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»Schön war die Jugend?« - Ausflüge in die Romanheftvergangenheit: Wenn die Zombies kommen (Gespenster-Krimi 236)

Schön war die Jugendzeit? -  Ausflüge in die RomanheftvergangenheitAusflüge in die Romanheftvergangenheit:
»Wenn die Zombies kommen«
Gespenster-Krimi 236 von A.F. Morland (Friedrich Tenkrat)

Und wieder ein knappes Jahr weiter in der Tony-Ballard-Historie des Gespenster-Krimi, vom 18. zum 27. Roman und irgendwo zwischen letzter und dieser Woche hatte ich einen langsamen Reifungsprozess vermutet und gehofft, jetzt (also damals, denn der Roman ist von 1978) hatte Friedrich Tenkrat seinen Takt gefunden.


Aber nein, war schon „Dämonen an Bord“ in dem die Vorproduktion des ersten von Vicky Bonney verfassten Hollywoodfilms in der Vorproduktion war (wir erinnern uns an den damals in eine sehr unglückliche Lage gebrachten Star „Kookie Banks“), eine sehr uneinheitliche Sache, in der die Titelfigur erst zur Romanmitte zuungunsten des Romans ins Spiel gebracht wurde, gerät es hier leider nicht besser.

Das Interessanteste in Sachen Kontinuität, was zu berichten wäre, ist die Tatsache, dass knapp neun Romane später der Film nicht nur fertig gedreht ist, sondern nun auch reichhaltig promotet wird und der Dämonenhasser hier auf enorm ungeschickte Art und Weise zu globaler Geltung kommt. Das rechtfertigt auch gleich die Reise nach Chicago, wo die Ereignisse des Romans stattfinden.

Schön auch die Erwähnung der britischen Konkurrenz des Oberinspektor John Sinclair, für den nebenbei bezüglich einer gemeinsamen Zusammenarbeit ein wenig getrommelt wird – was ja dann in der damals noch recht neuen JS-Serie auch bald stattfand. (Wenn ich mich recht erinnere, trat Tony dreimal bei „John Sinclair“ auf.)

Ansonsten ist das aber wieder ein Roman von der Güteklasse: könnte auch mit einem beliebigen Geisterjäger funktionieren! Eigentlich kommt der Held hier nur zwecks „saving the day“ im letzten Drittel geritten, während er vorher als (phantastisch inaktive) Nebenfigur in seiner eigenen Unterserie auftritt und sich zeitweise nur dadurch auszeichnet, dass seine „Beziehung“ zu Bonney irgendwie disfunktional wirkt, wie in vielen Romanen auch zuvor.

Anscheinend stand Tenkrat da mit jeweils einem Bein auf jeder Seite des Flusses, denn während er offenbar einerseits eine moderne, erfolgreiche Frau kreieren wollte, die an der Schreibmaschine ihre eigene Karriere nebenbei voran treibt, scheint das tränenreiche Hasilein passend zum starken Kerl damals die Wunschkombination von Autoren, Verlag und Publikum gewesen zu sein und so verwandelt sich Schnäuzelchen immer wieder in ein laues Lüftchen und der Held reagiert (vor allem hier so ganz leicht durch die Blume) recht „kremsch“, wenn SIE nicht zu IHM sofort auf Matratze gehen will, nur weil er endlich mal eine Kampfpause hat.

So muss ich mich immer gerade bei diesen „Beziehungsphasenbeschreibungen“ winden, genauso wie in den Szenen, in denen Tony mit seinem Selbstverständnis hausieren gehen muss und die theatralische Innensicht geboten wird oder er (Gott bewahre) auch noch darüber sprechen muss.

Was den Fall angeht: das ist mal eine echt dröge Hausnummer aus der käsigen Krimi-Ecke, der man einen gruselig-phantastischen Anstrich mitgegeben hat. Richtig klassische Zombies kommen übrigens in diesem Roman auch nicht vor, stattdessen eher höllisch beschworene „Untote“ bzw. „Animated Corpses“, wobei die Verlagswahl bezüglich des Covers kein Unpassenderes hätte sein können. Das Cover hat (tada!) absolut GAR NICHTS mit dem Roman zu tun, weder die holde Maid, noch der Kerzenhalter und es gibt auch keine Kutten tragenden Skelettgeister oder Fledermäuse. Da hat offenbar jemand mal schnell ins Frauenromanarchiv gegriffen...aber das trage ich natürlich nicht dem Autor nach. Der ist allerdings für das Folgende verantwortlich...

