Mit Längen, aber lesenswert - »Tote erinnern sich«
Mit Längen, aber lesenswert
»Tote erinnern sich«
Leider schied Howard viel zu früh freiwillig aus dem Leben. Dies ist nun der erste von den fünf Bänden und erschien erstmals 2012 im Festa-Verlag. Das Buch ist gebunden mit Schutzumschlag in Lederoptik und hat ein schwarzes Lesebändchen.
Auch dieser Band mit Erzählungen bietet dem Leser wieder eine recht bunt zusammengestellte Mischung, die allerlei Genres berühren und erneut der Bezeichnung „Horrorgeschichten“ nicht gerecht werden; was sie eigentlich ja auch nicht müssten, da dieses Etikett ja nur vom Verlag stammt, nicht von Howard selbst. Eigentlich. Aber man hat als Leser unbewusst doch immer eine gewisse Erwartungshaltung in sich. Zwar sind durchaus einige passable Spuk- und Gruselgeschichten darunter, aber eben nicht ausschließlich. Es finden sich vereinzelt Erzählungen, die sich überhaupt nicht ganz eindeutig einordnen lassen und per se in anderen Genres beheimatet sind, beispielsweise in der Fantasy oder gar im Western-Milieu. Sie sind gewiss durchaus lesbar, auch wenn sie nicht unbedingt zu den herausragendsten Werken Howards gezählt werden können. Die Qualität ist aber – wie die Auswahl selbst - eher gemischt.
Skurril sind die Namen der Handlungsträger einzelner Stories. So gibt es gleich drei Geschichten mit einer Hauptperson namens „Costigan“, die aber nicht mit Howards häufig wiederkehrender Figur „Sailor Steve Costigan“ identisch ist.
In „Casonettos letztes Lied“ ist es ein „Costigan“ ohne Vornamen, im Fragment „Schemen im Dunkel“ ist es Mike (der Bruder des Sailors), und schließlich in der mit ca. 120 Seiten längsten Erzählung des Buches, „Das Schädelgesicht“ spielt die Hauptrolle ein Steve Costigan, der allerdings nicht mit dem fäusteschwingenden Sailor identisch ist.
„Das Schädelgesicht“ liest sich in meinen Augen auch am zähesten und ist am wenigsten eine Horrorgeschichte. Es handelt nämlichsich um eine abenteuerliche Crime-Story, die stark an Rohmer´s „Fu Manchu“ erinnert. Die Story beginnt recht interessant und macht den Leser neugierig, allerdings wird sie dann zunehmend öde und vorhersehbar.
Die Charaktere sind zu simpel und klischeehaft, die spärlichen übernatürlichen Elemente wirken gekünstelt und aufgesetzt. Eine Romanze und gar ein Happy-End runden diese Schmonzette dann auch noch ab. Die Erzählung erschien seinerzeit als Mehrteiler im US-Pulpmagazin „Weird Tales“ von Oktober bis Dezember 1929.
Hat man diese Durststrecke dann endlich überwunden, gelangt man in den spanenden zweiten Teil des Buches, der uns 5 Stories um den puritanischen „Degen der Gerechtigkeit“ Solomon Kane präsentiert. Diese faszinierenden und ausgezeichneten Geschichten passen aber leider überhaupt nicht in einen Sammelband mit Horrorgeschichten (hier sind wir wieder bei der Erwartungshaltung!). Howard hat bekanntlich insgesamt 9 Geschichten um diesen verbissenen Kämpfer wider die Finsternis geschrieben, des Weiteren hat er 4 unvollendete Geschichten hinterlassen, von denen 3 posthum von Ramsey Campbell fertig gestellt wurden. Macht insgesamt 12 Erzählungen + einige Gedichte. Es stellt sich mir nun die Frage, warum der Verlag dieses Material nicht in einem eigenen Sammelband herausgebracht hat, meinetwegen mit einigen zusätzlichen Stories, die inhaltlich auch besser dazu passen, als die Texte dieses Buches. Zwar spielen das Übernatürliche und auch das Gruselige in Kanes Welt eine große Rolle, aber letztlich handelt es sich doch um Fantasy. Die Geschichten sind leider auch nicht in chronologischer Reihenfolge abgedruckt, sondern wild durcheinander. Dies stört beim Lesen ein wenig, da dadurch zwischen den verschiedenen Schauplätzen in Europa und Afrika hin- und hergesprungen wird. Verwunderlich ist dadurch, dass Kane in „Schritte im Grabmal“ seinen Juju bereits besitzt, während er ihn in einer späteren Geschichte erst von N´Longa, einem afrikanischen Schamanen, bekommt. Die Kontinuität ist somit dahin. Schade, denn gerade die Solomon Kane Abenteuer sind für mich die spannendsten in diesem Buch.
