Mehr als ein Klappentext - Ju Honisch Bisse - 17 ungewöhnliche Geschichten
Mehr als ein Klappentext
Ju Honisch Bisse - 17 ungewöhnliche Geschichten
Die erste dieser Geschichten schrieb ich vor über zwanzig Jahren für ein Grusel-Fanzine, als es noch Fanzines gab – die Älteren unter den Lesern mögen sich erinnern. Für die Jüngeren: Das waren fotokopierte Heftchen in Auflagen unter fünfzig, die ein fleißiger Hobby-Redakteur primär unter Freunden und Bekannten vertrieb.
Ich schrieb also eine Geschichte dafür. Und dann noch eine. Und noch eine. So fängt das immer an mit Sucht und Abhängigkeiten: harmlos.
Alsbald gab es das Fanzine nicht mehr, doch ich schrieb weiter. So schrieb ich Geschichte um Geschichte, alle ein wenig abstrus, alle gruselig auf sehr eigene Weise, nicht im klassischen Sinn der Huibu-Gespenstergeschichte, sondern anders. Wenn man sie mit Klassikern der "seltsamen Geschichte" vergleichen wollte, dann vielleicht eher mit SAKI H.H. Monro oder den "Küsschen"-Geschichten von Roald Dahl. Beide Autoren schätze ich sehr.
Es kommen durchaus magische oder mythische Wesen in diesen Geschichten vor, aber vor der dummdreisten Grausamkeit, zu der die so gar nicht mythischen Mitmenschen und "Next-Door-Neighbours" fähig sind, verblasst ihr Schrecken.
Das, was diese Geschichten gruselig macht, ist das Normale. Wir mögen es normal. Wir haben die Realität durchgenormt, um glauben zu können, sie wäre so – eben norm-al. Wie sagt Christian Morgenstern? "Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf."
Doch "es kann". Es lauert in manchen Menschen, vielleicht gar in einem selbst: das Verborgene, Verdrängte, Gemeine, das aus Irrtum oder Wahn Geborene. All das, was wartend hinter der Aussage "aber er war immer nett und höflich – unauffällig eben" herumschleicht. Diese Aussage, die uns immer so erstaunt, wenn ein schreckliches Verbrechen geschehen ist. Denn dass es das Böse oder gar den Bösen gibt – je nach persönlicher spiritueller Auslegung – das möchten wir nicht wahrhaben und schützen uns vor der Erkenntnis mit Regeln und zivilisierten Plausibilitätsbekundungen. Wir fragen uns lieber nicht, was hinter all den netten, unauffälligen und höflichen Menschen steckt, die so harmlos Teil unseres Lebens sind. Denn vielleicht müssten wir uns dann fragen: Was lauert in uns selbst?
Wie sagt Shakespeares König Lear, der sich auch nachhaltig in seinen Mitmenschen getäuscht hat? "This way madness lies". Wir möchten gar nicht wissen, was hinter den Stirnen der freundlichen Zeitgenossen vorgeht, denen wir so gerne vertrauen möchten, weil sie unsere Welt definieren als einen Ort, auf dessen Parameter wir uns verlassen könnten.
Die Welt ist jedoch anders. Wir sind anders: nicht alle nett, nicht immer verlässlich, nur selten ganz ehrlich, noch seltener bereit, das Unfassliche zu fassen und nicht mit einem schlauen Terminus aus der Psychoanalyse abzutun, als würden wir es, alten Schamanen gleich, greifbar machen, indem wir der Sache einen Be-Griff zuordnen.
Genau da setzt "BISSE"- 17 ungewöhnliche Geschichten an. Geschichten, die die Norm durchbrechen. Die unbequem sind, aber spannend. Die das Unerwartete bieten, weil sie sich drehen und wenden und schlängeln und dann doch wieder anders sind. Wild. Böse. Fies.
Bisse - 17 ungewöhnliche Geschichten
Bild der Autorin von Brigitte Fielecke
