»Schön war die Jugend?« - Ausflüge in die Romanheftvergangenheit: Mord an der Themse (Cherringham 1)
Ausflüge in die Romanheftvergangenheit:
»Mord an der Themse«
Cherringham 1 von Matthew Costello und Neil Richards
Was liegt nach einer solchen Erfahrung näher, als einfach mal auf Nummer sicher zu gehen und einen soliden Krimi einzupfeifen, denn da weiß man am Ende, was man hat. Meistens den Täter.
Passend dazu lag daheim noch das letzte Erfolgsrezept der Bastei-Macher herum, der Debütroman der Landkrimi-Reihe „Cherringham“, die so freundlich-unaufdringlich nach „Inspektor Banks“, „Inspektor Barnaby“, „Inspektor Lewis“ und „Inspektor Jury“ duftet, dass Massen treuer ZDF-Zuschauer jüngerer wie älterer Bauart sofort dankbar in die Knie gehen dürften.
Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass ich mit dem ersten Romanheft der Reihe praktisch am Ende der Verwertungskette stehe, denn die vorliegende – ich breite das gleich noch gemütlich aus – magenschonende Krimikonstellation hier lebt bereits seine x-te Inkarnation nach, war schon Romanreihe, E-Book und Hörbuch, bevor die Jungs mit dem billigen Romanheftpapier kamen, um auch die letzten unter den Analogen (also hauptsächlich Senioren) abzugreifen.
Erfreut habe ich festgestellt, dass die Chose ausnahmsweise wirklich mal ein britisches Produkt ist, welches man fach(un?)gerecht übersetzt und in alle möglichen Medien umgeformt hat. Tatsächlich haben die Kurzromane selbst nur so um die 170 Seiten Umfang, was eine entsprechende Kürzung auf das Heftromanformat natürlich begünstigt. So hat sich das Autorenduo dann auch flott rund 25 dieser „Folgen“ zusammengeschrieben, die wirklich in fast allem (Figuren, Herkunft, Beziehungsstatus, Ort der Handlung, Gegensätze, Buddy-Motiv, Romantik-Ausgangsposition) das typische TV-Format haben, welches nicht beim Bügeln, nicht Sonntagabend anstelle des „Tatorts“ und nicht Dienstags zum Tee stört.
Leider kann ich nicht genau nachvollziehen, inwiefern man die Vorlagen für die Veröffentlichung im Heftformat dann doch gekürzt oder ihres britischeren Lokalkolorits beraubt hat, eine genauere Analyse überlasse ich da gern den Fans des einen oder anderen Mediums. Ich kann aber zumindest bestätigen, dass „Cherringham“ auch als Heftroman funktioniert, zumindest wenn man sich auf ein Breitband-Volksschichten-Gemütlichkeitsniveau einigen kann, denn was ich flugs in einem Zug durchgelesen habe, ist rundherum kompetent und farbig geschrieben, sympathisch, ohne Längen, ohne Überflüssigkeiten, nicht zu peinlich, nicht zu klebrig und so brav und kuschlig wie eine Woche Dauerbeschallung mit „Mord ist ihr Hobby“.
Hier kommt der „new british murder“ in allen vielfarbigen Details…
»Was zum Teufel ist hier eigentlich los? Seid ihr die beschissene Polizei, oder was?«
Wie ich auf die Schnelle vorweg schicken will: „Cherringham“ ist leider nicht der Name des exzentrischen Detektivs, der hier die britische Landbevölkerung aufmischt und sich zwischen alle Klassen der Gesellschaft setzt, die herzerfrischend ihre Ressentiments pflegen, sondern das ländliche Tee-und-Kuchen-Nest in den Cotswolds, wo das alles spielt.
Wir kennen das ja aus „Midsomer“: kleine Gemeinde, ein paar Tausend Einwohner, keine organisierte Kriminalität, aber eine Mordrate wie sie New York nicht mal 1977 hatte. Oder 1929! Oder 1852!
Das also ist die idyllische Heimat von – und das braucht man zum Krimibacken – einem Weiblein und einem Männlein. Die müssen natürlich die Fälle gemeinsam lösen, aber weil das ja ziemlich langweilig wäre, wenn die sich schon seit dem Kindergarten kennen, baut das Autorenduo hier ein paar gaaaaaaaaanz raffinierte Gegensätze ein. Treffen sich also Mann und Frau, Witwer und Geschiedene, Mann ohne Kind (obwohl, wer weiß…?) und Frau mit zwei Kindern. Nee, reicht nicht. Dann ist eben sie Britin und Einheimische und er Amerikaner und zugewandert. Moment, da fällt mir noch was ein: sie hat ein Haus, er lebt auf einem Boot. Und, Bombenidee als Sahnehäubchen: er war mal bei der Polizei. Richtiger Detective! In NEW YORK!!!
