt ihre Charaktere nach altbekannten Mustern. Mehr Mut zum Risiko ein Motto, das so manch einer von McCarthys Protagonisten vertritt wäre nicht verkehrt gewesen.
Davon sollte man sich die Laune nun allerdings nicht verderben lassen. Mögen die Personen auch wenig innovativ gestaltet sein, so wirken sie doch durchweg lebendig. Außerdem entschädigt die packende Handlung für die ein oder andere Schwäche hinsichtlich der Charakterisierungen.
Die Story von »Passwort: Henrietta« wirkt durchdacht und gewinnt mit jedem neuen Kapitel an Tempo. Die Vermischung dramatischer Spannungssequenzen und geschickt konstruierter Szenen, in denen Harry auf ungewöhnliche Art und Weise versucht, die Hintergründe für den Mordanschlag aufzudecken bzw. ihrem Verfolger einen Schritt voraus zu sein, garantieren ein fesselndes Lesevergnügen. Abgerundet wird das Ganze durch ein echtes Herzschlagfinale inklusive einiger handfester Überraschungen (sehr schön, dass das Buch zum Schluss hin nicht nachlässt, sondern im Gegenteil an Spannung noch zulegt) sowie ein rundum gelungenes Ende.
»Passwort: Henrietta« ist ein Thriller für alle Fans von Karl Olsberg oder dem Thriller »The International« von Regisseur Tom Twyker. Auch Freunde der TV-Serie »Bones«, die die Storyline um die komplizierte Beziehung von Temperance Brennan zu ihrem Vater mögen, sowie überhaupt alle Leser von Spannungsromanen aus den Bereichen Wirtschaft und Technik sind mit McCarthys Erstling bestens bedient. Ein rundweg gelungener Auftakt für eine Reihe, in der hoffentlich noch so manch fesselndes Buch erscheinen wird!