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Leftis Plausch # 08: »John Carter – zwischen zwei Welten« – Der Film vs. das Buch

John Carter of Mars»John Carter – zwischen zwei Welten«
Der Film vs. das Buch

In diesem Plausch möchte ich auf die Unterschiede zwischen Buch und Film eingehen.Nachdem der Film bei uns anlief, habe ich ihn gleich am ersten Wochenende angesehen und sofort diesen Plausch verfasst.
 
Habe jedoch mit der Veröffentlichung dieses Plausches gewartet , bis der Film nun aus fast allen Kinos wieder verschwunden ist. So hatte jeder die Chance, sich den Film anzusehen, ohne dass vorab zu viel über seinen Inhalt verraten wird.
Die Wahrheit jedoch ist, dass ich keine Zeit hatte, diesen Artikel frühzeitig fertig zu stellen, da ich in der „Phantastischen Bibliothek“, das ist die Buchhandlung, in der ich ab und zu zugegen bin, den jungen Praktikantinnen im Archiv „ausgeholfen“ habe... Embarassed
 
Da ich den Inhalt des Films mit dem des Buches vergleiche mag dieser Plausch für jene, die nicht deren Inhalte kennen, vielleicht etwas schwer verständlich oder nachvollziehbar, da ich keine kompletten Inhaltsangaben der Buchvorlage oder des Films wiedergeben werde.

Dem Film John Carter – zwischen zwei Welten liegt der Romanklassiker Die Prinzessin vom Mars zugrunde. Seit der Veröffentlichung des ersten Buchs dieser Reihe ist John Carter der erste literarische Weltraumheld überhaupt und hat mit seinen Abenteuern auf dem Mars Generationen von Lesern begeistert. Leider umso weniger in Deutschland, da nur die ersten vier Bücher erstmals in den 1970er Jahren und dann noch mal die ersten zwei Bücher in den 1990er Jahren bei uns veröffentlicht wurden.

Schon vorab fragte ich mich, wie Disney den kompletten Inhalt der Romanvorlage in einem Abend füllenden Film unterbringen möchte. Natürlich wurde hier und da gekürzt, umgeschrieben oder ganz weggelassen.

Kleine Feinheiten
In der Romanvorlage entdeckt John Carter auf der Erde eine Höhle. Ohne genauere Beschreibung und nachvollziehbare Erklärung gelangt er mit Körper und Geist, während sein Erdenkörper weiterhin steif und unangetastet in der Höhle liegt, auf den geheimnisvollen und exotischen Planeten Barsoom; uns besser bekannt als Planeten Mars.
Barsoom ist ein vom Untergang bedrohter, sterbender Planet.
Im Film gelangt John Carter mit Hilfe eines Amuletts auf – sagen wir mal – magische Weise, besser gesagt durch eine uns nicht verständliche Technik auf den Mars.
Anmerkung: in Edgar Rice Burroughs' Mars-Geschichten gibt es keine Magie.
Die Technik des Amuletts macht es möglich, John Carter „wie ein Telegramm“ durch das Weltall auf den Mars zu senden. Das heißt, die original Notiz (John Carters Körper) bleibt beim Versender (auf der Erde), während ein genaues Abbild beim Empfänger (dem Mars) ankommt.
Das hat Disney meiner Meinung nach ganz gut und vor allem für den Laien leicht verständlich erklärt.

Die Thark, die vierarmigen, grünen Marsianer haben telepathische Fähigkeiten. Sie kommunizieren unter sich weitestgehend ohne Sprache.
In der Buchvorlage besitzt John Carter neben der Fähigkeit (bedingt durch die geringere Anziehungskraft des Mars und durch seinen stärkeren Muskel- und Knochenaufbau, wegen der stärkeren Erdanziehungskraft) riesige Sprünge zu vollführen, ebenfalls die Fähigkeit der telepathischen Kommunikation. Warum er diese telepathische Fähigkeit besitzt wird im Buch nicht weiter erklärt. Jedenfalls lernt er durch diese telepathische Fähigkeit sehr schnell die Sprache auf Barsoom.
Darüber hinaus dient ihm ein milchiger Pflanzensud als Nahrung.
Im Film wird die Telepathie komplett weggelassen und John Carter lernt durch Einnahme des Pflanzensud die Sprache der Marsianer.

