John Sinclair revisited: Die 400 - Beginn einer neuen Ära Teil 25 - Das »Schweigen« im Walde ...
Die 400er
Beginn einer neuen Ära
Teil 25 - Das »Schweigen« im Walde ...
So geschehen etwa mit dem “Eulendämon” Strigus oder wie im Beispiel des hier besprochenen Zweiteilers, mit der Werwölfin Lupina. ...
Dabei lässt der noch nicht den geringsten Hinweis erkennen, dass diese überhaupt die Bühne betritt, geschweige denn, dass auch nur ansatzweise das Thema Werwölfe angeschnitten wird. Statt dessen haben wir es mit einem zerstörten Waldstück zu tun, in dem eine Gruppe Pfadfinder spurlos verschwindet. ...
Das klingt so weit noch vielversprechend, aber auf Versprechungen oder gute Ansätze gibt der Rezensent ja schon länger nichts mehr. Und er sollte auch diesmal gut daran getan haben. Ob es an der Tatsache liegt, dass wir hier den ersten Teil eines Doppelbandes vorliegen haben oder an der Tagesform des Autors, die Behäbigkeit mit der unsere Helden den Fall angehen lässt jedenfalls kaum Spannung aufkommen. Und auch wenn an diesem Unstand die extrem in die Länge gezogene Nebenhandlung um einen der nach hause zurückgekehrten Pfadfinder nicht ganz unschuldig ist, so wundert man sich doch, dass John und Suko nicht als erstes den Wald aufsuchen, sondern den Professor, welcher nach der Untersuchung des Waldstücks ein Gutachten ausstellen sollte. Erst nachdem man dessen Tod festgestellt hat, begibt man sich in den Wald, ohne allerdings sehr viel zu erreichen. Doch anstatt sich über die Tatsache zu wundern, dass offenbar niemand nach den verschwundenen Kindern gesucht bzw. gefahndet hat, kommen unsere Herren Geisterjäger zu dem Schluss, dass der Wald wohl keine “Wohnstatt oder Lebensraum” für die Kinder bieten kann ...
Als wirklich schlimm erweist sich aber die Nebenhandlung. Selten hat der Rezensent einen derart kruden und lächerlichen Versuch erlebt, einen Heftroman auf die erforderliche Länge zu bringen.
Da ist also eines der Kinder wieder zu hause aufgetaucht, und was macht der Vater des offenbar mutierten Kindes? Versucht er ihm zu helfen, wendet er sich gar an eine gewisse Spezialabteilung des Yard? Nein, er macht ein Foto von ihm und veröffentlicht dies in der Zeitung ...
Doch selbst dieser offensichtliche Hinweis auf einen der verschwundenen Pfadfinder, der noch obendrein zu einem Monster mutiert sein soll, scheint niemanden wirklich zu interessieren. Keine Gaffer drängeln sich vor dem Haus, keine Presse, kein Fernsehteam, die Familie bleibt unbehelligt, bis irgendwann Bill Conolly auftaucht und sich um den Fall des mutierten Sohnes kümmert, indem er dem uneinsichtigen Hausherrn zunächst einmal heißen Tee ins Gesicht schüttet ...
Wer sich an dieser Stelle bzw. nach der Lektüre dieses haarsträubenden Unsinns noch fragt, was dieser ganze Unsinn nun mit der Werwölfin Lupina zu tun hat, der wird im Vorschaukasten aufgeklärt. Wenn es um mutierte Pflanzen geht, dann muss nämlich früher oder später zwangsläufig der Name Mandragoro fallen, und dieser legt sich in dem mit eben jener stark behaarten Dame an.
Doch wie, so mag sich der Leser gefragt haben, kommt eine so ungewöhnliche Konstellation überhaupt zustande, oder anders gefragt: Was zum Teufel haben Werwölfe in einem zerstörten Wald verloren, in dem noch dazu ein mächtiges Wesen wie Mandragoro aktiv geworden ist? Die Antwort kennt - wie so oft nur der Autor selbst, obschon er immerhin versucht, es irgendwie plausibel erscheinen zu lassen, indem er den Götterwolf Fenris auf die Idee kommen lässt, Lupina nur unter einer Bedingung in die Welt der Sterblichen zurückzuschicken: Sie muss sich dort bewähren. Und was liegt da näher, als einen Ort zu wählen, an dem sich nicht nur ihr Todfeind Sinclair sondern auch noch Mandragoro aufhält? ...
