Fitzek, Sebastian: Das Kind (Hardcover)

Cover Fitzek - Das Kind

Das Kind
Sebastian Fitzek
394 Seiten, Hardcover,
ISBN 978-3-426-19782-0, 16,95€
Droemer Verlag

Ein todkrankes Kind, ein Juppie-Rechtsanwalt mit leerem Leben, eine esoterisch angehauchte Krankenschwester, ein verurteilter Zuhälter - diese vier bilden das "Team", das in dem Buch "Das Kind" versucht, mysteriöse Morde aufzuklären, weitere zu verhindern - und zu überleben.

Robert Stern, erhält eines Tages überraschend einen Anruf von einer alten "Flamme". Sie braucht seine Hilfe. Als sie auftaucht, hat sie einen Jungen im Schlepptau, den zehnjährigen Sebastian. Der Junge, unheilbar an einem Gehirntumor erkrankt, will seinen anwaltlichen Dienst in Anspruch nehmen.

Simon, so heißt der Junge, behauptet steif und fest mehrere Morde begangen zu haben und will dafür sorgen, dass alles aufgeklärt wird. Problem ist nur: Der Junge ist zehn Jahre alt, und der erste Mord geschah vor fünfzehn Jahren.

Und während Robert - im wahrsten Sinne des Wortes - die erste von Simons Leichen aus dem Keller holt, bricht seine mühsam aufgebaute Lebensfassade zusammen. Als die mysteriöse "Stimme" auftaucht und ihm die Frage stellt "Glauben Sie an ein Leben nach dem Tod?" wird Robert Stern mit der große Katastrophe seines Lebens konfrontiert: Dem Tod seines eigenen Sohnes. Die Stimme bietet ihm einen Deal an. Wenn es Stern gelingt herauszufinden woher Simon von den Toten weiß, wird er im Gegenzug erfahren, ob es sich bei dem Jungen auf der DVD in seinem Player tatsächlich um seinen Sohn handeln könnte - aber ... der ist doch ... tot?!

Webseite zu "Das Kind" ist nicht das erste Buch des 1971 geborenen Autoren Sebastian Fitzek. Auch seine ersten beiden Bücher waren Thriller: "Die Therapie" und 2007 "Amokspiel". Für Oktober, passend zur Buchmesse, wird bei Droemer bereits das neueste Buch angekündigt: "Der Seelenbrecher", wieder ein Psychothriller.

Mit einer umfangreichen Marketingkampagne unterstützte der Droemer-Verlag das Erscheinen des Buches im Januar diesen Jahres. Man baute dabei auf die Wirkung des Virtuellen und gestaltete das Spiel "Push 11". Ende Januar war das Buch bereits auf Platz 18 der Spiegel-Bestsellerliste.

"Push 11" war ein Alternate Role Game, das auf eine Mischung zwischen realem Spiel, Internet und Lesestoff ausgerichtet war. Ort der Handlung war Berlin - der Inhalt nichts anderes als der Beginn der Geschichte "Das Kind". Die Mitspieler jagten durch die Stadt, suchten nach Schließfächern, fanden bluttriefende Tagebücher und wurden offensichtlich sogar entführt. Ich weiß nicht wer bei Droemer die genialen Ideen hat, mit denen der Verlag derzeit seine Bücher bewirbt, aber es ist faszinierend.

Mit einem interessanten Konzept jagt Fitzek zudem den Hörbuchfreund durchs Internet. In Kooperation mit einigen Hörbuchportalen bietet erAudiofernbedienung zu den Hörbuchkapiteln die Möglichkeit, die ersten 10 Kapitel in Häppchen auf den Seiten der jeweiligen Anbieter kostenlos zu hören.

Achtung - die folgenden Absätze enthalten Spoiler!

