»Tony Ballard« revisited - Teil 11: Viel Feind, viel Ehr…
»Tony Ballard« revisited
Teil 11: Viel Feind, viel Ehr…
Nachdem wir es im bisherigen Serienverlauf ja überwiegend mit eher unspektakulären „Fällen der Woche“ zu tun hatten, war nach der im Vergleich dazu schon fast fulminanten Trilogie eigentlich damit zu rechnen, dass der Autor es erst einmal wieder etwas ruhiger angehen lassen würde. Doch der belehrt den staunenden Leser eines Besseren. Nicht nur, dass in diesem Roman die Frage, was aus dem verlorenen Mitstreiter Frank Esslin wurde, beantwortet wird, so taucht auch hier bereits wieder ein hochrangiger Gegner auf: Mago, der Jäger der abtrünnigen Hexen. Und wenn es auch etwas lächerlich und unpassend erscheint, dass er mit einem gestohlenen LKW zu seinem Treffen mit dem ebenfalls schon wieder hochaktiven „Dämon mit den vielen Gesichtern“ Rufus fährt, so lässt die Idee, die dahinter steckt, schnell über diesen Umstand hinwegsehen: Er will sich nämlich das Höllenschwert unter den Nagel reißen, welches sich in Mr. Silvers Besitz befindet.
Ein guter Grund, sich mit Rufus zusammenzutun, der zu diesem Zweck unseren verlorenen Freund Frank Esslin „wiederbelebt“, damit dieser sich das edle Teil in einem Täuschungsmanöver unter den Nagel reißt. Damit er es aber überhaupt anfassen kann (wozu man, wie wir uns erinnern, einen besonders starken Willen benötigt), soll er dann auch gleich noch ein bisschen an Stärke zulegen. Wie macht man sowas? Nun, da für diesen Roman ja ein Cover mit einem Ziffernblatt zur Verfügung steht, auf dem ein Mann angekettet ist, liegt die Lösung auf der Hand: Man erfindet (mal wieder) eine Art „Höllenuhr“, mit der aber - anders als im unsäglichen Band 4 - nicht die Lebenszeit manipuliert werden kann, sondern einfach nur die Lebensenergie der Opfer abgesaugt und dem frischgebackenen Höllenstreiter zugeführt werden soll. Wobei der Autor sich selbst nicht so ganz sicher zu sein scheint, ob Esslin nun wirklich tot ist, oder sich in einer Art Zwischenstadium befindet.
Doch sei es wie es sei, die Seiten zwischen dem Anfang und dem Ende müssen irgendwie gefüllt werden, und dass die Umkehr schließlich gelingt, dürfte selbst diejenigen Leser nicht überrascht haben, welche zum damaligen Erscheinen des Romans noch keine Ahnung von den zukünftigen Ereignissen haben konnten. Warum Rufus am Ende nun unbedingt diese seltsame Totenuhr benötigt, um diese Umkehr vollziehen zu können, oder warum dieser mächtige Dämon dafür überhaupt auf ein so umständliches Ritual zurückgreifen muss, weiß nur der Autor.
Dass es dann letztlich nicht zu dem geplanten Täuschungsmanöver, sondern stattdessen natürlich zu einem dramatischen Zusammentreffen der Helden mit ihrem an die Hölle verlorenen Freund kommt, ist zwar dramaturgisch nachvollziehbar, schade ist es aber dennoch. Ein Gelingen des Plans hätte nämlich wieder in eine ganz andere, nicht unspannende Richtung geführt: Esslin wäre als vermeintlicher Freund zurückgekehrt und dann mit dem Höllenschwert wieder untergetaucht, um es Mago zu übergeben. Dieser - und das ist im Grunde das Highlight des Romans - intrigiert bereits gegen Rufus und verspricht sich von dem Besitz des Höllenschwerts einen Machtgewinn. Da bekommt man bereits einen Vorgeschmack auf spätere Zeiten. Andererseits könnte man natürlich auch die Zerstörung der doch etwas lächerlich anmutenden Weihwasserpistole als Highlight bezeichnen…
Und auch wenn dieser Roman - trotz des Figurenaufgebots und trotz wichtiger Ereignisse - nicht wirklich zu überzeugen vermochte, was Spannung und Handlungsführung betrifft, so haben wir es auch mit dem wieder eher nicht mit einem einfachen Fall der Woche zu tun. Fast könnte man meinen, dass nach der Trilogie endlich der Knoten geplatzt war und der Autor sich traute, den anfänglichen Pfad der überwiegenden Einzelromane zu verlassen und die serienübergreifende Handlung etwas dichter und bunter zu gestalten. So taucht mit „Fystanat“ in diesem Roman nicht nur das nächste Mitglied des „Weißen Kreises“ auf, es gibt auch ein Wiedersehen mit dem Silbermann Metal und seiner Begleiterin, der Zauberin Arma.
