Das indische Tuch

Das indische TuchDas indische Tuch

Schon zu Lebzeiten ein Spaßvogel, treibt es Lord Lebanon nach seinem Tod noch bunter. Zur allgemeinen Überraschung verliest der Rechtsanwalt Tanner nur den "vorletzten Willen" des Verstorbenen. Die völlig zerstrittene Familie soll sechs Tage und Nächte in dem alten Gemäuer des Lords verbringen, um sich auszusöhnen. Erst danach wird das endgültige Testament verlesen. Murrend fügen sich die Angehörigen dieser unerwarteten Schikane - andernfalls verfällt ihr Erbe. Ein Unwetter unterbricht plötzlich die Strom- und Telefonleitung und schneidet das Anwesen von der Außenwelt ab. Kurz darauf wird der erste Erbe mit einem indischen Tuch erdrosselt. Da die verängstigten Erben völlig auf sich alleine gestellt sind, übernimmt Tanner schließlich die Ermittlungen. Doch auch er könnte das nächste Opfer sein - oder gar der Mörder ...

Unter den gesammelten Edgar Wallace-Verfilmungen stellt "Das indische Tuch" ganz sicher einen der besten Vertreter dar, auch wenn er beispielsweise in der Gunst der damaligen Kinobesucher nicht ganz oben angesiedelt ist. Dennoch handelt es sich ganz eindeutig um einen der spannendsten und atmosphärischsten Beiträge der langlebigsten deutschen Film-Reihe, die je im Kino gelaufen ist. Allein die Besetzungsliste liest sich schon wie das "Who is who" des deutschen Krimis der damaligen Zeit. Namen wie Siegfrid Schürenberg, Elisabeth Flickenschildt oder Klaus Kinski sind dabei lediglich drei Beispiele für eine erstklassige Besetzungsliste. Nach dem Prinzip der zehn kleinen Negerlein werden die Erbberechtigten des verstorbenen Lord Lebanon nacheinander ermordet, wobei von Beginn an prinzipiell jeder der Mörder sein könnte. Darin liegt auch gleichzeitig eine der größten Stärken der Geschichte, hätte doch jeder der Erben sicherlich ein Motiv, denn keine der einzelnen Personen kann von sich behaupten, eine weiße Weste zu haben.

So erscheint auch nicht ein einziger der Charaktere wirklich sympathisch, selbst der Testamentsvollstrecker (Heinz Drache) kann in diesem Punkt keinerlei Pluspunkte sammeln. Gleichzeitig stellt seine Person auch noch den einzigen Nerv-Faktor dar, denn durch seine willkürlichen Verdächtigungen gegenüber allen Anwesenden wird hier nicht gerade kriminalistischer Spürsinn an den Tag gelegt, sondern etwas auf den Nerven des Zuschauers herumgetrampelt. Andererseits ist das Verhalten aber auch durchaus nachvollziehbar, handelt es sich doch um einen der wenigen Wallace-Filme, wo die Polizei eigentlich überhaupt keine Rolle spielt. Die Erbberechtigten sind nämlich durch ein stürmisches Unwetter von der Außenwelt abgeschnitten, da sämtliche Telefonleitungen tot sind und so die Polizei nicht erreichbar ist. So entfaltet sich eine ganzzeitig sehr gruselige Grundstimmung, die durch den Schauplatz des weiträumigen Schlosses noch zusätzlich hervorgehoben wird.

Ein weiterer riesiger Pluspunkt des Filmes sind sicherlich die etlichen falsch gelegten Fährten, denn immer, wenn man der Meinung ist, den Mörder zu kennen, zerstört ein weiterer Mord das scheinbare Wissen des Zuschauers. Erst kurz vor dem Ende wird die wahre Identität des Killers dann preisgegeben, den manch einer sicher schon vorher auf seiner Liste der Verdächtigen hatte. Neben einem spannungsgeladenen Szenario darf auch hier nicht der altbewährte Humor der Wallace-Filme fehlen, der wie immer den nötigen Biss hat und einige Abläufe schon recht skurril erscheinen lässt. Hauptsächlich verantwortlich dafür zeichnet einmal mehr Eddi Arent, den man sich aus diesen Krimis gar nicht wegdenken kann.

Ich persönlich habe mit "Das indische Tuch" meinen absoluten Lieblings-Wallace gefunden, denn in kaum einem anderen Film der Reihe passt alles so nahezu perfekt zusammen wie hier. Eine erstklassige Geschichte, eine perfekt zusammengesetzte Darsteller-Riege und dazu noch extrem viel Spannung und Atmosphäre. Mehr kann man von einem Krimi-Rätselspaß nun wirklich nicht erwarten, so dass man diesen Film auf jeden Fall zu den besten deutschen Krimis zählen muss.

Fazit: Regisseur Alfred Vohrer serviert dem Betrachter mit "Das indische Tuch" einen sehr kurzweiligen und interessanten Krimi, der einen förmlich zum Mitraten einlädt. Etliche Verdächtige und viele falsche Fährten sorgen dabei für ein mehr als nur unterhaltsames Sehvergnügen, das man unbedingt kennen sollte.

 
Informationen zum Film
 
Darsteller: Heinz Drache, Corny Collins, Klaus Kinski, Gisela Uhlen, Hans Nielsen, Siegfrid Schürenberg, Richard Häussler, Hans Clarin, Alexander Engel, Ady Berber, Eddi Arent, Elisabeth Flickenschildt
Regie: Alfred Vohrer
Drehbuch: Edgar Wallace / Harald G. Petersson
Kamera: Karl Löb
Musik: Peter Thomas
FSK 16
Deutschland / 1963
 

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