Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Die Vampire und Dirk - Der Vampir-Horror Roman: Die Todesengel

Dirk und die VampireDer Vampir-Horror-Roman
Die Todesengel

Der Vampir-Horror-Roman ist eine Legende des Heftromans. Ich bin leider erst nach Einstellung der Reihe auf die Serie gestoßen und habe in den achtziger Jahren jede Menge davon gelesen.

Dreißig Jahre später wiederhole ich das Experiment Vampir-Horror-Roman lesen nochmals. Ob es immer noch gefällt?

Die TodesengelDie Todesengel
(Dämonenkiller 11)
von Paul Wolf

Vampir Horror-Roman Nr. 63
April 1974 / DM 1,20

Pabel Verlag
Bei einem Teekränzchen in der O´Hara Nervenklinik ging es mal wieder hoch her. Gerade bekamen sich die Anwesenden lautstark darüber in die Haare, ob die Milch vor dem Tee in die Tasse gehört oder danach, als Kathrine „Kitty“ Lorraine mit der Faust auf den Tisch drosch und nach einem Joint verlangte. Die lebhafte junge Frau, mit  Hang zu Drogen und provokanten Äußerungen, hat den Kreis mit ihren Sticheleien fast zum platzen gebracht, konnte aber von Dr. Deming, dem Chefarzt einer Abteilung der Stiftung, noch mal besänftigt werden. Deming arbeitete nach ganz neuen Ansätzen und er behandelte seine Patienten, so weit es ging, auf Augenhöhe. Natürlich musste man den ein oder anderen Charakter etwas ausbremsen, aber im Grunde war er ein Freund der sanften Therapie in Form von Gesprächskreisen und jeder Menge Vertrauen. Für die ganz harten Fälle gab es in einem anderen Bereich der Anlage sogenannte Gummizellen zum austoben, aber die hoffnungsvollen und umgänglichen Patienten wohnten in schicken Reihenbungalows. Deborah Ashton gehörte noch nicht lange zum illustren Kreis und bereute bereits, dass sie ihre Einwilligung für den Aufenthalt hier freiwillig gegeben hat. Um sich abzureagieren, verbrachte sie ein paar Tage im gesicherten Teil der Stiftung. Das Entrinnen aus ihrer Ehehölle hatte sie sich anders vorgestellt. Jetzt saß sie im Bungalow der Schwestern Mercy und Hercy und aß, bei einem Tässchen Tee, Kuchen.

Kitty Lorain bekam am Abend noch Besuch vom schwergewichtigen Daniel Dean, der immer anfing zu zittern wenn Kitty ihn ansah. Er hatte wohl ein Problem mit Frauen und versteckte sich des öfteren im Gebüsch vor ihrem Fenster, um sie zu begaffen. Als sie ihn neckte und Moral sowie den Morgenrock fallen ließ, flippte er aus und war gar nicht mehr so schüchtern. Aus dem unbeholfenen Danny wurde ein rasender Würger, als Kitty noch eine Gestalt wahrnahm. Ein schwarzer, geflügelter Engel, so schien es, tauchte plötzlich auf und stieß ihr mehrmals einen Dolch in den Leib.  Als Demin später dazu kam und die übel zugerichtete Kitty sah, verabschiedete er sich schon mal ein wenig von seinem tollen Job und seiner Kariere.

Die Jugendstil-Villa wird schwarzmagisch angegriffen. Marvin Cohen wurde von seiner langjährigen Hassliebe Gail mit einem Pendel hypnotisiert und sollte seinen Wagen, mit einer mächtigen Bombe versehen, in die Garage unter der Villa fahren. Im letzten Moment stört ihn allerdings der Hermaphrodit Phillip und Cohen lenkt das Gefährt vor einen Baum. Wenig später explodierte der Wagen. Asmodi hatte einen mächtigen Hals auf Dorian Hunter und bedient sich manchmal banaler Dinge wie Sprengstoff.  Die Dämonenbanner, die zahlreich ums Haus verteilt waren, nutzten da nichts.  Der Terror ging aber noch weiter, denn der Puppenmann Donald Chapman hatte, ebenfalls unter Einfluss magischer Kräfte, sein Puppenhaus in Brand gesetzt und war danach panisch geflüchtet. Wenig später wurde die resolute Hausdame, Martha Pickford, von ihrem Schützling Phillip angegriffen. Dorian schlug ihn unnötig brutal k.o. und benahm sich auch danach ungewohnt ruppig und aggressiv. Nach einem Handgemenge mit Steve Powell, dem er einen Seitensprung mit Coco unterjubelte, zog ihm Miß Pickford eine Bratpfanne über den Schädel.

