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Leftis Plausch # 15: Science Fantasy – Eine Genre-Bezeichnung mit Daseinsberechtigung?

Lefti's Plausch # 15Science Fantasy
Genrebezeichnung mit Daseinsberechtigung?

In meinem neusten Plausch – also in diesem hier – mit dem äußerst kontroversen Thema „Science Fantasy – Eine Genre-Bezeichnung mit Daseinsberechtigung?“ gehe ich ehrfürchtig auf die Frage ein „Ist Science Fantasy eine Genre-Bezeichnung mit Daseinsberechtigung?“. Denn in zunehmendem Maße gelangen Insider wie ich zu der Überzeugung, dass die Bezeichnung „Science Fantasy“ nur eine von vielen Bezeichnungen ist innerhalb eines gigantischen Haufens von diversen Genrebezeichnungen ...


In diesem Plausch beschreibe ich nun – führe „handfeste“ Argumente auf – ohne beim Leser Erkenntnisse der Science Fiction oder Fantasy voraus zusetzen – also quasi für die unqualifizierte Masse – die Genre-Bezeichnung „Science Fantasy“.

Der kleine Unterschied zwischen Science Fiction und Fantasy
Um mit der Analyse starten zu können, müssen wir jedoch vorab kurz den Unterschied zwischen Science Fiction und Fantasy erläutern. Dies möchte ich ganz einfach und ohne Vorkenntnisse der Materie mit Hilfe der Unschärferelation. Stellt euch die Unschärferelation ungefähr so vor, wie die Spezial-Menü-Karte, die es in einigen chinesischen Restaurants gibt. Darin findet ihr in Spalte A Gerichte (Fantasy) und in Spalte B Gerichte (Science Fiction). Und wenn ihr ein Gericht in Spalte A wollt, könnt ihr das entsprechende Gericht in Spalte B nicht bestellen. So ungefähr ist die Unschärferelation, bzw. der Unterschied zwischen Science Fiction und Fantasy... Tongue Out


Wie wird Science Fantasy definiert?
Die Geschichte/der Roman spielt hauptsächlich in einer Fantasy/mittelalterlich/antik belasteten Hintergrundwelt, in der fortschrittliche Technik eine entscheidende Rolle spielt. Diese fortschrittliche Technik stammt entweder aus grauer, technisch höher entwickelter Vorzeit, dessen Wissen im Laufe der Zeit verloren gegangen ist, oder auf extraterrestrischen Wege Einzug gehalten hat.

  • Beispiel 1: In einer Welt mit mittelalterlichen/antiken Techgrad entdeckt man hochentwickelte Technik, die tausende von Jahren vorab von Außerirdischen auf die Welt gebracht wurde. Diese Außerirdischen haben jedoch vor Äonen die Welt wieder verlassen oder sind längst ausgestorben.
  • Beispiel 2: Durch globale Katastrophen (Kometeneinschlag, Seuche, nukleare Katastrophe) fällt eine Kultur wieder in die Barbarei oder auf einen mittelalterlichen/antiken Techgrad zurück und findet hoch entwickelte Technik aus Zeiten vor der globalen Katastrophe.

Lefti's Plausch # 15Das Vorhandensein von Magie ist substanziel nicht von zentraler Bedeutung. Einmal kann die nicht verstandene Technik von den Protagonisten als Magie verstanden werden; andermal kann Magie „real“ existieren und eine Koexistenz mit der Technik beinhalten.

Die Genre-Bezeichnung „Science and Sorcery“ wäre diesbzgl. äußerst passend, steht sie einmal für das eben aufgeführte Beispiel, als auch für eine Sammlung diverser Stories, die sich Genre übergreifend mit Wissenschaft oder Magie oder Wissenschaft und Magie befassen. Größenwahnsinnige Wissenschaftler in ihren illegalen Laboratorien oder größenwahnsinnige Zauberer in ihren Zaubertürmen sind immer wieder gern genutzte Klischees.

Lefti's Plausch # 15Ja, so unglaublich es klingen mag, es soll tatsächlich noch Leute geben, die diesen diskussionswürdigen Begriff „Science Fantasy“ verwenden. Im letzten Plausch habe ich die naheliegende Vermutung geäußert, dass diese Leute schon vor sehr langer Zeit in Stasiskammern untergebracht wurden, um – aus welchen Gründen auch immer – die Zeit zu überdauern... Wink

Demzufolge muß es den Begriff „Science Fantasy“ schon ziemlich lange geben.

