HORROR EXPERT 12 – Das Ungeheuer von Green-Castle
Das Ungeheuer von Green-Castle
Das Ungeheuer von Green-Castle
Was passiert?
England. London. Mary Tewler, Mitte 20, sitzt im Krankenhaus und erzählt ihrem Arzt die schreckliche Geschichte, die zu ihrem Nervenzusammenbruch führte. Ein paar Monate zuvor nahm sie auf Rat ihres Arztes eine Stelle als Gesellschaftlerin auf dem Land an, weil ihre Nerven angegriffen waren. Die alte Mrs. Potter (65) lebt allein in einem großen Haus namens Green-Castle am Arsch der Welt und sucht verzweifelt eine neue Gesellschaftlerin und Köchin. Das letzte Mädchen ist gerade abgehauen. Mary ist entzückt über ihr schönes Zimmer. Aber sie findet es merkwürdig, dass die alte Dame so gewaltige Mengen Essen verspeist und ihr der Zugang zu gewissen Hausteilen verwehrt bleibt.
Mary macht die Bekanntschaft der schönen jungen Jess, die gern tanzen geht und ihr gleich die Freundschaft anbietet. Dann ist da noch die Nachbarin Miss Mackenzie, die motorisiert ist und sich gelegentlich um Mrs. Potter kümmert. Angeblich lebt sie nach einer Enttäuschung in der Liebe wie eine Einsiedlerin und hat einen krankhaften Hass auf alle Männer.
Mary schwant Unheil, als sie bemerkt, dass nachts jemand in ihrem Zimmer war und eine Decke zusammengefaltet hat. Bei einem Gewitter will jemand durchs Fenster einsteigen. Zwar fällt der Verdacht schnell auf den Liebhaber der vorherigen Gesellschaftlerin, den Mary beim Tanzen mit Jess kennenlernt und gleich als Dorfcasanova verabscheut. Denn der kratzt gleich darauf bei ihr am Fenster, um sie zu vögeln. Trotzdem ist es etwas faul auf Green-Castle. Mary schnüffelt herum und wird dabei zusehends hysterischer. Miss Mackenzie und Jess bieten ihre Hilfe an. Mary entdeckt, dass sie nachts wieder Besuch hatte und in ihrer Unterwäsche herumgewühlt wurde.
Mrs. Potter trägt schwer an einem Geheimnis und will Mary sogar zu ihre Erbin machen, wenn sie nur bleibt. Als Marys Wäsche nachts verschwindet und sie einen Schatten in ihrem Zimmer entdeckt zu haben glaubt, rastet sie völlig aus und will nur weg. Mrs. Potter ist untröstlich und lässt sie das Haus besichtigen, um sie davon zu überzeugen, dass sich hier niemand sonst befindet. Sie will sie sogar zu ihrer Erbin machen.
Trotzdem schläft Mary bei Jess. Miss Mackenzie glaubt Mary ihre Geschichte; sie glaubt auch, dass in Green-Castle etwas Unheimliches vorgeht. Dann verschwindet Jess. Die herbeigerufene Polizei hält Marys Geschichte, dass in Green-Castle ein Ungeheuer lebt, für hysterischen Unsinn. Was Mary nur noch hysterischer werden lässt.
Mrs. Potter verständigt den Arzt. Der diagnostiziert Nervenzusammenbruch - "typisch für diese ewig unverheirateten Mädchen", meint er – und verschreibt ein Beruhigungsmittel. Mrs. Potter holt Tilly, ein Mädchen aus dem Dorf, zu Hilfe. Obwohl Mary benommen ist, entdeckt sie zufällig, wie der unheimliche Besucher in ihr Zimmer gekommen ist. Der Schlüssel wurde von außen gedreht. Als Mrs. Potter außer Haus ist, kommt Miss Mackenzie vorbei. Sie gibt Mary ein paar Pillen, die sie aber nicht nimmt.
Ein Schrei weckt Mary auf. Zusammen mit der hysterischen Tilly entdeckt sie Jess' blutiges Kleid und das blutverschmierte Monstrum von Green-Castle. Völlig von der Rolle und an der Schwelle zum Wahnsinn kann Mary mit der Helferin fliehen.