Ok, wen jetzt diese ganzen Bausteinversatzstückklischees nicht schon in Richtung Tolstoi oder Lem getrieben hat, der darf nun Sarah Edwards begrüßen, die von ihrem Holden so gründlich betrogen wurde, dass er sogar auf die Kinder verzichtet hat. Sarah führt irgendein Webdesign-Marketing-Büro und muss eines Morgens beim Gassiführen hören, dass ihre alte Kindergartenfreundin Sammi (ja, wir haben sie einfach hier eingebaut), die schon ewig aus dem Nest verschwunden war, tot aufgefunden wurde. Mutmaßlich verunfallt und ersoffen aus dem Wehr gefischt.
Sarah ist entsprechend erschüttert, auch wenn ihre Freundin, Model und suchtkrank aus Leidenschaft, schon immer ein loser Vogel gewesen war. Fraglich nur, was das Opfer eigentlich in der verhassten Heimat noch gewollt hat.
Höchst überfälliger Auftritt des Ex-Cops Jack Brennan, der nach dem Krebstod seiner Gattin deren Lebenstraum nun allein umgesetzt hat und mit seinem Pensionsboot im örtlichen Kanal/Fluss zwischen den Yachten von Millionärs rumdümpelt. Fachgerecht ausgestattet ist der Ex-Cop natürlich nur mit treuem Hund. Ihm fällt der Polizeieinsatz natürlich auf, will aber nur seine Ruhe.
Dagegen hätte Sarah gern ein paar Infos von ihrem alten Schulkumpel Alan, der jetzt bei der örtlichen Behörde die Schutzmannkappe auf hat, blitzt aber freundlich ab. Seine Diagnose: im Pub zu viel gepichelt, dann ins Wasser geplumpst und leider ertrunken. Damit kann sich Sarah nun gar nicht anfreunden, also hechelt sie am Kanal entlang, bis sie bei Jack, seinem Boot und seiner Unwilligkeit zur Kommunikation vorbei kommt und ihn befragt, ob er irgendetwas gesehen hätte. Hat er nicht, die Frau interessiert ihn auch nicht, aber ihre Infos zum Abtreiben der Leiche kommen ihm nicht ganz koscher vor.
Sarah ist noch im Grübelmodus, als Jack sich überraschend bei ihr meldet und ihr im Anschluss dann demonstriert, warum anhand der Strömung Sammi im seichten Wasser des Wehrs ertrunken sein musste. Was natürlich die Möglichkeit eines Mordes nahe legt. Was natürlich unvermeidlich zu einer Zusammenarbeit zwischen Ex-Bulle und Zivilistin führt.
Ordnungsgemäß versuchen die beiden mit ihren Zweifeln natürlich erst mal Dorfbulle Alan anzuzapfen, doch der beißt nicht in den Köder und verbittet sich höflichst jede Mitarbeit.
Der nächste Gang führt zu Sammis Eltern, zwei stämmigen Alkis von altem Schrot- und Arbeiterkorn. Muttern ist die Meisterin der heimlichen Gintasse und wenig erweiterbarem Horizont und ihr giftiger und sicher ehedem auch mal gewalttätiger Männe arbeitet in der Geflügelfabrik und reiht auch die Pints auf, noch bevor er heimwärts geht. Muttern ist ganz in Tränen, aber Dad weint eher dem verliehenen Geld an die undankbare Tochter hinterher. Das hätte andere Helden zum Anlass genommen, den Grobian mal aus dem Anzug zu stoßen, aber hier verläuft alles in ordentlichen Bahnen.
Nächste Station Dorfpub, wo Sarah das Wort führt, aus dem Wirt Billy aber nur bestätigt bekommt, dass Sammi deftigt gepichelt hatte. Dann habe sie sich noch mit ihrem ebenso groben Exfreund Robbo gefetzt, mit dem sie auch das Lokal verlassen hatte.