Ich persönlich hatte meinen ersten Science Fantasy-Kontakt Anfang der 1980er Jahre mit Fred Saberhagens „Reich des Ostens“. Okay, ich muss dazu sagen, dass bei diesem Roman, der bei uns als Zweiteiler herauskam allein kaufentscheidend die Titelbilder waren. Auf Band 1 „Das Gespaltene Land“ war eine dunkle Schönheit mit einem äußerst gebärfähigen Becken und auf Band 2 „Die Schwarzen Berge“ eine andere halbnackte Schönheit, die sich einem Drachen darbot. Jedenfalls spielt in diesem Roman ein Panzer aus grauer Vorzeit eine nicht unwesentliche Rolle.

Erstmaliges Auftauchen
Viele Leute aus der Stasiskammer definieren den Begriff "Science Fantasy" entweder über eine Science Fiction-Geschichte, die so weit von der Realität entfernt ist, dass man diese geradezu „phantastisch“ nennen kann – also irgendwie nicht mehr real vorzustellen vermag, oder eine Fantasy-Geschichte, die versucht, Science Fiction zu sein. Während diese beiden in der Theorie als unterschiedliche Ansätze klassifizierbar und damit verschiedenen Genres zuzuordnen sind (fantastische Science Fiction versus wissenschaftliche Fantasy), sind die Endprodukte oft nicht mehr voreinander zu unterscheiden.

Rod Serling definiert Science Fantasy wie folgt: Während Science Fiction, das Unwahrscheinliche möglich macht, macht Fantasy, das Unmögliche wahrscheinlich.

Sinngemäß heißt das, dass Science Fiction unwahrscheinliche Dinge, die möglicherweise in der realen Welt unter bestimmten Bedingungen existieren könnten, beschreibt; während Science Fantasy wissenschaftlich erscheinende Dinge beschreibt, die einfach nicht in der realen Welt unter keine noch so  möglich anzunehmenden Umständen passieren könnte. Eine andere Definition ist, dass Science Fiction nicht die Existenz von Fantasy- oder übernatürlichen Elemente erlaubt, Science Fantasy hingegen schon.

Ein Schriftsteller kann eine zukünftige Welt beschreiben, in der Technologien so weit fortgeschritten sind, dass sie nahezu unsichtbar, also als nicht existent erscheinen, und die Auswirkungen als magisch eingestuft, bzw. als magisch bezeichnet werden. Eine Welt voller Magie, in der nur einige wenige Bewohner (oder nur der Leser) die Magie in Wirklichkeit als technologische Effekte (er)kennen. Als Beispiel könnte man diesbezüglich Edgar Rice Burroughs' Mars/Barsoom nennen. Barsoom ist ein sterbender Planet, wo nur noch in tiefen Tiefen Wasserläufe zu finden sind. Daher empfinden die Marsbewohner es als magisch, dass es einen riesigen, nicht enden wollenden Wasserfall gibt. Tatsächlich entdeckt John Carter eine gigantische Pumpstation.

Im Film wird der Spieß umgedreht. Dort wird die Magie, die John Carter von der Erde auf den Mars befördert als eine Technologie beschrieben, dessen Wirkungsweise John Carter (und der Zuschauer) versteht, nicht jedoch deren Funktionsweise.

Ich persönlich halte Burroughs' Barsoom-Romane auf keinen Fall für Science Fantasy. Diese Behauptung wäre ja geradezu lächerlich...

Lefti's Plausch # 15Sie sind... sie sind... äh... Sword & Planet, Planetary Romance. - Da habe ich ja noch mal die Kurve gekriegt.Wink

Der Genre-Begriff „Science Fantasy“ fand erstmals breiteren Einsatz nach vielen Science Fantasy-Stories, wie zum Beispiel Robert A. Heinlein's Magic oder L. Ron Hubbards Slaves of Sleep die in den Pulp-Magazinen erschienen. Wie auch die von Fletcher Pratt und L. Sprague de Camp produzierte Harold Shea-Serie. All' diese Stories wurden im Unknown Magazine veröffentlicht. Dies war ein bewusster Versuch, die Techniken und Handlungen der Science Fiction mit klassischer Fantasy und legendären phantastischen Elementen zu vermischen.
Henry Kuttner und C.L. Moore veröffentlichten ihre Stories in Startling Stories.