Natürlich wollen wir auch den abgeänderten, weiblichen Part nicht unerwähnt lassen. Ach i wo. Wollen wir nicht. Auf gar keinen Fall!
Während in der Romanvorlage Prinzessin Deja Thoris eine Wissenschaftlerin ist, ist sie im Film nicht nur Wissenschaftlerin, sondern – wie sollte es auch anders sein – natürlich auch Schwertkämpferin.

Änderung der Storyline
Als die grünen Thark John Carter finden, nehmen sie ihn mehr oder weniger gefangen. So weit ich das beurteilen kann, hat John Carter die gleichen Rechte, wie ein Gefangener/Sklave eines Indianerstammes: Er zählt als Mann, hat die gleichen Rechte als Mann, darf sich frei bewegen, jedoch das Lager und dessen Umgebung nicht verlassen. Er darf also nicht versuchen zu fliehen; sonst ist es vorbei mit der freien Bewegung im Lager.

Die vierarmigen, grünen Marsianer ziehen durch die ausgetrockneten, wüstenhaften Canyons ehemaliger Meere und lagern in riesigen, äonenalten, verlassenen Ruinenstädten aus längst vergangenen Zeiten. Die Clans der Thark bewohnen auf ihren Wanderungen jedoch nur zeitweise einen kleinen, meist den mittleren Teil, der verlassenen Ruinenstädte. John Carter steht es relativ frei, den Rest einer solchen verlassenen Stadt zu erkunden. Dabei trifft er auf die riesigen, haarlosen, weißen Gorillas, die Teile der äußeren Ruinen bewohnen.

Als die grünen Marsmenschen weiter durch die Wüste ziehen beschießen sie vier Flugschiffe der roten, menschenähnlichen Marsianer. Diese Flugschiffe befanden sich auf einer Forschungsexpedition. Mit an Bord die Prinzessin Deja Toris, dessen Schiff abstürzt und die daraufhin ebenfalls in die Gefangenschaft der grünen Marsianer geriet.

Später versucht John Carter mit Deja zu flüchten, jedoch gelingt nur ihr die Flucht. John Carter wird wieder eingefangen und soll in einer großen Arena zur Belustigung der grünen Marsianer kämpfen. In den Verließen der Arena lernt er Kantos Kan kennen, einen Deja Toris treu ergebenen Krieger.

Später wandert, irrt John Carter allein auf Barsoom umher und gelangt zur Stadt Zodanga, dessen Herrscher Sab Than einen Krieg mit Helium, der Stadt von Deja Thoris, anzettelt. Mit Hilfe der grünen Marsianer gelingt es John Carter Helium zu retten.

Im Film jedoch werden John Carter und die Thark Zeuge eines Luftschiffkampfes zwischen den verfeindeten Stadtstaaten Zodanga und Helium, bei dem nur Deja Thoris überlebt und so auf John Carter trifft.
Unter den grünen, marsianischen Clans der Thark herrscht Verrat und so müssen John Carter und sein vierarmiger Freund Tars Tarkas (gespielt von William Dafoe) in der oben genannten Arena gegen die riesigen, (im Film) behaarten, weißen Gorillas antreten.
Diese Viehcher durften im Film natürlich nicht fehlen.

Im Film versucht Sab Than die Prinzessin Deja Thoris zur Heirat zu zwingen, um die beiden Städte Zodanga und Helium unter seine Macht zu bekommen. Dabei lernt John Carter in der Stadt den Krieger Kantos Kan kennen und es gelingt ihm, wie im Buch - mit Hilfe der grünen Thark - Helium zu retten.