Im Krankenhaus bringt der Arzt Kommissar Spencer mit. Der Polizist erklärt Mary den Plot. Das "Ungeheuer" ist William, Mrs. Potters Sohn, der nach einem Autounfall nur noch "ein Rumpf ohne Beine" ist und von ihr heimlich gepflegt wurde. Aber er bestreitet, Mary belästigt und Jess umgebracht zu haben. Der Polizist bittet Mary um Hilfe. Als man sie fand, hatte sie einen abgerissenen Knopf in der Hand. Aber sie weiß nicht mehr, wem sie ihn abgerissen hat.
Der Polizist bittet Miss Mackenzie herein. Die ist erfreut, dass es Mary wieder besser geht. Dann holt der Polizist noch einen Mann herein. Er stellt sich als Bekannter von Miss Mackenzie vor, der beste Freund ihres verstorbenen Verlobten Melville. Er ist schon länger auf der Suche nach ihr, da sie ein Erbe bekommen soll. Miss Mackenzie streitet zuerst ab, ihn zu kennen, dann rastet sie völlig aus.
Die Geschichte wird vom Kommissar aufgelöst. William Potter hat Melville bei dem Autounfall getötet, die schwangere Miss Mackenzie verlor dabei ihr Kind. Aus Rache und Wahnsinn hat sie sich bei Mrs. Potter eingeschlichen und wollte William einen Mord anhängen. Darum hat sie Mary terrorisiert, damit sie den Krüppel belastet, und dann Jess erwürgt, um den Verdacht auf ihn zu lenken. Der Plan ist gescheitert, weil Mary ihre Pillen nicht genommen hat und aufwachte. Aber vor allem wegen einem anderen Schönheitsfehler. Denn Miss Mackenzie wusste nicht, dass William auch keine Arme mehr hat!
Da die Redaktion von Luther häufig mit der Länge des Orginalmaterials auf Kriegsfuß stand, gibt es noch drei (!) Kurzgeschichten.
Mein schönster Mord von Ambrose Bierce.
Nach dem grausamen Mord an seiner Mutter steht der Erzähler vor Gericht. Der Staatsanwalt behauptet, es sei das grausigste Verbrechen, das er jemals erlebte. Aber der Erzähler schildert dann, wie er nach einem Leben voller Verbrechen seinen Onkel, einen Räuber und Mörder, auf noch grausamere Weise umbrachte. Er überfiel ihn aus dem Hinterhalt, schnitt ihm die Achillessehnen durch, stopfte ihn in einen Sack und hetzte dann einen wilden Widder darauf. Der Richter ist von der Schilderung so überzeugt, dass er die Geschworenen anweist, den Erzähler freizusprechen.
, der amerikanische Schriftsteller und Satiriker mit dem faszinierenden Leben, dessen Schicksal auch auch heute noch ungeklärt ist, ist immer noch ein Genuß. Eine wunderbar erzählte makabere Geschichte.
Nur allein fühl ich mich einsam von William F. Nolan
Fernsehproduzent Bonner landet nach einem Filmriss auf einer Party mit ihm unbekannten bizarren Leuten, die ihm alle bizarre Geschichten erzählen. Irgendwann ergreift er voller Panik die Flucht. Aber im Aufzug begegnet ihm sein Freund Harry. Der ist schon eine Weile tot. So wie alle anderen Gäste und Bonner auch. Von dieser Party gibt es kein Entkommen.
, ist Schriftsteller und hat Hunderte von Kurzgeschichten und auch Drehbücher verfaßt, sowohl im Krimigenre wie auch für SF und Horror. Sein größter Erfolg dürfte wohl die Vorlage für den SF-Film "Logan's Run" sein.
Jack von Reynold Junkes
Harry ist aus dem Militär entlassen worden und will der Familie seines gefallenen Kameraden Jack dessen Sachen bringen. Er landet in einem seltsamen Kaff, und Jacks Vater, der ihn vom Bahnhof abholt, erweist sich als seltsamer, gruseliger Kauz. Aber das ist nichts im Vergleich zu Jacks Mutter, wie Harry festellen muss, als er sich in einem Käfig wiederfindet. Für immer, denn die Eltern lassen nach ihrem Verlust "Baby" Harry niemals mehr gehen.
hat diverse Kurzgeschichten für Magazine wie Alfred Hitchcock's Mystery Magazine verfasst.
Worum geht es?
