Alvtegen, Karin - Schatten
SCHATTEN
von
KARIN ALVTEGEN
Übersetzung aus dem Schwedischen: DAGMAR
LENDT
350 Seiten Hardcover 16,90
ISBN 978-3-8321-8045-4
DuMont Buchverlag, Köln
Gerda
Persson hatte drei Tage tot in ihrer Wohnung gelegen, als der Hauspflegedienst
sie fand. Nach zweiundneunzig Jahren und gut drei Monaten hatte sie ihre Lungen
ein letztes Mal gefüllt, um sich anschließend in eine Erinnerung zu
verwandeln.
Die
Frau war drei Jahrzehnte lang Haushälterin bei Axel Ragnerfeldt und seiner
Familie. Der Mann ist der gefeiertste Autor in der schwedischen Literatur,
Nobelpreisträger für sein Werk Schatten. Heute liegt der große Schriftsteller
gelähmt nach einem Schlaganfall im Krankenhaus. Ein furchtbares Geheimnis
umgibt diesen Mann, der selbst keine Möglichkeit mehr hat, die Beweise, die
seinen Ruf und jenen der Familie für immer in den Abgrund reißen können, zu
beseitigen. Ein Geheimnis, das tief in der Vergangenheit des Mannes liegt...
Jan-Erik, Sohn des großen Alex
Ragnerfeldt, verdient seine Brötchen damit, das Werk seines Vaters durch
Vortragsreisen zu bewahren. Seine Ehe ist zerrüttet durch sein lasterhaftes
Leben auf diesen Reisen. Als er von Gerda Perssons Tod erfährt, sucht er in dem
alten Haus der Ragnerfeldts nach einem Foto der Haushälterin. Er findet stattdessen
einen Beweis dafür, dass seine Schwester sich im Alter von fünfzehn Jahren
selbst erhängt hatte und nicht durch einen Autounfall ums Leben kam, wie man
ihm und der Öffentlichkeit immer weismachen wollte. Er beginnt Fragen zu
stellen. Plötzlich taucht auch noch ein fremder junger Mann namens Kristoffer
auf, der von Gerda Persson als Erbe eingesetzt war, obwohl er sie nie gekannt
hatte. Bald stellt sich heraus, dass Alex Ragnerfeldt eine Affäre hatte...
Mehr möchte ich nicht erzählen,
denn ich habe die Hoffnung, dass es eine ganze Reihe Leute geben wird, die
diesen Roman noch lesen werden. Aus dem letzten Satz der Inhaltsangabe sollte
man übrigens nicht deuten, dass es so einfach ist, wie es scheinen mag.
Zugegeben, es gibt nichts wirklich
Neues an diesem Roman. Es ist eine Geschichte voller Intrigen, Verrat und
Bösartigkeiten. Die Geheimnisse, die in diesem sehr ruhigen Thriller gelüftet
werden, kommen aber mit wahren Paukenschlägen und nehmen immer wieder
Wendungen, die man kaum vorhersehen kann. Dabei schreibt die Autorin sehr
dicht, nimmt sich sehr viel Zeit, um die Personen und Begebenheiten ausführlich
zu schildern.
Vieles geschieht auf rein
emotionaler Basis. Die Reaktionen und Handlungen der Personen sind sehr
menschlich, d.h. also für den Leser nachvollziehbar. Wir haben es hier zwar mit
erfundenen, aber nicht mit überhöhten Kunstfiguren zu tun. So macht die Autorin
es dem Leser sehr leicht, das Geschehen verfolgen zu können. Man muss
allerdings bereit sein, sich auf die Gefühle der Protagonisten einzulassen.
Das Ende ist logisch und
folgerichtig. Es kommt weder aus heiterem Himmel noch ist es überhastet. Keine
Frage wird offen gelassen. Die ganze Story ist sehr gut durchdacht und
konzipiert.
Der Roman ist wahrlich ein
angenehmes Lesevergnügen. Ruhig und sehr emotional, offen in seiner Sprache und
ab der Hälfte dann auch richtig schön spannend.
Karin Alvtegen ist die Großnichte
von Astrid Lindgren und hat offenbar deren Begabung zum faszinierenden
Schreiben geerbt. Ein Kinderroman ist Schatten jedoch wahrlich nicht.