Anmerkung: Der ehemalige US Science Fiction-Buchverlag Gnome Press veröffentlicht Robert E. Howards Conan the Conqueror im Hardcover 1950 mit dem deutlich auf dem Schutzumschlag sichtbaren Schriftzug: "Science Fantasy". Wahrscheinlich wußten sie selber nicht so genau was für eine Geschichte dies ist oder was sie selbst veröffentlichten. Aber vielleicht war dieser Schriftzug einfach nur werbewirksamer, weil Science Fantasy gerade „in“ war oder weil man Fantasy- als auch Science Fiction-Leser zum Kauf des Buchs animieren wollte.

Conan und Science Fantasy... - Dass ich nicht leise kichere... Smile

Lefti's Plausch # 15Ace Books veröffentlichte in den 1950er und 1960er Jahren eine Reihe von Büchern, die als Science Fantasie deklariert wurden. Viele von diesen Stories, wie Leigh Brackett's Mars-Geschichten, werden ab und zu immer noch als solche betrachtet. Conan the Conqueror wurde übrigens bei Ace Books als Doppelausgabe zusammen mit Brackett's Sword of Rhiannon veröffentlicht. Andere, wie Andre Norton's Witch World, werden heutzutage der reinen Fantasy zugeordnet. Mercedes Lackey (? Wer is dat ?) hat diese Zuordnung in einer neueren Einführung diskutiert, die in einer Sammelausgabe der ersten drei Witch World Romane zu finden ist. Zu dieser Zeit waren dies fast die einzigen Stories, die in den USA unter dieser Genre-Bezeichnung liefen.

Die Virconium-Romane von M. John Harrison, oder die Bücher der Neuen Sonne von Gene Wolf sind eindeutig Science Fantasy. Allerdings werden diese Art von Romane als Weird Fantasy (seltsame/unheimliche Fantasy), bzw. Weird Fiction (seltsame/unheimliche Fiktion) bezeichnet, da sie durch ihre bizarre Fremdartigkeit verschiedene Horrorelemente beinhalten. Liegt da der Hase im Pfeffer begraben? Wurde die Bezeichnung Science Fantasy von den Bezeichnungen Weird Fantasy / Weird Fiction abgelöst?

Weird Fiction
Wobei wir uns, wenn wir die Sub-Genre-Begriffe Weird (Fiction) und  noch subbiger New Weird aussprechen, auf äußerst dünnem Eis begeben. Wir sollten, wenn wir diese Sub-Genre-Begriffe wirklich wagen auszusprechen... Ja! Dann sollten wir dies äußerst leise und hinter vorgehaltener Hand tun. Äußerst leise! Und sich dabei auch mal verstolen umschauen, ob nicht vielleicht jemand in der Nähe sein könnte, der uns hört. Denn! Denn wenn wir wirklich mit diesen Begriffen hantieren, dann müssen wir uns im Klaren sein, dass diese Genre-Bezeichnungen einen ganzen Rattenschwanz an Genre-Bezeichnungen hinter sich herziehen.

Als da sind: Traditional Fantasy, Supernatural Horror, Bizarro Fiction, Speculative Fiction und Slipstream. Da raucht einem schon mal der Kopf, gelle?

Das ist quasi wie eine Hydra. Befaßt man sich mit einer Genre-Bezeichnung und handelt diese ab; schlägt man quasi der Hydra den Kopf ab – und schwubs – wachsen ihr sieben neue Köpfe...
Also sage ich Euch das nur unter dem Siegel der Verschwiegenheit, klar so weit?

Wir dürfen diesbezüglich nicht zu tief einsteigen – ist gefährlich! Surprised

Und jetzt kommen wir an den Punkt, wo die Zahnräder ineinandergreifen, ich jedoch nicht weiß, ob sie sich verkanten oder harmonisch ineinander fassen.

Denn: als Weird Fiction-Autoren werden so illustre Autoren wie H.P. Lovecraft, Robert E. Howard, Clark Ashton Smith und Thomas Ligotti genannt.

Man kann Weird Fiction in etwa so umschreiben, dass die Schauer-/Geistergeschichte um den Faktor des Makaberen erweitert wird. Weird Fiction beinhaltet Horror und Fantasy. Das Genre, bzw. deren Elemente und Inhalte sind nicht genau definiert, da sie fließend ineinander übergehen.


