Gestrandete Prominenz - »Hotel International«
Gestrandete Prominenz
»Hotel International«
Regisseur Anthony Asquith (1902-1968) hatte bereits in den 1920er Jahren mit dem Inszenieren von Kinofilmen begonnen und kann in seinem Œuvre etliche Klassiker verzeichnen. „Gaslicht und Schatten“, „Der Fall Winslow“, „Ernst sein ist alles“, „Arzt am Scheideweg“ und „Die Millionärin“ gehören dazu, und natürlich die letzten beiden Filme, die Asquith Mitte der 1960er Jahre mit großem Staraufgebot inszenierte, „Hotel International“ und „Der gelbe Rolls Royce“. In beiden Fällen stammte das Drehbuch aus der Feder des renommierten britischen Romanciers Terence Rattigan, der mit „Die Browning Version“, „Der Fall Winslow“ oder „Getrennt von Tisch und Bett“ auch einige Bühnen-Evergreens schuf, die im Laufe der Jahrzehnte mehrfach verfilmt wurden. In „Hotel International“ ahnte er auf geradezu prophetische Weise das Auf und Ab in der Beziehung der Leinwandstars Elizabeth Taylor und Richard Burton voraus, die erst nach Beendigung der Dreharbeiten das erste Mal heirateten, und im Laufe der nächsten Jahre mit ihren in der Öffentlichkeit breitgetretenen Auseinandersetzungen die Schlagzeilen häufiger bestimmen sollten als durch ihre Schauspiel-Engagements.
London-Heathrow, der zum Zeitpunkt der Dreharbeiten der größte internationale Flughafen der Welt war, dient als Schauplatz für das Aufeinandertreffen Prominenter der unterschiedlichsten Couleur. Sie alle haben geplant, mit der Fluggesellschaft B.O.A.C. nach New York zu reisen. Mr. Sanders (Richard Wattis) ist am Flughafen für die Betreuung der V.I.P.s zuständig. Zu ihnen gehören die Gattin (Dame Elizabeth Taylor) eines millionenschweren Unternehmers (Richard Burton), die angeblich alleine nach Jamaika fliegt, in Wirklichkeit aber ihrer Ehe entfliehen und mit dem Playboy Marc Champselle (Louis Jourdan) noch einmal von vorne beginnen will. Max Buda (Orson Welles), ein bekannter Filmregisseur, will mit dem Starlet Gloria Gritti (Elsa Martinelli) die Insel ebenfalls rasch verlassen, weil ihm ansonsten eine horrende Steuernachzahlung droht. In Finanzsorgen ist auch der australische Unternehmer Les Mangrum (Rod Taylor), der aus Verzweiflung einen ungedeckten Scheck ausgestellt hat und nun mit seiner Sekretärin Miss Mead (Dame Maggie Smith) verzweifelt versucht, seine Traktorenfabrik vor dem Ruin zu retten. Auch für die Herzogin von Brighton (Dame Margaret Rutherford) scheint die Reise in die USA die letzte Rettung für ihr verschuldetes Anwesen zu sein. Als der Abflug aufgrund von Nebel unmöglich und die Prominenz im „Hotel International“ einquartiert wird, bricht für sie alle eine Welt zusammen, weil die Verzögerung für die meisten von ihnen schwerwiegende Folgen mit sich bringt.
Natürlich sind etliche der Geschichten stereotyp und letzten Endes profan. Doch Terence Rattigans geschickte Verflechtung der Einzelschicksale in Kombination mit einer grandiosen Starbesetzung machen das Gesamtergebnis zu einem Genuss. Margaret Rutherford wurde für ihre Darstellung zurecht mit dem Golden Globe und dem Oscar prämiert, aber auch die Einzelleistungen von Orson Welles, Maggie Smith und insbesondere Richard Burton sind darüber hinaus ebenfalls äußerst sehenswert. So entstand mit überschaubaren Mitteln und erlesener Besetzung ein kurzweiliges Vergnügen, dem man mit Wonne folgen kann. Die DVD-Erstveröffentlichung präsentiert den Film mit sehr gutem Bild (im Widescreen-Format 2,39:1) und einem stets gut verständlichen Ton (wahlweise Deutsch und Englisch in Dolby Digital 2.0). Als Extra hat man den verkleinerten Nachdruck der achtseitigen „Illustrierten Film-Bühne“ (Nr. S 6580) als Booklet beigelegt, der zahlreiche Fotos, Stabangaben, eine ausführliche Inhaltsbeschreibung und Hintergrundinformationen zu Elizabeth Taylor, Richard Burton, Anthony Asquith und dem Begriff der V.I.P.s (so auch der Originaltitel des Films) enthält.