Nach dem Erwachen war für den Dämonenkiller klar, dass er untertauchen musste um den Angriffen des Höllenfürsten zu entgehen. Zumindest für ein paar Tage. Einen besseren Ort als eine Irrenanstalt gab es da nicht, denn die Angehörigen der schwarzen Familie fürchteten sich vor Geistesgestörten. Und so quartierte sich Dorian Hunter in die O´Hara Stiftung ein, wo auch seine Frau Lilian, nach der Begegnung mit Dorians Dämonenbrüdern, ein unfreiwilliges Zuhause gefunden hat.

Nach einem kurzen Gespräch mit Deming musste Dorian feststellen, dass der Doktor ihn nicht für ganz voll nahm. Der O.I. hatte ihn reingelegt und Deming erklärt, dass der hohe Beamte Hunter vom Secret Service Angst im Dunkeln hat und sich von Dämonen verfolgt fühlt. Die Wahrheit ist manchmal unglaubwürdiger als einem lieb ist, aber der Dämonenkiller spielte halbwegs mit. Eigentlich hatte er alle Freiheiten, bis auf eine Überwachungs-Kamera im Wohnraum seines Bungalows, und begrüßte ansonsten die fortschrittlichen Methoden des Psychiaters. Später lernte er noch die beiden Schwestern Hercy und Mercy kennen und erhielt auch prompt eine Einladung zu ihrem abendlichen Teekränzchen.

Deborah Ashton verzichtete auf die therapeutische Sitzung bei den Schwestern und war froh allein zu sein. Die Aufseherin, die mit ihr durch einen Lautsprecher und einer Kamera verbunden war, meldete sich nach ein paar zickigen Antworten nicht mehr. Inzwischen bereute Deborah ihren pampigen Ton, denn plötzlich ging das Licht aus und der schwarze Engel stand in ihrer Behausung, um sie von den Qualen zu erlösen die sie mit sich trug. Als Deborah anfing zu schreien, ging das Licht wieder an und das dunkle Wesen verschwand unverrichteter Dinge wieder.

Beim Kränzchen lernte Dorian weitere Patienten kennen, bis Deborah Ashton hereinplatzte und von dem schrecklichen Überfall berichtete. Der Dämonenkiller wurde sofort verdächtigt, ein potentieller Mörder zu sein. Sein Blick sprach schließlich Bände. Da Deming verhindert war, löste sein Assistent Dr. Hillary die Runde auf. Dorian Hunter war froh, dem Kreis entkommen zu sein und unterhielt sich etwas später noch mit dem Pfleger Arnie. Dabei kam heraus, dass Mercy und Hercy, nach gelungener Behandlung, freiwillig in der Stiftung geblieben sind. Sie kümmerten sich jetzt um das leibliche Wohl der Patienten und um ein wenig Nestwärme.

Gene Hallowell, ebenfalls Patient,  pflegte freiwillig den Park von Demings Abteilung und bekam so einiges mit. Er hatte Vertrauen zu Dorian gefasst und erzählte ihm, dass er Danny Dean für unschuldig hielt. Das hatte der ihm durch die Zellentür selber gesagt und außerdem hatte er aus dem geschlossenen Anbau die Schreie von Kitty Lorain gehört. War sie doch nicht tot? Der Dämonenkiller hatte jetzt einige dringliche Fragen an Deming, kam aber an den Wärtern nicht vorbei. Als er handgreiflich wurde, steckte man ihn in eine Zwangsjacke, fütterte ihn und schickte ihn unter die Dusche. Dort lernte er Danny kennen, der fest behauptete, dass Kitty von einem Todesengel mit einem langen Dolch dahin gerafft wurde. Die Nacht verbrachte Dorian in einer separaten Zelle neben Danny. Als er Geräusche hörte, kletterte er, mit Zwangsjacke, auf sein Bett und schaute aus dem Fenster. Man hatte Danny frei gelassen, oder besser gesagt dem Todesengel überlassen. Kurz, Danny war sein nächstes Opfer. Dorian musste aufpassen, denn hier wollte jemand eindeutig Zeugen los werden.

