Das 3. Auge

Das dritte AugeDas 3. Auge
(Il Terzo occhio)

Der junge Graf Mino lebt mit seiner herrischen Mutter und der eifersüchtigen Haushälterin Martha auf einem Schloss an der italienischen Küste. Ein paar Tage vor seiner Hochzeit mit der attraktiven Laure verunglückt diese auf mysteriöse Weise. Kurz darauf wird seine Mutter ermordet. Der labile Mino verliert mehr und mehr den Verstand und beginnt, wahllos junge Mädchen zu töten. Martha, die ihn liebt, steht ihm dabei tatkräftig zur Seite. Eines Tages erhält er Besuch von einer Frau, die seiner verstorbenen Laura wie aus dem Gesicht geschnitten ist ...
 
Das es sich bei Mino Guerrinis Klassiker aus dem Jahre 1966 um das Original zu Joe D'Amatos Horror-Klassiker "Sado - Stoß das Tor zur Hölle auf" handelt, dürfte einigen Leuten nicht unbedingt geläufig sein. 



Vom Bekanntheitsgrad her dürfte nämlich D'Amatos weitaus härtere Version der Geschichte um den jungen Grafen Mino weitaus verbreiteter sein, der hier vom jungen Franco Nero dargestellt wird, wobei man auch gleichzeitig bei einem absoluten Höhepunkt des Filmes angelangt ist. Ist Neros Performance doch nahezu grandios und bietet dem Zuschauer einen erstklassigen Einblick in die kranke Seele eines Mannes, der in einem schon als krankhaft zu bezeichnenden Abhängigkeitsverhältnis zu seiner strengen Mutter aufgewachsen ist. Schon im frühen Alter von 25 Jahren gibt Nero hier eine Probe seines schauspielerischen Könnens und besticht insbesondere durch eine herausragende Mimik. Man kann dem von ihm dargestellten Charakter förmlich im Gesicht ablesen und kann sich so einen äusserst guten Eindruck von der offensichtlich kranken Psyche des Mannes machen. Sein generell recht gestörtes Verhältnis zu Frauen kommt immer wieder zum Vorschein, vor allem aber drückt sich dieses in seiner Beziehung zu seiner Verlobten aus, der gegenüber er einen schon sehr ausgeprägten Kontrollzwang ausübt.

Ganz generell unterscheidet sich der Film im Gegensatz zu seiner Neuauflage vor allem darin, das Mino hier fast gänzlich ohne explizite Gewaltdarstellungen auskommt und sich viel intensiver um die tiefgehende Beleuchtung der einzelnen Figuren kümmert. So sollte man dann auch trotz einer 18er Freigabe keinesfalls einen harten Horrorfilm erwarten, sondern vielmehr eine Art Horror-Drama, in dem der aufkommende Horror lediglich subtiler Natur ist und einem schleichend unter die Haut kriecht. Bis auf eine kleine Messerattacke hat der Betrachter keinerlei Härten zu erwarten und selbst die erwähnte Passage wirkt aus heutiger Sicht vollkommen harmlos, so das eine 16er Freigabe vollkommen ausreichend gewesen wäre. Dennoch entfaltet das Geschehen aber einen gewissen Härtegrad, der sich allein durch das Verhalten des Grafen und die verbale Andeutung gewisser Aktionen andeutet (Säurebad). Dadurch wird die eigene Fantasie in Gang gesetzt und die blosse Vorstellung der Aktionen kann durchaus für eine gepflegte Gänsehaut sorgen. So beinhaltet der Film dann auch durchgehend ein herrlich schauriges Grusel-Feeling, das durch den Schauplatz der riesigen Villa noch zusätzlich untermauert wird, in der sich der Großteil der Geschichte abspielt.

Am hervorstechendsten sind bei Minos Klassiker allerdings die offensichtlichen Ähnlichkeiten zu Alfred Hitchcocks Meisterwerk "Psycho", dessen offensichtlicher Einfluss kaum zu übersehen ist. Auch hier ist die seelisch kranke Hauptfigur als Tierpräparator tätig, dann wäre da noch das absolut gestörte Verhältnis zur Mutter und zu guter Letzt die Aufbewahrung einer Leiche im eigenen Haus. So drängt sich ein indirekter Vergleich der Werke fast schon zwangsläufig auf und so schlecht schneidet "Das 3. Auge" in diesem Vergleich gar nicht ab. Nimmt man einmal D'Amatos Remake zur Hand, das selbstverständlich viel mehr auf Härte getrimmt ist und durch einige recht derbe Passagen auffällt, so handelt es sich in vorliegendem Original um die Qualitativ bessere Version. Dies ist meiner Meinung nach auch sehr einfach zu begründen, denn die weitaus bessere Beleuchtung der einzelnen Figuren lässt einen einen viel besseren bezug zu den Personen herstellen. Ausserdem werden auch die krankhaften Beziehungen untereinander viel besser ausgearbeitet, der pure Wahnsinn ist hier einfach viel greifbarer und hinterlässt einen sehr nachhaltigen Eindruck im Gedächtnis.

Alles zusammengenommen hat man es hier mit einem herrlichen Klassiker zu tun, der leider nicht die Anerkennung und den Bekanntheitsgrad erfährt, der im aufgrund seiner Klasse zustehen würde. Handelt es sich doch um eine spannend umgesetzte Story, die vor allem in atmosphärischer Hinsicht eine echte Granate ist. Hinzu kommen die wirklich hervorragenden Schauspieler, die allesamt durch glänzende Leistungen auffallen. Und trotzdem ragt ein spielfreudiger-und ausdrucksstarker Franco Nero noch einmal ganz besonders hervor und schafft es ganzzeitig, den Zuschauer förmlich in seinen Bann zu ziehen. Nicht nur für Fans des italienischen Kinos ist dieser Klassiker absolut sehenswert, denn jeder Genre-Freund, der mit der Neuauflage von D'Amato Bekanntschaft gemacht hat, sollte allein aus Vergleichsgründen auch einmal zum Original greifen.

Fazit: "Das 3. Auge" ist ein rundum stimmiger Genre-Beitrag, der vollkommen ohne Härten auskommt und dennoch jederzeit gruselige Stimmung und jede Menge Spannung beinhaltet. Tiefgehende Charakter-Beleuchtungen und ein äusserst spielfreudiges Darsteller-Ensemble sind die weiteren Zutaten für einen Filmgenuss auf höchstem Niveau, den man unbedingt erlebt haben sollte.


Informationen zum Film
 
Darsteller: Franco Nero, Gioia Pascal, Erika Blanc, Olga Solbelli, Marina Morgan, Richard HillockLuciano Foti
Regie: Mino Guerrini
Drehbuch: Gilles De Reys / Mino Guerrini
Kamera: Alessandro D'Eva
Musik: Francesco De Masi
FSK 18
Italien / 1966
 

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