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Quo Vadis, Professor Zamorra? - Vergangenheit: Fluch oder Segen?

Quo Vadis, Professor Zamorra?Vergangenheit: Fluch oder Segen?

Aller Anfang ist schwer. Selten traf dieser Ausspruch besser auf mich zu wie jetzt beim Verfassen dieses ersten Teiles meines Artikels. Einerseits schreit eine Stimme in mir, wie ich es wagen kann, eine Serie zu kritisieren, die ich seit 1984 lese. Die andere Stimme sagt mir (aus eben dem gleichen Grund), dass Kritik angemessen ist.
 
Um mir darüber klar zu werden, habe ich das letzte halbe Jahr damit verbracht viele alte Romane zu lesen, ebenso wie ich natürlich nicht die aktuelle Handlung aus den Augen verloren habe.
 
Dieser Vergleich war für mich notwendig um auf viele Dinge zu stoßen die ich zwar im Unterbewusstsein schon geahnt habe, aber die für mich wichtige rationale Erklärung bestätigte meine Auffassung, mich zu Wort zu melden. Mir geht es nicht um irgendwelche Nichtigkeiten, sondern um in meinen Augen elementare Bestandteile der Serie.

Wir nähern uns ja in PZ jetzt einen Handlungsrahmen an der gewisse Grenzen steckt die vorher so niemals existiert haben. Durch diesen neuen Überbau, bestehend aus Schöpferwesen und deren Vergangenheit, werden klare Grenzen abgesteckt. Will man nicht in einen noch größeren Rahmen fallen, werden diese Grenzen von den Autoren auch akzeptiert werden müssen. Somit wird zwar ein gewisser Rahmen definiert, aber gleichzeitig wird der für Zamorra-typische Freiraum drastisch eingeschränkt. Es wird sich auch nicht vermeiden lassen, diesen neuen Hintergrund mit strikter Planung zu versehen.

Bei Perry Rhodan wäre so was für mich nachvollziehbar, aber nicht bei Zamorra. Hier gab es auch immer eine Handlungstiefe, die über vielen der anderen Serien steht. Aber es gab auch einen gewissen Faktor der Unwägbarkeiten. Es wurden viele Handlungsfäden geschaffen und miteinander verknüpft, manche wurde in Laufe der Zeit nicht mehr beachtet, andere wurden abrupt eingestellt. Der Vorteil aber war das man diese Handlungsfäden zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufnehmen konnte.

Trotzdem gab es immer einen/mehrere Handlungsfaden, der durch die Serie geführt hat. Aber er war eben nicht so strikt wie jetzt dieser neue Überbau mit den Schöpferwesen.

Wenn ich mich daran erinnere wie Werner sich immer gegen einen solchen, alles bestimmenden Überbau gewehrt hat, muss ich direkt wieder schmunzeln. Unvergessen sind für mich auch so manche Anfrage der Leser bezüglich der Erzengel. Die Antworten von Werner waren klar und deutlich. Lange Handlungsfäden, kein Problem. Diese wurden auch sehr oft miteinander  verknüpft. Aber ein solcher Überbau der die Grenzen klar absteckt hat er immer gemieden. Sozusagen wie der Teufel das Weihwasser.

Nehmen wir doch als Beispiel einfach mal den Wächter der Schicksalswaage. Diese Wesenheit hatte mehr symbolischen Charakter. Das reichte auch vollkommen aus. Es stand gar nicht zur Debatte, das der Wächter sich auf einmal als Arbeitsvermittler versteht, der plötzlich in der Hölle die Positionen besetzt. Ebenso wie die Schicksalswaage an sich nicht genau definiert war. Was auch für die Serie mehr Segen als Fluch war. Denn genau dadurch konnte Werner und die anderen Autoren, die zwischendurch für Zamorra tätig waren, immer einen Freiraum wahren.

Ein omnipräsenter Wächter/Schicksalswaage hätte da doch deutlich mehr Grenzen abgesteckt. Es geht schlichtweg Freiraum verloren, der schlussendlich auch den Leser einiger Überraschungen berauben würde, da ein gewaltiger, kosmischer Rahmen vordefiniert ist. Und die Protagonisten dieses Überbaus sind jetzt auch selber schon aktiv geworden. Vor allem der Wächter der Schicksalswaage. Hier ist jetzt eine Ebene geschaffen worden, die über allem steht was wir aus dem Zamorra Kosmos kennen. Es erscheint jetzt vieles nicht mehr wirklich gefährlich, bzw. verliert den Reiz wenn man an die Schöpferwesen denkt.

Um die Serie neu zu positionieren ist direkt das größte Ass aus dem Ärmel geschüttelt worden. Aber gerade der Hauch des Geheimen, des Mystischen und Unerklärlichem machte bei mir jedenfalls einen großen Reiz aus. Jetzt wird mich nichts mehr erschüttern oder überraschen können, denn die Schöpferwesen sind die alles bestimmende Macht. Mit einem Wächter der nicht mehr im Hintergrund agiert sondern sich aktiv am Geschehen beteiligt.