Am anderen Tag entschuldigte sich Deming für das ruppige Verhalten seiner Untergebenen und ließ Dorian wieder in seinen Bungalow. Gene Hallowell hatte angeblich am Morgen mit dem vermeintlich toten Danny gesprochen, der plötzlich nichts mehr von dem Mord an Kitty wusste. Dafür hatte Deborah Ashton erneut den Todesengel gesehen und darob den Bungalow mit Dorians schrulligen Nachbarn getauscht. Hunter versprach auf sie aufzupassen - und eigentlich war sie auch recht hübsch.

Am Abend gab es wieder Tee und Gebäck bei den Schwestern. John Storm, Dorians ehemaliger Bongalownachbar, machte keinen Hehl daraus, dass er ihn immer noch für einen Mörder hielt und verließ die Runde. Wieder in seiner eigenen Hütte schaltete Dorian den Fernseher an und wunderte sich über das seltsame Programm. Vor einem Fernseher saß ein Mann, der von einer schwarzen Gestalt niedergestochen wurde. Als er Storm erkannte, lief er zu dessen Bungalow und stellte nur noch seinen Tot fest. Irgendwo hörte er Türen schlagen und gelangte schließlich in die Räume des starken Alkoholikers Owen Grovers, der, heimlich versorgt durch die Schwestern, seinen Rausch ausschlief. Unter einem Sessel fand er die Verkleidung des Mörders (samt angenähten Papp-Flügeln) und nahm sie mit. Grovers hielt er nicht für den Todesengel. An diesem Abend kümmerte sich Hunter besonders um Deborah.

Bei einem erneuten Gespräch mit Deming, ließ dieser Dorian wieder auflaufen und behauptete, dass es Storm gut ginge, wirkte aber sichtlich nervös. Eine positive Überraschung hatte er aber dennoch: Coco war zu Besuch in die Anstalt gekommen.

Die Lage in der Villa hatte sich wieder beruhigt. Bei einer Runde durch den Park erzählte Dorian von seinen Erlebnissen hier und stieß bei Coco auf Unglaube, bis sie auf die Schwestern trafen. Coco kannte die zwei aus Wiener Zeiten -  sie waren damals ebenfalls Hexen. Irgendwie kamen sie hinter das Geheimnis von Asmodis wundem Punkt und werkelten an  seinem Umsturz. Der Höllenoberste war nicht unbedingt überall beliebt innerhalb der schwarzen Familie. Als Mercy und Hercy aufflogen, trieb Asmodi sie in den Wahnsinn. Vielleicht konnte Dorian seinem höllischen Widersacher mit Hilfe der Schwestern schaden. Er brauchte unbedingt einen Verbündeten in der Anstalt und dachte dabei an den Pfleger Arnie.

Der Secret Service hatte Arnie tüchtig in die Mangel genommen. Er arbeitete jetzt für die Krone und war gewillt, dem Dämonenkiller zu helfen. Vorher hatte Dorian noch von Hallowell, der an einem mannsgroßen Loch für eine Tanne arbeitete, erfahren, dass er auf Demings Wunsch schon öfter solche „Gruben“ ausgehoben hat. Der Doktor wurde langsam unheimlich.

 Zusammen mit Arnie machte Dorian sich auf den Weg zum Anbau, wo sie schon aus einiger Entfernung Kitty Lorraine´s ordinäre Flüche hörten. Deming war auch anwesend, denn er war der Einzige der Zugang zu den gesicherten Zellen hatte. Den Rest des Personals hatte er in anderen Bereichen untergebracht.  Arnie lenkte den Doktor, der ihn barsch wegschicken wollte, ab und Dorian schloss vorsichtig die Zellentür auf. In einer Ecke kauerte Deming und sprach mit Kittys Stimme. Als er die beiden sah, mit der von Danny Dean. Er hatte die Morde begangen, so sah es zumindest aus, um seine Karriere zu retten und scheute wohl auch vor weiteren nicht zurück. Zumindest für Dorian war der Fall klar: Kitty musste dran glauben, weil sie Dean sexuell provozierte und wieder rückfällig hat werden lassen, Dean, weil er seine Klappe nicht halten konnte und Storm aus reiner Eitelkeit, weil er ihn für nicht therapierbar hielt. Deming sprach weiter in Rätseln und behauptete, dass der Dämonenkiller die Zusammenhänge nicht verstehen würde. Eins musste Dorian Hunter zugeben: Deming war ein hervorragender Stimmenimitator. Immer wieder wechselte er zwischen den Toten hin und her und ahmte zwischendurch auch gekonnt den Dämonenkiller nach. Mit vorgehaltener Pistole befahl er den Eindringlingen, mit in sein Büro zu kommen, wo es schließlich ein Gerangel gab. Am Ende waren Deming und Arnie tot.