Während es also in dem kleinen Waldstück, das noch im Heft zuvor auch handlungstechnisch ein Ort der Tristesse darstellte, endlich spannend zu werden verspricht - immerhin haben es unsere Helden gleich mit zwei großen Gegnern zu tun - muss der Reporter Bill Conolly sich noch immer mit dem zurückgekehrten Pfadfinder herumschlagen, wobei sich dieser Gegner ironischerweise als stärker und zäher erweist, als die Königin der Wölfe. Am Ende sieht der gute Bill sich gar gezwungen, seine goldene Pistole einzusetzen, ungeachtet der Tatsache dass dies dem sprichwörtlichen “mit Kanonen auf Spatzen schießen” entspricht. Warum der Reporter überhaupt noch damit herumrennt, nachdem es angesichts der - selbst für dämonische Verhältnisse - unmenschlich grausamen Wirkung schon mehrfach Ärger gab (das Opfer löst sich in einer Schleimkugel langsam auf) weiß wiederum nur der Autor, aber letztlich dient dieser Handlungsstrang auch im zweiten Teil nur dazu, die Handlung, die früher einen Roman gefüllt hätte, auf die Länge eines Doppelbandes zu strecken.
Dazu tragen auch die weiteren Geschehnisse am vorrangigen Handlungsschauplatz bei, wo die ebenfalls anwesende “Menschwölfin” Morgana erstmal in aller Seelenruhe mit Sinclair plaudert, ungeachtet der Tatsache, dass Lupina jederzeit angreifen könnte, und vor allem ungeachtet der Tatsache, dass Kollege Suko gerade von Mandragoro angegriffen wird ...
Das Plauderstündchen wird also notgedrungen beendet, und der Inspektor mithilfe des Bumerangs befreit - offenbar hat niemand dem Werfer erklärt, dass es sich dabei eigentlich eher um eine Fernkampfwaffe handelt.
Und dann ist es endlich soweit: Der groß angekündigte Zweikampf zwischen Lupina und Mandragoro steht bevor - doch halt, hat da jemand Zweikampf gesagt ... hat da jemand überhaupt an einen Kampf im Sinne des Wortes gedacht? Ganz sicher nicht der Rezensent, denn der kennt diesen Abschnitt der Serie inzwischen zu gut ...
So wundert er sich dann auch nicht weiter darüber, dass Lupina, die Königin der Wölfe, die dem Geisterjäger in so vielen harten Kämpfen das Leben schwer machte, einfach mal eben vergiftet wird und nach ein paar lächerlich pathetischen Abschiedsworten an ihren Erzfeind zu Staub zerfällt. Der sogar auf dem Cover abgebildete Zweikampf findet also gar nicht statt ...
Dass Sinclair der Auforderung Morganas, Lupina doch bitte zu retten nicht nachkommt, mag zum einen an ihrer nicht gerade triftigen Begründung “Sonst sind wir die nächsten” gelegen haben, zum anderen freut auch er sich - ebenso wie der Verfasser dieser Zeilen - sicher über jeden Gegner, mit dem er sich in Zukunft nicht näher befassen muss ...
In mein Nachdenken hinein tropften Sukos Worte.
(JS Band 460 / S. 25)
Ich war froh, dass mich der herabfallend Ast nicht erwischte. Schließlich ist der Kopf eines Menschen noch immer der wertvollste Gegenstand.
(JS Band 460 / S.62)
Ich zog ein bedenkliches Gesicht und dachte nach.
(JS Band 461 / S.15)
Einige Pflanzenreste verließen das Fell, während sie ihr Maul öffnete und mit einer grau aussehenden Zunge schlug.
(JS Band 461 / S.19)
Lupina hatte noch stärker gelitten. Lippen sahen wir nicht mehr. Die Nase erinnerte an einen Knorpel, die Haare waren nach hinten gekämmt.
(JS Band 461 / S.45)