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Der Luftpirat und Matthias - Ein Gespräch mit Ralf Ehrig über ein Familienprojekt

Der Luftpirat und MatthiasEin Gespräch mit Ralph Ehrig ...
... über ein Familienprojekt und das Erben von Phantastik

Was Innovation und abstruse Ideen betraf, reichte vor dem 1. Weltkrieg keine Serie an  »Der Luftpirat« heran, nach Einschätzung vieler Experten die erste Science-Fiction-Reihe der Welt überhaupt. Erschienen sind um 1910 genau 165 Abenteuer, die in einem Format herauskamen, das zwischen dem heutigen A5 und A4 angesiedelt war. Ich unternehme eine Lesereise und berichte über die Abenteuer des Luftpiraten.


Sie galten als eines der leidenschaftlichsten Sammlerehepaare in Sachen phantastische Literatur – Heinz-Jürgen Ehrig und Autorin Marianne Sydow-Ehrig. Heinz Jürgen starb 2003, Marianne 2013. Hinterlassen haben sie die wohl umfangreichste deutschsprachige Phantastik-Sammlung überhaupt und eine der größten privaten Kollektionen ihrer Art in Europa.

Mit diesem gewaltigen Erbe beschäftigt sich der Sohn, der Komponist und Musiker Ralph Ehrig. Noch zu Lebzeiten Marianne Sydows begann er, eine der größten Raritäten der Sammlung, die erste Science-Fiction-Serie der Welt (165 Hefte) im Nachdruck herauszugeben - „Der Luftpirat und sein lenkbares Luftschiff“. Ich kenne Ralph seit vielen Jahren über einen sporadischen email-Wechsel. Jetzt haben wir uns endlich mal in einem Berliner Restaurant getroffen und geredet. Ein wirklich spannender Nachmittag! Neben Musik (Hauptthema) und Essen gings auch um die Sammlung und den Luftpiraten – diese Teile des Gesprächs sind hier exklusiv für den Zauberspiegel wiedergegeben.      

Der LuftpiratZauberspiegel: Ralph, wie bist du dazu gekommen, die  Luftpiraten-Hefterie als Reprint herauszugeben?
Ralph Ehrig: Mein Vater wollte eigentlich den Luftpiraten rausbringen. Und der hat dann meine Mutter gebeten: „Ja, du kannst ja alle Hefte abschreiben.“, und da hat sie gesagt: „Nee, das mach‘ ich auf keinen Fall! Das ist mir zu viel Arbeit“. Und dann hat er auch keine Lust gehabt, und dann ist das so ein bisschen wieder aus dem Blickfeld geraten. Nach dem Tod meines Vaters dann hat meine Mutter mich gefragt, ob ich das machen möchte, weil es für sie zu viel Arbeit wäre. Da hab ich gesagt: „Ja, kann ich schon mal probieren, ob das klappt. Und so hat sich das ergeben.

Zauberspiegel: Das ist also fast ein Familienprojekt…
Ralph Ehrig: …kann man so sagen, absolut. Ja, total.

Zauberspiegel: Was war für euch das Faszinierende an dieser Heftreihe?
Ralph Ehrig: Aus dem Blickwinkel meines Vaters natürlich erst mal die Seltenheit. Weil die keiner hat. Keiner hat sie komplett, so gut wie kein Sammler. Er hatte sie komplett. Bis auf zwei Nummern, die ja jetzt auch aufgetaucht sind, glücklicherweise. Das war die größte Ambition dabei. Und natürlich dann auch noch die Thematik. Also wirklich krasse Science-Fiction, nicht nur angekratzt. In einer Heftserie in Deutschland gab’s ja sonst nichts dergleichen in dieser Zeit. Nur in kleinen Ansätzen. Aber eben nicht wirkliche Science-Fiction mit Raumflug und allem drum und dran. Da ist „Der Luftpirat“ unikativ.