Obwohl "Weird Fiction" vor allem eine historische Beschreibung für Werke aus den 1930er Jahren ist, hat der Begriff auch wieder seit den 1980er Jahren Verwendung gefunden, wobei jedoch manchmal Slipstream Fiction gemeint war. Das in den 1980er Jahren der alte Begriff „Weird“ aus den 1930er Jahren ausgegraben wurde, bzw. wieder Erwähnung fand, lag mitunter an den Pen & Paper-Rollenspielen, die in den 1980er Jahren wie Pilze aus dem Boden schossen und nach dem klassischen Fantasy-Ambiente sämtliche andere Genres der Phantastik für sich entdeckte und Verwendung fand. Allen voran H.P. Lovecraft's Cthulhu.

Vor nicht allzu langer Zeit tauchte sogar der Begriff, bzw. das Micro-Genre „New Weird“ auf. In wie fern sich „New Weird“ von der alten(?) Weird unterscheidet und ob sich dieses Genre wirklich durchsetzt, entzieht sich meiner Kenntnis. New Weird ist ein literarisches Genre, das in den 1990er Jahren entstand und sich fortentwickelte in einer Reihe von Romanen und Erzählungen, die zwischen 2001 und 2005 erschienen. In englischsprachigen Artikeln heißt es, die Autoren seien meist Romanciers, die Teile des Horror und/oder der Spekulative Fiktion verwenden, aber oft über Genregrenzen hinausgehen. Zu den bekannten Autoren dieser Richtung gehören China Miéville, Jeff VanderMeer, KJ Bishop und Steph Swainston. Ich sehe keinen erwähnenswerten Unterschied zur Weird Fiction. Außerdem ist es widersprüchlich ein Genre, das seit 2005 keine weitere nennenswerte Erwähnung findet und wieder in der Versenkung verschwunden ist als „new“ zu bezeichnen. Also streichen wir die Bezeichnung „New Weird“ wieder aus unseren Erinnerungen.

Die Marsbewohner-Geschichten von Leigh Brackett werden von manchen Leuten als Science Fantasy angesehen. Auch hier halte ich es wie mit ERBs Marsgeschichten: reine Sword & Planet, Planetary Romance, bzw. Retro Science Fiction. Sollte man Brackett's, bzw. ERBs Mars-Stories tatsächlich als Science Fantasy bezeichnen, so existiert diese Bezeichnung – besser gesagt die Art von Stories, die als Science Fantasy bezeichnet werden - schon seit den 1930er Jahren (Brackett), bzw. seit 100(!) Jahren (Edgar Rice Burroughts).

Die Sache mit Star Wars

Ich möchte... nein, ich muss(!) an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen und mit der nicht haltbaren, falschen Aussage aufräumen, Star Wars sei Science Fantasy.

Diese Aussage ist nicht nur lachhaft lächerlich, sondern mehr als falsch.
Diese Fehlinformation steht natürlich in Wikipedia  – in der deutschen, als auch in der englischen Version, als das wohl „bekannteste Beispiel für Science Fantasy“. - Diese armen Leute haben ja keine Ahnung...

Wobei der Wikipediatext bezüglich Star Wars dahingehend verändert wurde, dass Star Wars dort nicht mehr als Science Fantasy-Märchen/Geschichte bezeichnet wird, sondern wie folgt umschrieben wird:

Im Wesentlichen handelt Star Wars vom andauernden Kampf zwischen Gut und Böse. Dieser Kampf spielt sich „vor langer Zeit“ in einer „weit, weit entfernten Galaxie“ ab und gilt deshalb als moderne Version eines Märchens ... Auch die Charaktere stellen Archetypen aus Märchen, Heldensage und Fantasy dar. ... Diese archetypischen Motive und mythologischen Elemente wurden vermischt und in eine Handlungswelt projiziert, die an klassische Science Fiction erinnert.
Die Geschichte stellt eine Mischung aus Fantasy und Science Fiction dar, bei der es sowohl eine Art Magie und Magier gibt, … , als auch Raumfahrt, Roboter und Weltraumschlachten. Trotz der in den Filmen stark präsenten Science-Fiction-Elemente ist die Handlung selbst eher typisch für einen mittelalterlichen Mythos...
Die „Macht“ ist im Grunde nichts anderes als Magie, die bei Star Wars nur nicht so bezeichnet wird.