Dorian griff sich den Schlüssel vom Doktor und schaute in dessen Tresor. Er fand schnell was er suchte -  die Unterlagen von Schwester Mercy und Hercy, die auch einen Plan der Katakomben unter St. Stephan in Wien beinhalteten.

War Deming wirklich der Todesengel? Wohl kaum, denn nach seinem Tot bekamen einige Patienten, die zu Mercys und Hercys Teerunde gehörten, noch Besuch vom Maskierten. Er stellte ihnen die Frage, ob sie die Morde begangen hätten und verschwand wieder. Als Dorian die schwarze Gestalt durch den Park schleichen sah, stellte er sie und riss ihr die Maske vom Kopf. Darunter kam das Gesicht von Deborah Ashton zum Vorschein. Sie hat den Anzug gefunden und wollte den wahren Mörder ausfindig machen, denn am Abend von Kittys Ableben, war Dr. Deming bei ihr zu einem Schäferstündchen. Dorian ging ein Licht auf und bereitete sich auf seine letzte Teestunde bei den Schwestern vor. Vielleicht konnte man den wahren Mörder ja gemeinsam entlarven.

Herzlich wie immer wurde er von Hercy begrüßt. Alle, bis auf Deborah, waren versammelt. Dorian erzählte die Geschichte zweier Schwestern aus Wien, die sich mit Asmodi, dem obersten Höllenfürsten angelegt hatten. Nach einem Zeichen von ihm betrat Deborah, im Kostüm des Todesengels, den Raum. Durch eine andere Tür kam noch ein Todesengel - Mercy hatte ebenfalls ihr Kostüm angelegt und zeigte ihr wahres Gesicht. Die Sache war aufgeflogen und die beiden alten Damen beteuerten, dass sie nur aus Nächstenliebe getötet hatten. Deming spielte dabei den Entsorger der Leichen, da er seine Karriere in Gefahr sah. Vielleicht wurde er von ihren dämonischen Restfähigkeiten auch beeinflusst. Wie viele Patienten von den Schwestern erlöst wurden, war unklar. Dorian bezweifelte, dass es nur drei Tote waren, da Mercy und Hercy schon länger in der Anstalt ihr Unwesen trieben. Zum Schluss wollten die Schwestern mit den anderen noch eine Tasse Tee trinken, aber Dorian roch den Braten. Der Tee war vergiftet. Er warnte die Runde und letztlich tranken nur die alten Damen ihre Tasse komplett aus. Wenig später schliefen sie selig für immer ein.

Dorian hoffte, dass er mit den Unterlagen von Mercy und Hercy Asmodi ein Bein stellen konnte. Irgendetwas müssen sie gegen ihn in der Hand gehabt haben, sonst hätte er ihnen nicht ihre Hexenfähigkeiten genommen und dermaßen bestraft. Bevor die Mordkommission kam, war der Dämonenkiller verschwunden. Sollte sich O.I. Sullivan doch mit ihnen herumschlagen. Vielleicht als kleines Dankeschön für die anfänglichen „Irrtümer“ in der O´Hara-Stiftung?

Dirk und sein SenfMein Senf
Eigentlich hätte ich vor der Zusammenfassung des Romans eine Warnung aussprechen müssen: ACHTUNG! HIER WIRD GESPOILERT UND ES KANN VERDAMMT LANG WERDEN. Ich weiß, man sollte bei Rezensionen, Buchbesprechungen usw. auf Inhaltsangaben bis zum Schluss verzichten, um noch ein wenig Restspannung übrig zu lassen. Aber wenn man mit alten Heftromanen auf Lesereise ist, hat man eigentlich alle Freiheiten. Hier geht es ja eher darum, mal wieder reinzuschauen und dem Spaß an der Sache.

