Eine »unheimliche« Mischung - Dämonenkiller – Die Taschenbücher: Coco und der Rattenfänger
Coco und der Rattenfänger
Die junge Coco Zamis wird von der Familie nach Trinidad geschickt. Dort soll man ihr die Aufmüpfigkeit endlich austreiben. Dafür soll der Dämonenherrscher der Karibikinsel sorgen. Makemake, ein uralter Dämon mit schlimmem Ruf, der hier schon lebte, als Kolumbus kam.
Bereits auf dem Flughafen gerät Coco in eine Falle. Eine Horde Calypsotänzer zwingt sie in einen Bann. Es sind Leute des Roten Hahns, der Makemake die Herrschaft streitig machen will. Ein Diener Makemakes, der Inder Sady, rettet die junge Hexe und bringt sie auf ein Anwesen im Dschungel, das dem schrulligen Briten Sir Bendix gehört. Der glaubt, Kolibris zu erstaunlichen Kunststückchen dressieren zu können, ohne zu ahnen, dass die Vögel von Makemake beherrscht werden.
Der Dämon erscheint Coco nur als Astralprojektion und verspricht, ihr gar schauerliche Dinge beizubringen. Aber zuerst muss er diesen lästigen Konkurrenten Roter Hahn ausschalten. Coco ist das nur recht. Sie entdeckt auf dem Anwesen ein magisch geschütztes Mausoleum und viele Bittsteller Makemakes. Das Mädchen Mimine, das einen Liebeszauber verlangt, um den Mann an sich zu binden, der sie geschwängert hat, rührt Coco. Sie nimmt sich vor, Mimine zu helfen.
Ein leichter Bann, den sie abschütteln kann, führt sie in die Hauptstadt Port of Spain. Der knackige Frank Jenkins, ein Mensch, gibt sich als Gehilfe des Dämonenjägers namens Rattenfänger aus. Angeblich soll dieser Rattenfänger im Auftrag amerikanischer Konzerne die Insel von verbrecherischen Sektierern säubern, die die Insel terrorisieren, bevor es mit dem Big Business richtig losgehen kann. Das alles erfährt die junge Hexe durch eine kurze Hypnose. Sie kann nur den Kopf über Franks Unwissenheit schütteln, der keine Ahnung hat, dass er es mit echten Dämonen zu tun hat. Da werden sie von magischem Feuer angegriffen, eine bevorzugte Waffe Makemakes.
Coco rettet ihn und vögelt ihn später. Was sie mal wieder bereut, als sie kurz darauf erfährt, dass er Mimine geschwängert hat. Dabei hat er ihr doch Liebe geschworen. Sterbliche! Coco gerät in eine Falle des Roten Hahns, der ihren Geist in ein Huhn packt, das bei einem Hahnenkampf geschreddert wird; kurz darauf lässt er seine Besessenen das Anwesen von Bendix stürmen.
Coco erfährt zu ihrem Staunen, dass Makemake in Wirklichkeit der nette alte Herr Bendix ist. Im Laufe der Zeit hat er seine magischen Fähigkeiten verloren und ist jetzt irgendwie gut. Belagert im Mausoleum beschwört Coco Merlin. Der hat keine Lust, sich in den Scheiß verwickeln zu lassen, gibt aber ein paar hilfreiche Tips. Wenn sich Bendix richtig zur Weißen Magie bekennt, kann er noch einmal richtig zugeschlagen. Notgedrungen gehorcht Bendix und vertreibt die Besessenen mit einem Hurrikan, der aber nur Flurschaden anrichtet. Nun ist Bendix fast ein ganz normaler Mensch.
Coco versucht sich mit dem Rattenfänger zu verbünden. Dabei findet sie heraus, dass ihr Schwarm Frank Jenkins, der vehement abstreitet, Mimine an die Wäsche gegangen zu sein, vom Roten Hahn zu der Tat verleitet wurde. Mimines Familie findet es gar nicht gut, es mit Besessenen zu tun zu haben.