Robbo ist so dieser Pferdeschwanz tragende Typ, der immer nur Scheiße baut und deswegen jetzt auch auf Bewährung draußen ist. Nicht allzu munter werkelt er auf einem Bauernhof. Als er Sarah sieht, entwickelt er ein loses Mundwerk, aber Jacks Andeutung, dass Robbo der passende Verdächtige wäre, lässt ihn vernünftig werden.
Er berichtet, nach dem üblichen Streit und einer Line Koks hätte Sammi ihm erzählt, dass sie sich einen „reichen Typen“ aus London vorknöpfen würde, der sie wie Dreck behandelt hätte. Dann hätten sie sich getrennt.
Jetzt ist natürlich guter Rat teuer, denn reiche Typen gibt es dort wie Sand am Meer. Als nimmt Sarah Jack erstmal mit zu einem netten – aber sehr exotischen - Abendessen bei ihren Eltern. Jack überlebt den netten Abend – inclusive Sarahs Kinder – nur mühsam, aber Sarahs Vater bringt sie auf eine Idee, dass der Gesuchte auch eine Yacht in der Gegend haben könnte.
Nach einer kleinen Runde durch das Bootsregister hat Sarah am nächsten Tag einen Kandidaten, Gordon Williams, einen Millionär. Gemeinsam düst man zu dessen Anwesen, wo Williams bereitwillig erklärt, dass Sammi freiberuflich als Model für seine Firma (man stellt Luxusyachten her) tätig gewesen ist. Dabei habe es eine fast familiäre Anbindung Sammis an Gordon, seine Frau Maureen und seinen Sohn Kaz gegeben. Als Jack die Möglichkeit eines Mordes erwähnt und Williams nach seinem Aufenthaltsort fragt, wird der Ton frostiger, aber man verabschiedet sich dann noch recht würdevoll.
Weil sie beide nichts Zwingendes haben, sucht Sarah die Frau auf, die die Leiche gefunden hat, Lou Tidewell, doch die kann ihr nur sagen, dass Sammi wie für eine Verabredung angezogen war. Daheim geht ihren Kindern, allen voran Teenagertochter Chloe das Detektivspiel (und die drohende Gefahr eines Yankie-Stiefvaters) langsam auf Sack, schließlich sind da noch Mahlzeiten pünktlich auf den Tisch zu bringen.
Jack macht sich derweil auf die Suche nach dem verschwundenen Wagen Sammis, den er nach einiger Mühe in der Nähe des Pubs aufstöbert, ihn illegalerweise knackt und drinnen dann hinter dem Sitz ein Handy findet. Er holt Sarah ab und entdeckt mit ihr mehrere Textnachrichten, von denen die Letzte „Triff mich am Wehr!“
Weil der Täter am Wehr gewartet haben muss, sucht Jack am nächsten Tag Jen und Joan auf, die ältlichen Brückenzollkassiererinnen und – NATÜRLICH – Krimifans, die die einzige Überwachungskamera in der Stadt am Start haben. Mit seinen Ergebnissen latscht er natürlich – zur absoluten Peinlichkeit Sarahs – direkt zu dem Cricketspiel, bei dem sie für das Team ihres Sohnes für die Getränke zuständig ist. Über das hereinbrechende Dorfgeflüster ist sie nicht eben erfreut.
Jack hat auf den Aufnahmen zwar nur einen Rangerover erkannt (erst sauber, später verdreckt), kann aber das Handy auf Gordon Williams zurück verfolgen. Ein Ermittlungsbesuch Nr. 2 bei den Williams präsentiert einen sichtlich verbindlicheren Millionär, der zugibt, mit Sammi ein Verhältnis gehabt zu haben. Natürlich hat sich Sammi auch reichlich Bares gewünscht und war nah an einem Erpresserverhältnis dran, was dieses Eingeständnis von Williams noch selbstbelastender macht.
Williams leugnet die Kenntnis das Handys und kurzfristig fällt der Verdacht auch auf Kaz, aber dann zeigen nachbearbeitete Aufnahmen von der Brücke Maureen Williams in dem Range Rover. Maureen, das wissen sie, war die Solistin in der Bajazzo-Regional-Opfer und hatte an diesem Abend die Probe verpasst.
Man erzählt das alles erneut Alan, der diesmal endlich ermittlungstechnisch interessiert ist, doch bevor man nach der Aufführung des „Bajazzo“ große Verhörarbeit machen muss, liefert Maureen schon selbst das Motiv: Hass auf ihren Mann, der sie ständig mit dummen, jungen Dingern betrogen hat und sich dann auch noch ausnehmen ließ.