 Hatte ich mal geschrieben, dass ich die Romane um Dorian Hunter,  innerhalb der VHR-Reihe erschienen, nicht in meinen Beiträgen verhuntzen werde. Auf sein Gefasel von Gestern soll man ja bekanntlich nicht allzu viel geben. Zum einen hatte ich noch Hoffnung, dass vielleicht Ingo Kirchhof, der ja die ersten zehn Nummern klasse besprochen hat, wieder mal Lust aufs Schreiben bekommt und seine Artikelreihe fortführt. Zum anderen wollte ich mich auf den Rest der Vampir-Serie konzentrieren, die nichts mit dem Dämonenkiller zu tun hat. Ich fand es schade, dass es bei Ingo nicht mehr weiter ging (er wird seine Gründe gehabt haben) und nehme den Däki als willkommene Abwechslung, zumindest bis zur Nr. 17 (DAS DÄMONENAUGE von Kurt Luif), in meiner Lesereise auf.  Da es sich um eine recht komplexe Serie, die ab der Nummer 18 eigenständig lief, handelt und nicht jeder  heftromanmäßig mit dem Dämonenkiller aufgewachsen ist, empfehle ich mal bei Ingos (siehe „zur Einführung“) Interpretationen vorbei zu schauen. Es lohnt sich. Der Serien-Fan weiß eh, was abgeht...

Der Wiedereinstieg in den Dämonenkiller-Kosmos war für mich, zumindest am Anfang, doch gewöhnungsbedürftig und ein wenig so, als wenn man jahrelang nicht Zuhause gewesen ist. Klar, ich habe die Serie in den 80ern komplett gelesen und vor ca. 15 Jahren, weil mir das Heft zwischen den Fingern manchmal fehlte, nochmals, aber darüber schreiben ist doch was anderes und es sind halt ein paar Jahre ins Land gezogen - seltsam, wie fremd einem manche Geschichten beim wiederholten lesen doch vorkommen. Die meisten Figuren waren mir noch vertraut, aber wer Asmodi gerade ans Bein pinkelte oder welcher von Dorians Dämonenbrüdern im letzten Heft den Löffel fallen ließ, war mir nicht mehr so geläufig. Ich bin gespannt, wie es in den nächsten Nummern weiter geht.

Der Anfang der Geschichte um Mercy und Hercy versetzte mich kurz wieder in die damalige Pre-Sinclair-Phase, irgendwann Anfang/Mitte der 80er. Der blonde Held mit seinen Standardsprüchen aus diversen Krimis, ob Film oder Fernsehen, ließ mir nach wenigen Seiten und ca. 250 Heften immer öfter und schneller die Augen zufallen. Dorian Hunter und seine Truppe, samt der Gegnerschaft rund um den Höllenfürsten Asmodis, waren da schon etwas eigenwilliger und unberechenbarer. Die Bösen waren in einer Hierarchie (Schwarze Familie) gefangen und zogen sich gelegentlich gegenseitig, wenn nötig, die Beine weg. Es gab sogar gute Dämonen/Hexen (z.B. Coco) oder verunstaltete Ausgestoßene wie die Freaks, die noch eine Rechnung mit ihren Artgenossen offen hatten. Eigentlich gab es alles, was es bei anderen auch gab - nur früher und ein, zwei Ticken besser. Zwischen diesem mafiösen Gerangel um die Macht seitens der Höllenbrut, erlebte Dorian Hunter seine Abenteuer und reiste dabei sogar in seine eigene Vergangenheit. Starb er doch einmal aus Versehen, wurde er einfach wiedergeboren, denn der Pakt, den er mit dem Teufel in einem anderen Leben geschlossen hat, galt immer noch.  Man merkte schnell, dass die Serie einen Plan (Exposes) verfolgte und sich die zwei Autoren, Luif und Vlcek, damit für alle Zeit bei den Heftromanlesern ein kleines Denkmal setzten – Affinität zu phantastischen Geschichten vorausgesetzt.

Ernst Vlcek der ab VHR 43 das Pseudonym Paul Wolf trug und sich mit Kurt Luif alias Neal Davenport beim Dämonenkiller abwechselte, war an der Reihe die Geschichte um Dorian Hunter weiter zu erzählen. Im Hinterkopf hatte ich noch, dass er für die ruhigeren Momente der Serie zuständig war, wo hingegen Davenport ein Händchen für flotte Actionszenen hatte. Gute Ideen hatten sie beide und sie ergänzten sich damals hervorragend, obwohl Luif teilweise etwas direkter daherkam. Vlcek würzte seine Beiträge nicht selten mit einer Prise unterschwelligem Humor. Das gab Dorian Hunter und seiner Truppe etwas sehr menschliches und setzte sich damals schon im Vorfeld von noch kommenden Serienhelden ab. Man könnte auch sagen, dass Hunter der Donald Duck des Gruselromans war und Typen wie Sinclair eher so Klugscheißer wie Micky Maus, oder die Stones vs. Beatles, oder Domestos-Hose gegen Bundfalte... Dorian hätte niemals mit dem Rauchen aufgehört. Ich hatte aber auch mit John Sinclair meine Zeit, wo ich nichts hätte auf ihn kommen lassen.