Disney schafft es die Vergangenheit, Optik und die Kulturen des Mars glaubhaft so darzustellen, dass die dargestellten alten Bauwerke, Ruinen und Städte mit nichts real Existierenden auf der Erde vergleichbar scheinen. Die riesigen, uralten, verlassenen Städte und die ausgetrockneten Ozeane erinnern nicht an irdische Ruinen und das Setting entwickelt eine Dynamik in der alles zusammen zu passen scheint. Bei dem Budget von weit über zweihundert Millionen Dollar darf man das durchaus erwarten.
Bevor ich den Film sah, war ich doch äußerst gespannt, wie die Luftschiffe aussehen würden.
Darüber hinaus gibt es in den Gebäuden hauptsächlich nur Drehtüren. Ein kleines Detail, das von Disney wunderbar aus der Buchvorlage übernommen wurde.

In den Geschichten von Edgar Rice Burroughs sind sämtliche Marsianer nackt.
Nun, in einem Disney-Film geht das natürlich nicht. Die Schauspieler sind jedoch nur leicht bekleidet, schön anzusehen ohne übertrieben muskulös oder sexuell in Szene gesetzt zu werden. Wie die Bewohner von Barsoom ihre Accessoires, ihren Kopfschmuck und bestimmte Elemente ihres Kostüms tragen – all das spielt im Film eine große Rolle. Die Kleidung, Ausrüstung der Krieger, die Helme und Waffen erinnerten mich jedoch ein klein wenig an Flash Gordon, so dass auch der Pulp-Charakter der Vorlage entsprechend gewürdigt wird.

Natürlich sind auch drei bis vier lustige Kalauer dabei, wo man „typisch Disney“ im Hinterkopf hat.

Zum Abschluss noch etwas zu dem wohl „größten Flop“ der Filmgeschichte.
Auch wenn die Einspielergebnisse die Produktionskosten nicht deckten, ist John Carter – zwischen zwei Welten kein schlechter Film, sondern ganz großes Popcorn-Kino.
Zum Team des Films gehören ehemalige Mitarbeiter und Produzenten von Avatar, Harry Potter und anderer bekannter Filme mehr. Egal, ob Kameramann, Kostümdesigner, die Computerspezialisten von PIXAR usw.

Der Film war in Europa wesentlich erfolgreicher als in den USA.

Ich möchte diesbezüglich eine Film-Kritik/Rezension aus Amazon.de zitieren, die meinen Nachforschungen und Meinung absolut gerecht wird:
... dieser Film einer der meistunterschätzten Filme aller Zeiten ist. Dies liegt nicht zuletzt daran, ... , daß die unterschiedlichen Mediennetzwerke in den USA sich John Carter heraussuchten, um systematische Kampagnen gegen den Film zu fahren. Die "Entertainment Weekly" ist z. B. eng vernetzt mit den Herstellern von "The Hunger Games". Somit nutzte man seine eigenen medialen Möglichkeiten, um möglichst negativ bereits vorab und während des Kinostarts (bei Einspielprognosen etc.) über John Carter ... zu berichten und somit einen Konkurrenten um das Box Office auszuschalten. Viele Kritiker hier in Europa nahmen diesen Negativball dann auf. Das Ergebnis kann man eindrucksvoll sehen: The Hunger Games läßt die Kinokassen bis zum Zerbersten klingeln, John Carter hingegen schnitt eher enttäuschend ab. Hier zeigt sich wie wichtig Medienhype heutzutage geworden ist und die mediale Vernetzung. Wenn man sich nicht anbiedert verliert man ganz schnell seinen Status.

Und ich denke das wird dem Film in keinster Weise gerecht, schaut man sich ihn mal objektiv an.
Und da sieht man ganz schnell, welch ein kleines Meisterwerk hier doch eher bescheidene Ergebnisse eingefahren hat.

... der Film wunderbar fotografiert ist. ... voller Wucht und epischer Schönheit. ... Dafür geht man ins Kino. Es war unglaublich frisch und dabei doch erstaunlich altmodisch. Die Beleuchtung des Films war einfach sensationell und wunderschön.

Auch im Bereich Art und Production Design... Große Luftschiffe, spektakuläre Bauten.., Pflanzenanlagen; Schwerter mit wunderschönen Verzierungen... Der Film bietet einen solchen Detailreichtum, dass es eine wahre Freude ist. ...