Der Rattenfänger entpuppt sich als der zwielichtige Lovis Kendall. Der will Cocos Geschichte, dass Makemake ganz harmlos ist, gar nicht glauben. Aber die Hexe verspricht, es ihm zu beweisen.
Ein paar Scharmützel mit dem Roten Hahn später wollen sich der ehemalige Dämon Makemake und der Rattenfänger mitten im Karnevalstrubel treffen. Coco entlarvt den Rattenfänger als Roten Hahn. Der will Makemake im magischen Duell besiegen, indem er wie zuvor seinen Geist in einen Kampfhahn transferiert. Makemake soll das Gleiche tun. Coco schaltet sich ein und übernimmt den Hahn. Bevor sie das Duell im Hahnenkörper aber verliert, rettet sie Mimines Bruder, der den Rattenfänger mit einem magischen Dolch ersticht.
Danach ist alles gut. Trinidad wird von einem guten Ex-Dämon beherrscht, den die Schwarze Familie für abgrundtief böse hält, Coco hat alle gerettet und kann noch ein paar Tage Urlaub machen.
Nach ein paar Jahren Abstinenz und weil vermutlich die Absatzzahlen bei der vorwiegend mageren Gruselkost des vergangenen Jahres Schwund aufwiesen, kam die Redaktion auf die Idee, die Reihe zur Serie umzugestalten und die Coco Zamis-Jugendromane fortzusetzen, die Vlcek und Luif mit den Nummern 28 und 31 begonnen hatten. Die beiden Autoren wird es gefreut haben.
Wie schon in den Vorromanen ist das nur noch Horror Light. Dämonen bleiben unter sich, ihren Opfern geschieht nicht wirklich etwas. Ständig wird behauptet, dass die Dämonen böse, grausam, etc. sind, es wird nur nicht mehr anschaulich auf die Seite gebracht. Eine subtile aber effektive Änderung, die letztlich aber ein Gamechanger ist.
Manchmal geht das schwer auf die Nerven. Wie bei dem Hurrikan, der Bäume entwurzelt und "von Tonnen von Erde" begrabene Statuen produziert, aber kein Todesopfer unter den Besessenen fordert. Ganz nach dem Motto, der tut nix, der will bloß spielen. Die Geschichte vom Rattenfänger ist sehr konstruiert und widersprüchlich. Die Geschichte vom brav gewordenen Mörderdämon Makemake ist sehr saccharin und albern. Und unglaubwürdig.
Zugegeben, gelegentlich blitzt noch etwas vom alten Dämonenkiller auf, vor allem die Szenen mit der magischen Calypsoband im Karneval sind atmosphärisch. Die Hahnenkämpfe sind überraschend blutig geschildert, die kämen heute gar nicht mehr gut. Aber das war eben der für Jugendliche gesäuberte Heftroman anno 1979. Verboten waren Beschreibungen von Gewalt gegen Menschen, Blut, Horror und Sex. Tierquälereien und etwas unbekümmerter Rassismus war für die hauseigenen Jugendmedienwächter okay. Und da draußen hat es auch niemanden gestört.
Schon jetzt im dritten Band unerträglich ist Cocos grottiger Männergeschmack. Dass sie irgendwie von jedem, mit dem sie vögelt, hinterher verraten wird, ist fast schon ein dämlicher Running Gag, der in den Folgebänden hoffentlich fallengelassen wird.