Die TODESENGEL fiel, nach der Jagd auf Dorians unliebsamer Mischpoke (siehe Däki 1-10 von Ingo Kirchof), ein wenig aus dem Rahmen, denn das Höllengezücht agierte nur kurz im Hintergrund. Hier ging es um rein menschliche Abgründe, denn selbst die Schwestern wurden durch Asmodi auf den Stand eines Normalsterblichen resetet. Ganze Arbeit hat er dabei nicht geleistet und ihnen wohl noch einige bescheidene Fähigkeiten gelassen. Für ein paar Morde hat es jedenfalls gereicht. Hunter musste eine Menge Recherchearbeit leisten, um hinter das Geheimnis des Todesengels zu kommen. Geschickt hat Ernst Vlcek bis zum Schluss  offengelassen, wer der wahre Mörder ist und den Leser oft auf eine falsche Fährte gelockt. Die letzte Teestunde erinnerte mich ein wenig an die Aufklärungsrunden diverser Agatha Christie Romane/Filme, nur mit Showdown und Hexen.

Nach dem anfänglichen Teekränzchen  bei den Schwestern, konnte ich den Roman nicht mehr aus der Hand legen. Humorvoll, aber immer mitten im Leben, beschrieb Vlcek die Runde und zeichnete ein paar wundervoll schrullige Charaktere, die einem im Heft noch öfter über den Weg laufen sollten. Kitty Lorraine war mit Sicherheit der schrägste Vogel von allen. Sie hatte schnell verstanden, worunter die anderen litten und zog sie damit konsequent auf. Vlcek hob hier keinesfalls den moralischen Zeigefinger:“Kinder, lasst die Finger von den Drogen“, sondern nutzte die eigenwilligen Verhaltensweisen eine Junkies, um Stimmung in die Seiten zu bringen. Er schrieb halt kein Kirchenblättchen, sondern Gruselromane für Erwachsene.

 Danach ging es in der Jugendstil-Villa weiter, denn das Hauptquartier der Dämonenkiller-Truppe befand sich zu dieser Zeit noch in der Baring Road/London. Mit wenigen Mitteln konnte Asmodis noch einen Angriff starten und zumindest für Unruhe sorgen. Coco hatte man noch nicht zu einer Super-Hexe gemacht (zumindest in diesem Roman), die die Zeit manipulieren konnte und jeden und alles hypnotisierte, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Man sicherte sich auch nicht nach allen Seiten ab und die Mitarbeiter wohnten noch daheim bei Mutti (oder so). Wieder blitzte der Humor von Vlcek durch, was dem Roman an manchen Stellen etwas nett überspitztes gab.

 Der nächst Schenkelklopfer war die Sache mit Dorians Einweisung in die O´Hara Stiftung. Man konnte förmlich sein dummes Gesicht  sehen, als er geschnallt hat, dass Trevor Sullivan ihn reingelegt hat. Bis nach Heftmitte behandelte man ihn wie einen Kranken, was aber auch gleichzeitig eine super Tarnung war.  Auch Coco war ihm keine allzu große Hilfe, aber vielleicht hat sie ja gemerkt, dass er sie mit Deborah Ashton beschissen hat. Hexen und Frauen im allgemeinen haben da bekanntlich einen Sinn für. Dass Hunter nicht der Treueste unter der Sonne war, wusste der Serienfan schon länger (oder wahr Deborah sein erster Seitensprung), aber dadurch war er noch lange kein Womanizer. Ein gelegentliches Nümmerchen passte halt in die Zeit, wurde aber beim Dämonenkiller sprachlich nicht groß ausgeschlachtet. Sein leicht raubeiniges Image stand Dorian Hunter hervorragend. Er rauchte, trank öfter mal einen guten Schluck (in diesem Roman wurde er heimlich von den Schwestern versorgt) und kam manchmal etwas undiszipliniert rüber. Ich mochte ihn.