Darauf dürfen die beiden natürlich erst einmal anstoßen, doch dank der Kinder bleibt es vorerst beim freundschaftlichen Kontakt…
»Du hättest zugelassen, dass diese kleine Schlampe uns zerstört, unsere Familie kaputtmacht. So ein blödes Ding, aber due…du magst sie ja gerne dumm!« (maximaler Exzess verbaler Natur in Cherringham)
…was sich natürlich im Rahmen der Serie irgendwann noch ändern könnte, aber so tief werde ich wohl in das schlussendlich so ca. dreißigbändige Werk nicht einsteigen, denn gemäß gängiger Vorbilder kommt es entweder nie zur Elektronenpaarbindung der Protagonisten (da wird dann das Thema zu Tode ignoriert oder jeder begnügt sich mit dem Status Quo) oder spätestens beim Läuten der Hochzeitsglocken ist der Reiz des Ganzen am Absterben, was ehemalige TV-Autoren ja aus vielen populären Beispielen kennen sollten.
Sooo sehr verliebt habe ich mich dann doch nicht in das populäre Untergenre des ländlichen Brit-Krimis, obwohl auch ich in der Blüte meiner 20er ein damals noch sehr sehr fleißiger Leser der Inspekturen Jury und Lynley war, bis die zuständigen Autorinnen bei Ersterem in einen kreativen Winterschlaf verfielen (der sich darum drehte, dass die Fälle immer unwichtiger wurden und amüsantes wie leeres Blabla die Bücher füllte) und bei Letzterem in dem Bemühen, etwas Neues zu bieten, den Kriminalfall in extreme tragische Breiten auswalzte, bis Fall UND Charaktere eher ermüdeten denn interessierten.
Die ganzen dauerpräsenten englischen Inspektoren, die seither das geriatrische ZDF quotentechnisch auf den Knien gehen lassen (vor Freude), habe ich gar nicht verfolgt, obwohl ich mir das für die Rentenzeit vielleicht noch vornehmen sollte. Allerdings ist man für den beschaulichen „Der Gärtner wars“ verloren, sobald man Robbie Coltrane als „Fitz“ gesehen hat.
Aber, liebe Fans von „Cherringham“, ihr müsst euch für eine Liebe zu den Cotswolds nicht schämen, lesbar ist der Brit-Output der beiden Autoren auf jeden Fall, unterhaltsam, recht schlüssig und nicht zu leicht.
Nicht zu schwer ist er allerdings auch nicht, denn wenn hier die gute Sarah sich so fühlt, als nehme sie an einem Detektivkurs für Anfänger teil und würde von einem Profi angelernt, dann geht das dem Leser genauso. „Mord an der Themse“ ist wie die nicht allzu blutige Blaupause für einen sehr gut strukturierten, aber total harmlosen Krimi, in dem sich die aus dem Whisky-Kabinett nach und nach geförderten Verdächtigen brav Seite für Seite die Klinke in die Hand geben, sich als Täter anbieten und wieder aus dem Kreis ausscheiden.
Nicht zu einfach, nicht zu komplex der Fall, das scheint die Maxime gewesen zu sein und was bietet sich da besser an als ein kleines Eifersuchtsdrama mit einer Freundin aus der Schulzeit, was sich am Ende auch gut aufklären lässt, nicht zuletzt dank Kameraüberwachung und einiger flüchtiger Bemerkungen, die am Ende an Bedeutung gewinnen.
Also holt man sich die klassische „Agentin mit Herz“-Konstellation aus dem Keller wieder hoch: die geschiedene Normalo-Familienfrau mit Job und Herz und Kindern (und Eltern), die an den schweigsamen Profi gerät, dessen Vergangenheit noch entkrempelt werden müssen.
Darüber gestreut wird noch der Kontrast zwischen Briten und Engländern, der hier immer wieder betont wird (etwa wenn der Ami sich nicht ans Linksfahren gewöhnen kann, ein totgerittener Gag), der aber mangels geschilderter wirklicher kultureller Differenzen gar nicht zum Tragen kommt. Jack IST Amerikaner, weil es immer wieder im Text steht, allerdings gibt er sich sonst eigentlich nur wie ein relativ normaler Typ, der vorher auch beim BKA gewesen sein könnte (DAS wäre mal interessant gewesen), nur eben kleidet er sich nicht wie das britische Landvolk und fällt mit seinem Akzent auf – den man natürlich nicht lesen kann.