... das Ende ist einfach sensationell. Es ist wunderschön und gleichzeitig faszinierend. Es ist hoffnungsfroh und berührend gleichzeitig. Das schaffen nur große Filme
.

Fllo 444
Mit John Carter schuf Edgar Rice Burroughs den Grundstein für Science Fiction und Fantasy.

Nicht nur die großen Kinofilme wie Star Wars und Avatar wurden durch die Romane inspiriert und nutzten diese als Vorbild, respektive Ideenlieferant.

Es wäre wirklich schade, wenn durch die schon im Vorfeld geführte negative Berichterstattung diverser Konsortien die Planung und das Projekt, um aus John Carter und Barsoom eine ganze Film-Serie zu produzieren im Keim erstickt wurde. Zumal nach StarWars und Piraten der Karibik momentan nur Avatar als geplante Trilogie im phantastischen Segment bleibt. Daher gehört John Carter – zwischen zwei Welten in jede gut sortierte DVD-Bibliothek.
Der Film erscheint am 31. August 2012 auf DVD/Blu-ray.
Copyright Olav Linke   2012

Kommentare  

#1 Larandil 2012-05-14 07:10
Nur kurz mein Senf dazu: als Ridley Scotts Blade Runner 1982 ins Kino kam, da hat er in den USA ebenfalls seine Produktionskosten nicht einspielen können. Und ganz persönlich erinnere ich mich noch an eine Vorstellung im Kino der nächstgelegenen Kleinstadt, nach der sich der Kinobesitzer beim (nicht sehr zahlreichen) Publikum für den Film entschuldigte.
Harrison Ford schießt einer fliehenden Frau in den Rücken?!?
#2 Birgit Barth 2019-08-05 03:47
Hallo Olav,
ich habe den Film jetzt erst im TV gesehen. Dein Vergleich mit dem von dir zitierten Buch mag korrekt sein. Tatsache ist allerdings, dass Lin Carter bereits 1972, also 3 Jahre vor Geburt des Autors, ein Buch mit nahezu identischem Inhalt geschrieben hat: "Jandar von Callisto". Dort war es nicht der Mars, sonden ein Jupiter-Mond und es war keine Höhle, sondern ein Jade-Ring im Dschungel. Nichtsdestotrotz hat Edgar Rice Burroughs diese Geschichte wohl geklaut. Ggf. hat er sich die Rechte zur Neuerzählung auch gekauft. Immerhin hat er die Hauptperson ja mit ihrem Nachnamen bedacht ( im Original; John Dark).. Dass Lin Carter als Urheberin nirgends erwähnt wird, irritiert mich allerdings sehr.

Lg Birgit
#3 Birgit Barth 2019-08-05 04:19
Sorry Olav,

ich weiß nicht, was mich gerade geritten hat. Edgar Rice Burroughs ist ja bereits 100 Jahre vorher geboren. Somit ist Lin Carters Story die Neuauglage.
... Ich hab gar nichts gesagt....
:oops:
#4 Larandil 2019-08-05 19:32
zitiere Friedhelm:
Zitat:
Edgar Rice Burroughs ist ja bereits 100 Jahre vorher geboren

Jo, Burroughs ist 1875 geboren und 1950 gestorben - dieses nur einmal dazu. Allerdings würde ich dann wohl Lin Carters Story viel eher als Plagiat sehen..
"Hommage" klingt doch ein kleines bißchen netter.
zitiere Friedhelm:
Was den Film betrifft: "John Carter" habe ich auch erst im TV gesehen - war aber jetzt nicht übermässig von "Ehrfurcht" erfüllt. Zugegebener Maßen ist das ein nettes Fantasy-Filmchen, eben reines Pocorn-Event. Für weitere Fortsetzungen hätte es allerdings kaum gereicht, aber das trifft auf viele Filme zu. (z.B. "Fluch der Karibik" war für mich nach Teil 3 bereits total ausgelutscht.")
Nowwaitamoment. Mindestens eine Expedition, um die Manipulationen der Therns aufzudecken und abzustellen, das hätte schon drin sein können.

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