Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert

Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauertDer Clan, der seine Feinde lebendig einmauert
(Confessione di un commissario di polizia al procuratore della republica)
 
In einem Irrenhaus trifft hoher Besuch ein: Kommissar Bonavia verlangt die Entlassung eines gewissen Lumonno, der in den Diensten eines "ehrenwerten" Geschäftsmannes stand, der ihn zwangseinweisen ließ. Bonavia weiß ganz genau: Wenn Lumunno freikommt, wird er ihn zu seinem ehemaligen Brötchengeber führen. Das Wiedersehen endet erwartungsgemäß in einem Blutbad, das den jungen, ehrgeizigen Staatsanwalt Treni auf den Plan ruft.

Italienische Filme mit vorliegender Thematik gibt es wie Sand am Meer, aber nur die wenigsten hinterlassen wohl einen so authentischen und realistischen Eindruck beim Zuschauer wie vorliegendes Werk von Damiano Damiani. Dabei verzichtete der Regisseur doch weitestgehend auf die ansonsten üblichen expliziten Gewaltdarstellungen und die unzähligen Schießereien, die man ansonsten oft geboten bekommt. "Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert" fällt viel eher durch eine eher ruhige und bedächtige Erzählstruktur auf und ist zudem auch noch äußerst dialoglastig geraten, was aber keinesfalls als negative Kritik aufzufassen ist. Vielmehr ist hier das Gegenteil der Fall, denn durch die ruhige und streckenweise schon sehr bedächtige Erzählweise entfacht der Film eine nahezu immense Intensität, die sich ganz unwillkürlich auch auf den Zuschauer überträgt, der von der ersten Minute an der von der Geschichte ausgehenden Faszination erlegen ist. Getragen von 2 herausragenden Hauptdarstellern (Martin Balsam & Franco Nero) erzählt der Film eine Geschichte über Korruption, Mafia-Strukturen und eine Art Staat im Staate, die kaum realistischer hätte ausfallen können.

Action-Junkies werden in vorliegendem Fall wohl nicht unbedingt auf ihre Kosten kommen, dafür dürften Freunde realistischer Polizei-Thriller ihre Begeisterung kaum verbergen können. Denn trotz eher selten vorhandener Action-Passagen versteht es der Film, die volle Aufmerksamkeit des Betrachters für sich einzunehmen, verspricht das Szenario doch ein hochklassiges Filmerlebnis, das einem zudem noch authentisch erscheinende Ereignisse offenbart, so dass nicht selten der Eindruck entsteht, dass man einen wahren Fall in Spielfilm-Form geboten bekommt. Dieser Eindruck entsteht in erster Linie durch die hervorragenden Darsteller, die durch die Bank mit herausragenden Leistungen aufwarten können, denn bis in die kleinsten Nebenrollen ist dieses Werk absolut perfekt besetzt. Dennoch kommt man nicht umhin, Martin Balsam und Franco Nero ganz besonders hervorzuheben, die dem Film allein schon durch die unter ihnen stattfindenden Dialoge ein hohes Maß an Klasse verleihen, die das von Haus aus schon exzellente Gesamtbild noch einmal zusätzlich aufwerten.

Doch obwohl sich die beiden Männer in ihrer Funktion als Kommissar und Staatsanwalt prinzipiell auf der Gesetzesseite befinden, herrscht unter ihnen das größtmögliche Misstrauen, da sich immer mehr herauskristallisiert, dass die Intrigen und Korruptionen in vorliegendem Fall bis in die höchsten Kreise reichen und man wirklich keiner Menschenseele vertrauen kann. Gerade diese Passagen sind es, die der Geschichte eine unglaublich realistische Note verleihen und dem Zuschauer auch einen sehr tiefen Einblick in Machenschaften gewährt, die mafiaähnliche Strukturen tragen und es den ermittelnden Beamten fast unmöglich machen, an die Hintermänner des Ganzen heranzukommen. Obwohl eigentlich jeder weiß, wie sich die Dinge zueinander verhalten und wer das Sagen in der korrupten Organisation hat, gibt es einfach keine Beweise, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Und an diesem Punkt denkt man ganz automatisch an die letzten Minuten der Geschichte, in denen doch noch so etwas wie Gerechtigkeit Einzug hält, auch wenn die gewählte Methode dazu alles andere als legal ist. Doch genau dieser Punkt verleiht dem gewählten Schlussakkord einen unglaublich authentischen Anstrich, erscheint das Ende doch insbesondere aus menschlicher Sicht absolut nachvollziehbar und gerechtfertigt.

Und auch wenn die letzten Minuten einen Schuss Tragik enthalten, sind die letzten Passagen genau richtig gewählt und unterstreichen noch einmal eindrucksvoll die Skizzierung einer extrem realistischen Geschichte, die auch nachhaltig im Gedächtnis des Zuschauers hängenbleibt. Und so kann man letztendlich Damiano Damiani für diesen Film nur ein überragendes Gesamtzeugnis ausstellen, das in allen Belangen absolut gerechtfertigt ist. Durch den Verzicht übertriebener Action-Elemente erlangt das Werk sogar eine noch intensivere Wirkung auf den Betrachter, der sich der vom Geschehen ausgehenden Faszination einfach nicht entziehen kann. Herausragende Darsteller und hochklassige Dialoge machen diesen Film zu einem wahren Erlebnis, das man sich ganz sicher nicht nur einmal gönnen wird. Auch wenn "Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert" über 40 Jahre auf dem Buckel hat, hat diese Perle des italienischen Filmes nichts von ihrem Reiz und ihrer intensiven Wirkung eingebüsst und bietet sich so immer wieder für eine neuerliche Sichtung an.
 
Fazit: Unter den Vertretern, die eine ähnlich gelagerte Thematik behandeln, muss man vorliegendem Film sicherlich eine kleine Sonderstellung einräumen, gibt es doch eher wenige Genre-Kollegen, die so authentisch und glaubwürdig daherkommen. Ich persönlich verneige mich ehrfurchtsvoll vor diesem Meisterwerk des italienischen Kinos, das ich mir garantiert nicht das letzte Mal angesehen habe.
 
 
 
Daten zum Film
 
Darsteller: Franco Nero, Martin Balsam, Marilu Tolo, Claudio Gora, Luciano Catenacci, Giancarlo Prete, Arturo Dominici, Michele Gammino, Adolfo Lastretti, Nello Pazzafini, Calisto Calisti, Wanda Vismara, Adele Modica, Dante Cleri, Roy Bosier
Regie: Damiano Damiani
Drehbuch: Damiano Damiani / Fulvio Gicca Palli
Kamera: Claudio Ragona
Musik: Riz Ortolani
FSK 16
Italien / 1971

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