Sarah dagegen ist die perfekte Frau, Webdesignerin UND allein erziehende Mutter, die ihre Kids sogar noch halbwegs im Griff hat. Ein-, zweimal kommt kurz ein Lüftchen auf, wenn die Teenagertochter besorgt Alarm schlägt, aber zum Protest gegen einen eventuellen Ersatzdaddy lassen die Autoren es hier gar nicht erst können.
Also ist in meinen Augen „Cherringham“ ein potemkinsches Dorf, wenn es um gute Krimis geht: schaut ordentlich aus, riecht auch danach, drinnen stecken aber noch eine Menge reiner Behauptungen, Substanz zu besitzen. Kontroversen werden vermieden, Konflikte mit Vernunft gelöst, Schlägereien oder Blut gibt es nicht – und als Zuckerle obendrauf: Spannung auch nicht. Niemand gerät hier in Gefahr, niemand unter Druck, alles Saubermänner, die den einen Buhmann finden müssen. Und wer schon jemals einen gelungenen Whodunit gesehen oder gelesen hat, weiß, dass man eigentlich nachlegen muss. Es muss eine zweite Leiche geben, damit der Täter sich verrät. Der Detektiv muss in Gefahr geraten, verfolgt werden, beinahe Opfer eines Anschlags werden, das bindet den Leser ans Geschehen.
Hier wird (leider) nur brav durchexerziert, was bei Johannisbeerkuchen und Melitta Feine Milde im Schrebergarten nicht die Mittagsruhe stört. Genau drei Verdächtige ergibt das ganze Gewusel, alle Angehörige einer Familie und da es meistens (wegen Überraschung und so) der Unauffälligste der drei ist, steht der Täter ziemlich früh fest, wenn man nicht ganz naiv an die Sache herangeht. Das alles wird gekonnt ausgeführt, aber da ich körperlich und geistig noch nicht jenseits der 80 bin, benötige ich dann doch etwas mehr Biss und Tiefe bei meinen Krimis und das gilt auch für das „schnelle“ Romanheftformat.
Aber: es kann sich ja noch entwickeln, da können sich die Fans gern zu äußern, während ich links Chandler lese und rechts der „dünne Mann“ mir einen Martini serviert, immerhin haben wir sympathische Charaktere, die vermutlich fall- und häppchenweise immer Krumen der Vergangenheit preis geben.
Irgendwann kommt der Ex-Mann vorbei; es wird geklärt, was mit Jacks Tochter war, es stirbt ein alter Kollege von seinereiner in der Nähe und zwischendurch beißen eben noch viele, vorgeblich etabliert-schickliche Bewohner der Gegend ins Gras, manchmal durchmischt mit ein paar Exzentrikern und immer müssen Sarah und Jack den Kram wieder gerade biegen, weil sich sonst keiner drum kümmert.
„Cherringham“ tut nicht weh und könnte genau deswegen Jahre und Jahrzehnte laufen, denn für „Heile Welt“ im Krimi gibt es immer Abnehmer. Ich werde vermutlich nicht dazu zählen, kann aber mit Lob feststellen, dass ich die routinierte Schreibe ohne Magengrimmen praktisch in einem Zug inhaliert habe. Mit Kaffee und Kuchen!
Kommentare
Cherringham ist ein seltsames Objekt. Da lässt Bastei von einem amerikanischen Horrorautor und Spieleentwickler eine britische Krimiserie in Heftchenlänge schreiben, um sie gleichzeitig in Amerika und Deutschland zu vermarkten. Print ist ja hier eine Zweitverwertung. Das war zuerst eine von Basteis Ebook only Serien.
Ich habe in ein paar reingelesen, weil ich zumindest die Fernsehkrimis gern mag. Oder mochte. So was wie "Agatha Raisin", das noch die größte Ähnlichkeit mit Cherringham hat, hat dann auch mein Interesse so ziemlich gekillt. Ich fand die Romane ein bißchen zu blah. Vielleicht ist das ein Vorurteil, aber meiner Meinung schimmerte schon ziemlich durch, dass da ein Ami auf Englisch macht. Mir fehlte der typische Bizarrofaktor, den die Briten so drauf haben.
Aber um auf der Welle der "cozy" Krimis mitzuschwimmen, und dann noch als Heft, ist es okay. Die Jungs halten ihren Tonfall, was will man mehr.