Zauberspiegel: Man würde beim sperrigen Titel „Der Luftpirat und sein Lenkbares Luftschiff“ nicht denken, dass der auch Ausflüge ins Weltall macht.
Ralph Ehrig: Nein, das denkt man nicht so wirklich. Das ist auch gar nicht von Anfang an sicher gewesen. Diesen Eindruck hat man zumindest, wenn man die Hefte liest. Ich denk‘ mir mal,  die haben lange nicht gewusst, ob sie das machen oder nicht. Es wurde zwar von Anfang an darauf hingearbeitet, dass der Luftpirat ins All fliegt. Aber ob er es dann wirklich tut… tja. Erst ab Heft 32. Und dann musste sich vielleicht erst rausstellen, ob es sich lohnt, die Serie noch weiter rauszubringen. Oder ob die dann doch nicht so gut läuft. Das war schon ein Risiko. Wenn man das so aus der damaligen Zeit sieht: es gibt es ja auch viele Serien, die bloß auf zwanzig Hefte gekommen sind. Und dann hat sie halt keiner mehr gekauft, sie sind wieder unter den Tisch gefallen. Ein Glück, dass das beim „Luftpiraten“ nicht passiert ist.  

Der LuftpiratZauberspiegel: Lange war es ein Rätsel, wann der Luftpirat überhaupt gelaufen ist. Gibt es da neue Erkenntnisse?
Ralph Ehrig: Ja, wir können es inzwischen ein bisschen besser verifizieren. 1908 als Start ist wohl schon sehr, sehr sicher. Das passt dann auch zu den Ereignissen, die in den Heften erwähnt werden, mit einigen geschichtlichen Tatsachen, wenn man einem Zeitabstand von, sagen wir mal, ein bis zwei Monaten hinzuaddiert.  Aber wann sie dann aufgehört hat, das ist weiter rätselhaft.  Irgendwann zwischen 1912 und 1914. Ich bin auch noch nicht ganz mit der Recherche bis zum letzten Heft durch. Es gibt Kleinigkeiten, wo dann etwas Historisches erwähnt wird und wo man dann im Internet recherchieren und nochmal schauen kann, oder in Geschichtsbüchern, wann das war. Und wenn es etwas gibt, worauf sich die letzten Hefte 163-65 konkret beziehen, dann wäre das eine klare Verifikation. Das kommt noch. Wenn wir dann mit dem Nachdruck ganz durch sind, da kann man sich da nochmal intensiv mit beschäftigen.

Zauberspiegel: Das heißt, dass  sich die Abenteuer des Luftpiraten trotz des Weltalls nicht nur im „luftleeren“ Raum entwickeln. Zeitgeschichte spielt in vielen Heften eine große Rolle...
Ralph Ehrig: Auf jeden Fall. Und teilweise auch in abstruser Weise. Ereignisse, die stattgefunden haben, werden weiter gesponnen, so als ob der Luftpirat dabei gewesen wäre. Was ja immer sehr niedlich ist. Etwa der russisch-japanische Krieg und die Besetzung in Indien. Da gibt’s immer wieder Zwischenfälle, auf die Bezug genommen wird, die tatsächlich stattgefunden haben, wo der Luftpirat dann eingreift und die Situation in eine völlig andere Richtung bringt. Und auch bei den kosmischen Ereignissen! Der Halleysche Komet etwa von 1910, der im Luftpiraten am Mond vorbei fliegt, was eine solche Gravitation erzeugt, dass auf dem Mond ganz plötzlich eine kleine Atmosphäre entsteht und Leben und Sauerstoff, dass man da wieder atmen kann. Das ist ja auch so eine süße Spinnerei.  