Nun, diese Argumente sind so nicht haltbar:

  • Argumentiert man wie oben, so wäre Star Wars weder Science Fiction, noch Science Fantasy, sondern ein ganz lapidarer Abenteuerfilm, der – genauso wie Sindbad - in der ZDF-Filmreihe „Der Abenteuerfilm“ untergebracht werden könnte. - Genauso, wie die neumodischen Abenteuerfilme Avatar, Prince of Persia, Piraten der Karibik und John Carter zwischen zwei Welten.
  • Die Star Wars-Filme fangen mit folgenden legendären Wörtern an: „Es war einmal...“. Tja, liebe Freunde, so fangen Märchen an, aber Science Fantasy?
  • Hat der Lucas George in keinem Interview niemals nicht behauptet, Star Wars wäre Science Fantasy, sondern immer nur Science Fiction.
  • Die „Macht“ ist keine Magie und wurde in Episode 1 mit der Midichlorianer versucht genetisch zu erklären.
  • Außerdem ist es schlicht und ergreifend falsch, Science Fiction als Science Fantasy zu bezeichnen, nur weil Magie in einer Geschichte vorkommt.
  • Mit der Behauptung „Star Wars wäre Science Fantasy“ gäbe es einen expliziten Unterschied zu Star Trek. Wissen wir doch alle ganz genau, dass es keinen Unterschied gibt – zwischen Star Wars und Star Trek – meine ich ... Wink


Interessant wäre vielleicht noch zu erwähnen, dass der Lucas George erst Flash Gordon verfilmen wollte, die Rechte jedoch bei Dino De Laurentis lagen und Lucas sich deswegen seine eigene Space Opera erfand.

So! Nachdem wir „die Sache mit Star Wars“ nun ein für alle mal geklärt und ad akta gelegt haben, fühlen wir uns doch alle jetzt irgendwie in bisschen befreiter und entspannter, gelle? Laughing

Lefti's Plausch # 15Flash Gordon
Was ist denn Flash Gordon eigentlich? Für mich ist Flash Gordon das Bindeglied zwischen John Carter from Mars und Star Wars. Ist Flash Gordon (im positiven Sinne) genauso altbacken, genauso phantastisch wie John Carter, nur dass in Flash Gordon Planet Ships eine tragendere Rolle spielen, denn in John Carter, da in Flash Gordon doch des Öfteren zwischen verschiedenen Planeten und Monden verkehrt wird. Ich persönlich würde niemals auf die Idee kommen Flash Gordon als Science Fantasy zu bezeichnen, sondern weiterhin als Planetary Romance oder Retro/Klassik Science Fiction. Im weitesten Sinne vielleicht noch als Space Opera.

Dragon – Söhne von Atlantis und Co
Kommen wir zu einem Klassiker. Einen echten Klassiker, den wir hier nicht unerwähnt lassen dürfen. Die Rede ist natürlich von Dragon – Söhne von Atlantis. Diese Romanheft-Serie ging als erste deutsche Fantasy-Serie in die Geschichte ein. Nimmt jedoch als Fantasy-Serie eine Sonderstellung ein, da nicht wenige SF-Elemente in ihr zu finden sind. Zu den Autoren dieser Serie gehören die Legenden William Voltz, Ernst Vlcek, Hans Kneifel, Hugh Walker, Peter Terrid, H.G. Ewers und Clark Darlton. - Einige der Namen sind Pseudonyme, die echten Namen spare ich mir hier, da es kein Plausch über Dragon werden soll. Darüberhinaus: welchen Sinn hätten Pseudonyme, wenn man sie nicht verwendet?

Lefti's Plausch # 15Vorab versuchte Hugh Walker mit Ernst Vlceks Hilfe seine Magira-Romane als Heft-Serienexposé aufzubereiten, doch mit dem Atlantis-Konzept bediente man sich eines besonderen Kniffs: Das Atlantis-Konzept von Dragon – Söhne von Atlantis ließ sich problemlos als SF-Serie aufbereiten, wenn die Fantasy beim Leser keinen Gefallen finden sollte. Außerdem fügte es sich harmonischer in Pabels Serienprogramm mit Perry Rhodan und Atlan ein. Kneifel Hans schrieb die ersten Romane, die ein Umdenken in der Redaktion auslösten. Es zeigte sich, dass der Fantasygehalt äußerst dünn und, wenn vorhanden, wenig originell war. Die Söhne von Atlantis und der erwachende Held in der Überlebensstation sind im Grunde SF-Themen, wie sie in Perry Rhodan und Atlan passen. Daher beschloss die Redaktion auf Nummer sicher zu gehen, und die Rhodan- und Atlan-Leser massiv für das neue Projekt zu interessieren. Man stellte einen dreibändigen Raumfahrerzyklus über das alte Atlantis voran. Es dauerte dann auch über dreißig Hefte, um dieses SF-Image wieder loszuwerden. Erst im Heft 31 (Buch 11 der Weltbildausgabe) mit dem Eintritt in Danilas Welt hielt die Fantasy wirklich Einzug in die Dragon-Serie.
Lefti's Plausch # 15- Nachzulesen im Hintergrundband/Lexikon der Dragon Weltbild-Edition.