Die Nicht-Chronologie sieht aus wie folgt:
Man sieht, ausgerechnet das letzte Kane-Abenteuer ist hier das erste. Solomon Kanes Abenteuer werden übrigens mit zwei weiteren Stories im nächsten Howard-Band fortgeführt.
TOTE ERINNERN SICH hat mich insgesamt leider nicht überzeugt, die Aufmachung ist aber wie gewohnt sehr schön. Die Texte im Anhang sind informativ und interessant, und die Übersetzung gelungen.
Ich möchte nun nicht den Eindruck eines Wohlstandnörglers erwecken, aber bei einem Preis von 28,00€ betrachte ich den Inhalt dann doch gerne ein wenig differenzierter. Erfreulich ist es aber, dass sich Festa Howards angenommen hat, und seine Texte einem neuen Kreis von Lesern zugänglich macht!
Fazit:
Recht durchwachsene Kost mit Längen. Wegen Solomon Kane ist es aber dennoch durchaus lesenswert, auch wenn die Reihenfolge leider nicht korrekt ist.
Ich vergebe 3 von 5 Jujus.
Tote erinnern sich
d
Kommentare
Aber war das nicht mal angekündigt vor Jahren ? "Der blutige Degen des S.K."? Nach dem Kull-Band? Dann wird sich das wohl nicht gelohnt haben. Obwohl ... sie hier praktisch zu "verstecken" ist auch nicht gerade ideal.
Das ist wirklich der Rest von Howards WT-Schaffen. Ich persönlich mag "Skull-Face", aber es ist typischer 08/15 Action-Pulp vom Typ Yellow Mencae und eigentlich kein Horror.
Ist bei Festa eigentlich überhaupt ein Howard- oder Lovecraftband erschienen, bei dem nach dem ursprünglichen Erscheinungsjahr vorgegangen wurde? Dieses Durcheinandergewürfel ist für mich persönlich bei solchen Projekten ein No-go.
Erst wurden die Covers schlechter und nun ist 80% des Programms Military & Patriotismus Gülle um die tapferen USA Soldaten oder neuerdings Dark Romance mit halbwarmen Geschichten aus den Fifty Shades of Grey und Twilight Teenie Welten.
Schreibt man im Forum etwas wird man schnell fertiggemacht. Festa selbst verspricht wenn man ihn anschreibt Besserung, was ich aber analog den Vorschauen nicht glaube.
Ob ich nun aus seinem Lovecraft Programm wissen muss, was er für eine Einstellung zu Sex hatte, ist zudem fragwürdig und nur was für Komplettfetischisten.
Nein. Es gibt zwar eine vorherige ebenfalls fünfbändige CAS-Ausgabe (Nightshade Books), aber die ist streng entstehungschronologisch sortiert. Davor sind in den 1990ern zwei Sammlungen mit den Zothique- und den Hyperborea-Geschichten erschienen (Vorworte von Will Murray); die entsprechen aber m.W. nicht den jetzigen Bänden.