Zauberspiegel: Ist das aus eigentlich gute SF- und Abenteuer-Literatur, oder durchweg Trash?
Ralph Ehrig: Na ja, also ich würde mal sagen, der größte Teil der Leute war mit Sicherheit überzeugt, dass das Schund ist. Allerdings das war ja auch schon mit dickeren Büchern aus dem Science-Fiction-Bereich damals auch nicht anders. Also, damals haben auch Viele gesagt, dass Jules Verne Schund ist, und der wurde dann erst später richtig gewürdigt. Damals haben viele gesagt: „Na ja, was ist denn das für ein Schwachsinn.“ Schundliteratur und so. Auch heute gibt’s die ja noch. Und klar, da hat kein Autor versucht, literarischen Anspruch zu haben. Darum ging’s eigentlich nicht. Es ging schon darum, zu verkaufen. Und es ging natürlich auch darum, okay, Jules Verne verkauft sich gut. Darum gucken wir mal, ob wir was Ähnliches machen und einen Knüller daraus machen können, weil sich das auch dann gut verkauft.  Also kommerziell, nicht mit literarischem Anspruch.

Zauberspiegel: Was fasziniert dich dann so an diesen Texten?
Ralph Ehrig: Da kann man gleich eigentlich eine ganze Tonne erzählen. Erstens Mal, die Inhalte sind natürlich schon mehr als bizarr. Als Antrieb ‘nen Magneten, der durch einen Riesendiamanten aktiviert wird, zu benutzen, um von der Schwerkraft der Erde loszukommen, und den dann zu wenden, um sich im Weltall fortzubewegen – das ist ziemlich abgefahren. Merkwürdige Lebensformen, auf der Venus, auf dem Mars… eigentlich nahezu auf jedem Planeten lebt irgendwas, und ist immer wieder eine Überraschung wert. Das ist ganz klar. Und das Zweite ist natürlich die Herausforderung, diese Texte teilweise auch wieder in Ordnung zu bringen. Gerade jetzt, wo ich die neu setze.   

Der LuftpiratZauberspiegel: Moment – du setzt die Hefte neu?
Ralph Ehrig: Inzwischen ja. Die ersten Ausgaben habe ich noch gescannt.

Zauberspiegel: Was ist der Vorteil am Neusatz?
Ralph Ehrig: Du mußt bedenken – das Original war ein Groschenheft, ein wirkliches Groschenheft! Das heißt, es ist sehr fahrig gearbeitet worden. Es kann passieren, dass auf Seite 14 der Text logisch noch Sinn ergibt. Und dann kommt plötzlich auf Seite 15 was vollkommen anderes. Man fragt sich: „Was ist das denn jetzt?“, und dann stellt man fest, dass der Textblock eigentlich auf Seite 17 gehört und auf Seite 17 der Textblock von Seite 15 gelandet ist. Und das ist nicht da einzige, was da passiert. Teilweise stehen sogar Zeilen auf dem Kopf mittendrin. Und die drehe ich dann wieder um.

Zauberspiegel: Die damaligen Leser mussten damit irgendwie umgehen...
Ralph Ehrig: Ach, es war ja nun auch ein jugendlichen Publikum. Vielleicht haben die darüber hinweg gesehen.

Zauberspiegel: Mich fasziniert noch etwas anderes an der Serie. Kapitän Mors, der Luftpirat, nimmt für mich die Eigenschaften der großen amerikanischen Pulp-Heros wie The Spider oder Captain Future vorweg.
Ralph Ehrig: Auf jeden Fall! Aber solche Figuren gab’s ja in der Zeit auch schon aus anderen Bereichen. „Der Graf von Monte Christo“ etwa - auch der Luftpirat nimmt da Anleihen. Und diverse andere Serien, die sich zum Beispiel im Piratenmilieu und Westernmilieu abgespielt haben, gerade aus der Zeit. Das kam halt da gerade sehr in Mode, dieses Heldending. Bezeichnend auch, dass er da eine Mannschaft um sich schart und irgendein spezielles Vehikel hat, in dem er sich von der Welt  distanzieren kann, weil sein Vehikel ist einfach besser als alle anderen. Das ist ja ein sehr beliebtes Thema in der Zeit gewesen.

