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Gespenster und die Wissenschaft - Einleitung und typische Bestandteile der Gespenstergeschichten

Gespenster und die WissenschaftEinleitung: Spökenkieken

Es war das Jahr 2013, als ich damit begann, ein Projekt in Angriff zu nehmen, von dem ich noch nicht absehen konnte, wie ambitioniert es letzten Endes sein würde. Hinzu kam, daß für den größten Teil des Jahres 2014 keine Möglichkeit bestand, während meiner Arbeit einen Computer zu benutzen, so daß letzten Endes neun ganze Notizbücher voller Material zusammengekommen sind. Bis auf den heutigen Tag ist es mir vielleicht gerade mal gelungen, anderthalb davon auf Festplatte umzutippen, und es sieht nicht so aus, als würde sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern.

Gespenster und die Wissenschaft2016 immerhin gelang es mir, einen Auszug zu einem Vortrag zusammenzufassen, den ich 2016 und 2018 gehalten habe. Manfred Roth war so freundlich gewesen, ihn in gedruckter Form verfügbar zu machen, doch handelte es sich dabei lediglich um das Skript zum Vortrag, aber keinen Aufsatz im eigentlichen Sinne. Das hole ich nach freundlichem Zureden Horst von Allwördens an dieser Stelle nach.

Es soll um Geister gehen, und darüber, was die derzeitige Forschung von ihnen hält. Also stelle ich an den Beginn dieses Textes eine Grafik, die ich Richard Wisemans Buch Paranormalität entnommen habe. Vielleicht gelingt es ihnen, lieber Leser, in ihr tatsächlich einen Geist zu sehen. Dazu brauchen Sie einfach nur eine halbe Minute auf den weißen Punkt auf der linken Bildseite zu starren, und dann auf den schwarzen rechts zu gucken. Was Sie dann wahrnehmen, ist ein sogenanntes „Nachbild“, ein optisches Phänomen. Ich komme später noch einmal darauf zurück.

Gespenstergeschichten und ihre typischen Bestandteile
Um die charakteristischen Merkmale einer Gruselgeschichte zu erkennen, braucht man erst einmal eine. Diejenige, für die ich mich entschieden habe, ist ein Klassiker des Genres, der Wurzeln in Armenien und dem alten China hat. Seitdem ist er  jedoch in verschiedenen Varianten erzählt worden, und findet selbst  in modernen Urban Legends noch ein Fortleben. Darin geht es ursprünglich um einen Reiter, der spät nachts noch unterwegs ist. In einer unheimlichen Gegend dann trifft er auf ein Mädchen. Es weint und klagt ganz fürchterlich, daß es sich verirrt hat, und nur zurück nach Hause möchte. Da das zufällig auf der Route liegt, erbarmt er sich der Kleinen, und nimmt sie mit auf sein Roß. Zusammen galoppieren sie weiter. Nach einer Weile redet sie nicht mehr und wird immer schwerer, daß er schon anhalten möchte – Aber der Gaul ist in Panik und reagiert auf kein Kommando. Erst, als sie an ihrem Heim angekommen sind, stoppt das Tier, und da stellt der Mann fest, daß seine Begleiterin entweder tot oder verschwunden ist. Er klopft an die Tür, und ihre Eltern öffnen. Sie sagen ihm, daß ihre Tochter in der Fremde gestorben und bestattet worden ist. An jedem Jahrestag ihres Todes aber versucht sie, nach Hause zurückzukehren.

Diese Geschichte hat ein paar klassische Elemente, nämlich:

  • a.)    den einsamen Reisenden,
  • b.)    die Dunkelheit,
  • c.)    den unheimlichen Ort,
  • d.)    die geheimnisvolle Fremde,
  • e.)    den unerklärlichen Vorfall,
  • f.)    keine unbeteiligten Zeugen während des Geschehens und
  • g.)    eine übernatürliche Auflösung am Schluß.

Dieses Schema ist erstaunlich konstant; es taucht auch bei modernen Geschichten gern auf, in denen z. B. Leute auf amerikanischen Highways von Außerirdischen entführt werden.

Die geheimnisvolle Fremde ist übrigens ein Archetyp nach Carl Gustav Jung, also ein Motiv, das in der Vorstellungswelt nahezu aller Menschen vorkommt. Als Animus/ Anima steht es für das in mancher Hinsicht unbekannte andere Geschlecht (Hier wüßte Freud auch etwas zur Rolle des Pferdes zu ergänzen). Es ist ein Sinnbild, das gerne in Träumen auftaucht. Lange, eintönige Reisen können schon mal zu Sekundenschlaf oder Trugbildern führen.

Ohnehin ist der Mensch anfällig für solche Erlebnisse, wenn niemand sonst anwesend ist. Er ist schließlich ein Herdentier. In Gesellschaft anderer fühlt er sich geschützt, und kann sich den Luxus leisten, unaufmerksam zu sein. In seinem vertrauten Revier fühlt er sich auch allein einigermaßen sicher.

Anders ist es, wenn er sich einsam in der Fremde befindet, oder aber etwas Ungewohntes über die bekannte Umgebung hereinbricht. Man muß aufmerksam sein, und das setzt einen unter einen latenten Dauerstreß. Man muß bereit sein, schnell zu reagieren, und das macht einen schreckhaft. Vor allem achtet man auf mögliche Bedrohungen.

Manch einem Bergwanderer ist es zum Beispiel passiert, daß unvermittelt Nebel aufgezogen ist, und er nicht mehr genau sehen konnte, wohin ihn sein Weg führt. Dann wird er aufmerksam und unsicher zugleich. Wenn dann plötzlich eine gigantische Gestalt mit menschlichen Umrissen auftaucht, kann einem schon mal der Arsch auf Grundeis gehen.
Gespenster und die Wissenschaft
Im diesem Fall ist das „Brockengespenst“ allerdings ein rein natürliches Phänomen, nämlich der eigene Schatten, der auf eine Nebelbank fällt. Wissen kann Macht sein, aber dazu muß man es erst einmal besitzen.
Ein anderes klassisches Element der Gruselgeschichte ist die Dunkelheit. Sie ist den Menschen unheimlich, und das ist auch gut so, denn nachts sieht man keine bösen Freßfeinde, und auch nicht den rettenden Ast, zu dem man sich schwingen müßte. Der Homo sapiens ist ein Augentier, und spezialisiert auf das Leben bei Tage. Wenn wir nicht richtig sehen können, fühlen wir uns wie im Bockshorn. Wir achten mehr auf andere Sinne, und geben uns Mühe, soviel wie möglich zu erkennen.

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