Wenn die Zombies kommenHeute Nacht werden die Uhren vorgestellt – die Lebensuhren!
Sweet Home Chicago: der alte Schlüsselmeister und Schlossöffner (legal) Ed Comstock genießt mit Enkelin Cindy gerade seinen Ruhestand, als Hermes spätabends noch ein Päckchen abliefert. Nachdem selbiges nach längerer Diskussion geöffnet wird, findet sich darin eine kunstvolle Standuhr, die eine Minute vor zwölf anzeigt. Ed rutscht das Herz in die Hose und das nicht ohne Grund, denn wenige Sekunden später schlägt es Mitternacht und Comstocks Herz bleibt gänzlich stehen.

Verantwortlich für den letalen Restzeitanzeiger ist ein dämonischer Uhrmacher namens Abel Westlake, der mit Satans Hilfe einen perfiden Plan (Weltherrschaft etc.) verfolgt. Nachdem er Ed flach gelegt hat, erweckt er ihn pünktlich nach der Aufbahrung mittels der Kräfte einer dämonischen Rauchschlange wieder zu unheiligem Kunstleben, was Cindy eine telegene Ohnmacht verschafft. Dann rennt sie zu ihrem Journalistenfreund Mike Fortescue, der ihr sogleich glaubt und sich an einen Freund bei der Polizei namens Brian Gilling wenden will.

Wochen davor in Tinseltown: der knorke Hollywoodkassenschlager, für den Vicky Bonney die Drehbuchvorlage geliefert hat, ist promotionsreif und das bedeutet erst mal: Rohschnittsichtung.

Tony, der zuletzt global diverse Dämonen gemeuchelt hat, will aber lieber mal wieder an Vicky rumschnubbeln und ist leicht vergrätzt, als die ihren Verpflichtungen (also Party später) noch nachkommen will.

Der Film ist ein echt knorker Reißer und anschließend landet unser Dämonenjägerpärchen in der populären TV-Talkshow von George Hardin, der ziemlich viel über Tony, Vicky, Silver und den ganzen Dämonenjob weiß und sich von unserem Helden alles noch mal für das amerikanische Millionenpublikum bestätigen lassen will. Daraufhin bricht natürlich sofort eine amerikaweite Dämonenhysterie aus und jeder ruft im Studio an, inclusive eines Drohanrufs aus Chicago, der Tony aussortiert unter Tausenden vorgespielt wird (privat) und den der besorgte Dämonenhasser auch sofort löschen lässt (!!!).

Während Westlake seinen höllischen Plan zurecht strickt (von dem wir noch nichts Genaues wissen), ist Ed Comstock erst mal untot munter zum Michigansee marschiert, wo halb Chicago sich ganz gern mal zum Schmusen trifft. Hier speziell sind es die fesche Alicia und der großgewachsene blonde Deutschland-Import Helmut (Echt jetzt?), der mit seinem Käfer durch die Staaten rollt.

Natürlich wollen untote Schlosser nur eines: fesche Mädels meucheln, wogegen Helmut aber so einiges hat. Deshalb muss er sich auch sein Chassis doppelt eindellen lassen (das vom Auto und vom Gesicht), während Alicia die Schockgefrorene mimt. Aber immerhin, Helmut saves the day und bringt die Holde gerade noch so in Sicherheit. Dann sammelt Westlake den Untoten endlich für seine Zwecke ein.

Und hier kommen sie auch schon, die satanischen Zwecke: in einer großen Kreativleistung hat der Uhrmacher bereits vier Herren zu Untoten gemacht: neben dem Schlüsselmeister noch einen Elektronikexperten und ein Einbrecherpärchen. Denn Westlake will, neben einem gutgehenden Uhrenversand für Satan persönlich: Geld. Viel Geld. Harharhar!

Also setzt er seine Untoten auf den Safe einer großen Maschinenfabrik an.

In selbiger Fabrik schieben die Nachtwächter Cellar und Morse gerade tierisch Langeweile und schrammen langsam an einer existenziellen Krise entlang. Als sie den Einbruch bemerken, ist Morse Feuer und Flamme für den ersten Einsatz seiner Dienstwaffe, während Cellar immerhin protokollgetreu die Polizei informieren darf, ehe sie sich in den Kampf stürzen.

Der Anruf erweist sich als gute Sache, denn die Untoten lassen sich weder vom Einbrechen ab- oder von Kugeln aufhalten und polieren den beiden übelst die Fresse.

Ähnlich geht es dann der tapferen Streifenwagenbesatzung, die das Gleiche versucht: erst gibt es Dresche, dann legen die fiesen Untoten auch noch den „patrol car“ auf den Kopf. Sapperlot!

Derweil konferieren Ciny, Fortescue und Gilling über das Leichenverschwinden und Erstere finden in Letzterem einen willigen Zuhörer, ist Gilling doch über das weitere dreifache Verschwinden von Leichen längst informiert. Darüber hinaus hat der Polizist auch mal ein Buch über Voodoo gelesen und die Lenkbarkeit von Toten bringt uns jetzt zu dem lustigen Zombie-Titel. Hilfreich!

