Durchs Weltall mit Hutch
Jack McDevitts "Priscilla 'Hutch' Hutchison"-Serie
Nach dem Ethikprinzip behelligt man diese nicht mal durch Kontaktaufnahme. Dafür findet man an vielen Stellen der näheren Galaxisumgebung rätselhafte Artefakte; Gebäude, Fragmente, Statuen wie schon auf einem der Saturnmonde; Überbleibsel einer alten verschwundenen Zivilisation, die, wie die Spuren vermuten lassen, durch plötzlich auftauchende Energieausbrüche und Feuerstürme zerstört wurden.
: auf eine dieser Energiewolken stößt Raumpilotin Priscilla Hutchison (genannt Hutch") und entkommt nur knapp. Man gibt den Wolken den romantischen Namen Gottesmaschinen", ist sich aber nicht sicher, ob sie nun natürlichen Ursprungs sind oder von einem anderen intelligenten Volk ausgesandt wurden (wie die Tatsache, dass die Wolken zielgerichtet rechtwinklige Gebäude und Objekte, als Zeichen für Architektur einer Zivilisation, angreifen vermuten ließe). Offenbar sind sie in einem bestimmten Zyklus (etwa 7-8000 Jahre) aus dem Zentrum der Milchstrasse heraus unterwegs. Hutch" muss sich aber nicht nur um diese Bedrohung, sondern auch um ihre eigentliche Aufgabe kümmern, ist sie doch bei der stiftungsartig organisierten Archäologischen Gesellschaft angestellt, welche die alten Artefakte und andere Spuren untersuchen und bewahren will sehr im Gegensatz zu wirtschaftlich orientierten und von der Erdregierung unterstützten Gesellschaften, die eben jenen Planeten endlich besiedeln wollen, auf dem die vielversprechendsten und schönsten Artefakte stehen. Eine vorsätzlich verfrüht ausgelöste Atomexplosion erzeugt auch einen riesigen Tsunami und bringt das gesamte Archäologenteam wie auch Hutch in größte Schwierigkeiten...
: 15 Jahre später... Ein weiterer Planet mit Sauerstoffatmosphäre wurde zwar schon erkundet, aber nicht weiter beachtet, da sein Untergang durch Kollision mit einem Wanderstern direkt bevorsteht. Das Ereignis verspricht so spektakulär zu werden, dass bereits ein Touristen-Raumschiff im Sonnensystem angekommen, um den Untergang mitzuerleben. Da entdeckt man zufällig erneut Siedlungen und Artefakte auf dem Planeten, und um schnellstmöglich noch einiges zu retten, wird ein Wissenschaftsteam und Hutch" als Pilotin desselben entsandt. Im Chaos des untergehenden Planeten hängen aller Leben buchstäblich an einem Faden (nicht nur dem sprichwörtlichen seidenen", sondern im Sinne eben dieses Wortes.....)
: wieder einige Jahre später. Hutch" ist die ständigen und höchstgefährlichen Weltraumeinsatze leid, aber als ihre Vorgesetze sie noch einmal für ein besonderes Unternehmen verpflichtet, willigt sie ein, einem reichen, etwas exzentrischen Milliardär und dessen Begleitung auf einer Suche zu begleiten. Man geht einem geheimnisvollen Funksignal nach, das schon lange unterwegs war in den Weiten des Alls, findet einen atomkriegsverseuchten Planeten, eine Welt mit wunderschönen aber aggressiven Bewohnern, einen einsamen Mond mit dem intakten Haus einer verschwundenen Rasse und schließlich den Chindi" (benannt nach einer indianischen mythologischen Figur), einen asteroidengroßen Himmelskörper in der Umlaufbahn um einen Riesenplaneten. In seinem ausgehöhlten Innern befindet sich ein Traum für jeden Archäologen, Artefakte von vielen anderen Planeten, die der vollautomatisch gesteuerte Raumflugkörper offenbar im Laufe von Jahrtausenden besucht hat. Doch unglücklicherweise nimmt er eben in dem Moment wieder Fahrt zu neuen Zielen auf, da sich Hutch und ihre Begleiter in seinem Inneren befinden.....