So gesehen wäre Maddrax ebenfalls Science Fantasy. Immerhin spielt in Maddrax alte, höher entwickelte Technik vergangener Zeit eine tragende Rolle und viele Völker sind in eine antike, barbarische Lebensweise zurückgefallen. Momentan bin ich bei Maddrax nicht ganz auf dem Laufenden. Insofern bin ich jetzt auch nicht ganz sicher, in welche Richtung sich die Serie momentan entwickelt. Es ist jedoch so, dass Maddrax doch ein etwas anderes Konzept gegenüber Dragon – Söhne von Atlantis besitzt und egal in welche Richtung Maddrax sich entwickelt, weiterhin als Postapokalypse bezeichnet wird. Ja, der Kometeneinschlag Christopher Floyds kann quasi als Big Bang, als Startschuss in eine neue, bessere Welt gewertet werden. Wenn wir für Maddrax ältere Bezeichnungen verwenden wollen, dann würde für Maddrax wahrscheinlich die Bezeichnung Weird (Science Fantasy) Fiction wohl am besten passen, statt Science Fantasy.

Andere Beispiele
Lefti's Plausch # 15Betrachten wir C.L. Moore's Shambleau: Hier ist die Trennung zwischen Science Fiction und Fantasy nicht klar erkennbar, bzw. möglich. Hier gibt es erfundene Welten, nichtmenschliche, intelligente Wesen (solche Wesen finden in der Science Fiction als auch in der Fantasy Verwendung) und erstaunliche Monster.

Einige von Marion Zimmer Bradley's Darkover-Romanen beschreiben eine solche Welt, mit einer Technik, die sich von Magie nicht unterscheiden soll.

Genauso wie die "Drachen", die einige Leser von McCaffreys Pern-Serie als Fantasy wahrnehmen, trotz des Science Fiction-Einschlags in den ersten Absätzen des ersten Buches dieses Zyklus'.

Mutmaßliche Sub-Genres der Science Fantasy
Dying Earth
Jack Vance Dying Earth-Stories werden manchmal als Science Fantasy eingestuft, läuft deren Inhalt mit konventioneller Science Fiction doch konträr. Genaueres kann ich dazu nicht sagen. Die Bücher befinden sich zwar in meinem Besitz, doch habe ich sie bis dato noch nicht gelesen. Es ist jedoch erstaunlich, dass eine Science Fiction Fantasy-Serie ein eigenes Sub-Genre nach ihrem Serientitel deklariert. Also müssen diese Stories bei der Leserschaft doch reichlich Eindruck hinterlassen haben.

Lefti's Plausch # 15Andere Geschichten im Dying Earth-Subgenre wie die Viriconium-Romane von M. John Harrison oder Gene Wolfes Buch der Neuen Sonne sind/wurden in der Regel als Science Fantasy eingestuft.

Und hier liegt wieder der Hase im Pfeffer begraben:


  • Werden die Viriconium-Romane und „Das Buch der Neuen Sonne“ nicht mehr als Science Fantasy, sondern als Weird Fiction bezeichnet.
  • Und ob Weird Fiction ein Sub-Genre der Science Fantasy ist, oder als Genre für sich gleichberechtigt neben Science Fantasy steht, gehen die Meinungen auseinander.


Also ich persönlich möchte nicht Leight Brackett's Mars-Geschichten mit den Viriconium-Romanen und dem Buch der Neuen Sonne in einen Topf werfen.

Also stellen wir uns hier immer noch die Frage: Hat die Genre-Bezeichnung „Science Fantasy“ eine Daseinsberechtigung? Oder kommt sie gar wieder zu neuen Ehren?

Da Leight Brackett's Mars-Geschichten heute jedoch als Pulp-, Retro-, Klassik- Science Fiction und hauptsächlich als Sword & Planet und Planetary Romance bezeichnet werden, können sie ja keine Science Fantasy sein. Oder kann Sword & Planet/Planetary Romance auch Science Fantasy sein?

