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Mein Nachbar, der Vampyr - Die Reihe »Vampire unter uns!« von Mark Benecke et al.: 7. Epilog und Literaturverzeichnis

Vampire unter unsMein Nachbar, der Vampyr
Die Reihe »Vampire unter uns!« von Mark Benecke et al.

7. Epilog und Literaturverzeichnis
Während sich das dritte Buch nahezu ausschließlich mit der Studie Ines Fischers befaßt, sind die anderen beiden durchaus heterogen, ja, teilweise sogar ohne echten inneren Zusammenhang.

Eher ungeordnet finden sich dort Beiträge zur medizinischen Sicht des historischen Vampirs.


Weiterhin Beiträge zur Folklore von Strigoi/ Yellele und Nocna Mara, zur Gothic- und Vampyr- Subkultur aus psychiologischer Sicht, zur Rolle Vlads III. „Tepeş“ Draculea und zum rumänischen Vampirtourismus. Ansonsten konzentriert sich die Aufmerksamkeit aber auf die relativ überschaubare Untergruppe der menschlichen Bluttrinker, wobei es teilweise gravierende Begriffsunsicherheiten gibt, weil die Bezeichnung Vampyr mal für „menschliche“ Vampire im Allgemeinen verwendet wird, und mal (speziell bei Ines Fischer) als Synonym für den sanguinischen Vampir. Es ist allerdings auch nur der letztgenannte Typus, der ausgiebig behandelt wird; andere Varianten wie etwa der Blood Player werden zum Teil gerade mal dem Namen nach erwähnt. Auch die psychischen oder Energie- Vampire sind nur selten ein Thema, und wenn doch, dann aus der subjektiven Perspektive Außenstehender. Mal sollen es Leute sein, die Menschenansammlungen suchen (Discotheken werden als Lokalität erwähnt), um unbemerkt Lebenskraft aufsaugen zu können, dann wiederum sollen es arrogante Verächter „sanguiner Vampire“ sein, und schließlich (als Ex- Vampire) aus dem Alltag vertraute Fieslinge. Mit anderen Worten: Sie werden auf eine Handvoll Vorurteile reduziert. Wenn man von dem Abriß Frater Mordors absieht, erfährt man in allen drei Bänden zusammen kaum mehr über sie, als über die Assyntische Orogenese am Ende des Präkambriums. Nur, daß erdgeschichtliche Gebirgsbildungsphasen nicht zum Themenbereich der Buchreihe gehören…

Ähnlich stiefmütterlich werden die Vampir- Fans behandelt. Nun mag über sie möglicherweise kaum viel anderes zu berichten sein, als etwa über das Perry- Rhodan- oder Star- Wars- Fandom (oder die Kaninchenzüchtervereine), aber es wäre doch zumindest interessant zu wissen, ob sie ein ähnliches Auffanglager für die diversen Vampir/ Vampyr- Strömungen, wenn nicht sogar ein Sammelbecken für Suchende bilden, die noch nicht wirklich „erwacht“ sind.

Auch hätte ich bei den Vampyren, die ihr „Awakening“ schon in Kindertagen gehabt haben, gerne erfahren, wie es sich unterschieden hat von der Faszination für Cowboys, Dinosaurier, Pferde oder Meerjungfrauen, die andere Altersgenossen beschäftigen mögen. Hat Angela Sommer- Bodenburg eine Rolle gespielt, nächtliche Alpdrücke oder aber Bücher und Filme, für die man noch zu jung gewesen ist? Und wenn schon damals ein Blutdurst oder Energiehunger vorhanden gewesen ist, wie wurde er gestillt? Die meisten Eltern lassen ihre Sprößlinge nicht mit Rasierklinge und Kanüle herumlaufen, um anderen die Adern aufzuschneiden.

Auch der Umgang der Vampyre/ Vampire mit ihren historischen/ folkloristischen und cineastischen/ literarischen Vorbildern ist mir ein bißchen kurz geraten. Gibt es sterbliche „Blutsauger“, die einfach so sind, wie sie sind, ohne sich für ihre Pendants aus Überlieferung und Kultur zu interessieren (oder im Extremfall gar, ohne von ihnen Kenntnis zu haben)? Und wie ist es mit denen, die eigentlich mehr den klassischen Alps, Nocna Mara, Lilitu, Lamien, Empusen, Strigoi/ Yellele, Fylgjur, Druden oder Inkuben/ Sukkuben entsprechen, und meinen, ihre Opfer über eine Out Of Body Experience heimzusuchen? Und mit denjenigen, die glauben, auf diese Weise (hypnagog, hypnopomp oder hypnomesisch) benutzt worden zu sein? Gibt es überhaupt Berichte von „Opfern“? Daß man nach Vampirträumen auch schon mal mit Malen ungeklärter Herkunft am Hals erwachen kann, habe ich bereits einige Male am eigenen Leib erfahren (Ein Beweisphoto hierzu findet sich auf meiner Facebook- Seite).