Das ist der erste Roman aus Frankreich, der im Horror expert erschien. Sieben sollten noch folgen. Sie alle erschienen ursprünglich im Verlag Fleuve noir, damals DER Verlag für Genreliteratur in Frankreich, der auch das Heim von Perry Rhodan ist. Von dem Verlag, seinem Programm und seiner Reihe "Angoisse" wird noch in späteren Artikeln ausführlicher die Rede sein.
Dominique Arly war eines der Pseudonyme des Franzosen Constant Pettex (1915-2009). Pettex schlug die Schullaufbahn ein und arbeitete als Lehrer in Saint Genix-sur-Guiers. Er brachte es bis zum Schuldirektor, bis er 1970 mit 55 in den Ruhestand ging. Bereits vor dem Krieg verfolgte er literarische Neigungen, seine ersten Romane "Les Feuilles du matin" und "Neige" erschienen 1946 unter dem Pseudonym Dominique Égleton. Nach dem Krieg schrieb er in der Freizeit weiter und produzierte in den 50ern unter Égleton eine Handvoll Kinderbücher. Nebenher arbeitete der fleißige Mann für die Zeitung "Le Progrés" und legte nach seinem Ausscheiden aus dem Schuldienst so richtig los als Schriftsteller.
Als er 1964 den noch fleißigeren Krimiautoren Frédéric Dard interviewte, der unter anderem die sehr erfolgreiche Krimiserie "San-Antonio" schrieb (175 Bände von 1949 bis 2001), hatten die beiden Männer offenbar sofort einen Draht zueinander. Dard schlug ihm vor, es doch einmal mit Spannungsromanen zu versuchen. 1966 erschien unter dem Pseudonym Dominique Arly mit "Les Revenantes" sein erster Roman bei "Angoisse". Das war der erste von 19 Romanen für "Angoisse", dazu kamen 54 Krimis für die Krimireihe "Special Police". 1980 trennten sich Fleuve noirs und seine Wege. Er schrieb dann 13 Romane für die Erotikreihen der Verlage "Éditions Phénix" und "Éditions Eurédif" unter dem Pseudonym Dominique Egly. Übrigens ist er nicht zu verwechseln mit Dominique Aury alias Anne Desclos, der Autorin von "Die Geschichte der O". Mitte der 80er hörte er auf zu schreiben. Da war er 70.
So 20 Jahre lang war Arly also ein durchaus gefragter Verfasser von Krimis und Gruselromanen. Die Lektüre von "Das Ungeheuer von Green Castle" lässt einen da etwas ratlos zurück. Denn es ist ein in jeder Hinsicht misslungener Pseudo-Gaslicht.
Die Heldin und Ich-Erzählerin Mary ist von Anfang an derart übertrieben hysterisch dargestellt, dass es schwerfällt, für sie Interesse aufzubauen. Zwar ist das "Gaslighting", wie es heute einige Psychologen so schön – und umstrittenerweise - nennen, das bewusste in den Wahnsinn treiben vorwiegend von Frauen, kompetent dargestellt. Aber dass Mary durch die Manipulation einer anderen Frau so aus dem Leim geht, erscheint dann doch wenig glaubwürdig.
Die Pointe ist völlig an den Haaren herbeigezogen. Da versöhnt nicht einmal, dass man ihr eine gute Portion schwarzen Humor und mittlerweile politische Unkorrektheit attestieren kann, was ja oft für einen Lacher gut ist. Die Intrige schlägt fehl, weil dem Sohn nicht nur die Beine fehlen, sondern auch noch die Arme. Das reicht vielleicht für einen makaberen Witz, mit gutem Willen vielleicht noch für eine Anfänger-Kurzgeschichte, als Auflösung eines Romans aber nicht mal annähernd.
Das Ganze ergibt nicht den geringsten Sinn. Wie versorgt die fünfundsechzigjährige, zarte und kleine Mrs. Potter – 1968 war man mit 65 bereits alt – jahrelang ohne jede Hilfe ihren Torso von Sohn? Wieso weiß Miss Mackenzie von den Beinamputationen, aber nicht von den Armamputationen? Wieso ist Mary eine so uninteressante Figur? Wieso spielt es in England, wo doch weder Land noch Leute glaubhaft rüberkommen oder eine Rolle spielen? Auch wenn gelegentlich eine albtraumhafte Atmosphäre aufkommt – das Stalking ist nett erzählt -, reicht das dennoch nicht aus, um daraus einen spannenden Thriller zu machen.