Zauberspiegel: Kapitän Nemo läßt grüßen!
Ralph Ehrig: Genau.

Zauberspiegel: Um mal was Unangenehmes anzusprechen – die Fans des Projektes mußten und müssen viel Geduld mitbringen. Das Projekt läuft nun schon zehn Jahre lang.
Ralph Ehrig: Ja, in der Tat zehn Jahre. Unglaublich. Ich hätte auch nicht gedacht, dass es so lange dauert. Aber da kamen ja auch immer ein paar gravierende Sachen dazwischen. Aber was im Endeffekt dann auch nochmal den Evolutionsprozess so richtig beschleunigt und verbessert hat, war Band 81, wo ich dann umgestiegen bin auf den Neusatz. Weil… früher hatte ich nicht die technischen Möglichkeiten dazu, musste lange danach suchen, bis es da was gibt. Also Fraktur einlesen, man glaubt gar nicht, wie kompliziert das ist. Es gibt wenig Programme, die das überhaupt gut können. Und jetzt habe ich was gefunden, was auch noch frei ist. Freeware! Man muss sich das mal vorstellen! Und es kann am besten diese Arbeit erledigen. Da legt man dann tatsächlich das Heft auf den Scanner, und dann hat man am Ende in Antiqua erstmal den Text, den man dann wieder in der Originalfraktur zurücksetzt. Und das ist eine praktikable Variante, mit der man arbeiten kann. Am Anfang, mit den Scans, das hat halt ewig gedauert. Wenn dann irgendein Fußabtritt auf so einer Seite war oder eine halbe Seite angerissen oder so, dann war man dann mit einem Retuschierpinsel in Photoshop Ewigkeiten damit beschäftigt, das wieder richtig zu biegen. Man denkt erstmal: „Ist ja keine große Arbeit…“, aber bei Buchstaben wird das wirklich viehisch. Da kämpft man sich teilweise von Seite zu Seite und wird von vorne bis hinten nie fertig. Das ist also definitiv auch der Grund, weshalb es jetzt ein bisschen schneller geht.

Zauberspiegel: Ja, jetzt geht es ja wirklich flott voran und auch dem Ende entgegen...
Ralph Ehrig: Es gab Abonnenten, die haben geglaubt, das Ding wird nie fertig.

Der LuftpiratZauberspiegel: Um ehrlich zu sein, ich bin einer von denen.
Ralph Ehrig: Ach, wirklich? Nun sind wir jedenfalls bei Heft 130 angelangt, und ich hoffe, im Februar 2019 damit durch zu sein.

