Young Soul Rebels
DVD: Young Soul Rebels
Mord im Cruising-Park
Nach einem Musikvideo für Peter Gabriel und Youssou N’Dour („Shaking the Tree“) wagte sich Julien dann 1991 an sein Langfilmdebüt „Young Soul Rebels“, in dem er ebenfalls wieder queere und PoC-Fragen verhandelte.
Neben seiner Fernsehdokumentation „Baadasssss Cinema“ über die Blaxploitation-Filme der 1970er Jahre ist auch noch seine Dokumentation über den schwulen Filmemacher Derek Jarman erwähnenswert, die 2008 auf dem Sundance Film Festival unter dem Titel „Derek“ ihre Weltpremiere feierte.
Mit „Young Soul Rebels“ ist Isaac Julien ein überaus interessanter Film gelungen, der im Rahmen einer spannenden Kriminalhandlung einige gesellschaftliche Verwerfungen der späten 1970er Jahre im Großbritannien der Prä-Thatcher-Ära thematisiert.
TJ (Shyro Chung) geht 1977 zum Cruisen in einen Londoner Park, in dem sich regelmäßig homosexuelle Männer für schnellen und anonymen Sex treffen. Dieses Mal gerät er allerdings an den Falschen, denn am nächsten Morgen wird dort seine Leiche aufgefunden.
Einer seiner besten Freunde ist Caz (Mo Sesay), ein ebenfalls dunkelhäutiger schwuler Mann, der den Park auch am selben Abend besucht hatte. Zusammen mit dem heterosexuellen Chris (Valentine Nonyela) betreibt Caz einen Piratensender, der sich auf Soulmusik konzentriert, die insbesondere bei den PoC in jener Zeit hoch im Kurs steht.
Chris hat die Ambitionen, mit seiner Musik mehr Leute zu erreichen und spricht deswegen bei einem erfolgreichen dunkelhäutigen DJ vor, der seine Sendung über einen offiziellen Radiosender ausstrahlen darf. Im Sendehaus macht Chris die Bekanntschaft mit Tracy (Sophie Okonedo), in die er sich Hals über Kopf verliebt.
Währenddessen haben die Kriminalbeamten, die im Mord an TJ ermitteln, einen anonymen Hinweis erhalten, dass Chris der Täter sein soll. Und Caz hat in einem Club den weißen Punk Billibud (Jason Durr) kennengelernt, der ihn anschließend in den Cruising-Park lockt, in dem nur wenige Nächte davor TJ gewaltsam sein Leben verlor.
Das eine oder andere kleinere Manko wird man in „Young Soul Rebels“ sicherlich finden, was darauf schließen lässt, dass es sich hier um ein Erstlingswerk handelt. Insgesamt ist Isaac Julien aber ein sehr stimmungsvoller und spannender Film gelungen, der nicht nur als Zeitgemälde, sondern auch als Kriminalfilm und als (schwule) Liebesgeschichte funktioniert.
Das gewalttätige Aufeinandertreffen von erzkonservativen Monarchie-Fans, Punks der ersten Generation, faschistischen Skinheads und Soulliebhabern markiert am Ende den authentischen Höhepunkt der Geschichte.
© by Frank Brenner (10/2023)