: 2231: "Hutch" hat es endlich geschafft, sich mit ihrem (ehemaligen und im Laufe der Chindi-Episode wiedergewonnen Liebhaber) in Canada anzusiedeln und ihren Schreibtischjob als Einsatzleiteruin des Archäologischen Instituts zu erlangen. Da entdecken Außenagenten in etwa 1700 Lichtjahren Entfernung nicht nur eine weitere Zivilisation (entfernt humanoide Wesen auf etwa mittelalterlicher Entwicklungsstufe), sondern erneut Gottesmaschinen", die eben diese Welt bedrohen. Mit allen Mitteln (inklusiver Aufenthalt als getarnten" Wesen) wird versucht, die Zivilisation zu retten. Gleichzeitig entschlüsseln Hutch und einige Wissenschaftler auf der Erde das Geheimnis der Gottesmaschinen....
: 2235. Seltsame Flugobjekte, genannt Moonrider", werden vermehrt gesichtet auf Missionen der Akademie wie der wenigen Touristik-Unternehmen, die Flüge zu besonderen Sternen anbieten, insbesonders das Formationsfliegen verwirrt. Eine Akademiemission wird aus dem Hyperraum geschleudert, ohne Verluste, aber statt 80 Lichtjahre weit ist sie nur bis an die äußerste Grenze des Sonnensystems, zu Sedna, gekommen. Ein Asteroid, der die Katastrophe hätte auslösen können, rast nur 2000 km an der Erde vorbei, ohne vorher erkannt worden zu sein; die politischen Versuche, die Finanzen der Akademie und des gesamten Raumfahrtprogramms zu reduzieren oder ganz zu streichen, nehmen zu, zumal die älteren Schiffe nicht mehr sicher zu sein scheinen. Als Einsatzleiterin und zunehmend einziger, der dem noch Widerstand leisten kann, tut Hutch alles, dies zu verhindern und setzt unter anderem auch einen Forschungsflug zur Erkundung es Moonrider-Phänomens" an, auf dem Gregory MacAllister (seit der Sanduhr"_Episode", siehe oben, ihr Freund, aber auch einer der schärfsten Raumfahrtkritiker und einflussreichsten Medienstars) als Leiter an Bord ist. Und dies wird gefährlicher als jeder denkt, denn die Unbekannten entpuppen sich als....
70 Jahre später: "Hutch" ist (die Fortschritte der Medizin) immer noch gut in Schuss und hat sich in den vergangenen Jahren ganz der Familie zugewandt; ihr Mann starb zwat früh, doch die beiden Kinder sind nun bereits am College. Zeit genug hatte sie, denn weder Raumpiloten noch Verwalter und Manager sind gefragt: das Raumfahrtzeitalter ist beinahe am Ende, die Regierung hat die Forschungsakademie geschlossen, nur noch einige wenige Touristikschiffe reisen interstellar. Die Nachfolgerin der Akademie, eine Stiftung, fristet ihr kümmerliches Dasein, und als eines ihrer beiden verbliebenen Raumschiffe bei der Untersuchung einer Oimega-Wolke havariert, droht auch ihr das Aus. Da meldet sich ein junger Physiker, der einen neuen Raumantrieb entwickelt hat, mit dem die Reisezeiten um den Faktor 30 verkürzt werden können. In einem dramatischen Wettlauf mit der Zeit und um die Finanzen bringen Hutch und die übrigen Raumfahrtenthusiasten es fertig, den Antrieb in das letzte Schiff einzubauen, und, da er hält, was er verspricht, sind nun in der Lage, auf Großer Fahrt auch die letzten Rätsel aus früheren Zeiten zu lösern: die Rasse, die den CHINDI, siehe oben, ausschickte; ein bemerkenswertes Schwarzes Loch; die Leute, die damals die SETI-Funkbotschaft sandten; und schließlich den Ursprungsort der Omegawolken, tief im physikalischen Hexenkessel des Milchstrassenzentrums.....
Dass dies zunächst nicht als Serie geplant war, erkennt man bereits an Umfang und Aufbau der Gottes Maschinen". Hier wurde soviel an Ideen und Verve hineingepackt, dass es (ironischerweise ist es das Buch der Serie mit den wenigstens Seiten) für 3 Romane gelangt hätte, auch die Handlung gliedert sich in drei gleichbedeutende Teile: allgemeine Situation um Artefakte und Hutch, die Drohung der Gottesmaschinen und die dramatischen Umstände der Rettung.
Man erkennt den ursprünglichen Einmal-Charakter auch daran, dass in den Bänden 2 und 3 die (angeblich rassebedrohenden) Umstände auf der Erde ganz ausgeblendet und auch im 4 Band nur noch ansatzweise, aber nicht mehr so dramatisch, eben nur noch nebenher" erwähnt werden.
