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Aufmarsch der Klischees oder: Ziehet alle Register - Space-Troopers von P.E. Jones

0Aufmarsch der Klischees oder:
Ziehet alle Register
Space-Troopers von P.E. Jones

Manche Romane lesen sich wie ein Orgelspiel mit voll ausgefahrenen Steuergruppen: Der Autor/die Autorin lässt nicht ein Klischee aus, kupfert hemmungslos bei vielen anderen Büchern oder Filmen ab ... will eben alle Register ziehen ... Das klappt oft nicht, dennoch kann ein halbwegs gutes Werk daraus werden ... muss aber nicht.


SpacetroopersSo geschehen mit Space-Troopers von P.E. Jones (Bastei, Buchausgabe 2014/15), das ich zunächst völlig arglos in die  Hand nahm. Military-SF ist naturgemäß immer ähnlich zueinander, aber was habe ich in diesem Roman alles verhackstückt  und hemmungslos kopiert gefunden: Natürlich Starship Troopers, dann Filme wie Alien 2 oder Wing Commander. Auch Anglo-Military-SF, die kurz vorher herauskam, scheint durch unwissentliche(?) Parallelhandlung hemmungslos kopiert. Zwar überzeugen die Handlungsträger, ebenso der Protagonist, auch die sich entwickelnde Handlung, der man anmerkt, dass sie in Fortsetzungen als e-book erschien, also stückweise entwickelt wurde, wird im Lauf der langen, als Einzelepisoden auftretenden Geschichte immer klarer, aber die Überzogenheit der klassischen Klischeeübernahmen nerven doch beim Lesen.

Sicher, der Wiedererkennungseffekt ist hoch, das soll er wohl auch sein, wenn die mobile Infanterie der UN auf Planetenoberflächen herumkriecht ohne Panzerdivisionen, ohne Artillerie oder sonstige Hard-Weapon-Unterstütztung, ohne Luftwaffe, wenn Menschen durch Alien-Aliens (Giger) in ihresgleichen umgebrütet werden, wenn der Protagonist, der sich u.a. ein Bein absägen muss, dauernd in Ohnmacht fällt...auch die Tatsache, dass der gemeine gefreite Fußlatscher zum Piloten umgeschult wird, wurde vor kurzem in einem US-Buch gelesen, das, glaube ich, ein Jahr älter war als dieses hier...,die Geschichte ist an sich gut erzählt, doch wieder einmal verliert die Menschheit alle Kolonien, Analysen über Herkunft der Aliens findet nicht statt, man reagiert, statt zu agieren, was die Autorin  auf die planlos handelnde Erdregierung und ihre Probleme zurückschiebt ... laufend explodieren die wenigen Großkampfschiffe der Menschheit, ein Drittel der Flotte ist schon weg, alle Kolonien ebenfalls, wie gesagt ... das haben wir im übersetzten Anglo-Bereich, von Männern geschrieben, schon wesentlich besser gelesen.

Die Hauptperson, männlich, ist natürlich ein Under-Dog aus mieser Gegend, eine Freundschaft zu einer Kampfkameradin bildet sich zögernd aus, die anderen Personen sind überzeugend geschrieben, nur die agierende  Hauptgegnerin an Bord der Squad-schiffe, „Leutnant Goldblum“ hat eigentlich für ihre Handlungsmöglichkeiten einen viel zu geringen militärischen Rang ... und trifft strategische Kampfentscheidungen, die ihr rangmäßig eigentlich nicht zustehen dürften...

Der Roman, der wohl im Netz als e-book in mehreren Fortsetzungsteilen erschienen ist, ist zwar durchaus spannend geschrieben, aber die Konzentration auf die körperlichen und persönlichen Probleme des Protagonisten macht ihn eher langweilig ... wenn nicht mitunter Kampfhandlungen die reine Flugzeit unterbrechen würden ... der ganzen Handlung liegt wohl eine Art Spionage zugrunde, denn der Hauptheld, der unter falschem Namen zum Militär ging, agiert mit einer Geheimdatei, die klarmacht, dass die Erdregierung und der „Kongress“ bereits vom Alienkontakt wussten, ehe die Kolonien etabliert waren (zumindest eine oder einige in einem bestimmten interstellaren Sektor). Durchzieht diese Spionhandlung also als eigentliche Haupthamdlung den ganzen Band, wirken die Kämpfe auf den Planetenoberflächen selbst zwar gut geschildert, im Gesamtrahmen aber eher lächerlich dargestellt. Die Schreibweise erinnert mich etwas an J. Cherryh, eine amerikanische Autorin, die ebenfalls überbordend elaboriert schrieb, wo weniger Redundanz nötig gewesen wäre.

Die Schreibe selbst bleibt auf der oberflächlichen Ebene der Reaktionsreize und der Emotion der Handlungsträger, ihre  persönlichen Konflikte im Umgang miteinander und mit der Hierarchie des Militärs betreffend. Der wohlwollende vorgesetzte Offizier darf hier ebensowenig fehlen, wie der Arsch von Korporal, der die Gefreiten drangsaliert ... wieder ein Klischee, das man schon seit “Im Westen nichts Neues“ und Sergeant Himmelstoß kennt. Alles in allem, der schlechteste und derjenige Military-SF-Roman, der meines Erachtens am meisten Klischees aus Büchern und Filmen einschlägig abgekupfert hat, der mir bis heute je unterkam. Da lese ich lieber die US-amerikanischen Originalbücher, wo das Subgenre ja ursprünglich herkam.

Die beginnenden Rätseleien um ein Alien-Artefakt in der angekündigten Fortsetzung klingen allerdings spannend ... aber auch hier liegen erneut Klischees vor, die wir schon aus anderen Büchern kennen ... und aus SF-Games wie Unreal2 oder dem Halo-Universum. Das ruft bei aller Neugier auf die Fortsetzung auch ein  weiteres Gähnen hervor.

Das Problem der Military-SF allgemein  ist natürlich, dass sie ideenarm ebenso ist wie handlungsdürftig, da sie ja nicht viel neues herbeibringen kann, sondern eben Kampfeinsätze schildern muss und Militärhierarchien beschreiben. Etwas mehr Kreativität, weniger Larmoyanz der Tu-ich-mir-leid Rekruten (Kipling: „the young recrut is silly...“) und weniger Rückkopplung mit den natürlich miesen sozialen Umständen auf der Erde (für die meisten der Handlungsträger) wären da mal besser...der Roman überzieht also sämtliche Klischees und überzeichnet dadurch die Protagonisten entscheidend...vielleicht aber wollte Bastei das so...oder die Autorin...ein ewiges, emotionelles Auf und Ab, das nach der dritten Wiederholung der emotionellen Unterhandlung dann nur noch ermüdend ist...

Ich werde die Fortsetzung lesen ... aber mögen wahrscheinlich nicht...

© 2016 by H. Döring

Kommentare  

#1 Hermes 2016-03-12 12:52
Mich hat der Einstiegsband leider nicht "anfixen" können. Ich habe da nichts "originäres" gefunden, das mich zum Weiterlesen motiviert hätte.

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