Die große Rasterfahndung läuft nach den Ereignissen vom Safeknacken natürlich an und schließlich werden zwei der fiesen Untoten im Hotel Wellington ausgemacht.

Tony hat mit Silver und Vicky inzwischen eine Promotion-Ochsentour an der Ostküste durchgeführt, als ihm irgendwann auffällt, dass die Beziehung langsam unter dem Stress leidet. Er bittet Vicky zum ernsten Gespräch und bald schon fließen die Tränen. Zum Glück kennt Tony ja den großen Industriellen Tucker Peckinpah und verweist auf dessen Anwälte, damit sein Mäuschen vertragsbrüchig werden und die Tour abbrechen kann.

Da hat Silver mal wieder eine seiner dollen Vorahnungen und gemeinsam reist man nach Chicago zwecks Klärung, wo man den letzten Termin wahrnehmen will. Natürlich logiert man im Wellington Hotel.

Tony fällt sofort die getarnte Polizeipräsenz auf und kriegt dann auch bald Besuch von Gilling und Fortescue, die ihn in den Fall einweihen. TV-Präsenz bringt es halt. Tony ist auch sofort hilfsbereit, hat aber seine wichtigsten Waffen leider nicht mit im Urlaub (tsts…) und muss sich auf Silberkugeln, den magischen Ring und diverse verbale Bannsprüche verlassen.

Zunächst zerstört er unter größeren Mühen erstmal Comstocks Satansuhr, was aber später keine Auswirkungen auf dessen Bewegungsradius haben wird. Danach nimmt er erst einmal einen Absacker an der Hotelbar und lernt da eine verführerische Dame mit Sonnenbrille kennen, die einen ungewöhnlichen Einfluss auf ihn ausübt. Unter diesem magischen Bann (vermutlich gepaart mit einem längeren Samenstau) lockt sie ihn ins nächste Zimmer, wo er schon fast die Hosen runter hat, als ihm auffällt, dass die Schöne gar nicht atmet und er einer Untoten aufgesessen ist.

Als er sie mühsam bekämpft, bekommt sie auch schon von zwei ihrer Zombiekollegen Unterstützung.

Derweil darf auf der finalen Pressekonferenz der Filmtour auch Mr.Silver mal Werbung für Tony (und für sich) machen und auch gleich noch John Sinclair angemessenen Respekt zollen, als er Gefahr wittert. Er eilt sofort ins „Wellington“ und hilft Tony, die Angreifer zu bekämpfen. Anschließend erfährt er endlich von der schönen Toten Westlakes Namen und Adresse.

Dort starten sie einen finalen Angriff auf Westlake und seine eigene Höllenuhr und die dämonischen Kräfte von Asmodis, die aus ihr quellen. Tony wird zwar fast eingeäschert, aber er kann per Ring die Uhr zerstören und alles ist wieder Wölkchen.
Dumm nur, dass er mit dem Romanschluss erfährt, dass Dämonen inzwischen die holde Vicky entführt haben…

Rumpelstilzchen und die lebenden Toten…
Na, auch leicht enttäuscht?

Das war der diabolische Plan, der Abel Westlake die Gunst Satans und die Beherrschung der Welt durch Untote bringen sollte?

Also nochmals: er konstruiert zunächst Uhren und die bringen für ihn ausgesuchte Leute um.

Dann muss Westlake anschließend einen fernmündlichen Antrag an seinen hölllischen Chef stellen, ob er den Getöteten dann auch später noch benutzen dürfe.
Wenn das okay geht (aufgrund der Erklärung, er würde ja dann auch pro-satan eingesetzt), dann darf er den marodierenden Toten einsammeln und seine infernalischen Absichten mit diesem umsetzen.

Und die bestehen hauptsächlich in was? Genau: reich werden. Oder wie es in einem händereibenden Rumpelstilzchen-Monolog aus der Bela-Lugosi-Mottenkiste hier heißt:

„Meine Geschöpfe werden in dieser Stadt Angst und Schrecken verbreiten. Sie werden rauben, plündern, brandschatzen. Alles in deinem Namen, Herr des Grauens und des abgrundtief Bösen! Diese Stadt wird bis in ihre Grundfesten hinein vor uns erzittern! Viele Menschen werden Todesängste auszustehen haben. Und ich werde reich werden. Reich!...R-e-i-c-h! REICH!“

Wenn ich so etwas lesen muss (wo wird denn 1978 übrigens noch gebrandschatzt???), dann sträuben sich nicht nur die Augenbrauen, das kommt wirklich aus einer so ollen Ecke des Werkzeugkastens für „augenrollende Ausgeflippte“, dass man sich wundern muss, wer im Lektorat diese Niederschrift wirklich zugelassen hat.

Dazu passt natürlich, dass der finstere Planer – der zu Romanbeginn sein Leben an die zentrale Höllenuhr gebunden hatte und somit relativ unsterblich wurde – am Ende die Zerstörung eben jenes Zeitmessers durchaus überlebt, sich aber zumindest in ein sabberndes Elend verwandeln darf.

Aber das alles ist ja nur Overacting, wirklich offensiv eindimensional ist eben der Plan, einen Safe auszurauben, für den man so viel übernatürlichen Aufwand betrieben hat. Einen Safe, der 90.000 Dollar und weitere 30.000 in Wertpapieren beinhaltet. Auch in den Spätsiebzigern keine dolle Summe, genügt aber, um unterbezahlte Uhrmacher irre gackernd durch ihr Geheimgewölbe hüpfen zu lassen.

Weil dieser satanisch komplexe Plot natürlich nicht für einen Roman ausgereicht hat, wurde er zwangsläufig mit narrativen Streckungen angereichert. Da fallen vier Seiten für Freund Helmut am Michigansee ab und über ZEHNEINHALB für die doofen Nachtwächter und ihre unglücklichen Streifenwagennachfolger.

Was unsere Helden angeht (die Frage ist ja berechtigt): die sind lange lange lange auf Promotionstour. Da geht es um den Film, dann über den Promotionsstress und dann darf Tony sich selbst mal in einer Talkshow anposen. Am Ende wiederholen Vicky und Silver das Ganze noch mal, diesmal mit dem Anteasen eines Sinclair-Crossovers, wobei die hohle Ansprache Silvers, warum er bei Tony das Vicky-Schoßhündchen macht, noch am lautesten in allen Gelenken knirscht.

Auch mit Tony selbst muss man zwangsläufig hadern, denn diese leichte „untervögelt“-Tendenz wird zwar nirgendwo direkt angesprochen, aber schwingt im Hintergrund mit, wenn die Untote Tonys Hormone magisch in Schwung bringt (wie sie das macht, weiß wohl nur der verrückte Uhrmacher). Und als er seine Freundin dann endlich vom Stresslevel überzeugt hat (sie hat sogar abgenommen, das arme scharfe Teil), da fließen auch schon wieder die Tränen.

Egal, am Ende darf Tenkrat diesen Hau-Ruckplot, der niemals auch nur ansatzweise so etwas wie eine spannende Bedrohung produziert, dann auch mit einer – wieder mal mäßig organisierten – Frontalattacke seines Helden beenden, der WIEDER MAL ohne Silver nicht überlebt hätte. (Die Teilnahme der Helden an dem Fall beginnt übrigens mit Seite 46!)

Wobei: obwohl vier Untote mit durchschlagenden Kräften in diesem Roman rumkrebsen, kommen neben den vier Opfern des Zombiequartetts wie viele Leute ums Leben? Genau gar keiner!

Die Leute in Chicago wehren sich so effektiv oder hat enormes Glück und keiner der Untoten trägt eine Waffe, als hätte es da eine Verlagsdirektive gegeben, dass die Opferzahlen doch bitte etwas runtergeschraubt werden müssten.

Insgesamt gesehen also ein ganz schwacher Beitrag zum TB-Kanon, weil man immer noch das Gefühl hat, Tenkrat habe damals seinen Helden mehr oder minder mühsam immer wieder in die Grundplots reingeschrieben und organisatorische Inkompetenz (des Helden) immer noch für ein bewährtes Mittel zur Spannungserzeugung gehalten.
Raffinierte Plotentwicklung ist meistens gar nicht vorhanden, dafür viele irgendwie kuriose Figuren in Nebenrollen, die aber wenig für eine stimmige Grundatmosphäre tun.

Also machen wir jetzt mal einen größeren Sprung nach vorn und widmen uns nochmals einer Auswahl der zwanzig letzten GK-Abenteuer des Dämonenhassers.

Da hoffe ich dann den rechten Takt zu finden, der mir in der Serie später immer so gut gefallen hat…

Kommentare  

#1 Andreas Decker 2017-03-28 09:50
Im Ballard-Universum sind Dämonen wie Ungezieferbefall im Haus, jeder hat schon mal davon gehört, und wenn es dich trifft, genügt ein Blick in die Gelben Seiten, um sie entfernen zu lassen. Das hat man als Leser entweder irgendwann akzeptiert, oder ist ausgestiegen. (Obwohl das mit der Talkshow wirklich, wirklich albern ist.)

Schöne Rezi. Macht Spaß zu lesen. 8)

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