Nach dem ersten Band verselbstständigten" sich aber der aufgebaute Kosmos und die liebenswerte Hauptfigur und völlig zu Recht! Unerklärliche düstere Bedrohungen aus dem All, wundersame Entdeckungen im Universum, nervenaufreibend-spannende Rettungsaktionen von Raumschiffen und Planeten, eine Suche im All, exotische Zivilisationen und (fast) logisch handelnde, denkende Hauptpersonen, die nur deshalb ein kleines Glaubwürdigkeitsproblem haben, weil eben die Handlung es erfordert.
Das ist zugleich auch eine einzige kleine, wenn man so will, Schwäche" der gesamten Serie: die Rettungsaktionen sind unglaublich kompliziert wie spannend und atemberaubend, und je größer die Spannung, desto größer ist dann die Gefahr, die den Personen drohen; da reicht ein planetengebundener Tsunami oder ein Raumschiffsunglück schon bald nicht mehr aus, es müssen kollidierende Planeten und Monsterstürme aus dem All her. Und doch würde vieles vermieden werden können, wenn die Handelnden, ob Geschäftsleute, Politiker, Wissenschaftler oder Hutch" selbst manchmal einen Moment innehalten und etwas mehr nachdenken würden, anstatt sich, manchmal sehenden Auges, in diese und jene Situation zu begeben. Da ist Hutch" mit ihren jeweiligen Begleitern nahe daran, das Niveau der bisherigen unerreichten Spitzenreiter (in punkto: Wie sollte ich mich nie im All verhalten?"). der legendären Crew der Nostromo" zu erreichen; aber ebenso wie dort der unverwüstliche Leutnant Ellen Ripley meistert auch die eher unscheinbare, aber wirklich (!) zähe Priscilla Hutchison alle diese (statt blutgieriger Aliens nur" natürlichen oder technischen) Bedrohungen letztlich elegant.
Das tut dem ganzen natürlich genauso wenig keinen Abbruch wie die Erklärung, die im vierten Band für die Gottesmaschinen" gefunden wird (gefunden scheint?) und sie etwas von der fast mythologischen, unheilschweren düsteren Bedrohung herunterhebt.
Am neusten Roman, Odyssee" gibt es lediglich zu kritisieren, dass der Autor die Continuity etwas vermissen lässt, denn nun konzentriert er sich wieder mehr auf die im ersten Band auftretenden Umweltprobleme auf der Erde und erlaubt sich auch einige Schnitzer" (zum Beispiel den Langstreckenrekord für das am weitesten entfernte, besuchte System; Hutch hatte da wesentlich größere Entfernungen zurückgelegt, um die Gottesmaschinen zu suchen; und wenn schon von der faszinierenden Möglichkeit gesprochen wird, dass man aktuell existierende technische Zivilisationen endlich auffinden könnte, dann ignoriert man die Ereignisse aus Chindi" einfach...). Demgegenüber steht eine ziemlich exakte, wohl mit dem aktuellen realweltlichen Fingerzeig verbundene Darstellung der Probleme Pro/Contra Raumfahrt" (kann der Mensch im All seine Zukunft finden oder sollte er doch erst auf der Erde sein Überleben sichern und das Geld in Krankheitsbewältigung, Umweltprobleme usw. pumpen?), eine langsam anlaufende, aber zunehmende Spannung der Handlung um die aggressiver werdenden Moonrider, aber auch eine schöne Rundfahrt zu den Wundern im All in der näheren Umgebung der Erde, immer mit glaubwürdiger Handlung und Personen (wie dem ewigen Zweifler und Anwender des gesunden Menschenverstands, Gregory Mac"Allister, der aber auch, dazu, so schöne Zitate von sich geben kann wie das folgende, stellvertretend für viele am Anfang und Ende der (43) Kapitel:
Über Besichtigungstouren gibt es nicht viel zu sagen. Man sucht einen Ort auf, an dem es einen Wasserfall gibt. Man trinkt ein Bier, sieht zu, wie das Wasser in die Tiefe stürzt, und zieht weiter. Derartige Touren sind immer gleich. Das Einzige, was am Ende zählt, ist das Bier".
Und damit ist eigentlich vieles, wenn nicht alles gesagt. Aber es braucht keinen Alkohol, um das Lesevergnügen auch dieses fünften Bandes der Serie zu unterstützen (allenfalls Champagner, um es zu feiern)...
