Eine »unheimliche« Mischung - Dämonenkiller – Die Taschenbücher: Coco und der Gummitod
Coco und der Gummitod
Coco und der Gummitod
Die Tritonen und Nereiden im Zentrum der Erde sind nicht erfreut. Man hat ihren Kumpel Triton umgebracht. Ihr Boss Zadkiel, der Jupiterdämon, der die Form einer Koralle hat und der "Gummitod" genannt wird, weil er so biegsam ist, beschließt aktiv zu werden. Triton sollte alle Leute ausschalten, die mit Merlin zu tun hatten. Denn Zadkiel kämpft schon länger gegen Merlin, obwohl der eigentlich mattgesetzt ist. Es geht um die Vorherrschaft auf der Erde. Alle Macht der Magie, lautet Zadkiels Motto.
Also schickt Zadkiel erst einmal seine Tritonen und Nereiden nach oben. Sie sollen ein magisches Reservat errichten, die Menschen sollen in eine Epoche zurückfallen, die der beste Nährboden für die Magie war. Das Mittelalter! Dort soll keine Technik mehr funktionieren. Und Coco Zamis soll dorthin gelockt werden. Dann kommt Zadkiel und bestraft Merlins aufmüpfige Helferin.
Coco ist mit Ralf Winter, dem Mann, der wie Manannan mac Lir aussieht, in Lindau. Sie stößt auf einen zwölfzackigen Seestern, von dem eine böse Magie ausgeht, und vernichtet ihn. Oirbsen kommt vorbei und informiert sie, dass Triton nur ein Höllenhund war und sie es jetzt mit seinem Herrn Zadkiel zu tun hat. Der will eine magische Arena aus der Gegend machen. Coco soll ihm zuvorkommen und ins Erdinnere reisen. Ganz in der Nähe beim Rheinfall existiert ein Eingang.
Ralf Winters Freunde sind schon von den Tritonen und Nereiden unterwandert. Wie Coco bei einem Bootsausflug entdeckt. Überall finden sich die magischen Seesterne. Die Höllenwesen verändern die Zeit und die Realität, übernehmen Ralf Winters Freunde und machen mit Coco eine Bootsfahrt, kommen aber in ihrer eigenen Falle um. Coco ruft Merlin zu Hilfe, der aber nur kryptische Ratschläge gibt wie immer. Coco landet im Städtchen Mettlingen, wo die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Dort begegnet sie dem wahnsinnigen Glöckner Lazi, dessen Existenz ihr natürlich als Dämonin sofort Schmerzen bereitet.
Ralf Winter weiß nicht, was er von der Sache mit Manannan halten soll. Er hat sich aber in letzter Zeit verändert, ist größer und kräftiger geworden. Von einem Leben als keltischer Halbgott weiß er aber nichts mehr. Vielleicht ist er doch beeinflusst von Merlin. Auf jeden Fall ist er verschossen in Coco. Dann scheint er mit anderen am Rheinfall zu ertrinken. Hier befindet sich auch der Eingang zum Zentrum der Erde.
Zusammen mit Oirbsen begibt sich Coco in die Tiefe. Dort läuft sie erst einmal in Zadkiels Falle, der ihr vorgaukelt, Ralf zu sein, der sich als Manannan zu erkennen gibt. Sie entkommt, um in einem Bizarro-Mettlingen zu landen. Hier haben Karren viereckige Räder und die Tritonen reiten als Menschenjäger herum. Ein Zadkiel-Kult betreibt einen Tempel, in dem das orphische Ei aufbewahrt wird, aus dem ein Drache schlüpfen soll. Dann ist die Welt verloren. So der Mythos. Nur Coco kann das verhindern – wenn sie bereit ist, wieder wie die keltische Caillech zu agieren.
Coco bemerkt, dass sie trotz magischen Vlieses immer noch verwundbar ist; schließlich gibt es da ja noch Mund und Nase als Körperöffnungen – der Rest wird anstandshalber mal vergessen – und da kann Böses eindringen. Sie findet Verbündete, darunter Oirbsen und Ralf, verliert sie wieder, greift die Sektierer an und wird vom verrückten Lazi gerettet.
Am Ende ergibt sie sich Zadkiel, der ihre Freunde niedermetzeln will. Er will sie mit dem orphischen Ei vereinigen, damit sie in der Welt das Böse verbreitet. Dann wird die ganze Welt wie Mettlingen. Nicht mal Merlin kann mehr was tun, um das zu verhindern.
Aber dann läutet Lazi seine Kirchenglocke, was die Tritonen und Zadkiel vernichtet. Das orphische Ei zerbricht und Coco muss den Inhalt einatmen, während Mettlingen wieder normal wird.
Coco wacht im Krankenhaus auf. Oirbsen eröffnet Coco, das alles mal wieder eine Prüfung war. Das orphische Ei sollte dazu dienen, sie auch innerlich unverwundbar zu machen. Es ist das fünfte Siegel. Zwar hätte es Coco genausogut töten können, aber Merlin dachte halt positiv. Jetzt sind nur noch zwei Siegel übrig, die Coco finden muss.
Ralf ist auch noch da, dem Coco klar macht, dass sie kein Liebespaar sind. In Mettlingen ist wieder alles in Ordnung. Es gab nur einen Toten, als die Kirche einstürzte. Und das war der arme debile bucklige Lazi.
Und damit endeten die Abenteuer von Coco Zamis erst einmal wieder. Der Merlin-Zyklus blieb unvollendet. Man weiß nicht, ob man darüber erleichtert sein soll oder nicht.