Zauberspiegel: Einen Vorteil hatten die Verzögerungen: In der Zwischenzeit tauchten unglaublicherweise die zwei Hefte auf, die man als endgültig verschollen ansah – und auch alle fehlenden Textteile in anderen Heften. Und das nach über 100 Jahren. Sensationell!
Ralph Ehrig: Ja, das war ja eigentlich auch mehr oder minder wie ein himmlisches Wunder, man kann es nicht anders beschreiben. Wir haben ewig überall bei wirklich vielen Sammlern gesucht… mein Vater kannte Gott und die Welt, und ich dementsprechend auch, also wirklich nahezu alle wichtigen Sammler in Deutschland. Und alle haben gesagt: „Nö, haben wir nicht. Keine Ahnung, wo es das noch gibt.“ Und dann hat sich jemand gemeldet, der nicht mal aus der Szene kommt! Per Mail, und hat gesagt, er hätte die Hefte. Und ich hab erst mal gedacht: „Echt jetzt?“, auch diverse andere gefragt: „Kennt ihr den?“ – „Nein, kennen wir nicht“. Ja, dann hab ich mit ihm telefoniert. Er hat die Hefte auf dem Dachboden gefunden. Tatsächlich so richtig klassisch, von seinem Großvater. Und dann hat er die gelesen und festgestellt, das gefällt ihm eigentlich ganz gut. Und er hat auch nahezu alle Hefte. Das muss man sich mal vorstellen! [Es ist eine der rarsten Heftserien der Welt. M.K.] In einem besseren Zustand, in dem wir die haben. Also da kann man schon neidisch werden. Und möchte die aber nicht abgeben. Keine Ahnung, was daraus werden wird… auf jeden Fall also, der hat also nicht nur diese zwei verlorenen Hefte und die verlorenen Textzeilen gespendet [als Kopien, MK], sondern auch noch diverse fehlenden Bild-Unterschriften - auf dem Titelblatt. Da steht ja immer unten drunter so eine Kurzangabe zum Inhalt: „Der Luftpirat wird von hinten bedroht“ oder so, ein kleiner Satz – und davon fehlten diverse aufgrund der Beschneidung der Hefte, weil die teilweise in Sammelalben gepackt wurden. Und die hat er uns dann größtenteils auch noch alle nachgeliefert. Also ein Segen, Mensch, wie toll. Das war wie Weihnachten und Geburtstag zusammen. Wirklich.

Zauberspiegel: Der Luftpirat ist nur ein kleiner Teil der Sammlung von Phantastika, die deine Eltern zusammengetragen haben. Nennen wir das Kind beim Namen – es handelt sich um eine der größten Privatsammlungen von Phantastischer Literatur und der Nachbarbereiche in Europa. Wie groß ist dieses Erbe, das du da angetreten hast, genau?
Ralph Ehrig: Also da ist die zunächst die erzählende Literatur. Die ist jetzt im Saal und umfasst… ja sagen wir mal vielleicht so 100.000 Einzelexemplare und nimmt einen Raum von hundert Quadratmetern komplett in Anspruch. Alles gefüllt mit Regalen, alles alphabetisch aufgestellt. Hinzu kommen aber noch die ganzen Fanzines, also Fan-Publikationen, teilweise auch sonst nie irgendwo erschienen. Das nimmt nochmal einen Raum von rund 20 Quadratmetern in Anspruch und ist teilweise auch noch nicht gesichtet, weil es auch sehr anfälliges, schwer zu lesendes Material ist, teilweise  nur mit einem alten Matrizendrucker gedruckt, teilweise auch schon völlig verblichen, und… also sehr schwieriges Material. Dann gibt es noch die Comicsammlung, zu der ich auch als Kind noch beigetragen habe. Ich hab vom neunten Lebensjahr bis zum zwanzigsten Lebensjahr auch intensiv Comics gesammelt. Das ist dann nochmal ein Raum von rund 35 Quadratmetern. Und schlussendlich gibt’s noch die ganze Sekundärliteratur. Das sind dann auch nochmal ein ganzer Raum voll…ungefähr nochmal so 50 Quadratmeter groß. Und der ist auch nochmal prall voll.  

Zauberspiegel: Was passiert jetzt damit, nach dem Tod deiner Eltern?
Ralph Ehrig: Die Sammlung bleibt erstmal da, wo sie ist. Und wir arbeiten mit dieser Sammlung. Ich hab auch drüber nachgedacht, ob man die zugänglich macht für Leute. Was nicht heißt, dass sie nun öffentlich ist. Aber - wenn mal ein privater Sammler fragt, ob er was haben kann, einen Scan oder dergleichen, dann bin ich da absolut dafür zu haben. Ist kein Problem. Und wenn es den Umfang nicht sprengt, dann sogar auch mal für einen Sammler gratis. Ansonsten sage ich aber: „Okay, da möchte ich schon Geld für haben“, denn wenn ich ein ganzes Buch mit dem Umfang von tausend Seiten scannen soll, dann mach ich das nicht mal so auf der linken Backe.  