Das ist nun der endgültige Abschlussband der Serie.
Der Titel hört sich dramatisch an (das Originalwort steht ja "nur" für sowas wie "großer Kessel"), die Handlung dagegen ist eher gemütlich, zumindest was die Reise durch die Weiten des Alls angeht. Trotz der schnelleren Geschwindigkeit zuckelt man immer noch dahin (die Entfernungen sind ja größer) und unternimmt die Fahrt nur noch als weiteren Testflug für den neuen Antrieb, wobei die Besatzung sich keineswegs aus Spezialisten zusammensetzt: Hutch, die alte Kämpin, weil sie schon von Anfang an dabei war, der junge genialische Antriebskonstrukteur, der sein Glück machen wird, Rudy, der die Stiftung gegen alle Widerstände zusammengehalten und geführt hat, der ehemalige Raumpilot Mark, der als Immobilienmakler im Raum Washington, D.C.viel mehr Geld machen könnte, ein alternder Wissenschaftsjournalist, der früher im TV als "Dr. Science" Jugendlichen die einfachen Erklärungen für die komplizierten Phänomene gab. Die Rätsel werden gelöst, auch das der Omegawolken, die schon zu Beginn der Serie das Hauptmotiv bildeten; und leider, ohne zuviel zu verraten, ist es zwar immer noch faszinerend, aber dann doch ein wenig arg "menschelnd".
: 2185/2255: im Prolog wird aufs erste Jahr zurückgeblendet, als James Hutchison, Leiter des SETI-Projektes, der erste wirkliche Erfolg gelingt: die erste Transmission von Nachrichten einer intelligenten Rasse; allerdings 14000 Lichtjahre entfernt und entsprechend lang unterwegs. Dennoch fragt seine Tochter, die damals neunjährige Priscilla "Hutch", warum man diese Leute nicht einmal besuchen könnte. Die erste Hälfte des Romans ist die spannendere, geht es doch um Bemühungen, das vorzeitige Ende der Raumfahrt zu verhindern; die, wieder einmal, an den Geldzwängen und recht uneinsichtigen Politikern ztu scheitern droht. McDevitt ist ein Raumfahrt-Apologet und damit auch ganz aktuell; um einen flammenden Appell in Sachen Weiterentwicklung der Technik und Vorstoß ins All zu richten, braucht es auch und gerade heutzutage solche Leute (und nicht mal ein Zitat von Hawking, nach dem, sinngemäß, der Mensch das Überleben nicht verdient hat, wenn er auf seinem Planeten hocken bleibt). Alle Probleme auf dem Planeten, wirtschaftlich, ökologisch, moralisch/ethisch, sind in der fiktiven Zeit 2255 dieselben wie derzeit, die Staats- und Regierungsformen haben suich auch nicht geändert (deswegen?), geschweige denn die Menschen an sich. Aus heutiger Sicht scheint es schon "Science Fiction", anzunehmen, daß die Menschheit in 247 Jahren überhaupt noch existiert und sich und en Planeten bis dahin nicht vollends ruiniert hat. Da hilft selbst ein Versuch auf schriftstellerischem Gebiet wie dieser hier. Frei nach Gorch Fock: "Raumfahrt tut Not!"
Und endlich hat man auch beim Verlag mal ein richtig passendes Zitat für Devitt gefunden: nicht die Bemerkung vorn, nach der McDevitt einer der persönlichen SF-Lieblingsautoren von Stephen King sei (ich als Autor würde mir sowas verbitten...), sondern auf dem Klappentext, wo eine wirkliche Legende, Harlan Ellison, sagt: "Kann jemand so sehr hinter dem Mond leben, daß er McDevitt noch nicht gelesen hat?"
Falls doch, mag ich hoffen, daß auch diese Rezension dem abhelfen kann. Man versäumt wirklich etwas.
An dieser Serie (wie auch den anderen Romanen McDevitt, siehe hier im Zauberspiegel auch unter "McDevitt: Einzelromane") kann niemand vorbei, der immerwährende spannende Unterhaltung will, gepaart mit dem Sense of Wonder" früherer Raumfahrt/Weltall-Romantik" in neuem Gewand
Muss man gelesen haben!!!!!!!!!!
Die Daten zur Serie Priscilla "Hutch" Hutchison von Jack McDevitt:
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