Buthler, Dan/Öhrlund, Dag: mord.net
Ein Beitrag von Jochen Adam
(Mord.net)
von Dan Buthler und Dag Öhrlund
aus dem Schwedischen von Sabine Thiele
Knaur Taschenbuch
erschienen: Frühjahr 2009 (Deutschland); 2007 (Schweden)
528 Seiten, 8,95
ISBN: 978-3-426-50132-0Droemer Knaur
Jacob Colt, Kommissar bei der schwedischen Polizei, steht vor einem Rätsel. In verschiedenen schwedischen Städten kommt es zu einem sprunghaften Anstieg der Mordraten. Die Täter entkommen stets unerkannt; die Hintergründe der Tat können nie geklärt werden.
Angela van der Wijk, Kommissarin bei der holländischen Polizei, steht vor einem Rätsel. In verschiedenen holländischen Städten kommt es zu einem sprunghaften Anstieg der Mordraten. Die Täter entkommen stets unerkannt; die Hintergründe der Tat können nie geklärt werden.
Silvio Bondi, Kommissar bei der italienischen Polizei, steht vor einem Rätsel. In verschiedenen italienischen Städten kommt es zu einem sprunghaften Anstieg der Mordraten. Die Täter entkommen stets unerkannt; die Hintergründe der Tat können nie geklärt werden.
Schweden, Holland und Italien sind nicht die einzigen
Nationen, die von einer Welle unerklärlicher Mordfälle heimgesucht
werden. Überall auf der Welt geschehen Tötungen nach dem gleichen
Muster. Nie gibt es ein Motiv, nie eine Spur auf den Täter. Erst als
der Zufall den Ermittlern zur Hilfe kommt, stoßen diese auf eine
Webseite, auf der eine schreckliche Dienstleistung angeboten wird:
Mord!
Die von Knaur gewählte Genrebezeichnung Thriller
trifft den Kern der Sache nur unzureichend. Der Roman »mord.net«
des Autorenduos Dan Buthler und Dag Öhrlund ist vielmehr ein
Episodendrama mit Thrillerelementen. Wer den beeindruckenden Film
»L.A. Crash« gesehen hat, der weiß, wovon ich rede. Leser, die
sich auf das Buch einlassen, sollten sich also auf Folgendes
einstellen:
In »mord.net«
gibt es keine echten Hauptpersonen. Die Geschehnisse werden aus
verschiedenen Perspektiven erzählt, mal aus der Sicht der
Polizisten, mal aus der Sicht der Verbrecher und mal aus der Sicht
der Opfer.
Das wiederum hat
zur Folge, dass im Roman eine Vielzahl sehr unterschiedlicher
Personen zu Wort kommen. Dabei greifen Buthler und Öhrlund immer
wieder auf die Vergangenheit der Figuren zurück, um ihre
Motivationen deutlich zu machen und dem Leser zu zeigen, welche
Konsequenzen die einzelnen Geschehnisse jeweils für sie haben.
So reichhaltig das
Figurenensemble ist, so vielfältig gestaltet sich auch die Zahl der
Storylines. Diese sind allesamt mehr oder weniger stark miteinander
verwoben und ergeben im Zusammenspiel ein Gesamtbild, das
bestürzender ist als die Vorstellungen, die jeder der
Handlungsbögen für sich alleine hervorruft.
Nicht jede
Storyline findet ein rundes Ende. Viele der Handlungsbögen haben
einen offenen Ausgang.
Die Geschichte um
die weltweite Mordserie ist nur der Rahmen für eine Verkettung von
Einzelschicksalen. Im Zentrum des Romans steht nicht, wie es der
Klappentext des Buchs vermuten lässt, die Jagd nach einem
international agierenden Syndikat. Vielmehr geht es um die einzelnen
im Laufe der Handlung auftauchenden Figuren sowie ihren Umgang mit
einer im wahrsten Sinne des Wortes mörderischen Situation.
Thrillerelemente
hat »mord.net« eine Menge; alleine die Vielzahl akribisch
geplanter, eindringlich geschilderter Morde spricht hier Bände. Und
doch ist das vorliegende Buch mehr ein Drama denn ein Thriller. Die
Handlung dreht sich, wie gesagt, in erster Linie um
Einzelschicksale, um das Leben, die Taten, die Gefühlswelt all der
Protagonisten, die Buthler und Öhrlund zum Zuge kommen lassen.
Daher sollten alle
Leser, die sich von »mord.net« einen rasanten Thriller erhoffen,
gewarnt sein: Das Buch ist alles andere als ein temporeicher,
atemberaubender Schocker. Die Autoren lassen sich Zeit beim
Ausgestalten ihrer Geschichte, geben den Charakteren ihrer
Protagonisten Raum, sich zu entwickeln. Spannend und mitunter auch
erschreckend ist die Geschichte nichtsdestotrotz. Nur ist sie eben
nicht das, was man so ohne weiteres mit dem Wort Thriller in
Verbindung bringen würde.
»mord.net« ist ein
intelligentes, hochdramatisches Werk, das sich Fans geschickt
konstruierter Krimis keinesfalls entgehen lassen sollten. Sowohl
story- als auch schreibtechnisch weiß der Roman auf ganzer Linie zu
überzeugen. Lebendig gezeichnete Charaktere und eine Vielzahl
abwechslungsreicher Storylines, mal traurig, mal erschreckend, mal
zornig machend, sorgen dafür, dass einen dieses thrillerhafte
Episodendrama bis zum bitteren Ende gepackt hält.
Ein Buch, das man
gelesen haben sollte insbesondere dann, wenn man Filme wie »L.A.
Crash« mag. Anspruchsvolle Spannungsliteratur, hart, kompromisslos
und sprachlich gekonnt in Szene gesetzt.
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