Ein grundsätzliches Problem der Serie wird wie auch schon in den beiden Vorbänden gleich umgangen, indem man es kurzerhand ignoriert. Würde man die in den Heften etablierte Zeitlinie ernst nehmen – eine 18jährige Coco, die das alles eine geraume Weile vor ihrem ersten Auftritt im Dämonenkiller 2 erlebt -, müsste der Roman genau wie die Folgebände Anfang der 70er Jahre spielen. Im Karneval, der zu Aschermittwoch stattfindet. Also zurzeit des Vietnamkrieges, Apollo 13, dem Ende der Beatles, Baader-Meinhof, Fußball-WM in Mexiko. Nichts davon spielt hier eine Rolle, genausowenig wie die zeitgenössischen Ereignisse der tatsächlichen Veröffentlichungszeit. Also dudeln im Hintergrund weder die Bee Gees noch die Commodores. In diesem Konzept verbietet es sich von selbst, Unheimliches durch aktuelle Bezüge zu erzeugen. Was eigentlich eines der Kernelemente jeglicher Horrorliteraur ist. So schrieb Poe über die Angst, lebendig begraben zu werden, Bram Stoker über Gefahren, die das britische Empire bedrohen, und Stephen King über den Schrecken hinter den Fassaden normaler amerikanischer Kleinstädte. Deutscher Serienhorror bleibt da neutral, weil die Figuren dann ja altern müssten.
Aber gut, der Leser von 1978 wird das alles nicht so kritisch gesehen haben. Der war zuerst froh, dass es irgendwie mit dem Dämonenkiller weiterging. Und Coco und die Schwarze Familie der Dämonen waren ja irgendwie immer interessanter gewesen als Dorian und der Rest. Auch wenn es nur noch die Kinderstubenversion war.
Für sich genommen ist das ein temporeicher und kompetent geschriebener Roman. Und wenn man keinen Moment über die Geschichte und ihre oft heftigen Logiklöcher nachdenkt – so macht es beispielsweise hinsichtlich des etablierten Dämonenkilleruniversums nur wenig Sinn, dass ausgerechnet Coco diesen mächtigen Dämon nicht in dem Moment erkennt, in dem sie ihm das erste Mal als Rattenfänger begegnet - , macht er manchmal sogar Spaß.
Einer der interessantesten Ideen des Romans wird nicht entwickelt. Warum sollten amerikanische Konzerne einen Dämonenjäger nach Trinidad schicken, um das angebliche Dämonentreiben zu beenden, bevor man in die Wirtschaft investiert? Da gibt es genügend unrühmliche Beispiele in der Realität wie Dole oder die United Fruit Company, die sich in südamerikanische Innenpolitik einmischen. Daraus hätte man etwas machen können.
Aber vielleicht hat Vlcek gemerkt, dass die Idee dem Konzept mit dem friedlich gewordenen Makemake widerspricht. Die hier mit vielen Anekdoten über Makemakes Schandtaten der Vergangenheit etablierte Idee, dass sein Ruf so schlimm ist, dass sich kein Dämon auf die Insel traut, ist im Kontext des DK-Universums ziemlicher Unsinn. Und ein (mutmaßlicher) Dämonenkonzern würde seine Hausaufgaben machen, bevor er Geld für so eine "Säuberung" investiert. Es ist völlig unglaubwürdig, dass ihm da keiner auf die Schliche kommt.
Außerdem war jeder Hauch von Politik in der Serie tabu. Was vielleicht auch besser so war.
Die Bilder von 51 und 52 wurden bekanntlich vertauscht. Irgendwie sieht der Hühnermann eher lustig als bedrohlich aus, aber das ist nun einmal Lutohin, der uns auch für den Rest der Coco-Romane erhalten bleiben wird. Immerhin bezieht sich das Bild auf den Inhalt – oder hätte es getan -, was man würdigen sollte.
Copyright © by Andreas Decker
Kommentare
Zu dieser Klientel gehörte zweifellos ich, der froh war, für ein Geld endlich etwas zu lesen zu bekommen, das den Namen DK auch tatsächlich verdient hat.
Harantor sagt: Für den Fehler bin dann eher ich verantwortlich. Ist jetzt aber korrigiert.
Ich war auch froh, dass ich noch etwas Däki mäßiges zu lesen hatte. Im nachhinein wirst du wohl recht haben, die Serie haben die Bücher leider nicht ersetzt.
Danke für die Auffrischung!
19 Monate nach der Nummer 31 ging es endlich weiter mit den Jugendabenteuern. Endlich war die DK-lose Zeit beendet.