Darüber hinaus ist die Auflösung unbeholfen angetackert. Nachdem sämtliche Kapitel von der Ich-Erzählerin Mary erzählt werden, taucht am Ende der neu eingeführte Kommissar auf und überführt mal eben die Täterin und ihre abstruse Tat. Ein selten schlechter Deus ex machina.
Die Nr. 157 der Reihe "Angoisse" funktioniert weder als Krimi mit Gruseleinlagen noch als Gruselroman mit Krimieinlagen. Eigentlich folgt er der Formel eines fast schon klassischen Gaslichtromans – das naive, alleinstehende Schaf aus der Großstadt kommt als Gesellschaftlerin ins Gruselhaus auf dem Land -, nur ohne Liebesgeschichte oder Happy End.
Interessant ist allerdings die Sichtweise des Autors, was seine Mitmenschen angeht. Natürlich ist das ohne die Kenntnis von Arlys anderen Romanen nur eine Momentaufnahme, aber wie so oft bei den Franzosen ist das ausgesprochen misanthropisch. Alle Frauen sind nur einen Schritt von der Zwangsjacke entfernt, ob es nun die hysterische Mary, die vorgeblich so nette Mrs.Potter oder die völlig verrückte Miss Mackenzie ist, die Männer sind unabhängig vom Bildungsniveau entweder frauenfeindliche, herablassende Chauvinisten oder balancieren hart an der Grenze zum Triebtäter wie der Dorfcasanova, der Mary erobern will. Die einzige sympathische Figur, die junge Jess, wird erwürgt.
Ob Arlys Kriminalromane besser konstruiert und vielschichtiger waren, wissen nur die Franzosen, die ihn offenbar in ausreichender Stückzahl gekauft haben. Von ihm erschien in Deutschland nur noch ein weiterer Gruselroman von "Angoisse" bei Luther. Das war es. Obwohl die diversen Krimireihen in jenen Jahren eine Menge Programmplätze zu füllen hatten, kamen offenbar nicht einmal – damals - so vielversprechend klingende Titel wie "Meurtre en Eurovison" (Mord bei der Eurovision) in die nähere Auswahl.
Die beigefügten Kurzgeschichten sind der übliche willkürliche Griff in die Agenturschublade von Singer. Ein roter Faden ist da nicht erkennbar. Der Nolan ist wohl die beliebigste der Stories, das Thema gibt es in zig Variationen. Sie erschien 1963 ursprünglich in dem obskuren Magazin "Gamma". Bierce ist natürlich ein Klassiker, ist aber aus dem Jahr 1888. Und Reynold Junkers Story erschien nur 1965 in dem ebenfalls eher obskuren "Magazine of Horror". Abgesehen von Bierce, der eine Klasse für sich ist, ist das alles weder am Puls der Zeit der damaligen Genre-Literatur noch besonders qualitativ hochstehend.
Alles in allem ist das nicht unbedingt das beste Debüt der teilweise doch recht eigenwilligen französischen Gruselautoren, die ab Ende desselben Jahres auch den Anfang des Vampir Horror-Romans bestritten. Wie auch immer die Verbindung zu Fleuve noir aussah, die der Luther-Verlag pflegte, gab es da nichts Besseres?
Die Vorschau des nächsten Romans der Reihe fehlt erneut, dafür gibt es eine Werbung für den TOP-Krimi Nr.4. Viel Zuversicht, dass auch noch Bd. 13 erscheint, kann das 1972 alles nicht gemacht haben. Wieder einmal kann man Luther trotz der Vorlauf- und Produktionszeiten, die man natürlich einberechnen muss, nur eine seltsam gleichgültige Haltung bescheinigen, was ihr zu der Zeit noch markttechnisch gesehen unangefochtenes Gruselprogramm angeht.
Dafür gibt es eine Neuerung. Die Übersetzerin wird namentlich im Impressum genannt. Allerdings gilt das nur für den französischen Text, die amerikanischen Stories bleiben anonym.
Wieder ein Herbert Papala, wieder ein Bild, das nichts mit dem Inhalt zu tun hat. Und das doch wieder besser als besagter Inhalt ist.
Das Original
Die Kurzgeschichten
Kommentare
Schöner Artikel, schlechter Roman.