Insgesamt gesehen war DIE TODESENGEL ein sehr ungewöhnlicher Vampir Horror-Roman. Von Grusel keine Spur, dafür gab es jede Menge versteckte Lacher und einen sehr sympathischen Serienhelden, der sich selber nicht immer ganz ernst nahm und einen Sack voller menschlicher Schwächen mit sich rumschleppte. Im Grunde genommen reihte sich DK 11 in die Riege der Krimis mit spleenigen alten Tanten ein ( Arsen und Spitzenhäubchen z.B.), denen eine Mischung aus  James Bond und cleverem Hercule Poirot auf die Schliche gekommen ist. Pabel hatte mit Luif und Vlcek zwei Autoren, die Gespür dafür hatten, was der Leser damals so konsumieren wollte. Langsam komme ich wieder dahinter, was mich am Dämonenkiller fasziniert hat. Eigentlich bin ich froh, dass der Roman nicht direkt in die Vollen ging, sondern einen eher sanft wieder in das Geschehen rund um Dorian Hunter trug. Vlcek´s Schreibe war noch mal etwas anders als die von Strassl oder Luif, wenn man überhaupt Vergleiche ziehen kann, aber er war ebenfalls ein Virtuose des Heftromans. Ohne ihn wäre der Dämonenkiller wahrscheinlich nicht so weit gekommen. Eigentlich schade, dass er „nur“ für den Däki schrieb und nicht für die Stammserie. Geschadet hätte es nicht.

Was gab es sonst noch?
Was muss sich Thole gedacht haben, als er den Auftrag für das Titelbild von VHR Nr.63 bekommen hat. Normalerweise ist der Holländer dafür bekannt, schöne, mitunter nackte Frauen in misslichen Situationen aufs Cover zu bringen. Die Omis, die die Puppen tanzen ließen, waren bestimmt eine Herausforderung für ihn. Mit siebzig war man in den 70ern alt und trug Gesundheitsschuhe. Geld wurde nur noch für die Enkel ausgegeben und gebadet einmal in der Woche. Wenn man die Gesichter heranzieht, kann man erkennen, wie präzise der Maler gearbeitet hat. Da sitzt jede Falte, nicht nur die der Nachthemden. Eine super Einleitung für den Roman.

VAMPIR INFORMIERT kam diesmal wieder anonym aus der Redaktion und nicht von Manfred Knorr. Erzählt wurde von alten Gemäuern, die über die Jahrhunderte schreckliche Dinge gesehen hatten und in denen die Geister der Gequälten ihr Unwesen treiben. Die weiße Frau von Bernstein und Erzsebeth Bathory (die Blutgräfin) waren auch wieder mit dabei. Ein netter Artikel, der keinem wehtat. Interessant war noch, dass die Vampir-Reihe jetzt auch in Holland erschien – allerdings war hier die Nummer zwei DIE NACHT DER AFFEN von Luif/Burcette. Hatte man sich die französischen Übersetzungen für den holländischen Markt gespart?

Erwähnenswert wäre noch der Alfons Cartoon, der Abo-Vordruck für 13/26/52 – Ausgaben Gruselkost und das Loch der im Heft abgelegten Kippe, welches mich von Seite 43 bis 57 begleitete. Wer macht denn so was? Das Abo war übrigens ein teurer Spaß, denn 52 Ausgaben kosteten 88,40 DM im voraus – am Kiosk 62,40 DM. Für ländliche Gegenden ohne „Bude an der Ecke“ vielleicht eine Alternative, mich hätte das Porto abgeschreckt. Zudem habe ich noch einen schwachen Stempelabdruck entdeckt: COMIC SHOP – Zukunftsromane – Comics / Liebigstraße 53, 4300 Essen-Frohnhausen. Der Laden lag damals ca. 5 Kilometer von uns entfernt und war einer von Vieren in Essen. Meine Jugend wäre ohne diese Shops nicht denkbar gewesen.

Jetzt muss ich nochmal auf das Thema „spoilern“ zurückkommen, denn ab dieser Nummer führte Pabel die kleine Besetzungsliste ein, wo man kurze Infos über die Hauptpersonen und deren Funktion nachlesen konnte. Eigentlich bin ich immer ohne diese Kästchen ausgekommen, aber man wird sich etwas dabei gedacht haben, nur was? Schauen wir mal rein:

  • Die Hauptpersonen des Romans:
  • Dr. Deming – Chefarzt einer Nervenklinik, in der es seit einiger Zeit außergewöhnlich viele Todesfälle gibt.
  • Schwester Hercy und Schwester Mercy – Zwei liebe alte Damen, genannt „Die Schwestern der Gnade“.
  • Kitty Lorraine – Rauschgiftsüchtige junge Frau, die ihren Liebeshunger mit dem Tod bezahlt.
  • Dorian Hunter – Der Dämonenkiller macht eine höchst interessante Erbschaft.