Zauberspiegel: Was steckt noch an Schätzen in der Sammlung?
Ralph Ehrig: Wir haben noch andere Heftserien da, die sich durchaus sich lohnen würden, nachgedruckt zu werden. Aber da muss man natürlich gucken, wie die Resonanz ist. Also wenn wir dann nur zwanzig Abonnenten haben, dann lohnt sich der Aufwand nicht.  

Der LuftpiratZauberspiegel: Was genau zum Beispiel?
Ralph Ehrig: Da bin ich noch am Gucken, welche nehmen wir da jetzt wirklich? Es gibt ein paar in der näheren Auswahl. „Jack der Aufschlitzer“, das ist sehr interessant. Ein Kolportageroman von 1899. Jack ist auch fast so eine Art „Graf von Monte Christo“ und sieht auf den Titelbildern fast so aus wie der „Luftpirat“. Auch eine schwarze Maske und so ein Cape, Spezialwaffe. „Unter schwarzer Flagge“, eine Serie mit einem Piraten - Kapitän Morgan - der ein U-Boot besitzt und auch diverse Gadgets – ist auch interessant. Ja, aber was wir jetzt wirklich machen, das entscheide ich dann später noch. Wir arbeiten ja auch noch am Bestandskatalog der Sammlung, und zu dem komme ich augenblicklich fast gar nicht. Denn das ist eine unglaubliche Arbeit. Mit dem möchte ich nach dem Luftpiraten erstmal weiter machen. Und das ist dann auch nochmal also ein Mammutprojekt. Da sind wir jetzt erst bis zum Buchstaben ‚A‘ gekommen. Das hat jetzt geschlafen, seit meine Mutter verstorben ist, leider. Aber das wird dann weitergehen, wenn ich mit dem Luftpiraten durch bin.

Zauberspiegel: Aber gibt es denn nicht wenigstens eine familieninterne Bibliographie, auf die man sich stützen kann?
Ralph Ehrig: Nee, nicht von allem. Das hat mein Vater zeitlebens leider nicht geschafft. Er hat zwar immer mal irgendwo notiert: „Ah, das hab ich jetzt neu“ und so, das ist dann aber so eine Art Loseblattsammlung. Und er hat teilweise auch Sachen doppelt gekauft, weil er manchmal selber nicht mehr wusste: Hab‘ ich das schon? Hab‘ ich das nicht? Und hat es dann auf Verdacht dann doch nochmal gekauft. Und manche Bücher sind sogar fünf, sechs Mal vorhanden gewesen. Darum verkaufen wir ja über unsere Website auch Dubletten.   
Zauberspiegel: Als Erbe solch einer Sammlung könnte man sich vorstellen, dass nach der Arbeit damit nicht mehr so große Energie da ist, selbst Phantastik zu konsumieren. Wie gehrs dir damit? Immer noch ein Fan?
Ralph Ehrig: Ja, ich lese schon sehr viel und sehe auch sehr gerne Filme. Das war auch bei meinen Eltern sehr beliebt. Bei den Filmen auch sehr gern neue Sachen. Und die alte Literatur liegt mir richtig im Blut. Ich bin damit groß geworden. Also da fällt mir nicht schwer, es zu mögen, weil es einfach sozusagen wie zuhause ist. Das ist wie wenn man nach einem kalten Wintertag zuhause reinkommt und hat seine Tasse Tee da stehen und sein Essen. So ist das, wenn ich in den Saal komme: „Ah, es riecht nach Büchern. Und aah, auch nach diesen schönen alten Büchern.“, und wenn ich so eins aufschlage, dann bin ich auch sofort wieder drin. Das ist halt so. Das ist eine Selbstverständlichkeit.

Zauberspiegel: Herzlichen Dank für das Gespräch, Ralph!

Matthias Kaether



Die Fragen für den Zauberspiegel stellte Matthias Kaether

 

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