Daher kommen wir noch mal kurz zur:

Planetary Romance
In der planetarischen Romance, setzt eine Geschichte – im Gegensatz zur Space Opera - hauptsächlich oder vollständig auf einen einzigen Planeten als Handlungsort. Sie beschreibt  ausschließlich nur die Landschaft, die Ureinwohner (falls vorhanden) und Kulturen, und bietet viel Raum für Science Fantasy-Elemente. Hauptsächlich in dem Sinne, dass die darin auftauchenden Elemente der Fantasy durch Bezugnahme auf Science Fiction-Konventionen, also wissenschaftlichen Beschreibungen, zu rationalisieren, sprich zu erklären.

Einige Leute behaupten die Werke von Edgar Rice Burroughs wären wahrscheinlich die frühesten Beispiele dieses Genres, vor allem John Carter from Mars. So ein Quatsch! Tongue Out Für mich gehören Planetary Romances, wie John Carter es ist, als Sub-Genre zur Science Fiction. Siehe dazu auch die Plausches # 05 und # 06.

In einigen Stories der Science Fantasy verschwimmen die bereits vagen Unterscheidungen zwischen Science Fiction, paranormalen Kräften und Magie, wie zum Beispiel in Poul Anderson Die Königin von Luft und Dunkelheit, in denen Aliens psionische Kräfte zur Illusion verwenden, um irdische Mythen wie Feen zu imitieren. Sie selbst werden traditionell als magische Zauberer angesehen. (Quelle: Internet)

Sword & Planet
Manchmal werden die Sub-Genres Planetary Romance und Sword & Planet als zwei seperate Sub-Genres aufgeführt. Ich persönlich finde die (angeblichen) Unterschiede zu marginal, als dass man von zwei verschiedenen Sub-Genres sprechen könnte. Für mich sind Planetary Romance, Sword & Planet und Planet Adventures drei fast identische Bezeichnungen für ein und das selbe Genre. Siehe dazu ebenfalls Plausch # 06.

Trotzdem möchte ich der Vollständigkeit halber Sword & Planet separat aufführen, um Autoren zu nennen, die im Internet unter diesem Sub-Genre aufgeführt sind.

Viele Werke von Edgar Rice Burroughs fallen in diese Kategorie, ebenso wie die seiner Nachahmer wie Otis Adelbert Kline, Kenneth Bulmer, Lin Carter und John Norman. Sie sind weitgehend als "Science Fantasy" wegen der Anwesenheit von Schwertern und in der Regel einem archaischen, aristokratischen sozialen System eingestuft.

Der Film Krull fällt auch in diese Kategorie. Er zeigt eine Geschichte, wo ein fast allmächtiges, außerirdisches Wesen in eine Fantasy-Welt eindringt. Die Protagonisten müssen einen Weg finden sich gegen die Außerirdischen zu wehren. Erinnert das nicht ein klein wenig an den Film Cowboys and Aliens?

SF Anderswelten
Aha!

Anderswelten! Insbesondere SF Anderswelten!

Na, da kommen wir der ganzen Sache doch schon irgendwie näher.

Einige der (Science Fantasy-)Autoren benutzen Fantasywelten mit einem Hauch von Wissenschaft, bzw. Science Fiction, fiktivem Drumherum, nur schwer unterscheidbar von normaler Fantasie.
Ein frühes Beispiel dafür soll Eric Rücker Eddison's Worm Ouroboros sein, nominell auf dem Planeten Merkur angesiedelt,  sich jedoch kaum von einer Fantasy-Storie, die auf der Erde spielt, unterscheiden soll. Diese Storie kann als ein Grenzfall angesehen werden. Ich persönlich kenne diese Geschichte nicht.

Andre Nortons Witch World ist eine Fantasy-Welt, in einem parallelen Universum – wenn ich mich recht erinnere. Es gibt ein paar Science Fiction-Elemente in den ersten Geschichten, diese Elemente sind jedoch in den späteren Romanen abhandengekommen.

Terry Brooks' Shannara. Shannara ist eine Fantasy-Welt in ferner Zukunft, die nach übernatürlichen Ereignissen, die zum Untergang der menschlichen Zivilisation wie wir sie kennen geführt haben, existiert.