Ernst Vlcek läuft hier noch einmal zur Höchstform auf, sowohl im Positiven wie auch im Negativen. Das Konzept mit der kleinen Stadt, die sich in eine bizarre magische Welt verwandelt, kommt bildhaft und atmosphärisch rüber. Zadkiels Welt am Bodensee hat durchaus etwas Unheimliches.
Andererseits ist die Auflösung völlig wirr. Es ist schon auffällig, wie oft Vlcek den Deus ex machina in seinen Romanen bemüht, aber hier ist er besonders extrem und lahm. Man könnte jetzt lange über gewisse Punkte diskutieren, warum es beispielsweise keinen Sinn macht, dass das Glockenspiel des buckligen Debilen die Zentrumsdämonen vernichtet – auf einem Terrain, wohlgemerkt, das in jeder Hinsicht Zadkiels Zauber unterworfen ist. Da fahren viereckige Räder! Man sollte doch annehmen, dass der Gute mögliche Gefahren wie zerstörerische Kirchenglocken im Vorfeld ausschaltet. Aber gut.
Man könnte darüber hinwegsehen, gäbe es vorher (!) nicht die Szene, in der der gute Lazi die Glocke bereits schon einmal läutet, was zu dem Zeitpunkt aber nicht die geringsten Auswirkungen hat. Aber das ist nur einer von diversen Punkten, die einfach in die Handlung gestreut werden und die man als Leser mal so glauben muss. Oder auch nicht.
Genauso unglaubwürdig ist es natürlich, dass unsere Heldin bereits zum zweiten Mal ohne vorheriges Wissen von ihren Verbündeten durch die Hölle geschickt wird und sich mit dem dummen Spruch "Ich hätte dich mit diesen Informationen nur verunsichert" zufriedengibt. Merlin und sein Helfer machen Coco zu ihrer Handpuppe, und sie bedankt sich auch noch dafür. Selbst für einen Heftroman – auch wenn er hier im Taschenbuchformat präsentiert wird –, in dem man sich nicht mit einer tiefschürfenden Charakterisierung aufhalten kann, ist das nur noch dämlich.
Konnte die Coco-Serie die vorhandenen Erwartungen erfüllen? Also die, die über den Anspruch "jede Serie aus dem Dämonenkiller-Universum ist besser als keine Serie" hinausgehen? Eigentlich nicht. Auch wenn für die Feststellung in diesem Zusammenhang mittlerweile Rente kassiert: Man kann keinen Horrorroman schreiben, wenn man Horrorelemente letztlich nicht benutzen darf. Die Verrenkungen, die die Autoren hier erfüllten, um sich an die durch die Indizierungen nötigen Verlagsvorgaben zu halten – kein Blut, keine Gewalt, kein Sex, kein Horror - sind deutlich erkennbar. Gelegentlich blitzte mal etwas vom Flair der frühen Heftserie auf, vor allem in den frühen Bänden. Aber es war selten, und man musste genau hinsehen. Der Rest ist ein Durcheinander, in das vermutlich aus Zeitmangel – und eher pflichtschuldigem Enthusiasmus als Überzeugung – nicht genug Arbeit investiert wurde.
Hier drängt sich nämlich nicht der Eindruck auf, dass der Merlin-Zyklus von Anfang an besonders durchkonzipiert gewesen war. Spätestens nach der dritten neu errungenen Fähigkeit, die Coco zu Wonder Woman machten, war klar, dass am Ende der Resetknopf wartete – auch wenn es den Begriff 1979 noch nicht gab – und hier der Weg das Ziel war. Aber der Versuch, eine starke, durch die Figuren oder das Thema getriebene Geschichte zu entwickeln, blieb in den Ansätzen strecken. Am Ende war es doch nur eine ziemlich lahme Schnitzeljagd, mal besser, mal schlechter realisiert. Und die ach so schrecklichen Dämonen aus dem Inneren der Erde erweisen sich als genau die Geisterbahnfiguren, mit denen zu rechnen war. Viel Lärm um nichts.
Zum Erscheinungsdatum stand fest, dass die Reihe bald eingestellt wird. Vlcek und Luif brauchten nicht weiterzuarbeiten. Die letzten drei Ausgaben auf ein halbes Jahr zu verteilen scheint darauf hinzudeuten, dass man sich aber noch etwas Zeit erkaufen wollte. Dabei man darf nicht vergessen, dass auch das Vampir-Horror-Taschenbuch zu der Zeit in den letzten Zügen lag. Auch hier war immer mehr mit deutschen Autoren gearbeitet worden, die höflich ausgedrückt keineswegs überdurchschnittliche Arbeiten lieferten. In welcher der beiden Reihen was erschien, war zu dem Zeitpunkt völlig austauschbar.
Immerhin blieb sich der Dämonenkiller treu. Er endete auch in seiner zweiten Inkarnation plötzlich und unvollendet. Obwohl die Coco-Taschenbücher trotz aller inhaltlichen und handwerklichen Mängel nicht ganz so schlecht wie die Mutterserie an ihrem Ende war. Das muss man auch würdigen.
Es ist das letzte Titelbild von Lutohin für die Reihe. Und es ist grässlich. Zwar bezieht es sich auf den Inhalt und lässt den Glöckner von Notre Dame – im Roman Mettlingen am Bodensee – grimmig am Seil ziehen. Aber wer hätte gedacht, dass man gerade bei dem Künstler mal die mangelnde Farbe bemängelt.
Copyright © by Andreas Decker
Kommentare
Deine Beschreibung hört sich wirklich ein wenig nach dem alten Däki-Stil von Vlcek an. Schade, dass die Serie so kläglich endete.