Diese tritt zunächst nur als geheimnisvolle Unbekannte in Erscheinung, allerdings lässt der Autor den Leser nicht allzu lange im Unklaren, mit wem man es hier zu tun hat. Dass es sich bei Fystanat um einen alten Bekannten von Pakka-dee handelt, weiß man dagegen schon und auch der Gegner scheint dies zu wissen, weshalb er den potentiellen Feind sofort beseitigen will, kaum dass dieser einen Fuß auf die Erde gesetzt hat. Keine schlechte Idee möchte man meinen, allerdings fragt man sich warum es dann unbedingt auf die hier geschilderte Art und Weise geschehen muss. Statt den Feind einfach zu überraschen und dann zu töten - die Gelegenheit dazu hat man ja - verschleppt man ihn erstmal in eine Ruine und steckt ihn dann in einen magischen Sarg, der wie eine eiserne Jungfrau mit tödlichen Stacheln gespickt ist.
Das heißt, natürlich beschließt man nur, das zu tun. Später, denn später ist, wie wir ja aus unzähligen ähnlichen Heftromanen wissen, immer besser, als sofort… Abgesehen von der Frage nach dem Sinn einer so umständlichen Todesart könnte man dann auch noch die Überlegung anstellen, warum die schwarze Macht (wer genau dahinter steckt, erfährt man nicht) ausgerechnet Metal und Arma diesen „Auftrag“ erteilt, welche ja in Band 12 eigentlich als eher unabhängig agierende „Dimensionsvagabunden“ bezeichnet wurden, aber sei es drum. Nachdem wir uns also darüber amüsiert haben, wie Fystanat von ein paar Riesenratten überwältigt wird, welche seinen Namen „flüstern“ und ihn zum Verlassen des Wagens (!) auffordern („Fystanat, steig aus!“), wundern wir uns noch ein bisschen darüber, dass Zauberin Arma die von ihr rekrutierten Helfer zunächst erblinden und dann auf magische Weise doch wieder sehen lässt (schließlich sollen sie ja schon etwas erkennen können, aber falls der Bann abbrechen sollte, eben nicht mehr…).
Darüber dass Fystanat dann am Ende doch nicht in jenem Sarg der tausend Tode stirbt, wundert man sich dann eher nicht mehr, da das Cover schließlich bereits verrät, wer von den potentiellen Kandidaten letztlich in der Kiste landet: Die Zauberin Arma höchstselbst nämlich, welche nach einem Angriff Ballards dummerweise über das ausgestreckte Bein Fystanats stolpert, woraufhin sich der Deckel schließt und man - nachdem Metal sich natürlich schnellstens abgesetzt hat - davon ausgeht, dass sie auch tatsächlich das Zeitliche gesegnet hat. Doch was tut man nun mit so einem Sarg? Öffnen kann man ihn nicht, zerstören auch nicht (zumindest wüsste Ballard nicht wie das gehen sollte, also versucht er es erst gar nicht) und so lässt man ihn halt erstmal stehen und beschließt, das Gebäude mit einem Wachmann zu sichern.
Unterm Strich kann dieser Roman (wie schon der Vorgänger) trotz des Figurenaufgebots nicht wirklich überzeugen, dafür wirkt die Idee mit dem Sarg einfach zu merkwürdig und konstruiert, so als hätte der Autor den Sarg irgendwie in die Handlung einbauen müssen, da er nun mal auf dem Cover zu sehen ist. Und auch der Schlusskampf, der packend hätte sein können, wird durch eine eher unfreiwillig komische Comedy - Einlage eher zur Lachnummer (siehe Zitate). Als positiv könnte man noch werten, dass Arma dem Sarg ein paar Romane später wieder entsteigen wird, aber das kann der Leser zu diesem Zeitpunkt natürlich nur erahnen…
Die Totenuhr biss mit eiskalten, unsichtbaren Zähnen zu.
(TB 21/S. 63)
Doch woher wussten diese Tiere, wie der Mann im Fond hieß?
(TB 22/S. 6
Ich bremste das Tempo mit meinen Hacken, die ich so fest wie möglich auf den Boden drückte.
(TB 22/S. 43)
Er spreizte die Finger und wollte sie Metal in die Augen stoßen, doch er traf nur Metals Handkante, die dieser zwischen seine Augen und Mr. Silvers Finger schob.
(TB 22/S. 61)
Ich stürmte vorwärts, damit rechnete Arma garantiert nicht. Ich überrumpelte sie mit meiner Respektlosigkeit.
(TB 22/S. 61)
Dem Sarg war es egal, wen er tötete.
(TB 22/S. 63)