Shannara ist ein Thema für sich, ist Shannara doch der Zyklus, der hauptsächlich mit HdR in Verbindung gebracht wird. Man muß wohl die neueren Romane des Shannara-Zyklus zu Rate ziehen, die sich mit dem Untergang, der Apokalypse und der neu erblühenden Zivilisation befassen. Das ganze spielt weit, weit vor den ersten, hinreichend bekannten Shannara-Büchern.

Den gleichen Kniff nutzt übrigens auch Gardner F. Fox für seinen Barbaren Kothar. Kothar lebt Äonen in der Zukunft und die Erde befindet sich in einem Stadium, das Conan's Hyborischen Kontinent gleicht.

Nur eben nicht Äonen Jahre in der Vergangenheit, sondern in der Zukunft. Hier gibt es jedoch nichts, was irgendwie mit „Science“ in Verbindung gebracht werden kann. Kothar ist Sword & Sorcery reinsten Wassers. Die Abenteuer von Kothar, dem Schwertkrieger sind in den Terra Fantasy Büchern # 64, # 67, # 70, # 73 und # 76 zu finden.

Slipstream
Slipstream ist eine Art von fantastischer oder nicht-realistischer Fiktion, die herkömmliche Genregrenzen zwischen Science Fiction, Fantasy und Mainstream vermischt.

Die Bezeichnung „Slipstream“ wurde von Cyberpunk Autor Bruce Sterling in einem Artikel, der ursprünglich 1989 im SF Eye # 5 veröffentlicht wurde, geprägt. Slipstream wird folglich als "die Fiktion der Fremdheit", bezeichnet. Die Science Fiction-Autoren James Patrick Kelly und John Kessel, Redakteure von „Feeling Very Strange“, einer Slipstream-Anthology, argumentieren, dass kognitive Dissonanz der Kerninhalt, bzw. die Kernaussage vom Slipstream-Genre ist. Das heißt, es nicht so sehr ein Genre, als eine literarische Wirkung oder ein Gefühl, wie Horror oder Komödie.

Slipstream fällt zwischen Spekulative Fiktion und Mainstream. D.h. einige Slipstream-Romane (zu deutsch Windschatten) enthalten Elemente von Science Fiction oder Fantasy, jedoch nicht alle. Der gemeinsame verbindende Faktor dieser Stories ist ein gewisser Grad der Surrealität, des Nicht-ganz-realen, oder dem deutlich Anti-realen.

Andere Spielarten
Science Fantasy ist auch ein beliebtes Thema in Pen & Paper- und Videokonsolen-Rollenspielen. Im Videospiel-Bereich sei die Final Fantasy-Serie zu nennen, die Fantasy-Elemente wie Magie u.a. in dystopischen, futuristischen Welten betont.

Abschluß
Von all' dem abgesehen, ist es doch so, dass Science Fantasy komplett gegen die reine Lehre – nicht reine Leere – der Science Fiction und auch der Fantasy konträr läuft. Wink Also, selbst wenn wir rein spirituel an die ganze Sache rangehen, müssen wir uns wieder und immer wieder die Frage stellen: „Ist Science Fantasy eine Genre-Bezeichnung mit Daseinsberechtigung?“

Ich hoffe, euch hat mein kleiner Ausflug in die Science Fantasy gefallen. Letztendlich muss jeder für sich selbst entscheiden ob für solch unterschiedliche Konzepte wie:
Dragon – Söhne von Atlantis, Maddrax, Edgar Rice Burrogths' und Leight Brackett's Marsgeschichten, Shannara die Genre-Bezeichnung Science Fantasy genutzt werden und Verwendung finden kann.

Copyright, April 2013, Olav Linke

Kommentare  

#46 Harantor 2013-05-02 14:28
Nach der Definition des Risses in der Wirklichkeit (von mir gern die reine Lehre genannt) ist Hellboy Phantastik. Und Horror gehört zur Phantastik. Nach dieser klassischen Auffassung ist jeder Horrortext Phantastik, aber nicht jeder Phantastik-Text Horror... - mytery ist da weder eine Säule noch ein Genre, sondern nur ein Begriff aus dem marketing.
#47 karl 2013-05-02 14:31
Natürlich ist Hellboy Phantastik. Subgenre Horror. Habe ich was anderes behauptet? Hellboy ist kein Science Fiction. Hellboy ist kein Fantasy.

Vergiß Mystery, wenn dir der Begriff nicht gefällt. Ich warte jetzt auf Leftis weitere Säulen der Phantastik.

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