Natürlich könnte man jetzt in die Zukunft spekulieren. Denn ein solcher Überbau weckt auch Erwartungen beim Leser. Die Schöpferwesen einfach wieder verschwinden zu lassen, wird nicht funktionieren. Weiterhin stellen diese ja nicht das Ende der kosmischen Evolution dar. Es gibt auch noch Mächte über ihnen, und Schöpferwesen die für einen anderen Teil des Universums zuständig sind.

Wo soll das noch enden?

Wenn ich ein solches „Zwiebelschalenmodell“ will, dann lese ich Perry Rhodan. In meinen Augen wäre es beispielsweise besser gewesen, den alten Handlungsrahmen wieder aufzubauen, in dem die Hölle mehrere Ministerpräsidenten und Kreise hatte. Hier hätte man der Serie neue Impulse geben können, ohne ihr gleich einen solch gewaltigen Überbau zu „schenken“.

Aber jetzt will ich mal die Schöpferwesen beiseite legen, sie sind ja in meinen Augen nicht das alleinige Problem. Durch diese neue Ausrichtung ist es schlichtweg nicht mehr möglich, vergangene Handlungen wieder zu neuem Leben zu erwecken, wie es in der Serie immer wieder vorgekommen ist. Das ist mehr als schade, denn es gibt noch einiges, auf das ich als Leser gewartet hätte.

Aber nein, selbst die Handlung mit den weißen Städten muss zu einem abrupten Ende kommen. Denn sie passt da nicht mehr wirklich hinein. Was wirklich schade ist, denn die Romane von Volker Krämer diesbezüglich haben sich sehr abgehoben. Da hatte ich immer wieder das Gefühl das Geheimnisvolle und Mystische wieder zu erleben, das ich mittlerweile sehr vermisse.

Die Autoren haben in der Vergangenheit auch immer eigene Figuren im Zamorra Kosmos erschaffen. Es sind ja nicht alle Figuren aus der Feder von Werner entsprungen. Und viele dieser Figuren sind mehr und mehr in Vergessenheit geraten. Das mag ja alles schon die Vorbereitung für die neue Handlungsebene gewesen sein, aber einen Ted Ewigk, Robert Tendyke, Gryf, Teri etc. in der Versenkung verschwinden zu lassen tut mir als Altleser in der Seele weh. Der Professor war noch nie eine One Man Show. Wobei sogar Zamorra in der näheren Vergangenheit öfters mal die Rolle des Statisten übernehmen musste.

Diese neue Ausrichtung der Serie war ja nicht nur in den 900er Bänden ersichtlich. Es fing schon mit Band  850 langsam an. Natürlich war auch Werner noch daran beteiligt. Aber hier stelle ich mir immer wieder die Frage, ob da nicht viel mehr wirtschaftliche Zwänge dahinter stehen, als die wirkliche Überzeugung für dieses neue Konzept. Denn es entspricht nicht dem was ich von Zamorra gewohnt war.

Leider wurde auch die Mischung aus Fantasy, SF und Horror immer weniger. Der Horror Anteil hat mehr als deutlich die Überhand gewonnen. Was auch sehr schade ist. Denn es war schon immer ein Markenzeichen von Zamorra diese drei Bereiche miteinander zu verknüpfen.

Das Resultat der neuen Entwicklung war leider, das man von der Dynastie der Ewigen, den Mächtigen und den Riesen immer weniger gehört hat. Das ist unglaublich viel verschenktes Potential. Wie gut solche Verknüpfungen sein können sieht man, wenn man Romane aus der Zeit liest, als Rolf und Werner Regie führten. Das war die beste Zeit die ich als Leser in Zamorra erleben durfte. Werner hat danach die Serie auch hervorragend weitergeführt, aber der Stil der beiden ergänzte sich in meinen Augen fast perfekt. Und wie man Fantasy, SF und Horror sehr gut verbindet zeigen die Romane um die Strasse der Götter. Nicht umsonst sind diese bei den Lesern unglaublich beliebt.

Leider tritt aber noch ein anderes Problem auf, das leider nicht so einfach zu lösen sein wird, bzw. wahrscheinlich gar nicht. Da LUZIFER sich ja erneuern muss, und wir schon wissen das die Hölle und Dämonen aufhören zu existieren wenn Luzifer stirbt, ist jetzt schon klar, dass die Erneuerung erfolgreich sein wird. Denn Zamorra ohne die Hölle und ihre Dämonen geht nicht. Insofern ist es nur nicht klar wie LUZIFER/Asmodis sein Ziel erreicht. Aber erreichen wird er es.

Ebenso wie man das Geheimnis von Asmodis lieber nicht offenbart hätte, denn es wäre für den Leser viel interessanter gewesen es eben nicht zu wissen wieso Asmodis so handelt, bzw. welchen Auftrag er hat. Das hätte man dann beim Ende der Erneuerung den Lesern mitteilen können. Da werden Spannungsbögen von vorneherein kaputt gemacht.

Es mag sein das diese Neuausrichtung aus wirtschaftlichen Zwängen erfolgt. Ich weißt nicht welche Verkaufzahlen eine Serie wie Professor Zamorra braucht, aber ich hoffe für die Leser, das sich das nicht ins Gegenteil umkehrt.

Damit bringt ein sehr nachdenklicher Leser seine kritischen Äußerungen auch zu einem Ende. Wie sagt Asmodis immer so schön? Mit Schwund muss man rechnen.


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