Fitzek reißt den Leser mit seinem Psychothriller mit sich. Ich habe mich selten wie hier mit angehaltenem Atem so vor den Buchseiten gefunden - zumindest die ersten zweihundertzwanzig Seiten. Dann kam der Moment, in dem ich mir ernsthaft überlegte, das Buch beiseite zu legen. Nein, das Buch wurde an dieser Stelle nicht plötzlich langweilig. Zweifelsohne gelingt es Fitzek, einen zu packen. Dies geschieht unter anderem, indem er jedes Thema aufzieht, das dazu angetan ist, die Emotionen der Leser anzusprechen: Das todkranke Kind, das so liebenswert ist, grausame mysteriöse Morde, die Frage nach dem großen Bereich Übersinnliches und Widergeburt, plötzlicher Kindstod, Kinderhandel und Kindsmissbrauch.

Genau bei einigen der Szenen aus dem letzteren Themenkreis stoppte Fitzek meiner Meinung nach zu spät! Er stoppte insofern "rechtzeitig" als es nicht "zum Letzten" kam, aber das ist auch gar nicht notwendig. Gerade die Tatsache, dass man dasitzt, mit Stern mitbibbert und sich die Frage stellt was gerade im oberen Stockwerk geschieht, vor seinem inneren Auge bereits einen Schritt weiter ist, dann der Schrei ertönt ... dies ist jenseits meiner psychologischen Ekelgrenze. Ich verstehe nicht ganz, dass es scheinbar notwendig ist, den Thrillermoment so weit zu treiben - meiner Ansicht nach zu weit. Ist es zu stark, bist du zu schwach - das Credo des Psychothrillers? Ich glaube nicht.

Etwas mühsam gelang es mir, mich wieder auf die Handlung zu konzentrieren, und wenn ich nicht die Rezension hätte schreiben wollen, hätte ich das Buch vielleicht sogar beiseite gelegt - auch wenn es mit dieser Sequenz unüberlesbar steil in Richtung Finale ging. Leider verliert das Buch in dem Maß an Qualität, in der Fitzek ab hier an "Drive" zulegt. Der spannungssteigernde "Kniff" der sich immer wieder lösenden Schüsse und der Frage wer nun eigentlich getroffen wurde, funktioniert beim ersten Mal, beim zweiten Mal schon nicht mehr so wirklich - danach ist er langweilig. Man rechnet inzwischen gar nicht mehr damit, dass einer der Protagonisten sein Leben lassen muss, damit verliert der Roman meiner Ansicht nach gewaltig (ich denke da z.B. an George R. R. Martins Romane und die Tatsache, dass sie unter anderem deshalb so spannend sind, weil man weiß: Jeder kann jederzeit sterben).

Die Auflösung des anfangs herrlich verwirrenden und atemberaubenden Rätsels ist so kraus, dass ich enttäuscht war. Und - siehe Absatz zuvor - mir war mittlerweile klar, dass keiner der Helden zu Tode kommen würde. Das Rätsel selbst ist gut konstruiert, aber leider gerade in seiner Konstruktion zu weit von dem entfernt, was mir noch spannend schien. So waren am Ende zwar fast alle Rätsel gelöst (bis auf die Frage was nun mit Simon ist und ob der Junge, den Stern entdeckt ...), aber es blieb unbefriedigend.

Ich habe die Rezension mit einem gewissen Bauchgrummeln vor mir liegen gehabt. Es ist in weiten Teilen spannend und erfüllt die Ansprüche eines Psychothrillers, und allein die Tatsache, wie sehr ich mich über die Missbrauchsszene aufgeregt habe, zeigt ja schon, dass es "funktioniert". Auf der anderen Seite finde ich die gewollte Ballung der heftigen Themen, von denen schon jedes für sich genug Potenzial für Herzflattern bietet, etwas überheftig und ich frage mich unwillkürlich, ob das Voraussetzung ist, um heute noch Thriller zu verkaufen. Und als letzte Anmerkung will ich eine Warnung nicht unterlassen: Wer selbst ein Kind verloren hat - sei es durch plötzlichen Kindstod, Entführung oder eine schwere Krankheit, und sich nicht sicher ist, dass er dies wirklich verdaut hat, sollte sich 2x überlegen, ob er das Buch wirklich lesen will.

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