Liest man dazu noch den Untertitel vom Cover: Sie sind liebenswürdig und hilfsbereit – doch wer ihnen in die Hände fällt, der ist verloren … hat man eine Menge Informationen zur Handlung. Zumindest wusste man schon vorher, dass die Schwester mit Vorsicht zu genießen sind, es um ungeklärte Morde geht und Kitty ins Gras beißt. Mich haben diese Kurztexte damals nicht wirklich gestört, da ich den Roman eh gelesen hätte, aber waren diese Vorausschauen sinnvoll? Etwas verwirrt war ich darüber, was der Dämonenkiller denn so tolles geerbt hat. Wahrscheinlich ging es um die Unterlagen der Schwestern, die in ein paar kurzen Sätzen erwähnt wurden. Ein Cliffhanger für kommende Abenteuer...

Zur EinleitungZur Übersicht

Kommentare  

#1 Schnabel 2018-01-31 11:44
"Vlcek´s Schreibe war noch mal etwas anders als die von Strassl oder Luif, wenn man überhaupt Vergleiche ziehen kann, aber er war ebenfalls ein Virtuose des Heftromans. Ohne ihn wäre der Dämonenkiller wahrscheinlich nicht so weit gekommen. Eigentlich schade, dass er „nur“ für den Däki schrieb und nicht für die Stammserie. Geschadet hätte es nicht."

Leider hatte Ernst Vlcek keine Zeit für weitere Solo-Romane für VHR, er war als Autor für Perry Rhodan usw. genügend ausgelastet.
#2 Toni 2018-01-31 16:41
Zu dieser Zeit war er wohl ziemlich eingespannt. Schade ist es trotzdem. So 4-5 Vlceks bei den Vampiren, ohne Serienbezug...
#3 Thomas Mühlbauer 2018-01-31 20:00
Oh, wie schön. Man kann endlich wieder ungefragt seinen Senf ablassen. Muss mich aber erst nochmals durch die letzten Beiträge lesen. Danke für die an anderer Stelle hinterlegten Grüße, und Andreas hat da ja so dankenswert als missing link fungiert. :-)
#4 Harantor 2018-01-31 20:21
Erstmal wird das so bleiben, bis die Spam-Kommentare wieder unerträgliche Ausmaße annehmen. Aber willkommen zurück. Aber die Alternative ist immer noch, sich zu registrieren. Doch erstmal: Willkommen zurück!
#5 Toni 2018-01-31 22:10
Schön mal wieder etwas von dir zu hören Thomas und auch noch mal Dank an Andreas fürs weiterleiten.. Im Laufe der Jahre hat man sich ja doch an so einige Leute hier gewöhnt :-). Ich habe im allgemeinen auch immer meine Bedenken, wenn ich mich irgendwo anmelde. Deshalb lasse ich´s meistens lieber. FB beschränke ich auch nur noch auf Freunde. Sollen die Spam-Kommentare den Leuten im Hals stecken bleiben...
#6 Thomas Mühlbauer 2018-02-01 20:20
Zum Roman: Gerade durch das Fehlen der handelsüblichen Dämonen steht dieses Heft bei mir in hohem Ansehen. Das hätte man auch schön auf die Bühne bringen können, und man sollte den Roman einfach als Puffer oder Ruhephase sehen zwischen den rasanten Romanen vorher und nachher - wenn man mit dem Roman wirklich sonst nichts anfangen kann. Und das Titelbild liebe ich sowieso, wobei ich Tholes Großmütter und seine Puppen (also jetzt die mit dem Schildkröt-Aufdruck im Nacken) ohnehin recht gerne mag in ihrem schaurigen Kontext.

Was die Schwafeligkeit bei Pabel betrifft, so zieht sich das durch alle Publikationen. In den letzten Monate habei ich Dutzende von SANDRA-Romanen gelesen (Schwester-Reihe von "Gaslicht", aber mit einem Seitenumfang von 128), da ist dieses Spoilern oft so massiv, dass man das Heft ebensogut gleich wegwerfen oder den Vogelkäfig damit auslegen kann. Dieses "Die Hauptpersonen des Romans"-Kästchen sollte man also tunlichst meiden, denn die Hauptpersonen des Romans werden sich dem Leser zu gegebener Zeit schon selbst vorstellen.
#7 Toni 2018-02-01 21:48
Ab der nächsten Nummer wird's noch doller mit der Spoilerei, denn ab da gibt's den 2 Seiten Vorgeschmack auf noch Kommendes. Was ich da über den Geisterreiter von Hivar Kelasker gelesen habe lässt mich nichts Gutes ahnen :sigh:

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles