»Schön war die Jugend?« - Ausflüge in die Romanheftvergangenheit: Im Niemandsland des Bösen (Gespenster-Krimi 429)
Ausflüge in die Romanheftvergangenheit:
»Im Niemandsland des Bösen«
Gespenster-Krimi 429 von A.F. Morland (Friedrich Tenkrat)
Einer von mehreren cleveren Kniffs, mit kleinen Novitäten oder Cliffhangern das Interesse des Lesers an der Subserie hoch zu halten oder anderweitig gleich auf zu klärende Vorfälle für die nächste Folge hinzuweisen.
In diesem Fall konnte ich dem mal Folge leisten, weil mir die nächsten beiden Romane praktischerweise gleich mit in die Hände gefallen sind, weswegen wir auch gleich einen kuriosen Vorfall abarbeiten können, der bei Bastei nicht zum ersten und sicher nicht zum letzten Mal vorgekommen ist.
Ich muss nämlich, wenn ich linear weitererzählen will, den auf die „Bestie“ folgenden Roman „Hexenterror“ (GK 420) überspringen und gleich mit dem übernächsten weitermachen, weil Morland offenbar fleißig gleich zwei Manuskripte zeitnah abgeliefert hatte und die Verantwortlichen die Notwendigkeit der Storyabfolge offenbar nicht bemerkten oder sie schlichtweg ignorierten.
So kamen die Leser in beiden Folgeromanen (soviel Info musste immerhin sein) in den Genuss einer Zusammenfassung, wie es zu dem Unsichtbarkeitsvorfall kommen konnte. Nur steht eben in „Hexenterror“ eine Menge an informellen Vorkommnissen aus „Niemandsland“, von denen der Leser noch gar nichts erfahren hatte, weil das erst neun Wochen später im GK veröffentlicht wurde.
Der gesamte Kampf gegen den dämonischen Hexenjäger Mago und die unangenehm aufreibenden Abenteuer von Silver und Roxane auf dem Planet des Grauens gerieten so schon in die Vergangenheit. Das wäre an sich noch nicht SO schlimm gewesen, hätte Autor Tenkrat nicht ausgerechnet in diesem vorliegenden Roman bei der Nebenhandlung in der Dämonendimension einen heftübergreifenden Cliffhanger eingebaut, der erst in „Hexenterror“ wieder aufgelöst wurde – und so schmerzt die Manuskriptverwechslung dann doch ein wenig.
Aber wirklich nur ein wenig, denn so flott und unaufgeregt, wie das alles aufgelöst wird, hätte vermutlich Fans von Kinoserials dazu gebracht, ihr Popcorn gegen die Leinwand zu schmeißen.
Um es vorweg zu nehmen: beide Romane zählen jetzt nicht gerade zu Tenkrats Meisterwerken, können aber munter in die beiden vorherrschenden Kategorien eingeordnet werden, die der Autor so gern verfolgte: entweder eine Bedrohung durch einen übermächtigen wiederkehrenden Supergegner und somit ein starker Angriff auf praktisch das gesamte Team (429) oder eben der Ausflug an einen exotischen Schauplatz rund um den Erdball, wo sich eine schwarzmagische Kraft gefährlich bemerkbar macht (420).
Erzählerisch fließt es wie schon den letzten Romanen sehr zügig voran, die Exotik funktioniert, Pernod und Lakritzbonbons sterben einen zahlreichen Heldentod in Tonys Kehle, unsere Helden hecheln den Ereignissen meistens etwas hinterher oder zeigen sich erst im letzten Romandrittel so richtig „am Fall dran“ und schlussendlich muss Silver meistens den Tag retten.
Hab ich noch was vergessen? Ach ja: je länger ich die Subserie lese, desto unsympathischer erscheint mir Tony manchmal – allein sein Gemaule bezüglich der nicht so einfach aufzulösenden Unsichtbarkeit ist schwer zu ertragen, garniert mit ständigen Sticheleien. Dass man mit der Belastung durch die Unsichtbarkeit durchaus etwas mehr hätte machen können, fällt Tenkrat leider nicht ein, der Einfall funktioniert wirklich nur recht kostengünstige „plot device“, bringt uns die Charaktere aber keine fünf Cents näher.
Ich fasse jetzt mal beide Romane konsumentenfreundlich zusammen, weil sie einzeln jetzt nicht aufregend genug für Einzelbeiträge gewesen wären, außerdem lasse ich ungern Cliffhanger-Nöler unbefriedigt zurück…
Beinhart wie‘n Rocker…
Es ist mal wieder soweit im Hafen von London, das Böse regt sich. In diesem Fall ist es Schwarzmagier Mago, der mit drei Schergen aus einer Höllendimension eingetroffen ist, um die gute Roxane, ihres Zeichens weiße Hexe, zu holen und zu meucheln.
Leider ist der Ankunftsort auch gleichzeitig im Einzugsbereich der motorisierten Rockerbande des lederbewämsten Dana Domingo, der mit seinen Brüdern die Eindringlinge auch sofort attackiert.
Natürlich wird das nichts und drei Rocker sterben durch die Höllenpeitschen einen schrecklichen Tod und verwandeln sich in Knochenmänner.
Eine Weile später erwachen sie dann wieder zum Leben und attackieren den delirischen Säufer Colin Bybee, den ein verpatztes Rendezvous zum Hafen verschlagen hat. Bybee kann entkommen, woraufhin sich die Skelette an die Karten spielende Besatzung eines Frachters ran machen.
Gleichzeitig besuchen Silver, Vicky, Roxane und der unsichtbare Tony ihren Freund Lance Selby in dessen Londoner Heim und schnacken eine Weile (bzw. zicken ein wenig herum). Da taucht plötzlich Bybee auf, der ZUFÄLLIG ein Freund von Selby ist und so unsere Freunde in die Story hinein ziehen kann.
Silver, Selby und Tony düsen also zum Hafen, wo sie gerade noch rechtzeitig kommen, um in den Kampf zwischen den Skelettrockern und den Seeleuten einzugreifen. Einer der Männer ist bereits ermordet worden, die übrigen drei können sie aber retten. In Sachen Identifizierung hilft dann eine tränenreiche Rockerbraut, die für unsere Helden die Verursacher als Mago & Co anzeigt.
Das hat parallel Roxane beim Dimensionspendeln auch rausgefunden und ist darob stark beunruhigt. Als die Freunde wieder zusammen sind, präsentiert sie auch eine weitere Idee: der Zauberspruch zur Aufhebung von Tonys Transparenz müsste auf dem Stein der schwarzen Sprüche zu finden sein, einer Zauberspruchenzyklopädie im Niemandsland des Bösen auf dem Planeten des Grauens. Der Weg dahin ist fast unmöglich zu schaffen und generell ist die Idee halsbrecherisch, aber dennoch machen Silver und Roxane lieber das, als das Sträußchen mit Mago auszufechten.
Kaum sind die beiden losgependelt, greift auch schon Mago mit magischen Kräften (hihihi…) das Rest-Team an und transportiert in irgendein Gewölbe sonstwo. Dort werden Vicky und Selby an die nächste Wand gebunden, Tony ist ja (noch) nicht auszumachen.
Weil Mago auf das übliche „Überlegt es euch erst mal“ setzt, kann Tony seine Freunde befreien und mit ihnen nach einem Ausgang suchen. Er überwältigt einen der Peitschenschergen mit dessen eigener Waffe, doch diese wendet sich dann gegen ihn. Mühsam überlebt er das mit Hilfe seines Rings und wendet auf den nächsten Schergen dann sein weißmagisches Feuerzeug an.
Doch dann greift Mago selbst ein und bedroht Selby und Vicky, indem er seine Pranken von seinem Körper löst und sie an die Hälse von Tonys Mitstreitern sendet.
Derweil schlagen sich Silver und Roxane durch die Halbkugelwelt des Niemandslandes, wo alles nur aus Gefahren besetzt. Fressende Felsen, mörderische Affenwesen und Flugdrachen tauchen nacheinander auf und Letztere entführen zeitweilig Roxane. Silver folgt ihr in den Todesbezirk der schwarzen Priester (dort, wo auch die besagte Felswand ist) und räumt mit einem erbeuteten magischen Dreschflegel auf. Nachdem er Roxane befreit hat, lesen sie wie die Wilden die Sprüche auf der Wand ab, ehe sie wieder attackiert werden und fliehen müssen.
Verfolgt von den schwarzen Priestern, sammelt Silver noch einmal seine Kräfte…
Tony setzt derweil im letzten Gefecht auf seinen Dämonendiskus und davor hat dann sogar Mago Angst, während Selby Vicky vor dämonischer Beeinflussung retten darf. Tony verfehlt Mago knapp und alle finden sich in einer Burgruine vor den Toren von London wieder.
Silver und Roxane schaffen im letzten Moment den Dimensionswechsel in die Heimatwelt und kommen wieder in Tonys Wohnzimmer an. Leider hat Silver den Spruch nicht finden können und Tony ist vor Enttäuschung ganz kurz davor, sich in ein Riesenarschloch zu verwandeln, als Roxane eben die Pointe zündet, dass stattdessen sie ihn abgelesen hat. Rasch aufgesagt und das Problem ist gegessen.
Derweil ist in Australien die Hexe los. Im abgelegenen Urapunga geht Lucie Lamarr um, die nicht verknusen kann, dass Waise Laurinda sich in Rindertreiber Don Daeley verliebt hat. Eifersüchtig tötet Lucie in Pumaform erst Laurinda, dann am nächsten Tag auch noch Don, weil der das eben nicht so toll findet. Im Sterben schreibt er mit Blut aber noch Lucies Namen auf.
Das ist für Quincey Hagman, den örtlichen Sheriff, sehr hilfreich, der die Leichen mit seinem Gehilfen Dutton am nächsten Tag findet. Er sucht Lucie auf und kastelt sie in der nächstbesten Zelle ein. Sofort sucht sie dämonische Unterstützung bei Asmodis und bekommt sie – will sie doch verhindern, dass ein Richter nach Umpalumpa zwecks Verurteilung kommt.
Also verschluckt eine dämonische Wolke den schon legendären Postflieger Kenny Koba, weil dieser demnächst besagten Richter fliegen werde. Zwei handelsübliche Teilskelett-Teufelshorn-Monstren drohen Koba und fordern ihn auf, den Richter auf eine andere Insel zu fliegen (Leute, nicht fragen…). Koba geht darauf ein, hat aber nicht vor klein beizugeben.
Anschließend trifft er Tony und Silver, die mit Tucker Peckinpah auf einer Australien-Erholungsreise sind und die wegen Silvers Dämonensinn Übles ahnen. Bei einem Rundflug erfahren sie alles von Kobas Erlebnissen und beschließen den Transport von Richter Watson zu begleiten. Doch prompt werden sie wieder von der Wolke verschluckt.
Derweil verschmäht in Hagmans Knast Lucie das Frühstück des Sheriffs, hypnotiziert ihn und bringt ihn fast zum Suizid, im letzten Moment kann Dutton eingreifen und Hagman retten. Sie machen sich an die Verfolgung und stöbern sie im Regenwald wieder auf, wo sie weitere dämonische Kräfte beschwört. Sie verwandelt sich in ein Monstrum, verletzt Dutton, bringt ihre Opfer aber wieso auch immer nicht um.
In der Wolkendimension werden die vier Insassen des Fliegers voneinander getrennt und dann strategisch angegriffen. Tony hilft dem Richter, wird aber attackiert und kann den Mann dann doch nicht retten. Silver rettet Koba und sackt auch Tony wieder ein (der niedergeschlagen und dann wohl liegen gelassen wurde).
Man fliegt weiter nach Ukawango und sucht Hagman auf, mit dem man sofort an den letzten Beschwörungsort fährt. Dort werden sie von fliegenden Horror-Holzmasken angegriffen, die den Sheriff magisch übernehmen, doch Silver kann das durch seine Kräfte verhindern.
Derweil leidet Dutton schwer unter den magischen Verletzungen und Koba wird in einer Bar von einem Rauchmonster hingerichtet. Die Hexe verwandelt sich als Endgegner in ein riesenhaftes Flammenwesen und wird durch den Dämonendiskus schließlich vernichtet.
Where ever I lay my hat, there is hell…
So leicht, so locker, so routiniert Tenkrat auch diese Romane geskriptet hat, zeigt die Reihe gerade wegen solcher lässig verbundener Romane bei mir starke Ermüdungserscheinungen.
Es ist – letztendlich – dann doch nur Makulatur, Fassade, ein bisschen frischer Anstrich über ziemlich vielen Standards und – zumindest in dieser Phase – ziemlich schlechten Dialogen.
Da kann man noch so mit verbindenden Elementen jonglieren, es wirkt wirklich konstruiert: da reisen die Herren mal in den Urlaub (was in „Hexenterror“ auch mal wieder einen halben Roman dauert), schon haut gerade da eine Hexe auf die Pauke, wo sie sich zufällig befinden.
Da gibt es die Bedrohung durch Mago und eine Handvoll Schergen und zwei der magisch begabtesten Kämpfer düsen unbedingt sofort in eine Höllendimension, um Tony sichtbar zu machen, nur weil sich Silver wegen Roxane in die Buxen macht. Daraus folgt, dass die weniger gut ausgestatteten Teammitglieder gegen den Hexenjäger antreten müssen und da sind Selby (wenig Wirkung) und Vicky (null Wirkung) natürlich nicht eben hilfreich.
Tenkrat weiß, wie man viel Wind macht, wie man ausschmückt, wie man Lokalkolorit mit wenigen Strichen zeichnet (auch wenn die örtliche Anordnung von Rindersteppe und Regenwald direkt nebeneinander mich nicht eben überzeugt hat), das alles ist gut. Es gibt Action, es gibt Druck, wäre es Film gäbe es jede Menge Spezialeffekte.
Aber diese Romane gehen alle nicht besonders in die Tiefe, die Hauptfiguren sind flacher angelegt als die Gaststars und müssen zeitweise sehr sehr lange zurück gehalten werden, damit die Bedrohung nicht zu schnell dahin ist.
In „Niemandsland“ gibt die Entführung durch Mago bspw überhaupt nichts her. Der Hexenjäger sucht erst Tony (erfolglos, weil unsichtbar), dann findet er ihn magisch, interviewt ihn wegen Roxane und schon geht es ins letzte Gefecht. Das ist inhaltlich so knapp, dass Tony sogar noch einen Off-Kommentar zu Vickys literarischer Karriere hinlegen darf, der so gar nicht an die Stelle passt. Dass Selby am Ende wenigstens Vicky mittels eines magisch aufgeladenen Amuletts das Leben retten darf, ist schon ein kreatives Highlight.
Die Nölereien und Frotzeleien zwischen Tony und Silver wiederholen sich sehr stark und Tenkrat kriegt es langsam aber sicher so hin, dass man sich fragt, ob die beiden sich überhaupt ausstehen können, Freunde klingen anders. Wo Silver manchmal die Motivation hernimmt, ist schon sehr fragwürdig. Aber die meisten Dialoge klingen auch weiterhin sehr gestelzt, bemüht und manchmal schlichtweg hohl und albern.
Und selbst wenn das Team pausiert, ist nicht alles Eitel Sonnenschein, denn der „Hexenterror“ ist einer der für mich widersinnigsten Romane, die Tenkrat geschrieben hat.
Hexenbesen Lucie wollte ja eigentlich an ihren Dan ran, doch dazu muss sie die neue Liebschaft meucheln, weil sie böse ist. Dann präsentiert sie das praktisch am schwarzen Brett und ist dann bratzig, wenn ihr Herzi das nicht dolle findet. Verhext sie ihn jetzt? Liebeszauber? Nö! Umbringen ist angesagt.
Danach hat die Figur eigentlich keine Motivation mehr, sondern bittet einfach um immer mehr böse Macht, die sie auch bekommt.
Als sie verhaftet wird, geht sie erst mit, dann sitzt sie endlos in der Zelle rum, dann bricht sie doch mal aus und will den Sheriff zum Suizid treiben. Wieso das alles und gerade dann? Keine Ahnung!
Warum eine Hexe, die das kann, Angst vor einem Justizvertreter wie dem Richter haben sollte, ist total unverständlich, doch genau der wird zu ihrem nächsten Ziel.
Bringt man den vielleicht per Monstrum in der Küche um? Nö!
Man instruiert seinen künftigen Piloten, ihn nicht zum Ziel zu fliegen, sondern auf eine einsame Insel, wo man sich um ihn kümmern wird. (Bitte am besten laut vorlesen den Satz!) Dazu entführt man den Piloten extra in ein Wolkenzwischenreich oder so. Und der tippt sich hinterher an die Stirn und sagt, die können mich mal! Was sie ja dann auch tun!
Ob der Richter nun stirbt oder nicht, hat keinerlei Auswirkungen auf den Roman, dafür gibt es aber mal wieder eine Kampfszene, in der Tony erneut nicht so dolle ausschaut.
Drumherum gibt es viel Trara rund um einen Dorfsheriff, dem auch die größten magischen Phänomene offenbar nicht ausreichend sind, um mal Fersengeld zu geben.
Und wieso spielt der Roman eigentlich in Australien? Er hat nichts besonders Australisches an sich, außer ein paar Beschreibungen über Helipiloten, die flüchtige Rinder verfolgen, legendäre Postflieger und einen Maskenregenwald, der auch in Kenia stehen könnte. Gut, Tony darf ein paar Tourismusziele nennen, Romanexotik kommt damit aber noch lange nicht auf.
Am Ende doch nur eine back-to-back-Schreibe mit der heißen Nadel und den üblichen, wirksamen Anreisserthemen, die recht gewöhnliche Geisterjägerplots ein wenig kaschieren.
Bei den nächsten Romanen schau ich lieber vorher mal durch, ob etwas von Interesse dabei ist und lasse dann die TB-Gk‘s langsam ausklingen. Denn „beliebig“ ist kein gutes Rezensionsthema, kommt aber hier aber beunruhigend oft vor.
Kommentare
Außer Stan Lee natürlich. Matt Murdock, Peter Parker, Doctor Doom, Reed Richards, Peter Parker, Stephen Strange und zig mehr.