Desweiteren hätte auch ein Kapitel über die „Ehemaligen“ und „Aussteiger“ samt ihrer Motive seinen Reiz (so es denn welche gibt, die zu den Neigungen ihrer Vergangenheit stehen). Gibt es auch Vampyre im Rentenalter? Wer 1980, als die Gothic- Kultur langsam Gestalt annahm, Dreißig gewesen ist, und zum Sound von Xmal Deutschland oder Wire Leute beißen wollte, ist heute 65. Wie hat sich seine Einstellung zu dem Thema gewandelt? Einmal gar nicht zu reden von denen, die sich noch von Screaming Lord Sutch, Black Sabbath und Alice Cooper inspirieren ließen! Oder der Rocky Horror Picture Show… „Don't dream it, be it!“, würde auch heute noch als Leitsatz der Subkultur funktionieren.

Überhaupt hätte mich eine Geschichte des Vampirismus als menschliche Subkultur interessiert. Gab es sie schon, als man in der schwarzen Szene noch Joy Division und Cure, Bauhaus und Siouxsie hörte? Oder gar noch früher, eventuell in Form okkulter Geheimbünde? Vor den Geschöpfen von Anne Rice und Stephenie Meyer lieferten Christopher Lee und Klaus Kinski beeindruckende Leinwandportraits von spitzzähnigen Untoten ab. Ihnen gingen Bela Lugosi und Max Schreck voraus, und in der Literatur kann man über den guten Grafen Dracula zurückgehen bis zu Mircalla von Karnstein (Joseph Sheridan le Fanu), Sir Francis Varney (James Malcolm Rymer oder Thomas Preskett Prest), Lord Ruthven (Caroline Lamb bzw. John Polidori) und der Braut von Korinth (Johann Wolfgang von Goethe). Von den „realen“ Fällen wie Arnold Paole und Peter Plogojowitz einmal ganz abgesehen! Auch sie haben Menschen fasziniert – Wäre es da abwegig zu spekulieren, daß ihr Beispiel bei dem einen oder anderen ein Aha- Erlebnis hervorgerufen haben könnte, daß es auch ihm nach menschlichem Hämoglobin gelüstet? Es ist wohl kaum anzunehmen, daß Vampyrismus mit „Y“ ein rein modernes Phänomen ist: Wie ist man in der Vergangenheit damit umgegangen? Wurde alles unter den Teppich von Ziemlichkeit und gutbürgerlicher Moral gekehrt, oder gab es geheime Zirkel, in denen man sich gegenseitig zur Ader ließ? Gibt es Zeugnisse in der Literatur, der Geschichtsschreibung oder in Gerichtsakten zu dem Thema? Die Triebtäter Peter Kürten und Fritz Haarmann können doch allenfalls die psychopathologische Spitze eines Eisberges von Menschen sein, die abgesehen von ihrem besonderen Verlangen ganz normale Zeitgenossen gewesen sind. Gibt es hier Traditionen? Und wenn ja, läßt sich eine Kontinuität feststellen, oder sind sie mehrfach unabhängig voneinander aufgekommen und auch wieder untergegangen? Oder handelt es sich bei der rezenten Subkultur tatsächlich um ein relativ spätes Phänomen, das ohne die zelebrierte Morbidität und Düsterromantik von Gothic und Dark Wave als Geburtshelfer nie aufgekommen?

Aber vielleicht tue ich Herrn Benecke und seinen Mitstreitern auch Unrecht. Die Tatsache, das bislang drei Bände zum Thema herausgekommen sind, bedeutet ja noch lange nicht, daß es sich um eine in sich abgeschlossene Trilogie handeln muß! Ja, der heterogene Charakter der Beiträge spricht sogar dafür, daß wir noch mit weiteren diesbezüglichen Publikationen rechnen dürfen. Zumal der Kreis der potenziellen Käufer bei der ungebrochenen Popularität von Leinwandvampiren so schnell noch nicht nennenswert schrumpfen dürfte. Wenn sich darin Antworten auf die von mir aufgeworfenen Fragen finden, bin ich gerne bereit, meine Einwürfe zurückzunehmen, und mich gegebenenfalls bei dem Autorenkollektiv zu entschuldigen.

Literaturliste

  • Benecke, Mark, Sonntag, Kathrin, Benecke, Lydia und Palanetskaya, Nastassia: Vampire unter uns! Band I Rhesus positiv. Edition Roter Drache. Rudolstadt, 2009.

  • Benecke, Mark und Benecke, Lydia (und Frater Mordor): Vampire unter uns! Band II Rhesus negativ. Edition Roter Drache. Rudolstadt, 2010.

  • Fischer, Ines und Benecke, Mark: Vampire unter uns! Band III (limitierte Auflage). Edition Roter Drache. Rudolstadt, 2014.

  • Kaku, Michio: Die Physik des Bewußtseins (Über die Zukunft des Geistes). Rowohlt Verlag GmbH. Reinbek bei Hamburg, 2014.
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